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Die neue Schöpfung

von Jürgen Wolf (Hermsdorf)

Predigtdatum : 07.05.2017
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Miserikordias Domini
Textstelle : Johannes 16,16.(17-19).20-23a
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Wochenspruch:
"Ist jemand in Christus, so ister eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden." (2. Korinther 5, 17)

Psalm: 66, 1 - 9


Lesungen
Reihe I: Johannes 15, 1 - 8

Reihe II: 1. Johannes 5, 1 - 4

Reihe III: Johannes 16, 16 (17 – 19) 20 – 23 a

Reihe IV: 2. Korinther 4, 16 - 18

Reihe V: 1. Mose 1, 1 - 4 a. 26 - 31; 2, 1 - 4 a

Reihe VI Apostelgeschichte 17, 22 - 28a (28 b - 34)


Liedvorschläge
Eingangslied: EG 449, 1 + 2 +10 Die güldene Sonne voll Freud und Wonne
Wochenlied: EG 406, 1 – 4 Bei dir, Jesu, will ich bleiben
Predigtlied: EG 398 In dir ist Freude
Schlusslied: EG 501, 1 – 4 Wie lieblich ist der Maien



Predigttext Johannes 16, 16 (17 - 19) 20 – 23 a
Trennungsleid und Wiedersehensfreude

„Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen. Da sprachen einige seiner Jünger untereinan-der: Was bedeutet das, was er zu uns sagt: Noch eine klei-ne Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen; und: Ich gehe zum Vater? Da sprachen sie: Was bedeutet das, was er sagt? Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet.
Da merkte Jesus, dass sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, dass ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen?
Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein; doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt wer-den.
Eine Frau, die gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist.
Und ihr habt auch nun Traurigkeit; aber ich will euch wie-dersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen. Und an dem Tage werdet ihr mich nichts fragen.“

Begrüßung
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Kor. 5, 17)

Wir sind aus unterschiedlichen Situationen in diesen Gottes-dienst gekommen. Vor jeder und jedem stehen bestimmte Herausforderungen, die er aus der Woche und dem Alltag mitbringt. Bei Gott können wir Kraft schöpfen. In all den Herausforderungen und Veränderungen, vor denen wir ste-hen, bleibt er gleich und er bleibt bei uns. Wenn wir die Verbindung mit ihm halten, wie die Reben mit dem Wein-stock, macht er alles neu in uns. So nahe ist er uns. Was diese Nähe für die Wechselfälle des Lebens und die Über-gänge bedeutet, darüber wollen wir in der Predigt nachden-ken.

Eingangsgebet
Gott, himmlischer Vater, du bist bei uns, auch wenn wir dich nicht spüren. Wir bitten dich, stärke unser Vertrauen in dich, damit wir in der Gewissheit wachsen, dass du uns allen Situationen des Lebens trägst. Lass uns darüber froh werden, dass du auch in der Nacht des Lebens bei uns bist. Das bitten wir durch Christus, unseren Bruder und Herrn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und wirkt in Zeit und Ewigkeit. Amen.

Predigt
Wie gehen Sie mit Übergängen in ihrem Leben um? Es gibt ja vielfältige Übergänge. Da ist vielleicht ein Umzug in einen andern Ort oder ins Seniorenheim. Sie müssen an dem einen Ort Abschied nehmen, an dem Sie lange gelebt haben, und sich an einem neuen Ort eingewöhnen. Neue Nachbarn, ein anderer Blick aus dem Fenster … alles ist anders.

Oder Sie beginnen eine neue Arbeit. Sie ziehen dazu vielleicht nicht um. Aber es ist eine neue Firma, neue Kollegen und ein neuer Chef. Wie ist hier das zwischenmenschliche Klima? Wie geht man hier miteinander um? Dabei nehmen Sie auch Erfahrungen aus der alten Arbeitsstelle mit. Das können gut Erfahrungen sein. Sie wissen, was sie gut können. Es können aber auch schwierige Erfahrungen sein, unaufgelöste Konflikte vielleicht oder unerledigte Aufgaben. Das kann in das Neue hinein schwingen.

