Die neue Geburt
von Gerrit Boomgaarden (61191 Rosbach)
Predigtdatum
:
07.05.2006
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Miserikordias Domini
Textstelle
:
2. Korinther 4,16-18
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Wochenspruch:
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
(2. Kor 5, 17)
Psalm: 116,1-9 (EG 746)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 40,26-31
Epistel:
1. Petrus 1,3-9
Evangelium:
Johannes 15,1-8
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 100
Wir wollen alle fröhlich sein
Wochenlied:
EG 108
Mit Freuden zart
Predigtlied:
EG 243
Lob Gott getrost mit Singen
Schlusslied:
EG 157
Lass mich dein sein und bleiben
Liebe Gemeinde!
Eine Frau liegt im Sterben. Sie ruft ihren Pfarrer zu sich, um mit ihm die Beerdigung zu besprechen. Sie sagt ihm, wie der Ablauf sein soll und welche Lieder gesungen werden sollen. Dann sagt sie zu ihm etwas Ungewöhnliches: „Achten Sie bitte drauf, dass ich im Sarg einen Löffel in der Hand habe“. „Warum denn das?“, erwiderte der Pfarrer erstaunt. „Wissen Sie“, sagte die Frau, „einer der schönsten Augenblicke meines Lebens war immer der, wenn es beim Essen hieß: Bitte behalten Sie Ihren Löffel. Denn da wusste ich, dass es noch Nachtisch gab. Ich bin eine leidenschaftliche Nachtisch-Esserin.“
„Ja, und?“ meinte der Pfarrer. „Sehen Sie, dieser Löffel drückt für mich den Glauben aus, dass das Beste noch vor mir liegt, gerade weil ich nicht mehr lange zu leben habe. Ich bitte Sie, darüber bei meiner Beerdigung zu predigen.“ antwortete die Frau.
Eine ungewöhnliche Geschichte, die sich da zugetragen hat, aber eine sehr eindrückliche Geschichte. Der Löffel in der Hand macht deutlich: Das Beste kommt noch.
Was glauben Sie, liebe Gottesdienstbesucher? Eben haben wir im Glaubensbekenntnis gesprochen: Ich glaube an die Auferstehung der Toten. Sonntag für Sonntag bekennen wir das. Ist uns das bewusst? Glauben wir das wirklich, oder sprechen wir das einfach so, weil es halt dazu gehört? Glauben wir, dass es Nachtisch gibt, dass das Beste noch kommt oder wird bei uns nach dem Essen und nach dem Leben gleich alles abgeräumt und das war es dann?
Viele Menschen leben nach der Richtlinie, dass das Leben ausschließlich hier stattfindet. „Da kommt nichts mehr. Ich habe meine 70 oder 80 Jahre, und das war es dann.“ Unser Leben währt 70 Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind es 80 Jahre“. So heißt es im Alten Testament. Das ist ja der Maßstab. Wenn ich das glaube und das alles ist, dann hat das zur Folge, dass ich alles in diese wenigen Jahre meines Lebens hinein packen muss, denn mehr gibt es ja dann nicht.
Für manche Menschen ist das Stress, denn sie müssen das Leben ja genießen und die Zeit nutzen, die ihnen das Leben gibt. Der Terminkalender ist voll, und es geht häufig mehr um mich als um andere. Andere leben einfach so dahin und versuchen das Beste daraus zu machen. Und wieder andere stöhnen und seufzen über das Leben, das ihnen hart zusetzt. Und dann fragen sich am Ende viele: Und das soll alles gewesen sein?
Die Bibelstelle für diese Predigt weist über diesen Horizont hinaus. Sie eröffnet eine Perspektive für Zeit und Ewigkeit. Der Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth:
16 Wir werden nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. 17 Denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, 18 uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.
Paulus weist hin auf die über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit und ermutigt uns, nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare zu sehen. Also nicht auf das, was hier in unserem Leben zählt, nicht auf Geld, auf Leistung, auf materiellen Besitz, sondern auf das, was Ewigkeitswert hat.
Er weiß, das Leben ist nicht leicht und das Leben als Christ auch nicht. Müdigkeit und Resignation greifen um sich. Diesen Eindruck kann man auch beim Anblick des Zustands unserer großen Kirchen gewinnen. Schaut inmitten von Trübsal, so heißt es hier, inmitten von Müdigkeit und Resignation auf das Unsichtbare, sagt er. Bleibt nicht bei dem stehen, was euch herunterzieht und euch den Mut raubt.
Er kennt uns Menschen. Er weiß, dass wir eher die Probleme, die Sorgen und den Mangel in unserem Leben sehen oder anders gesagt, dass wir eher das Glas halbleer als halbvoll sehen. Schaut nicht darauf, sondern habt das im Blick, was ihr nicht sehen könnt, Jesus und die kommende Herrlichkeit.
