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Die Ordnungen Gottes

von Stefan Wohlfarth (98716 Geraberg)

Predigtdatum : 29.10.2017
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 19. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Mose 8,18-22
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Liebe Gemeinde,

kennen Sie das Gefühl, wenn es einem „bis hier“ steht? Wann ist in ihrem Leben das letzte Mal die Flut gestiegen? Kein Land in Sicht. Der Boden weggerutscht. Eine bedrohliche Krankheit, die in die Knie zwingt. Ein Konflikt, wo es hoch her geht, die Wellen über einen zusammenschlagen. Eine Über-forderung, die uns an den Rand des Chaos bringt. Ein Stru-del, der nach unten zieht.

Wann haben Sie wieder Land gesehen und festen Boden un-ter den Füssen gespürt?

Hat ihnen Gott, wie dem Noah nach der Sintflut, im übertra-genen Sinn einen Regenbogen an den Himmel gemalt, der ihnen gesagt hat: das Leben, Gott selbst meint es wieder gut mit mir?

Unser Predigtwort führt uns in die alte Geschichte von Noah und der großen Sintflut. Unser Predigtwort schneidet ein Stück aus dem Schluss der Geschichte heraus.

Die Katastrophe ist vorüber, die Flut gesunken. An dieser Stelle beginnt der Predigttext aus 1. Mose 8, 18 - 22:

„So ging Noah heraus mit seinen Söhnen und mit seiner Frau und den Frauen seiner Söhne,
dazu alle wilden Tiere, alles Vieh, alle Vögel und alles Ge-würm, das auf Erden kriecht; das ging aus der Arche, ein jedes mit seinesgleichen.
Da baute er Gott einen Altar und nahm von allem Getier und allen Vögeln, die sich zum Opfer eigneten, je eines, und opferte sie.
Als der liebliche Geruch des Opfers empordrang zu Gott, sprach Gott in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dich-ten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe.
Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“

Noah verlässt den Schutzraum und tritt ins Freie. Er betritt eine neue Welt, die Welt nach der Katastrophe. Ein neuer Anfang ist geschenkt.

Als Noah an Land geht, baut er nicht als erstes ein Haus oder trifft Vorsorge für seine Familie.
Nein, als allererstes baut er einen Altar. Er opfert etwas von dem Vieh, das sein Überleben sichern soll. Das ist übrigens der Sinn dieser für uns heute unverständlichen Tieropfer: Man trennt sich von etwas, was man eigentlich zum Leben braucht, nicht nur um Gott zu danken, sondern auch, um zu zeigen: Ich vertraue Gott und traue ihm zu, dass er die Lü-cke füllt, für mich sorgt, auch wenn ich etwas loslasse. An dieser segensreichen Einstellung fehlt es uns heute häufig.

In der jüdischen Tradition gibt es einen schönen Gedanken: wenn du etwas für dich Wertvolles loslässt, dann gibst du Gott die Möglichkeit, ein Wunder an dir zu tun. Und wenn es nur das Wunder ist, dass du etwas leichter wirst und damit näher am Himmel lebst.

Als der liebliche Geruch des Opfers empordrang zu Gott, sprach Gott in seinem Herzen … - Bevor wir darauf zu spre-chen kommen, was Gott in seinem Herzen sprach, wollen wir uns diese etwas merkwürdige Einleitung näher ansehen.

Als der liebliche Geruch des Opfers empordrang zu Gott - Man könnt salopp sagen, Gott riecht den guten Braten. Er steigt ihm in die Nase. Die Menschen hatten damals vielleicht eine etwas naive Vorstellung davon, wie Gott ihr Opfer auf-nimmt. Aber gerade hinter diesen scheinbar lächerlichen Formulierungen verbirgt sich in der Bibel immer wunderbar-erweise eine tiefer sitzende Wahrheit.

Der Duft des verbrannten Fleisches wird Gott eher kalt ge-lassen haben, aber das, was Noah damit verbindet, was es ihm bedeutet: das Vertrauen und der Dank. So etwas kann Gott wirklich sehr gut riechen. Für so was hat er eine „Na-se“. Das schafft eine Verbindung, den Bund, von dem in der Bibel immer die Rede ist, der uns spüren lässt – wir leben verbunden, angebunden an den Grund des Lebens, in Bezie-hung zu der großen Liebe, die alles ins Leben ruft.