Es kann auch sein, dass ein Krankenhausaufenthalt bevor-steht – entweder bei Ihnen selbst oder bei einem Angehöri-gen. Untersuchungen sollen durchgeführt werden. Das dau-ert alles etwas länger. Bis dann ein Ergebnis vorliegt, ist das manchmal doch sehr angespannt.

Oder es steht der Übergang aus dem Arbeitsleben in den Ruhestand an. Nach vielen Jahren, in denen der Alltag von den beruflichen Aufgaben bestimmt war, hat man mit einem Mal ganz viel Zeit, aber viel weniger Kontakte.
(weitere Beispiel solcher Übergänge können in diesem Einstieg eingefügt werden und die vorhandenen ausgetauscht, je nach der Situation der zu erwartenden Hörer der Predigt)

Wie gehen Sie mit solchen Übergängen im Leben um? Der eine hängt innerlich sehr am Vergangenen. Ein anderer Mensch geht euphorisch auf das Neue zu.

Bei all den Übergängen in unserem Leben lassen wir etwas zurück. Das kann traurig machen. Es kann aber auch sein, dass wir froh sind, uns mit bestimmten Dingen nicht mehr auseinandersetzen zu müssen. Bei allen Übergängen gehen wir auch auf etwas Neues zu. Das kann hoffnungsvoll sein. Es kann aber auch spannend sein, weil wir nicht genau wis-sen, was kommt und wie es wird.

Wir Christen sind Menschen im Übergang. Der Schriftsteller Heinrich Böll äußerte einmal: „, dass wir alle eigentlich wissen – auch wenn wir es nicht zugeben -, dass wir hier auf der Erde nicht zu Hause sind, nicht ganz zu Hause. Dass wir also noch wo anders hingehören und wo anders herkommen. Ich kann mir keinen Menschen vorstellen, der sich nicht – jedenfalls zeitweise, stundenweise, tageweise oder auch nur augenblickweise – klar darüber wird, dass er nicht ganz auf diese Erde gehört.“

Leben im Übergang: Das kann für uns an diesem Sonntag in der Osterzeit Grund für jubelnde Freude sein. Gleichermaßen gehört aber auch die Traurigkeit zu unserem Leben.

Die Jünger Jesu sind zunächst in solch einer Situation des Überganges. Sie sind im Übergang. Jesus geht zum Vater. Sie werden ihn nicht mehr in derselben Weise neben sich und vor sich haben, wie bisher.

Johannes erzählt von diesem Abschied und Übergang. Jesus sagt seinen Jüngern: Ihr werdet mich nicht mehr sehen und dann werdet ihr mich sehen. Die Jünger verstehen das nicht. Jesus möchte sie auf seinen Tod vorbereiten. Ihr werdet mich nicht mehr sehen. Das ist die Situation des Karfrei-tages, die Kreuzigung, das Sterben, der absolute Zusam-menbruch. Da wird Weinen und Klagen sein.

Er bereitet sie aber auch auf Ostern vor, die Auferstehung, die unfassbare Freude. Und weil das natürlich kaum zu be-greifen ist, sucht Jesus einen Vergleich und gibt den Jüngern ein Bild mit. Er sagt: Das ist wie bei einer Frau, die ein Kind entbindet. Der Vorgang der Geburt ist schmerzhaft. Es ist ein Vorgang, dem die Frau sich nicht entziehen kann. Der hat eine eigene Dynamik. Am Ende ist der Schmerz wie weggeblasen. Da steht dann die Freude über das Kind im Mittelpunkt.

