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Die neue Schöpfung

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 21.04.2002
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Miserikordias Domini
Textstelle : Apostelgeschichte 17,22-28a.(28b-34)
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Wochenspruch:

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Korinther 5,17)

Psalm: 66,1-9 oder 118,14-24 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 1,1-4a.26-31; 2,1-4a
Epistel:
1. Johannes 5,1-4
Evangelium:
Johannes 15,1-8

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 303
Lobe den Herrn, o meine Seele
Wochenlied:
EG 108
Mit Freuden zart zu dieser Fahrt
Predigtlied:
EG 346
Such, wer da will, ein ander Ziel
Schlusslied:
EG 157
Lass mich dein sein und bleiben

22 Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. 23 Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt. 24 Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind.
25 Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt. 26 Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, 27 damit sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. 28 Denn in ihm leben, weben und sind wir [; wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts. 29 Da wir nun göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Kunst und Gedanken gemacht. 30 Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun. 31 Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.
32 Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, begannen die einen zu spotten; die andern aber sprachen: Wir wollen dich darüber ein andermal weiterhören. 33 So ging Paulus von ihnen. 34 Einige Männer schlossen sich ihm an und wurden gläubig; unter ihnen war auch Dionysius, einer aus dem Rat, und eine Frau mit Namen Damaris und andere mit ihnen.]

