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Die neue Schöpfung

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 26.04.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Lätare
Textstelle : Johannes 15, 1-8
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Wochenspruch:
"Ist jemand in Christus, so ister eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden." (2. Korinther 5, 17)

Psalm: 66, 1 - 9


Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 1, 1 - 4 a .26 - 31 a. 2, 1 - 4 a

Epistel: 1. Johannes 5, 1 - 4

Evangelium: Johannes 15, 1 - 8

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 100 Wir wollen alle fröhlich sein
Wochenlied: EG 108 Mit Freuden zart
Predigtlied: EG 157 Lass mich dein sein und bleiben
Schlusslied: EG 170 Komm, Herr, segne uns

Liebe Schwestern und Brüder,

das zentrale Wort unseres Bibelwortes heute Morgen heißt: "Bleiben". Jesus sagt: "Wenn ihr an mir bleibt und ich in euch, dann bringt ihr Frucht". Ohne das Bleiben ist der Glaube zur Fruchtlosigkeit verurteilt. Ohne "Bleiben" gibt es kein Leben.

Zwei Szenen möchte ich uns dazu erzählen - nicht aus der Kirche, aus dem Alltag.

Da trifft sich ein Kreis, um regelmäßig miteinander Flöte zu spielen. Sie haben Stücke geübt und sich dabei viel Mühe gegeben. Sie sind miteinander so weit gekommen, dass sie sogar in der Öffentlichkeit auftreten können. Als sie wieder einmal ein Stück spielen, da kommt jemand und sagt: ich habe vor 20 Jahren auch einmal Flöte gespielt, seitdem aber nicht mehr - kann ich nicht morgen bei euch mitspielen? Er wird vorsichtig gefragt: „Hast Du denn regelmäßig geübt?“ „Nein“, sagt er, „wozu auch? Was man einmal gelernt hat, das kann mal doch!“

Es ist auf dem Sportplatz, im Frühjahr. Es gibt eine Gruppe, die miteinander für das Sportabzeichen trainiert. Zu dieser Gruppe kommen an einem Abend drei Leute dazu, die sagen: Warum seid ihr denn so vorsichtig mit dem Training? Wir brauchen das nicht. Wir können das Sportabzeichen auch so machen. Der Leiter der Sportabzeichengruppe fragt: „Wollt ihr euch nicht lieber doch erst einmal ein wenig auf die einzelnen Übungen vorbereiten?“ „Nein, nein, wir laufen jetzt gleich unsere l00 m - früher sind wir 11,0 gelaufen. Da sind die 14,5, die wir heute laufen müssen, doch ein Kinderspiel.“ Wissen Sie, wie die Geschichte ausgeht? Bei 65 m hält sich der eine den Oberschenkel und der andere humpelt, weil er sich die Wade gezerrt hat. Der dritte aber landet bei 16,7 sec – und das ist gar nicht so schlecht!

"Was man einmal gelernt hat, das kann man doch immer!" Ist das wirklich wahr? Die beiden Beispiele sagen etwas anderes. Nur wenn ich dranbleibe an dem, was ich einmal angefangen habe, dann kann ich es auch später noch. Nur wenn ich dranbleibe am Üben, dann geht es später mit dem Sport noch, mit der Musik noch. Und wir wissen es nur zu gut: Nur wenn wir dranbleiben an unseren beruflichen Dingen, dann sind wir den Anforderungen gewachsen, ob in der Schule oder an unserem Arbeitsplatz.

Nur wenn ich dranbleibe am Glauben, dann gewinnt er auch Kraft für mein Leben - so sagt Jesus. Nur wenn ich dranbleibe am Glauben, dann gewinnt er auch Kraft bis in die Ewigkeit hinein,

Jesus sagt das in einem Bild, das unmittelbar einleuchtet: Wenn eine Rebe am Weinstock hängt, dann kann sie wachsen: Sie hat ihre Lebenskraft nicht in sich selbst. Sie bekommt sie aus seinem Stamm, aus den Zweigen, an denen sie hängt. Eine Rebe, die abgeschnitten wird, die ist zum austrocknen verurteilt. Das wissen wir alle nur zu gut: wer eine Weinrebe kauft und sie liegen lässt, der hat am Ende gefaulte Früchte.

Jesus lädt uns heute Morgen ein zu einem Leben, das an ihm festgemacht ist und festgemacht bleibt - zu einem Leben, das bei ihm bleibt.

Wir sind eingeladen, in seiner Spur zu bleiben
Als Jesus seine Jünger gerufen hat, da ist er mit ihnen durch das Land gegangen. Er hat sie gelehrt, das Leben mit seinen Augen anzuschauen. Er hat sie gelehrt, die vielen tausend Situationen eines Tages mit seinen Augen anzuschauen. Bei ihm haben sie gelernt, dass Gottes Möglichkeiten noch nicht am Ende sind, wenn Menschen nichts mehr tun können. Bei ihm haben sie gelernt, dass Güte, einen Menschen verändern kann. Bei ihm haben sie gelernt, dass die Vergebung Gottes tiefer greifen will als alle Schuld. Bei ihm haben sie gelernt, dass die Gnade Gottes Menschen heil machen kann an Leib und Seele.

Das alles war nicht mit einem Tag getan, das alles war nicht mit einer Woche getan, das alles war nicht mit einem Bibelkurs oder einem Einführungsseminar in "Glauben" getan. Das wuchs in ihnen durch das Leben mit ihm. Das wuchs in ihnen durch das Gehen in seiner Spur. Und darum ruft Jesus sie in diesem Wort: bleibt in meiner Spur. Bleibt an den Worten, die ich euch gesagt habe. Bleibt an den Erfahrungen, die ihr mit mir gemacht habt.

