Die neue Schöpfung
von Tabea Schwarzkopf (98711 Frauenwald)
Predigtdatum
:
13.04.2008
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Miserikordias Domini
Textstelle
:
Apostelgeschichte 17,22-28a.(28b-34)
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Wochenspruch:
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Korinther 5, 17)
Psalm: 66, 1 - 9 oder 118 (EG 747)
Lesungen
Altes Testament:
1. Mose 1, 1 – 4a.26 – 31a. 2, 1 – 4a
Epistel:
1. Johannes 5, 1 – 4
Evangelium:
Johannes 15, 1 – 8
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 100 oder EG 181.7
Wir wollen alle fröhlich sein Jubilate deo (Kanon)
Wochenlied:
EG 108
Mit Freuden zart
Predigtlied:
EG 112, 1-5
Auf, auf, mein Herz, mit Freuden
Schlusslied:
EG 258
Zieht in Frieden eure Pfade
Variante für Wochenlied oder Predigtlied für bewegungsfreudige Gemeinden:
Halleluja – Preiset den Herrn (in vielen Kinderliederbüchern unter „Hallelu-“ zu finden, so z.B. in: Das Kindergesangbuch, Claudius-Verlag, Hg: Andreas Ebert, Nr. 193) Dieses Lied im Wechsel gesungen (rechte Seite singt „Halleluja“, linke singt „Preiset den Herrn“) bewirkt große Freude, die noch größer wird, wenn die Seite, die singt, aufsteht, sich aber setzt, wenn die anderen dran sind. Das Lachen, das dabei hervorbricht, ist Osterlachen und passt auch zu Jubilate.
Liebe Gemeinde,
heute ist Sonntag Jubilate. Das ist eine Aufforderung, zu jubeln, sich zu freuen. Grund genug haben wir, wir sind mitten in der Osterzeit. Wir leben von der Hoffnung, die durch die Auferstehung Jesu zum Leben in uns ist. Das neue Leben um uns herum, die erwachende Natur bekräftigt diese Freude, diese jubelnde Hoffnung in uns.
Dennoch beginnt der Predigttext für diesen Jubelsonntag ausgerechnet beim Ärger. Er wird aber dabei nicht stehen bleiben.
Wir wollen sehen, was aus dem anfänglichen Ärger wird.
22 Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach:
Ihr Männer von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. 23 Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt.
24 Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. 25 Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen, wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt.
26 Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, 27 damit sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. 28 Denn in ihm leben, weben und sind wir; [wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts. 29 Da wir nun göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Kunst und Gedanken gemacht.
30 Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun. 31 Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.
32 Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, begannen die einen zu spotten; die andern aber sprachen: Wir wollen dich darüber ein andermal weiter hören. 33 So ging Paulus von ihnen. 34 Einige Männer schlossen sich ihm an und wurden gläubig; unter ihnen war auch Dionysius, einer aus dem Rat, und eine Frau mit Namen Damaris und andere mit ihnen.]
Haben Sie sich schon mal so richtig geärgert, weil Menschen in Ihrer Umgebung bei ihrer Suche nach Sinn und religiösen Erfahrungen die verschiedensten und exotischsten Angebote ausprobieren, aber an der Kirchentür vorbeigehen?
Einer hat sich jedenfalls mächtig geärgert, als er durch eine Multi-Kulti-Stadt der Antike lief: Paulus. Er ist durch Athen gegangen und hat die verschiedensten Götterstatuen gesehen. So viel Heidentum konzentriert in einer Stadt! Das hat ihn, der für die Botschaft vom auferstandenen Jesus Christus brannte, der mit der österlichen Botschaft unterwegs war, richtig wütend gemacht.
Stellen wir uns vor:
Eine Kirchengemeinde hat eingeladen zum Johannesfest, und dann sind nur wenige gekommen, weil zur gleichen Zeit eine Sonnenwendfeier stattfand, die offensichtlich mehr Zuspruch fand. (Hier eventuell andere, der Ortsgemeinde vorstellbare, aktuelle Beispiele einfügen!)