Liebe Gemeinde!
An der Straße steht ein junger Mann, mit dem Daumen nach oben. „Ich will mitgenommen werden“, zeigt er mir an. Weil es ein Stück zu fahren ist, kommen wir ins Gespräch. Ich frage ihn dies und jenes über seine Arbeit und erzähle auch, dass ich in der Kirche engagiert bin, als es sich ergibt. Dann frage ich ihn: „Wie stehen Sie denn so zum Glauben?“
Die Antwort kann ich mir leicht merken – ich bekomme sie oft zu hören: „Wir glauben doch alle an den einen, den gleichen Gott. Ob Christen oder Moslems, ob Hindus oder Buddhisten – das alles sind doch Leute, die an Gott glauben – und wenn er auch viele Namen hat, es ist doch immer der gleiche.“
Vorsichtig fange ich an, diese Aussage in Zweifel zu ziehen: das ist für mich frag-würdig, ob Gott, wie ich ihn in Jesus kennen gelernt habe, dem entspricht, was ein Hindu über Gott erfahren hat oder was ein Muslim aus dem Koran über Gott kennen lernt.
Wir kommen nicht sehr weit mit unserem Gespräch – er steigt aus und verabschiedet sich artig, Was habe ich ihm in diesem Gespräch gesagt? Was wird er als Frage aus dieser Begegnung mitnehmen? Bleibt er bei seinem Denken über Gott, bei dem, was er vorher gedacht hat - oder hat diese kurze Begegnung Folgen für sein Leben und Denken? Fragen, auf die ich keine Antwort habe.
Aber als ich unser heutiges Predigtwort durchdenke, da geht mir dieses Gespräch nach. Es hat in mir weitergearbeitet und Spuren hinterlassen. Mir geht auf, wie der Apostel Paulus in sehr konzentrierter Form zu Leuten gesprochen hat, um ihnen das Evangelium von Jesus nahe zu bringen.
In vier kurzen Gedanken versucht Paulus, das Evangelium in Athen zu sagen.
1. Überall ist eine Ahnung von Gott
Als Paulus durch Athen geht, sieht er Tempel, Götterbilder, Altäre. Er steht vor einer Vielfalt an religiöser Kunst, die atemberaubend ist. An diesen Steinen und Bauten kann er ablesen: in diesen Menschen ist die Ahnung von Gott da. Und er sagt das auch: „Ihr seid sehr gläubige Leute.“ Dieses Wort „gläubig“ hat hier einen bestimmten Klang – wir würden heute vielleicht sagen: Ihr seid hoffnungslos religiös. Ihr Athener tragt in euch eine Sehnsucht, ein Fragen nach Gott, eine Ahnung davon, dass es um Gott mehr sein muss als die Tempel und die Götterbilder euch sagen.
Überall ist eine Ahnung von Gott . Wer durch unsere Welt geht, der wird das auch finden. In den Bücherladen der Großstädte gibt es wachsende Abteilungen zum Thema „Übersinnliches“. In den CD-Ständern von „World of Music“ oder „2001“ finden sich immer wieder CDs mit religiösen Themen. Es ist kein Ausrutscher, wenn Peter Maffay von seinen Fragen an Gott singt, Herbert Grönemeyer „Jesus an seiner Seite“ hat und Joan Osburne singt: „God is great“.
Es ist kein Ausrutscher, wenn Johannes B. Kerner seinen Gast danach fragt, ob er in der Angst betet, Udo Lindenberg von seinen religiösen Empfindungen spricht oder Hanns Dieter Hüsch in seinen Programmen fast predigt. Wer sich Kinofilme anschaut und Fernsehproduktionen jenseits der seichten Unterhaltung, der bekommt mit: Immer wieder werden religiöse Themen verhandelt, taucht die Frage nach Gott und Glauben auf - als eine Frage, die modern ist und Menschen umtreibt.
Die Menschen unserer Zeit sind religiös, auch wenn sie nicht christlich sind, auch wenn sie schon gar nicht kirchlich sind. Es liegt in der Luft, begegnet uns, wenn Leute sagen: beim Gang durch den Wald habe ich eine Ahnung von Gott. Es begegnet uns in vielen Formen, in Liedern, und Gedichten, es begegnet uns in dem Gefühl, das viele haben, dass sie sich nicht selbst alles verdanken, was sie geschaffen und geschafft haben, dass sie das Empfinden einer Abhängigkeit benennen. Überall ist eine Ahnung von Gott - und Menschen sind sehr wohl bereit, das auch auszusprechen.
2. Keinem von uns ist Gott fern
Dieses Fragen, Suchen, Ahnen von Gott nimmt der Apostel mit einem ganz weiten Satz auf: „Keinem von uns ist Gott fern. In ihm leben, weben und sind wir.“ Gott ist uns näher als die Luft zum Atmen, näher als uns die Menschen sind, näher als uns die Dinge sind, mit denen wir uns umgeben.
Der Apostel sagt dieses Bekenntnis, weil er an den Schöpfer glaubt. Gott hat die Welt geschaffen und hat uns das Leben gegeben. Wenn wir Paulus nach einem Beweis für seinen Gedanken fragen könnten, dann würde er sagen: Schau Dich an: Du bist der Beweis! Du hast Dir das Leben nicht selbst gegeben. Du hast Dir Deinen Leib nicht selbst gegeben. Du hast Dir deine Kraft und Deine Talente nicht selbst gegeben. Mit allem, was du bist und was du lebst und was du kannst, kommst Du immer schon von Gott her - aus seinem unerschöpflichen Geben. Jeder Augenblick Deines Lebens kommt von Gott.
