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Die neue Schöpfung

von Kerstin Mohn (63654 Büdingen)

Predigtdatum : 25.04.1999
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Miserikordias Domini
Textstelle : Johannes 16,16.(17-19).20-23a
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Wochenspruch:

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
(2. Korinther 5,17)

Psalm: 66,1-9 oder 118,14-24 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 1,1-4a.26-31; 2,1-4a
Epistel:
1. Johannes 5,1-4
Evangelium:
Johannes 15,1-8

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 279
Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren
Wochenlied:
EG 108
Mit Freuden zart
Predigtlied:
EG 359
oder EG 398
In dem Herren freuet euch
In dir ist Freude
Schlußlied:
EG 100
Wir wollen alle fröhlich sein

16 Jesus sprach zu seinen Jüngern: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen.
[17 Da sprachen einige seiner Jünger untereinander: Was bedeutet das, was er zu uns sagt: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen; und: Ich gehe zum Vater? 18 Da sprachen sie: Was bedeutet das, was er sagt: Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet. 19 Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, daß ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen?]
20 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden. 21 Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß ein Mensch zur Welt gekommen ist. 22 Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen. 23 An dem Tag werdet ihr mich nichts fragen.

Liebe Gemeinde !
Der große Zeiger der Uhr springt weiter, und der Abschied rückt immer näher. Tapfer versucht sie die Tränen zu unterdrücken, doch es gelingt nicht. Eine letzte Umarmung, ein letzter Blick in die Augen. “Weine doch nicht, versuch mal zu lächeln!” bittet er. Und mühsam mit den Tränen kämpfend bringt sie dennoch ein kleines Lächeln zustande. “So ist es gut. Sei nicht traurig. Ich komme ja bald wieder. Es wird alles gut.”
Solche und ähnliche Szenen haben wir alle schon einmal erlebt. Am Bahnhof, auf dem Flughafen, an der Haustüre. Abschied nehmen fällt schwer. Abschied nehmen tut weh, und jeder Abschied macht traurig. Besonders dann, wenn es ein endgültiger Abschied sein wird. So endgültig wie der Tod eines geliebten Menschen. Und was uns auf dem Bahnhof oder Flughafen vielleicht noch gelingt, erscheint uns am Sterbebett unmöglich: unter Tränen zu lächeln, in aller Trauer und in allem Abschiedsschmerz noch Freude zu empfinden.
“Eure Trauer soll in Freude verwandelt werden...”
Das erscheint uns eher als Hohn. Denn wenn jemand stirbt, den wir lieben, dann tut das weh, dann fallen wir in tiefe Trauer und empfinden großen Schmerz. Von Freude ist da keine Spur, im Gegenteil. Alle Freude scheint aus unserem Leben verschwunden zu sein. Und dann erscheint es uns auch unmöglich, jemals wieder lachen zu können.
Und dennoch spricht unser heutiger Predigttext von der Freude inmitten der Trauer. Von einer Freude, welche die Trauer überwindet.
Jesus verabschiedet sich von seinen Jüngern. Er bereitet sie darauf vor, daß er sie bald verlassen muß. Er kündigt seinen Tod an. Dann werden sie ohne ihn zurechtkommen müssen. Sie werden ihn nicht mehr fragen können, ihn nicht mehr sehen. Er ahnt, welche Trauer sie dann überkommen wird, er kennt den Schmerz des Abschieds. Er weiß, was es heißt, wenn jemand sagt: Bald bin ich nicht mehr da.
Wie oft hören wir das von älteren Menschen oder von Schwerkranken, die ihr Ende nahen sehen. Aber wir wollen es nicht hören und sagen manchmal ganz schnell: “Ach daran wollen wir nicht denken.” Wir schieben den Gedanken an die Trennung, an den Tod weg. Wir wollen uns nicht damit auseinandersetzen. Es ist ein schmerzlicher Gedanke.
So auch die Jünger. Sie wollen es nicht verstehen, wollen es nicht wahrhaben, was Jesus andeutet. So kann und darf es nicht kommen. Und was soll das bedeuten, daß sie ihn dann doch wiedersehen werden? Eine solche Erfahrung ist ihnen fremd. Sie kennen nur den endgültigen Abschied beim Tod. Dann ist alles aus. So erleben sie es täglich, wie wir heute auch.
Der Tod beendet alle unsere Beziehungen, er trennt uns voneinander, endgültig. Und darum macht er uns traurig und tut uns weh.
Jesus setzt dem etwas entgegen. Er will gerade angesichts des Todes Mut und Hoffnung machen. “Ja, ihr werdet traurig sein, ja es wird euch weh tun, ihr werdet sogar verspottet werden, aber das ist nicht alles. Es kommt noch etwas, es geht weiter: Eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden – in die unbeschreibliche Freude darüber, daß ich den Tod besiegt habe.”