Wenn ich, obwohl ich bis zur Halskrause in Arbeit stecke, Zeit finde für einen Menschen, der mein Ohr, meine Hand, mein Gegenüber braucht, dann schafft das Verbindung und diese Zeit, da bin ich mir sicher – die wird mir nicht fehlen, weil aus so einem Verbunden sein etwas Stärkendes in mein Le-ben fließt. Das ist Gewinn, kein Verlust.

Wenn mein Tag randvoll ist und ich mir dennoch oder (Luther würde sagen) gerade deshalb Zeit nehme, für eine Zeit lang still zu sein, ins Hören zu kommen, bei mir einzukehren, da-mit Gott mich antrifft, wenn er bei mir anklopft – dann schafft das Verbindung. Und dann wächst aus diesem ver-trauensvollen Loslassen, diesem Verbunden sein, in das ich eintrete, eine ordnende Kraft, die mir hilft, in den Bewegun-gen meines Alltags Kurs zu halten, stand zu halten. Das ist der Bund, das Verbunden sein. Da leuchtet der Regenbogen, der Himmel und Erde verbindet.

Gott antwortet auf das Vertrauen des Noah mit einem Ver-sprechen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe.

Gott will hinfort die Menschen und die Schöpfung schützen und bewahren, obwohl das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens böse von Jugend auf ist. Gott sagt Ja zu einer Menschheit, die sich immer wieder durch Gier und Ichsucht in den Abgrund stürzt. Er sagt Ja zu uns, obwohl er uns sieht und kennt mit unseren verborgenen und manchmal offenen Abgründen und Schatten. Das erscheint wie ein Wi-derspruch. Doch Liebe bringt immer Widersprüchliches her-vor. Liebe ist nie widerspruchsfrei oder logisch. Logisch sind nur unsere kalten Gedanken.

Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist bö-se von Jugend auf.
Ich weiß, dass sich viele an diesem Menschenbild stören. Dass der Mensch durchweg edel, hilfreich und gut ist, daran glaubt heute zwar keiner mehr, nach Auschwitz, Hiroschima, nach den Schreckenstaten von Terrormilizen und Terrortrios.
Aber böse in Denken und Trachten von Jugend an, das kratzt am Ego. Sind wir wirklich durch und durch böse?

Die Bibel ist ein sehr realistisches Buch und in ihren oft zuge-spitzten Aussagen kann sie sehr einseitig sein, damit uns die Wucht der Aussage trifft, aus der Fassung und in Bewegung bringt.

Sie zeigt das Verhängnis des Menschen auf. Sein Trachten und Denken endet immer wieder im Bösen.
Der Mensch lebt im Widerspruch: Er ist Gottes gute Schöp-fung. Er trägt das Bild Gottes in sich. Aber er beschmutzt und verstellt es immer wieder.

Überall, wo wir unsere von Gott geschenkte Freiheit nutzen, stehen wir in der Gefahr selbstsüchtig zu werden. Wir ma-chen uns selbst zum Nabel der Welt, lösen uns aus dem heil-samen Bund mit dem Grund unsers Lebens. Wir machen uns zum Maßstab und verlieren dabei jeden Maßstab.

Der Mensch ist eine gebrochene, ambivalente Existenz. Oder wie Luther sagt: in sich verkrümmt. Und er kommt aus die-ser Verkrümmung nur heraus, wenn er sich nach der Quelle seines Lebens ausstreckt, ausrichtet: eine Haltungsübung.

Gott bekennt sich vor Noah zu seiner Schöpfung. Und bis heute sucht er uns, um uns zum Leben zu führen.
So wie dem Noah, schenkt er mir täglich einen neuen An-fang, wenn ich mich zu ihm hin ausstrecke.

Viele tausend Jahre nach der Landung der Arche Noah lässt Gott wieder ein Schiff landen.
In dem alten Adventslied heißt es: Es kommt ein Schiff gela-den, bis an sein höchsten Bord, trägt Gottes Sohn voll Gna-den, des Vaters ewig Wort.

Gott geht in der Zeit vor Anker. Er überwindet den Ozean der zwischen ihm und uns liegt. Er stellt uns in Christus seine Liebe vor Augen, damit wir uns in ihm, unserem Bruder, als Gottes Kinder erkennen und den Weg unserer Bestimmung finden.

Das Verhängnis, das böse Trachten und Denken des Men-schen ist in Christus durchbrochen. Er ist durch die Klippen unserer Angst, und unserer Schuld gesegelt, um in unserem Herzen vor Anker zu gehen, um in unserem Leben zu lan-den. Und er baut in uns und mit uns sein Reich.

