Die Ordnungen Gottes
von Mechthild Gäntzle (64354 Reinheim)
Predigtdatum
:
05.10.2008
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
19. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
2. Korinther 3,2-9
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Wochenspruch:
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
(Micha 6,8)
Psalm: 119,101-108 (EG 748)
Lesungen
Altes Testament:
1. Mose 8,18-22
Epistel:
1. Thessalonicher 4,1-8
Evangelium:
Markus 10,2-9 (10-16)
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 166
Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied:
EG 295
Wohl denen, die da wandeln
Predigtlied:
EG 351, 1-3
Ist Gott für mich, so trete
Schlusslied:
EG 590
Herr, wir bitten: Komm und segne uns
Kurze Hinführung:
Wenn man den Hintergrund der Verse bedenkt, könnte diese Perikope für uns heute recht schwierig werden. Paulus, der die Gemeinde in Korinth gegründet hat, verteidigt in mehreren Kapiteln sein apostolisches Amt. Er legt der Gemeinde dar, wie sein Apostelamt und die Herrlichkeit dieses Amtes vom Neuen Bund her zu verstehen ist.
Zwar war in Korinth nicht das apostolische Amt als solches angefochten, es wurde aber bestritten, dass Paulus es zu Recht führte.
Im Text stellen sich die Fragen: Woher kommt die Vollmacht eines Verkündigers, einer Verkündigerin? Handelt Paulus in Vollmacht? Wer hat ihn dazu befähigt, ermächtigt? Welches Amtsverständnis haben wir? Dies wäre aber eher ein Thema für Pfarrer und Pfarrerinnen. Vielleicht aber auch für Prädikanten und Prädikantinnen, da die Frage ob Bevollmächtigung oder Ordination manchmal heiß erörtert wird.
Im Text aber steht für Amt auch Dienst. Paulus sieht sich als Diener seines Herrn. Zitat: „Wenn das Amt nicht Dienst ist, sondern Herrschaft, dann verfehlt es seinen Auftrag und wird an ihm schuldig“ (G. Voigt).
Es könnte allen Verkündigern und Verkündigerinnen neu klar werden, welch wunderbare Sache es ist, im Dienst der Versöhnung zu stehen und zu predigen, Boten des Evangeliums zu sein, von Gott befähigt, von Gott bevollmächtigt.
Paulus weiß: wer Christus predigt, predigt nicht sich selbst, hält keine Referate, sondern predigt das Wort vom Kreuz. In der Predigt will Gott zu Wort kommen, Zuspruch und Stärkung für die Anwesenden sein.
Paulus braucht keine Empfehlungsbriefe, keine andere Legitimation, weil die Korinther sein Empfehlungsschreiben sind. Ihr seid in mein Herz geschrieben. Ein Brief im Herzen des Paulus, das wäre für seine Widersacher aber kein Argument, also schaltet er ein: von allen Menschen erkannt und gelesen.
Paulus gebraucht Bilder, diese Bildsprache zeigt aber oft ein heilloses Durcheinander hinsichtlich des Bildgebrauches. Er wechselt oft, kommt ins Schwimmen und wird unklar.
Methodischer Hinweis:
Für die Gemeinde könnte es ein ansprechender Anfang sein, wenn alle Gottesdienstbesucher am Eingang einen schön gestalteten Briefumschlag (mit der Anschrift der Gemeinde) erhalten mit der Bitte, ihn erst zu öffnen, wenn es angesagt wird. (Dies ist allerdings mit ein wenig Arbeit und Mühe verbunden.).
Im Umschlag liegt ein Blatt mit dem Vers: 2. Kor 3,2:
Ihr seid ein Brief Christi.
Liebe Gemeinde,
sicher haben Sie sich sehr gewundert, als Sie am Eingang am Sonntagmorgen am Kircheneingang einen Briefumschlag erhalten haben, eher ein ungewöhnlicher Vorgang.
Gewöhnlich erhalten wir jeden Tag Briefe, und der Gang zum Briefkasten ist spannend und unser Interesse wird sehr schnell geweckt. Was mag darin stehen? Eine freudige, gute Nachricht? Oder vielleicht doch etwas Unangenehmes, eine unbezahlte Rechnung vielleicht oder eine Mahnung?
Die äußere Form lässt manchmal schon etwas von dem Inhalt erkennen. Wir werden entweder von der äußeren Form angesprochen oder eher abgestoßen, wenn alles unleserlich oder verschmiert ist.
Auf den Inhalt des Briefes, den Sie heute Morgen erhalten haben, sind Sie sicher auch schon gespannt. Was mag darin stehen? Nehmen Sie nun den Brief aus dem Umschlag. Wir lesen:
Ihr seid ein Brief Christi.
Es ist ein Satz aus unserem heutigen Predigttext. Hören wir auf den ganzen Predigttext:
Paulus, ein Apostel Jesu Christi schreibt an die Korinther:
[2 Ihr seid unser Brief, in unser Herz geschrieben, erkannt und gelesen von allen Menschen.] 3 Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen.
4 Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott. 5 Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott. 6 der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.