Paulus in Athen hat sich geärgert. Wenn wir uns selbst erwischen dabei, dass wir uns ärgern, weil die christliche Botschaft so wenig Beachtung findet in unserer Zeit, dann können wir uns in ihn hineinversetzen.
Der Ärger allein bringt uns nicht weiter. Paulus sucht das Gespräch. Zuerst geht er, wie er es immer tut, zur jüdischen Gemeinde. Zu denen, die wie er glauben, dass Gott Himmel und Erde und alles Leben geschaffen hat. Die wie er glauben, dass Gott uns auch durch die Geschichte begleitet. Dort findet er immer Gleichgesinnte. Menschen, die aus demselben kulturellen und religiösen Hintergrund kommen wie er. Es tut gut, sich stärken zu lassen in der Gemeinschaft von Gläubigen.
Aber Paulus sucht weiter das Gespräch mit Menschen, die andere Überzeugungen haben. Er diskutiert mit Philosophen verschiedener Schulen, wie sie in Athen häufig anzutreffen waren.
Und dann geschieht etwas Unerwartetes: Die Neugierde, das Interesse der Athener ist geweckt. Es hat sich herumgesprochen, dass einer in der Stadt ist, der etwas Neues lehrt.
„Alle Athener nämlich, auch die Fremden, die bei ihnen wohnten, hatten nichts anderes im Sinn, als etwas Neues zu sagen oder zu hören.“
Vielleicht haben Sie das auch schon erlebt, dass Sie gefragt wurden nach Ihrem Glauben, nach Ihrer Art, den Glauben im Alltag zu leben. Dass Menschen, die eher zufällig in Kontakt zur Kirchengemeinde kommen, plötzlich wirkliches Interesse entwickeln.
Vielleicht haben Sie auch schon erlebt, dass diese Menschen etwas erahnen, was es in ihrem Leben bisher nicht gab. Etwas, was ihr Leben neu machen könnte, einen entscheidend neuen Blickwinkel eröffnet.
Paulus wird von den Athenern auf den Areopag gebeten, auf den Platz, wo seine Botschaft die meiste Aufmerksamkeit bekommt. Das ist der Ort, wo die verschiedenen Philosophien und geistigen Strömungen jener Zeit diskutiert wurden. Wo auch hart kritisiert wird, was den scharfsinnigen Athenern nicht logisch erscheint. Hier begegnen sich in diesem Moment die griechisch-römische Welt und die junge christliche Botschaft. Es ist höchst spannend, wie das geschieht.
Paulus spricht zu den Athenern. Und er setzt dabei bei ihrer eigenen Welt an. Sein Ärger über die vielen Götterstatuen hat sich mit Gottes Hilfe gewandelt. Er hat sich gewandelt in Interesse an diesen Menschen und ihren Lebensvorstellungen. Und darum schafft er es, das religiöse Streben der Athener zu Beginn seiner Rede zu würdigen. „Ihr Männer von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt.“
Da ist Paulus wirklich über seinen eigenen Schatten gesprungen. Ich denke, es ist eine Herausforderung an uns heute, die Suche der Menschen nach Sinn und Zugang zu Gott zu würdigen. Auch wenn sie dabei nicht zuerst das Christentum suchen. Denn dann kommt es nicht zu einer fruchtlosen Konfrontation, sondern dann kann es zur Begegnung kommen.
Die Athener wollen hören, was Paulus zu sagen hat. Und Paulus findet einen Anknüpfungspunkt bei der Vorstellungswelt dieser Menschen. Und er verkündigt ihnen Gott, der das Leben geschaffen hat, und der an uns Menschen und unserem Erleben interessiert ist. Der mit uns in Kontakt sein will. Er verkündigt ihnen Jesus Christus, der uns Menschen spürbar nahe gekommen ist.