Die Zeit zwischen Karfreitag und Ostern ist die Zeit des Überganges. Es ist die Zeit der Klage. Jesus scheint abwe-send zu sein. Die Jünger wollen das nicht verstehen. Sie wollen das Leid nicht. Sie wollen das Leid lieber verdrängen.
Die Zeit nach Ostern ist dann die Zeit der Freude über das Wiedersehen. Es ist aber auch ein Übergang. Diese Zeit ist für die Jünger auch dadurch geprägt, dass sie Jesus nicht mehr in irdischer Gestalt bei sich haben. Es ist alles neu, aber es ist nicht wie früher. Jesus wird die Jünger hinweisen auf die Freude über die Gegenwart seines Heiligen Geistes. Die Jünger werden im Übergang sein zwischen Ostern und Pfingsten.

Johannes, der Evangelist, schreibt das alles für eine Ge-meinde auf, die selbst im Übergang ist. Die frühe Gemeinde muss sich von der jüdischen Tradition lösen und eine eigene Identität aufbauen. Das ist anstrengend. Da ist manches nicht sofort zu lösen.
Wo stehen wir heute? Wir stehen einerseits in der Trauer über den scheinbar abwesenden Jesus. Jesus ist für uns nicht fassbar, so wie er für die Jünger fassbar war. Wir sind in den Erfahrungen des Leides manchmal wie zwischen Kar-freitag und Ostern. Wir würden ihn gern direkt fragen kön-nen: Ist es sinnvoll mit dem Umzug in den neuen Ort. Werde ich auf der neuen Arbeit zurechtkommen. Was wird das Ergebnis der Untersuchungen im Krankenhaus sein? Wird der Schritt in den Ruhestand gelingen?
(Diese rhetorischen Fragen müssen, wenn Beispiele ausgetauscht sind, entsprechen inhaltlich bezogen werden).

Es gibt solche Momente im Leben, in denen wir Christen uns in Übergangssituationen so eigenartig verwaist vorkommen. In den Unklarheiten des Lebens sind wir unsicher. Alles ist diffus und wage. Es gibt solche Verunsicherungen auch dann, wenn wir bestimmte Entscheidungen sehr bewusst treffen. Und es gibt solche bangen Fragen auch dann, wenn wir Abschiede sehr bewusst vollziehen.

Jesus möchte uns einladen zur Freude über das Wiedersehen mit ihm. Das ist sowohl für die Jünger und für uns kein Sehen mit den Augen. Es ist die Erfahrung seiner Gegenwart im Heiligen Geist. Jesus möchte uns sagen: Ihr seid nicht verwaist. Jesus ist da. Aber er ist in unserer Gemeinde anders da als in den Tagen seines irdischen Lebens. Und dieses Dasein durch seinen Geist ist nicht weniger kraftvoll als sein Dasein als Mensch vor der Kreuzigung. Er ist für uns so ansprechbar im Gebet. Er begleitet uns auf dem Weg des Lebens. Darüber haben wir Grund zu jubeln – so der Name dieses Sonntages. Es ist nicht das heckenhochtanzende ausgelassene Jubeln. Es ist eher die vom Leben durchläuterte Freude über die Nähe Jesu. Wir haben in un-serem Glauben diesen Schatz, dass Jesus uns begleitet.

Wenn wir durch den Übergang durch sind, können wir zu-rückschauen. Vielleicht haben wir die Nähe Jesu im Vollzug nicht gemerkt. In der Rückschau sehen wir nach einem Um-zug, welche neuen Möglichkeiten wir wirklich haben und das sich die Mühe gelohnt hat. Wir erkennen auch deutlich die Hand seiner Führung in diesem Geschehen.

Das Untersuchungsergebnis im Krankenhaus hat doch einen Befund erbracht, dass nicht alles in Ordnung ist. Das Leben ist jetzt anders. Zeit wird kostbarer. Wir können aber auch gestärkt weitergehen, weil es auch eine Möglichkeit der Be-handlung gibt. Gut, dass diese Untersuchung durchgeführt wurde.