Vor drei Wochen war Ostern, und wir haben die Auferstehung Jesu gefeiert, den Sieg des Lebens über den Tod. Damit ist auch der Glaube an unsere Auferstehung verbunden, und dass Jesus uns Anteil gibt an seiner Herrlichkeit. Das Tor zum Leben und zur Ewigkeit wurde aufgeschlossen für uns. Das ist die Perspektive, mit der wir leben. Diese Perspektive lässt anders auf dreifache Art und Weise leben. Sie gibt 1. Vorfreude, sie gibt 2. Kraft und sie lässt 3. anders sterben.
I
Sie gibt Vorfreude. Kennen Sie das Gefühl, wenn der verdiente Urlaub endlich in greifbare Nähe rückt? Da beginnt man in allem, was bis dahin zu erledigen ist, aufzublühen angesichts der schönen Aussichten. Sogar schwere Aufgaben und Herausforderungen ziehen mich angesichts dieser Perspektive nicht mehr so runter. Auf einmal geht manches leichter, weil die Vorfreude da ist. Freude motiviert und greift um sich.
Papst Johannes Paul II. hat auf seinem Sterbebett den folgenden Satz gesagt. „Ich bin froh, und ihr sollt es auch sein.“ Das ist ein bemerkenswerter Satz, wenn er auf einem Sterbebett gesagt wird. Er wollte wahrscheinlich sagen: Ich bin froh, wenn ich auf mein Lebenswerk zurückschaue, aber ich bin auch froh, wenn ich auf das schaue, was jetzt kommt, wenn ich jetzt zu dem gehen darf, an den ich geglaubt habe. Ich bin froh. Seid ihr es doch auch.
Mit Vorfreude lässt es sich anders leben. Das ist Leben unter verändertem Vorzeichen, egal wie alt ich bin. Ich muss dann auch nicht mehr alles in meinem Leben unterbringen und hineinpressen, denn das Beste kommt ja eh noch.
II
Diese Perspektive gibt Kraft inmitten aller Müdigkeit und Resignation, inmitten von Sorgen und Nöten. Als der auferstandene Jesus seinen traurigen und resignierenden Jüngern begegnet ist, da wurden diese verändert. Sie bekamen neue Kraft zu leben. Auch wenn Jesus jetzt nicht mehr leibhaftig bei ihnen war, so wussten sie dennoch: Jesu, der vom Tod auferstanden und lebt, ist uns nah. Er ist an unserer Seite. Wir als Christinnen und Christen haben jemand an der Seite, der stärker ist als alles, was uns herunterziehen will, der auch stärker ist als der Tod: Jesus selbst.
Im Psalm 23 heißt es: „Und ob ich wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.“ Im Glauben an ihn zapfen wir eine große Kraftquelle an. Sie trägt uns durch alles Schwere im Leben durch. Wir sind nicht allein.
III
Diese Perspektive lässt auch anders sterben. Das war bei der Frau in der eingangs erwähnten Geschichte so und das drückt auch der Papst-Satz aus. Ich muss keine Angst vor dem Tod mehr haben. Ich brauche auch nicht bis zum Schluss zu kämpfen. Ich weiß, dieses Leben war und ist nicht alles. Der Tod ist für Gott keine Mauer, sondern eine geöffnete Tür, durch die ich gehen darf. Es geht hinein in sein Licht. Dort werde ich mit offenen Armen empfangen und in die Arme genommen. Dort bin ich Zuhause.
Mein Leben hat eine Zukunft über den Tod hinaus. Ich darf getrost sein und getrost sterben. Das wird auch andere Menschen verändern. So forderte der Papst die anderen auf. „Seid auch ihr froh“ und die Frau in der Geschichte bat den Pfarrer, über den Löffel in der Hand zu predigen bei der Beerdigung. Eine solche Hoffnung und Gewissheit bleibt nicht bei einem selbst. Sie zieht Kreise. Sie ist bis zuletzt ansteckend.
Liebe Gemeinde! Dieses Leben hier ist nicht alles. Das gibt uns Paulus mit auf den Weg in den Alltag. Lebt von der verheißenen Zukunft her, von der Ewigkeit und von der Herrlichkeit. Und wenn es heute Mittag oder beim nächsten Mal Nachtisch gibt oder es heißt „Bitte behalten Sie Ihren Löffel“ dann denken Sie an die Geschichte mit der Frau und an die Botschaft: Das Beste kommt noch! Amen.
Verfasser: Pfr. Gerrit Boomgaarden, Bergstr. 10, 61191 Rosbach
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