Keinem von uns ist Gott fern. Dieses Wort hat eine Kehrseite: Wir alle verdanken uns Gott, mit dem, was wir sind und wie wir sind. Damit steht zugleich eine Frage vor uns: Danken wir Gott denn mit unserem Leben, das wir ihm verdanken? Entspricht unser Leben dem, das Gott uns nicht fern ist, sondern nahe? Sind wir Gott nahe - mit unserem Tun, mit unserem Denken, mit unserem Danken?
3. Gott will, dass wir ihn suchen
Bis hierhin können viele noch mitgehen. Aber nun geht Paulus den einen Schritt weiter: Es ist nicht damit getan, dass wir sagen: Gott gibt es. Es ist nicht damit getan, dass wir sagen: Wir leben immer schon von Gott her. Sondern Gott will, dass wir ihn suchen und mit ihm leben.
Es geht um eine sehr persönliche Beziehung zu Gott, um eine Beziehung des Vertrauens und des Gehorsams. Wenn wir Kinder taufen, wird über ihnen gesagt: Du sollst Gott gehören. Du sollst zu dem Gott gehören, der deinen Namen gerufen hat. Du sollst zu dem Gott gehören, der sich selbst in dieser Welt mit seinem Namen zu erkennen gegeben hat: in dem Menschen Jesus Christus, der ans Kreuz gegangen ist und der durch den Tod gebrochen ist. Du gehörst nicht zu einem namenlosen, unbekannten Gott- du gehörst zu dem bekannten Gott, der sich zu dir bekannt hat und zu dem du dich bekennen darfst.
Das ist über uns allen, die wir getauft worden sind, gesagt worden, und das gibt unserem Leben Richtung. Unsere Lebensrichtung ist markiert durch die Zugehörigkeit zu Jesus, das Vertrauen zu Jesus. Das ist dann kein Allerweltsglaube mehr. Sondern das ist der Glaube, der immer wieder fragt: Was ist der Wille Gottes für mein Leben - an diesem Tag heute? Was ist der Wille Gottes für mein Handeln an diesem Tag heute? Was will Jesus durch mich in dieser Welt tun - an Menschen, in den Aufgaben der Zeit, für die Nahen und die Fernen?
Solange wir noch nicht wissen, wer Gott ist, können wir ihm auch nicht gehorchen. Aber wenn es wahr ist, dass Gott sich uns bekannt machen will und bekannt gemacht hat durch Jesus, dann gibt es nur eines: unseren Willen ausrichten nach seinem Willen.
4. Gott ruft uns
Ich denke, dass es deutlich geworden ist: Es geht nicht nur um gute Gedanken über Gott. Paulus hat nicht zu den vielen Gesprächen über Gott ein weiteres hinzufügen wollen - nach dem Motto: Gut, dass wir mal drüber geredet haben. Er steht auf dem Areopag aus einem einzigen Grund: Weil Gott nach seinen Menschen ruft und weil Menschen dieses Rufen Gottes hören müssen – um ihrer Seelen Seligkeit willen.
Einige haben es gehört – aber viele haben sich lächelnd abgewendet. Einige haben den nahen Gott in den Worten seines Boten gehört, viele aber haben nur ein seltsamen Wanderprediger gehört und hatten nur ein Achselzucken für ihn. Das sind bis heute die Reaktionen. Die einen hören und glauben und finden das Leben, und die anderen gehen ihres Weges. Auf welcher Seite stehen wir, Sie und ich?
Es ist die Sorge um die Menschen, dass Menschen an Jesus vorbeileben könnten und darüber das Leben versäumen, die uns diese Worte des Paulus weitersagen lässt. Es ist die Sorge, dass Menschen das große Geschenk ihrer Taufe versäumen könnten, die uns nicht einfach sagen lässt: Jeder hat seinen Glauben, jeder hat seine Vorstellung von Gott - ist doch alles gleich-gültig. Die Erfahrung, die Paulus gemacht hat und die ich, Jahrhunderte nach ihm - mit ihm teile, ist großartig anders: Jesus ruft uns beim Namen - ich bin ihm nicht gleich-gültig. Und diesem Ruf darf und will ich folgen. In diesem Ruf liegt mein Leben, und ohne diesen Ruf geht mein Leben in die Leere, geht es am Willen Gottes vorbei.
Gott ruft uns – ich möchte es zuspitzen: Gott ruft Dich und mich. Seit unserer Taufe hat er nicht aufgehört, meinen und Deinem Namen zu rufen, damit wir nicht ohne ihn leben, ohne seine Liebe, ohne seine Treue, ohne das Vertrauen zu ihm und ohne den Gehorsam, der sich um seinen Willen müht. In diesem Ruf bietet er das Leben an - er, der nicht will, dass auch nur einer verloren geht, sondern der uns allen im Glauben das Leben schenken will, das nicht vergeht. Amen.

Verfasser: Pfr. Paul-Ulrich Lenz, Leonhardstr. 20, 61169 Friedberg

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