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Die neue Schöpfung

von Martina Horak-Werz (67377 Gommersheim)

Predigtdatum : 08.05.2022
Lesereihe : IV
Predigttag im Kirchenjahr : Jubilate
Textstelle : 1. Mose 1,1-4a(4b-25)26-28(29-30)31a(31b); 2,1-4a
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Wochenspruch: Ist jemand in Christus, so ister eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Korinther 5,17)

Psalm: 66,1-9

Lesungen

Reihe I: Sprüche 8,22-36
Reihe II: Johannes 15,1-8
Reihe III: Apostelgeschichte 17,22-34
Reihe IV: 1. Mose 1,1-4a(4b-25)26-28(29-30)31a(31b);2,1-4a
Reihe V: Johannes 16,16-23a
Reihe VI: 2. Korinther 4,14-18

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 455 Morgenlicht leuchtet
Wochenlied: EG 504 Erde, Himmel, Luft und Meer
Predigtlied: EG 432 Gott gab uns Atem
Schlusslied: EG 171 Bewahre uns, Gott

Predigttext: 1. Mose 1,1-4a(4b-25)26-28(29-30)31a(31b); 2,1-4a

1 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. 2 Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. 3 Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. 4 Und Gott sah, dass das Licht gut war. (Da schied Gott das Licht von der Finsternis 5 und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. 6 Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, die da scheide zwischen den Wassern. 7 Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah so. 8 Und Gott nannte die Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag. 9 Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an einem Ort, dass man das Trockene sehe. Und es geschah so. 10 Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. 11 Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und fruchtbare Bäume, die ein jeder nach seiner Art Früchte tragen, in denen ihr Same ist auf der Erde. Und es geschah so. 12 Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringt, ein jedes nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. 13 Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag. 14 Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht. Sie seien Zeichen für Zeiten, Tage und Jahre 15 und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so. 16 Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. 17 Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde 18 und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. 19 Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag. 20 Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden unter der Feste des Himmels. 21 Und Gott schuf große Seeungeheuer und alles Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art, und alle gefiederten Vögel, einen jeden nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. 22 Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich mehren auf Erden. 23 Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag. 24 Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendiges Getier, ein jedes nach seiner Art: Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art. Und es geschah so. 25 Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art und alles Gewürm des Erdbodens nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.)
26 Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. 27 Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. 28 Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.

(29 Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. 30 Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so.)
31 Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. (Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.)

2, 1 So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. 2 Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. 3 Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte. 4 Dies ist die Geschichte von Himmel und Erde, da sie geschaffen wurden.

Predigt

Liebe Gemeinde,

„macht euch die Erde untertan und herrscht über die Tiere“. - Wir können diese Worte heutzutage nicht mehr hören, ohne dass schlimme Bilder in uns hochkommen, Bilder von zerstörter Umwelt, von gequälten Tieren, von Artensterben und Katastrophen, von leidender Schöpfung. Wir wissen leider mittlerweile nur zu gut, wohin es geführt hat, dass Menschen sich die Erde mit allem, was darauf lebt, gnadenlos und auch gedankenlos unterworfen haben.

So kann das doch wirklich nicht gemeint gewesen sein!

Eigentlich handelt es sich bei der Schöpfungsgeschichte doch um einen wunderschönen poetischen Text, ein Lied von der Schöpfung, das uns litaneiartig darauf hinweist, wie gut alles geworden ist, mit dem Kehrvers: Und Gott sah, dass es gut war.

An manchen Tagen, da entspricht das auch wirklich unserem Empfinden. Gerade jetzt im Frühjahr freuen sich die meisten an der Natur, wir genießen das frische Grün, die blühenden Bäume, das Zwitschern der Vögel. Es tut gut wahrzunehmen, was um uns herum wächst und gedeiht, wie die Luft riecht und wie die Erde sich anfühlt. Die meisten Menschen haben eine Vorliebe für eine der Jahreszeiten. Das ist unterschiedlich. Aber eigent­lich hat doch jede Jahreszeit auch ihre schönen Seiten. Und der Frühling weckt in fast allen Menschen neue Hoffnung und Zuversicht. Da können wir nachvollziehen, was die alte Schöpfungsgeschichte hier meint: „und siehe, es war sehr gut.“