Und genau wie die Jünger sind auch wir gerufen: wir lernen die Welt mit den Augen Jesu sehen, die Menschen mit den Augen Jesu sehen, indem wir immer wieder an seinem Wort bleiben, indem wir immer wieder unser Leben und sein Wort zusammenbringen. In seiner Spur bleiben - das geschieht so, dass wir an seinem Wort bleiben, dass wir uns mit seinem Leben befassen, dass wir uns darum mühen, ihn immer besser kennen zu lernen - als den, der uns im Leben führen will.

Wir sind eingeladen, im Gespräch mit ihm zu bleiben
Manchmal komme ich morgens zu alten Leuten und es läuft der Fernseher. ''Ich muss eine Stimme hören, sonst merke ich, wie alleine ich bin." - so sagen sie dann. Wir Menschen sind auf das Gespräch angelegt. Wir brauchen Zuspruch, wir brauchen Zuwendung, wir brauchen Zuhörer.

Jesus ist der große Zuhörer unseres Lebens. Es gibt nichts, was ich ihm nicht erzählen darf. Es gibt nichts, was in meinem Leben geschieht, was ihm zu belanglos wäre, sodass er sagen würde: Lass mich damit in Ruhe. Es gibt nichts an Kummer und Not, an Hoffnung und Sehnsucht, das ich ihm nicht anvertrauen dürfte.

Die Evangelien zeigen uns Jesus immer wieder in dieser Weise: als den Zuhörer der Menschen, als den, der sich anderen zuwendet, als den, der anderen den Zuspruch gibt, der sie neu auf die Beine stellt.

Und so sollen wir ihn auch erfahren: Wir dürfen das Gespräch mit ihm suchen. In dem unser Leben geklärt wird. In dem unsere Fragen nicht unter den Teppich gekehrt werden. Wir dürfen das Gespräch mit ihm einüben, in dem wir es lernen, unser Leben zu öffnen, sodass es von ihm her Richtung gewinnt.

Wir sind eingeladen in seiner Gemeinde zu bleiben
Die Jünger haben das Leben mit Jesus eingeübt. Aber zugleich haben sie auch das Leben miteinander eingeübt. Jesus hat nicht Sonderausbildung betrieben, hier einen Jünger und da einen Jünger. Er hat sie zusammengestellt – und das war nicht immer so einfach. Durch die Berichte der Evangelien schimmert etwas durch davon, dass das Miteinander der Jünger (und Jüngerinnen) manchmal spannungsvoll war. Es schimmert etwas durch davon, dass sie schwer daran zu lernen hatten, einander als Jünger Jesu anzunehmen. Aber es gibt keinen Zweifel daran: das Urbild der Jüngerschaft ist nicht einer allein auf dem Weg, sondern es ist die Jüngerschar. Christsein ist ursprünglich und wesenhaft auf Gemeinschaft angelegt. Und Christwerden geschieht immer so, dass einer oder eine in die Gemeinde hineingestellt wird. Und Christ bleiben hat es eben auch mit dem Bleiben in der Gemeinde zu tun: Bleiben bei denen, die auch auf dem Weg des Glaubens sind, bleiben bei denen, die auch nach Gott fragen; bleiben bei denen, die auch Erfahrungen mit Gott gemacht haben; bleiben bei denen, die auch um das Tun des Willens Gottes ringen.

Für mich gehört es zu den schönsten Erfahrungen, dass ich in meinem Leben immer wieder Menschen begegnen durfte, die so im Bleiben eingeübt waren: dass sie in der Spur Jesu geblieben sind, dass sie im Gespräch mit ihm geblieben sind, dass sie in der Gemeinschaft seiner Leute geblieben sind. Das hat mir für mein Leben als Christ ganz viel Mut gemacht.

Aber: wenn es da Brüche gibt? Wenn ich auf Zeiten zurückschauen muss, wo mir das Bleiben misslungen ist? Wenn ich in meinem Leben empfinde, dass die Verbindung zu Jesus manchmal wie ein dünner Faden ist, der ständig vom Zerreißen bedroht ist? Wenn es mit dem Festbleiben nicht so weit her ist und alles im Glauben so gefährdet erscheint? Was ist dann mit dem Bleiben, mit der Frucht, mit der Ewigkeit?

Auf unserer Wiese steht ein kleiner Kirschbaum. Er hat viel zu leiden, weil er beim Fußballspielen und beim Toben der Kinder oft angeschossen und angerempelt wird. So habe ich neulich einen Zweig gefunden, der abgebrochen war. Das heißt: Er hing noch am seidenen Faden – ein ganz schmales Stück Rinde war noch verbunden mit dem größeren Ast. Der Zweig hat mich bewegt. Ich habe ein kurzes Stück totes Holz genommen und ihn damit geschient – mit Holz und Tesafilm. Fachmännisch für einen Gartenbauverein sicherlich unter jeder Kritik. Seitdem gehe ich jeden Tag einmal nachschauen. Es ist für mich wie ein Wunder, wie ein Gleichnis Gottes: Der kleine Zweig, der nur noch an einer dünnen Rinde hing, der treibt jetzt Blüten. Obwohl er gebrochen ist, obwohl er viel zu leiden hat – die Verbindung zum Stamm, die ganz winzig ist, sie hält ihn am Leben.

Darum möchte ich uns das als Versprechen Gottes sagen: selbst wenn unser Bleiben bei Jesus vielfältig gebrochen, verwundet, angeschlagen ist - er ist in seiner Lebenskraft stark genug, dass er in uns sein Leben verströmt und Frucht bewirkt - Er in unserem Leben.


Verfasser: Pfarrer i. R. Paul Ulrich Lenz
Im Litzenau 17, 63679 Schotten


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