„Fürwahr, er ist nicht ferne einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir.“
„Gott ist nah, in ihm leben wir.“ Wenn wir das sagen können aus ganzem Herzen, dann können wir von unserem Glauben reden, wann immer Menschen sich dafür interessieren, was wir glauben, woher unsere Hoffnung rührt.
Es kommt zu einer geglückten Begegnung zwischen Paulus und den Athenern. Auch wenn nicht gleich alle überzeugt sind von der christlichen Botschaft. Auch wenn einige beginnen, zu spotten. Paulus hält das aus. Und wenn bei uns im Herzen die Osterbotschaft angekommen ist, halten wir auch aus, für unsere Hoffnung belächelt zu werden. Denn wir wissen, dass die Hoffnung in uns ein wertvoller Schatz ist.
Liebe Gemeinde,
die griechische Welt der Antike und unsere Zeit haben einiges gemeinsam. Damals wie heute sind viele Überzeugungen und Werte im Umbruch. Nichts scheint mehr selbstverständlich für alle geltend zu sein. Es gibt viele religiöse Angebote. Menschen auf der Suche nach Sinn und Halt in ihrem Leben gehen unterschiedlichste Wege.
Weil wir glauben, dass Gott einem jeden Menschen nahe ist, müssen wir darüber nicht erschrecken. Wir können gelassen sein und vertrauen, dass Gottes Geist weht, wo er will.
Die Athener, die doch so viele Möglichkeiten der Gottesverehrung kannten, entwickelten dennoch Interesse, Neugierde an der christlichen Botschaft, die Paulus brachte. Das Neue daran interessierte sie, sagt unser Text. Was neu ist, weckt Interesse. Mag auch der christliche Glaube nicht mehr neu sein auf dieser Welt, die Botschaft von Jesus Christus bleibt eine Botschaft, die Menschenherzen erneuert. Die Botschaft von Gottes grenzenloser Zuwendung zu uns Menschen hat auch heute erneuernde Kraft, bringt Menschen neu ins Nachdenken.
Die Athener haben das Neue der Botschaft gespürt. Wahrscheinlich haben sie es an Paulus selber gespürt. Die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus hatte Paulus zu einem neuen Menschen werden lassen.
Dieser neu gewordene Mensch konnte genauso wütend werden und sich ärgern, wie der alte, aber er konnte auch lernen, den Ärger fruchtbar werden zu lassen. Aus seinem Ärger wird Verständnis und Einfühlungsvermögen für die Situation und Lebensweise der anderen. Aus seinem Ärger wird ein freundliches Werben für Gott, der uns Menschen nahe gekommen ist.
Wenn wir in unserer Zeit und unserem Land mit Menschen zu tun haben, die auf der Suche nach Halt und Sinn sind, die nach Gott und unserer Erfahrung mit ihm fragen, dann können wir von dieser gelungenen Begegnung zwischen Paulus und seinen Zuhörern in Athen profitieren. Wir können wie Paulus damals die Suche der Menschen, wie auch immer sie verläuft, würdigen. Und wir können von unserer Hoffnung sprechen. Es muss nicht so druckreif sein, wie damals bei Paulus. Wichtig ist nur, dass es aus unserem Herzen kommt. Aus unserem Herzen, das von der Osterbotschaft neu gestärkt ist zum Vertrauen, zur Liebe, zur Hoffnung.
Vom Ärger zur gelungenen Begegnung, so können wir den Aufenthalt des Paulus in Athen verstehen. Wenn das geschieht, dass Menschen nicht beim Ärger stehen bleiben, sondern Verständnis für anders Denkende entwickeln, wenn Christen in nicht-christlicher Umgebung freundlich und selbstbewusst von ihrer Hoffnung sprechen, dann ist das ein Grund zum Jubeln. Da bleibt nicht alles beim Alten. Denn da wirkt Gottes erneuernder Geist.
Er wirkt auch heute bei uns.
Amen
Verfasserin: Pfarrerin Tabea Schwarzkopf, Südstr. 14, 98711 Frauenwald
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