Dieses Loblied auf die Schöpfung ist ein Glaubensbekenntnis. Ein Bekenntnis zu Gott als Schöpfungskraft, die hinter allem steckt. Es geht hier auch überhaupt nicht darum, historisch oder naturwissenschaftlich erklären zu wollen, wie die Welt tatsächlich entstanden ist. Wer das behauptet, erliegt meines Erachtens einem riesigen Missverständnis. Ich finde es ziemlich schlimm, dass Christen und Christinnen über diese Frage zerstritten sind, anstatt zusammen zu arbeiten, um gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie wir heute verantwortungsvoll mit der Schöpfung umgehen können und dadurch dem Auftrag Gottes gerecht werden können.

Denn darum geht es ja wohl letztlich wirklich!

Wie konnte es jedoch dazu kommen, dass dieses Loblied auf die Schöpfung so schrecklich missverstanden wurde und solch verheerende Auswirkungen hatte?

Vermutlich haben die Menschen damals, als der Text entstanden ist, das Ganze anders verstanden. In einer Zeit, in der sich das Volk Israel weit weg von der Heimat in schlimmen Verhältnissen im babylonischen Exil befand, soll den Menschen Mut gemacht werden. In ihre Verzweiflung hinein sprechen diese Worte und geben ihnen ihre Würde zurück, indem sie sagen: du bist von Gott geschaffen, ein Abbild Gottes. In dir wird Gott in der Welt sichtbar. Die Zusage unseres Textes, dass die Menschen als Teil der Schöpfung auch eine gewisse Macht über ihre Umwelt haben, sollte ihnen die Angst vor der Natur und ihren Gewalten nehmen. Erst der Abschied von dem Gedanken, dass in der Natur göttliche Mächte und Dämonen am Werk sind, machte es möglich, dass die Menschheit sich weiter entwickeln konnte.

Obwohl wir bis heute immer wieder erfahren, dass uns die Naturgewalten Angst einflößen können. Unwetter und Katastrophen haben wir heute weniger denn je im Griff. Immer wieder wird deutlich, dass wir Menschen nicht alles in der Hand haben und alles so lenken und formen können, wie wir das möchten. [Parkplatz für aktuelle Beispiele!] Das zeigt uns immer wieder auch unsere Grenzen auf. Der Mensch ist - Gott sei Dank- nicht das Maß aller Dinge. Auch wenn sich der Mensch vielleicht gerne als Krone der Schöpfung sehen würde. Diese biblische Geschichte drückt jedoch etwas ganz Anderes aus. Nämlich, dass alles auf Gott hin zuläuft. Gott erschafft die Erde für sich. Tiere und Menschen werden am selben Tag erschaffen. Und am siebten Tag ruht Gott sich dann aus und genießt die Schöpfung. Das Ziel der Schöpfung ist der Sabbat mit dem Gotteslob. Das will uns die Schöpfungsgeschichte sagen.

Gemeinsam sollen wir Gott loben. Gemeinsam leben wir auf der Erde, Menschen, Tiere und Pflanzen. Gemeinsam haben wir Anteil an Gottes Liebe. Wir alle sollen den Segen Gottes zu spüren bekommen und weitergeben. Das will die Bibel uns immer wieder deutlich machen.

Der Auftrag zu herrschen, beinhaltet weder die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über Tiere und Pflanzen noch eine Ermächtigung zu tyrannischem Ausbeutungsverhalten. Wenn sich die Menschen ein Beispiel daran nehmen, wie Gottes Herrschaft in der Bibel beschrieben wird, dann wird das ganz deutlich. Denn Gott herrscht ja nicht durch Gewalt und Unterdrückung, sondern mit Liebe.