Was an Ostern geschehen ist stellt alles auf den Kopf und macht Unmögliches möglich. Vor Ostern konnten die Jünger das nicht verstehen, weil sie es nicht erlebt hatten. Aber dann am Ostermorgen, da verstehen sie auf einmal was er in jener letzten Nacht gemeint hat. Eben waren sie noch voller Angst, waren traurig, weil sie nicht wußten wie es weitergehen soll. Sie wurden verfolgt, sei wurden verspottet und ausgelacht. Dann aber kommen die Frauen und berichten was sie am leeren Grab erlebt haben: Jesus lebt ! Was er versprochen hat, ist wahr geworden. Freut Euch ! Ihr habt allen Grund dazu. Und plötzlich werden aus den Tränen der Trauer ..... Freudentränen.
Jubilate heißt unser heutiger Sonntag. Freut euch! Dieser Ruf trifft uns alle. Hier im Gottesdienst, aber auch zu Hause, mitten in unserem Alltag. Überall da, wo wir vielleicht traurig sind. Wo uns das Weinen näher ist als das Lachen. Überall da, wo wir Abschied nehmen müssen. Aber auch vor allem da, wo uns bewußt wird, daß das ganze Leben immer wieder vom Abschiednehmen und vom Schmerz bestimmt ist.
Keiner und keine von uns könnte sagen, daß sie/er noch nie traurig war, daß es immer nur Freude und Lachen gab im Leben. Auch uns als Christen ist nicht verheißen, daß wir immer froh sein werden. Christsein heißt eben nicht, immer mit einem Lächeln durchs Leben zu gehen. Zu unserem Leben gehören Trauer und Schmerz auch dazu. Leben heißt immer beides: weinen und lachen, klagen und loben, Freud und Leid.
Freude läßt sich auch nicht befehlen. Sie muß einen Grund haben. Und diesen Grund finden wir in Jesus Christus, unserem Herrn. Was er für uns getan hat, wie er sich um uns kümmert und wie er uns liebt, welche Hoffnung er uns aufzeigt, das ist die Ursache aller unserer Freude. Auch mitten in der Trauer und beim Abschied.
Wenn ich weiß, daß Gottes Liebe mich auch im Tod nicht verläßt, wenn ich glauben kann , daß ich nicht verlorengehe, sondern ewiges Leben empfange, wenn ich diese Hoffnung auch für alle meine Lieben habe, dann kann ich auch mitten in der Trauer im Herzen froh werden. Froh darüber, daß es immer noch eine Hoffnung gibt und eben nicht alles aus ist.
Trauer ist wichtig, ich soll sie nicht unterdrücken, sie ist ein Teil des Abschieds. Aber ich darf mich von ihr nicht beherrschen lassen. Ich soll dann auch der Freude ihren Raum geben.
Jesus sagt: Ihr werdet immer wieder traurig sein in euren Herzen. Aber diese Traurigkeit soll euch nicht beherrschen, ihr müßt in ihr nicht für alle Zeit versinken. Ihr habt einen Glauben und eine Hoffnung.
Er bringt noch ein Beispiel: Die Geburt eines Kindes. Sie bereitet unendliche Schmerzen, sie verlangt von jeder Frau das Äußerste, was sie aushalten kann – und doch ist dann alles vergessen, wenn der erste Schrei des Kindes ertönt. Dann erscheinen die großen Schmerzen auf einmal gar nicht mehr so schlimm, denn man weiß ja, wofür man sie ausgehalten hat: für das Glück, ein Kind zu haben. Dafür nehmen Frauen auch den schlimmsten Schmerz auf sich.
Dieses Beispiel macht uns deutlich, daß ich bestimmte Glückserfahrungen nur machen kann, wenn ich zuvor körperliche oder seelische Schmerzen ausgehalten habe. Keine Geburt ohne Schmerz – diese Erfahrung zieht sich durch unser ganzes Leben. Es gibt wohl keinen Lebensabschnitt, der uns nicht auch schmerzliche Erfahrungen bereitet.
In der Pubertät ist es der Abschied von der Kindheit und die Loslösung von den Eltern, später dann oft der Abschied vom Partner oder auch nur von manchem Lebenstraum. Im Alter dann der Abschied von der körperlichen Kraft, der oft schmerzliche Abschied vom Glauben, daß alles noch so ginge wie in der Jugend. Es gilt von so manchem Abschied zu nehmen.
Aber immer machen wir dann auch neue freudige Erfahrungen, entdecken die neuen Möglichkeiten. Finden neue Freude. Manchmal eben nur durch den Schmerz und die Trauer hindurch. Das ist Leben. Wo wir nichts mehr empfinden, da ist der Tod.
Freude und Trauer - beides gehört zu unserem Leben hinzu. Eines kann ohne das andere nicht sein. Das ist schwer zu akzeptieren, das will eingeübt werden. So wie das Lächeln auf dem Bahnsteig.
“Eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.” Das ist Gottes Absicht mit uns, sein Plan für alle Krisen unseres Lebens. Wir verstehen es nicht immer, wir sind oft verzweifelt und haben keine Hoffnung. Wir sehen nicht über die momentane Situation hinaus, wie die Jünger es damals zunächst nicht verstanden. Aber nach einer Weile – drei Tage waren es –, da verstanden sie, und ihre Trauer verwandelte sich wirklich in Freude.
Und was die Traurigkeit der Jünger verwandelte am Ostermorgen, das ist dieselbe Kraft Gottes, die auch unsere Traurigkeit und unseren Schmerz verwandelt. “Freut euch!” Nicht nur heute an Jubilate, nein, nehmen Sie diese Freude mit in die kommende Woche. Geben Sie sie weiter, an alle, denen die Tränen in den Augen glitzern. Lassen Sie sich anstecken und stecken Sie andere an. Echte Freude ist ansteckend. Wie gut! Amen!

Verfasserin: Pfrn. Kerstin Mohn, Ellernweg 21, 63654 Büdingen

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