Das Schiff ist zu einem Bild für unsere Kirche, für die Ge-meinde geworden. Der Mast ist das Kreuz, das Segel die Liebe und der Geist Gottes bläst in die Segel, um uns voran-zubringen auf dem Weg zu Gott.
Mit unserer Kirche hier vor Ort, unserem Erinnern an unsere Wurzeln als Gemeinde sind wir Teil dieser Geschichte. Wir leben zwischen Erinnerung und Erwartung.

Wir erinnern, welchen Weg Gott mit uns, seiner Kirche und den Menschen seit alters her gegangen ist.
Aber zum Erinnern gehört auch die Erwartung. Wir erwarten für uns selbst, dass er mit uns auf der Reise ist und ans Ziel bringt. Dass er jeden von uns zu seiner Bestimmung führt.

Und im Großen der Welt erwarten wir, dass er auf geheim-nisvolle Weise diese schöne und gefährdete Welt auf ein Ziel zu führt. Wir leben unter dem Regenbogen seiner Verhei-ßung. Diesen Regenbogen hat Gott dem Noah und uns allen als Zeichen seines Bundes gegeben. Der Bogen verbindet Himmel und Erde. Er überspannt die Enden der Erde. In sei-nen leuchtenden Farben spiegelt sich unsere Zukunft.

Wir haben die Zukunft nicht zu fürchten. Es ist seine Zu-kunft. Da können die Weltuntergangspropheten noch so viel schwätzen und schwärzen und schwarzsehen. Gott öffnet uns die Zukunft. Wenn wir auf den Menschen allein setzen würden, müsste es uns grauen und gruselig werden. Doch Gott macht Zukunft möglich, wo wir sie längst verspielt ha-ben.

Gott hat Noah einen neuen Anfang geschenkt und er hat ihm das Versprechen gegeben, dass er zu seiner Schöpfung steht. Er hat einen Bund mit Noah geschlossen, dann hat er diesen Bund immer wieder erneuert. In jeder Feier des Abendmahles feiern wir den neuen Bund, den Gott in Chris-tus mit uns geschlossen hat.

Bleiben Sie in Verbindung! Leben Sie als Verbundene, als Angebundene, die im Grund des Lebens verwurzelt sind und Halt finden! Leben Sie in Beziehung, seitwärts zu ihrem Nächsten und aufwärts zu Gott!

Dann entsteht als Figur das Kreuz. Das ist nach alter Traditi-on der Mast auf unserem Lebensschiff, an dem wir das Se-gel der Hoffnung und des Glaubens hissen, damit der Geist uns bewegt durch Zeit und Ewigkeit und zum Ziel bringt.
Amen.











Fürbittengebet
Barmherziger und ewiger Gott, wir danken dir und loben dich
für deine Treue und Beständigkeit,
mit der du unserem unsicheren Dasein Halt verleihst.
Wir bitten für alle unter uns, bei denen die Flut steigt
und die Wellen im Leben hochgehen,
die leiden unter Krankheit und Angst,
unter Zerbruch und Ablehnung.
Sei du ihr Fels, der Halt und Grund gibt.
Sei du ihre Burg, die Zuflucht schenkt.
Wir bitten für alle, die schwere Lasten zu tragen haben.
Die aufopferungsvoll für einen anderen Menschen sorgen,
die bis an die Belastungsgrenze in einer Firma
oder einer Einrichtung für andere in redlicher Weise
viel Verantwortung tragen und für alle,
die den Anforderungen des Alltags nur mit Mühe standhalten.
Sende ihnen deinen erfrischenden Geist,
der belebt und aufrichtet.
Wir bitten für alle, die sich nach einem neuen Anfang seh-nen,
weil ihr Leben stagniert und es an Lebendigkeit fehlt.
Sei du die Tür, durch die sie in einen neuen Anfang gehen
können.
Wir bitten um Weisheit und Weitsicht für die Politiker
im Umgang mit den Schuldenlasten und
der schweren Finanzkrise.
Lass sie mutige Schritte gehen.
Wir bitten für unsere Gesellschaft, in der so viel Unruhe
und Angst herrscht, vor dem, was kommt.
In der bei allem Wohlstand so viel Lebensfeindliches
geschieht - dass wir Christen zu einem Hoffnungszeichen
werden.
Amen.

Verfasser: Pfarrer Stefan Wohlfarth,
Plan 11, 98716 Geraberg

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