Menschen sollen genauso Verantwortung für die Schöpfung übernehmen. Das hebräische Wort für „herrschen“ bezeichnet ursprünglich das Umherziehen des Hirten mit seiner Herde, der seine Herde auf gute Weide führt, der die Tiere gegen alle Gefahren schützt, sie vor Raubtieren verteidigt und dafür sorgt, dass sie auch genügend Wasser und Nahrung finden. So, wie der gute Hirte als Sinnbild für die Amtsführung eines weisen, gerechten Königs gilt, soll sich die Herrschaft der Menschen über ihre Umwelt dadurch auszeichnen, dass sie Fürsorge und Verantwortung für die Mitgeschöpfe übernehmen. Bemerkenswert ist doch auch die Vorstellung, dass nach der alten Schöpfungsgeschichte sowohl Menschen als auch Tiere sich ausschließlich von Pflanzen ernähren. Hier wird die schöne Vorstellung einer Herrschaft ohne Blutvergießen sichtbar. Eine gemeinsame Herrschaft aller, könnte man sagen. Ein Zusammenleben, in dem alle zu ihrem Recht kommen und alle gleich wichtig sind. Die Vision von einer besseren Welt also, so wie wir sie uns auch im Reich Gottes vorstellen. Das ist sicher ein Idealbild, von dem wir noch weit entfernt sind. Es lohnt sich aber, immer mal wieder darüber nachzudenken, welche Schritte uns in die richtige Richtung führen könnten.

Die Schöpfungsgeschichte erzählt uns, dass Gott sich selbst im Menschen ein Gegenüber schafft, das Gott ähnlich sein soll. Ja sogar Gottes Bild entsprechen soll. Auf dieser wunderschönen Vorstellung basiert das jüdisch-christliche Menschenbild. Das heißt aber doch, dass alle Menschen gleich viel wert sind und auf gleiche Weise Gott in unserer Welt lebendig machen können. Das finde ich sehr ermutigend! Wir alle können dazu beitragen, dass Gottes Liebe sichtbar wird. Wir alle haben Möglichkeiten in uns, Fähigkeiten und Begabungen, die Gott lebendig werden lassen können. Diese Zusage gilt für alle Menschen. Nicht nur für die, die ich persönlich mag oder die mir ähnlich sind. Nein, es gilt für alle! Leider entsprechen wir diesem Bild aber nicht immer. Und vermutlich liegt das auch in der Natur der Sache. Wir sind nun mal nicht Gott. Wir leben in dieser Welt, in der es viel zu oft darum geht, wer stärker und wer schwächer ist, wer mehr hat und wem mehr zusteht. Und doch haben wir immer wieder eine Ahnung davon in uns, wie die Welt anders aussehen könnte. Dass es möglich sein müsste, in Frieden zusammen zu leben. In einer gerechten Gemeinschaft, in der alle ihr Auskommen haben und vor allem, in der die Würde jedes einzelnen Menschen geachtet wird. Völlig unabhängig vom Bildungsgrad oder von der gesellschaftlichen Stellung, von Nationalität oder Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Alle zusammen sind wir Gottes Abbild auf Erden und tragen gemeinsam die Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung. Zu wissen, dass wir wertvolle, liebenswerte Geschöpfe sind, kann uns eine gute Grundlage für unser Leben geben. Sozusagen ein Selbstbewusstsein, auf das wir aufbauen können. Gleichzeitig gibt es uns auch den Auftrag, uns gegen Hass und Rassismus stark zu machen und gegen alles, was Leben bedroht. Als diejenigen, die von Gott hier den Auftrag bekommen in Gottes Sinne zu herrschen, sind wir zur Ehrfurcht vor dem Leben und zum Schutz jeglichen Lebens verpflichtet. Wir haben den Auftrag, allen Geschöpfen etwas weiterzugeben von Gottes Liebe und allen diese Hoffnung weiter zu geben, die Hoffnung darauf, alle in Gottes Reich zu gehören. Immer im Vertrauen auf Gottes liebevolle Begleitung und Unterstützung. Denn: „siehe, es war sehr gut.“

Amen

Verfasserin: Martina Horak-Werz, Pfarrerin in Gommersheim, Freisbach und Geinsheim, Evangelische Kirche der Pfalz


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