Rückblickend erkennen wir vielleicht auch auf der neuen Arbeitsstelle, dass es für uns viel einfacher ist. Viele Ängste lösen sich nach kurzer Zeit in Luft auf. Wir erkennen jetzt, welche Last wir von der alten Arbeitsstelle nicht mehr tragen müssen.

Wir sagen gern „ich fühle mich wie neugeboren“. Wenn wir nach einer großen Anstrengung gut ausgeschlafen in einen neuen Tag gehen. Wenn wir nach einer Krankheit wieder ganz genesen sind. Wenn eine Kur uns gutgetan hat. Dann fühlen wir uns „wie neugeboren“: erfrischt, geheilt, wir schlagen die Augen auf, der Tag liegt vor uns - und wir können wieder zuversichtlich ins Leben gehen.

An anderer Stelle im Johannesevangelium sagt Jesus „Ihr müsst von neuem geboren werden“, damit ihr zum Reich Gottes gehört (Joh 3, 7). Von neuem geboren werden, also auch im Inneren: frisch, geheilt, befreit, zuversichtlich. Das ist uns in Aussicht gestellt, egal wie jung oder wie alt wir sind. Auferstehen mitten im Leben. Anteil haben am neuen Leben, das Jesus ans Licht gebracht hat. Von neuem gebo-ren werden: das größere Leben liegt immer noch vor uns. Das ganze, vollkommene Leben voller Klarheit und Freude. Das Beste kommt noch.

Ein solcher Übergang kann für uns schmerzhaft sein wie eine Geburt. Auch wenn in uns etwas Neues „entbunden“ werden will, geht das kaum ohne Schmerzen und Tränen ab. Da trennen wir uns ja auch von etwas. Unser „alter Mensch“, mit dem wir so vertraut sind, der bleibt zurück. Aber wenn das Neue geboren ist, wenn das Gotteskind in uns von neuem die Augen aufschlägt, dann ist die Freude so viel größer, dass die Schmerzen bald vergessen sind.

In dem Licht Jesu wird alles anders. Jubelt, denn ihr seid von ihm begleitet. „… euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.“
Amen.

Fürbittengebet
Guter Gott, wir danken dir für deine Nähe in den Übergängen unseres Lebens. Nichts bleibt, wie es war. Du aber bleibst, der du bist. Auf dich können wir uns stützen.

Wir bitten dich um deine Nähe in den Entscheidungen, die wir für die Zukunft treffen müssen: die Entscheidung der Berufswahl, die Suche nach einem Auskommen und die Hoffnung auf ein erfülltes Leben. Wir rufen zu dir:
Gemeinde Herr, erhöre uns!

Erweise dich als Halt in den Situationen des Lebens, die wir nicht verstehen: Wir denken an die Menschen, die einen Angehörigen durch den Tod verloren haben oder von Kräften und Fähigkeiten des Lebens Abschied nehmen müssen. Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erhöre uns!

Lass uns aus der Verwurzelung in dir den Mut für Verände-rungen wachsen, damit wir den Einsatz wagen für den Frie-den, die Gerechtigkeit und ein gutes Zusammenleben der Menschen mit denen wir zu tun haben. Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erhöre uns!

Wir bitten dich auch für deine Kirche, dass sie glaubhafte Zeugin deiner Gegenwart in unserer Zeit ist. Segne alle Verkündigung und Glauben. Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erhöre uns!

Guter Gott, wir danken dir für deine Nähe in den Übergängen unseres Lebens. Nichts bleibt, wie es war. Du aber bleibst, der du bist. Auf dich können wir uns stützen. Gehe du mit uns und mit jedem von uns mit durch die Zeit, diesen Tag, die Woche, die vor uns liegt und unser Leben. Erweise du dich als der Fels und das Fundament für unser Leben.

Amen.


Verfasser: Pfarrer Dr. Jürgen Wolf
Schulstraße 54, 7629 Hermsdorf

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