7 Wenn aber schon das Amt, das den Tod bringt und das mit Buchstaben in Stein gehauen war, Herrlichkeit hatte, so dass die Israeliten das Angesicht des Moses nicht ansehen konnten wegen der Herrlichkeit auf seinem Angesicht, die doch aufhörte, 8 wie sollte nicht viel mehr das Amt, das den Geist gibt, Herrlichkeit haben? 9 Denn wenn das Amt, das zur Verdammnis führt, Herrlichkeit hatte, wie viel mehr hat das Amt, das zu Gerechtigkeit führt, überschwängliche Herrlichkeit.
Liebe Gemeinde!
„Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes“, das konnte Paulus von der Gemeinde in Korinth schreiben, und dennoch gab es auch in den ersten Gemeinden Schwierigkeiten und Probleme, die gelöst werden mussten. Paulus spricht sie offen an.
Die Legitimation seines Amtes wurde von einigen Unruhestiftern angezweifelt. In der Gemeinde in Korinth ging es um die Bevollmächtigung des Apostelamtes. Musste Paulus beweisen, dass er von Gott zum Predigen berufen war? Sollte er sich selbst anpreisen oder hatte er Empfehlungsbriefe?
Im geschäftlichen und öffentlichen Bereich sind heute wie zu allen Zeiten Empfehlungsschreiben besonders wichtig. Warum sollte man jemand einstellen, Verantwortung übertragen, ohne zu wissen, wie der Bewerber sein Amt ausführen wird oder welche Qualifikation er hat?
Oder gilt es sich selbst anzupreisen, sich selbst zu empfehlen? Ist das nicht auch bei uns heute ein großes Problem? Wie oft stehen auch wir in der Gefahr, uns selbst nach dem Motto anzupreisen: Tue Gutes und rede davon. Wir kennen doch alle solche Sätze, die oft zu hören sind: „Ich will mich zwar nicht selbst empfehlen, aber …“ – und dann kommen Fähigkeiten und Taten, die andere staunen lassen.
Paulus war es leid, sich immer wieder vor den anderen Verkündigern verteidigen zu müssen. In Korinth war von einigen nicht das apostolische Amt als solches angefochten, es wurde aber bestritten, dass Paulus es zu Recht hatte. War er nicht einst der Verfolger der ersten Christen, hatte sie gejagt, bis er selbst von Christus erleuchtet und berufen wurde, die frohe Botschaft zu allen Menschen zu bringen?
Ihr seid unser Brief, in unser Herz geschrieben, erkannt und gelesen von allen Menschen … durch unseren Dienst zubereitet.
Menschlich gesprochen ist eine blühende Gemeinde eine gute Empfehlung, sicher auch heute noch. Dort werden drei Gottesdienste am Sonntag gehalten, und immer wieder ist die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt. Ist das nicht ein ganz besonders Zeichen von Tüchtigkeit eines Verkündigers? Paulus aber weiß und sagt es bescheiden, dass es nicht seine Tüchtigkeit war, sondern Gott bewirkt es. „Und ihr, die Gemeindeglieder, seid ein Brief in unser Herz geschrieben“. Wenn etwas ins Herz geschrieben ist, dann ist es wichtiger als alles andere, dann ist die Verkündigung nicht nur Beruf, sondern Herzenssache. Das Amt war für Paulus Dienst, weder Herrschaft noch Macht. Er war Diener des Evangeliums. Ein Bote des Evangeliums in der Vollmacht Gottes. Von Gott befähigt. Wer Christus predigt, predigt nicht sich selbst, sondern Gott will selbst zu Wort kommen und Hilfe und Trost für jeden einzelnen Zuhörer werden.
Durch die von Gottes Geist bewirkte Verkündigung kamen Menschen zum Glauben. Sie waren ein Brief nicht nur als Bestätigung für den Verkündiger, sondern ein Brief erkannt und gelesen von allen Menschen.
Und hier sind wir angesprochen. Sind wir Christen ein Brief? Können die Nichtchristen an uns ablesen, wie wir zu dieser frohen Botschaft stehen? Kann man im Alttag an uns erkennen, was der Glaube uns bedeutet? Ist er tragfähig, wenn die Stürme des Lebens über uns hereinbrechen? Passen unsere Sonntagsreden zu unserem Alltag? Wollen wir mehr scheinen als wir sind?
Den Gemeindeglieder in Korinth konnte Paulus bestätigen, dass sie ein solcher Brief Christ waren, und er weiß, dass es nicht sein Verdienst oder seine Tüchtigkeit war, er brachte nicht seine Meinung und Ansicht den Menschen, sondern predigte das Wort von Kreuz, den Griechen ein Ärgernis, den Juden Torheit. Es war aber die Kraft Gottes, die wirksam und sichtbar wurde im Leben eines Menschen. Durch Gottes Geist geschrieben, nicht mit Tinte wie ein normaler Brief.
Um noch einmal das Gesagte zu verstärken, wechselt Paulus das Bild. Mose brachte die auf steinerne Tafel geschrieben Gesetze. Als er vom Berg der Gesetzgebung herabstieg, glänzte sein Antlitz; und doch waren die Gebote, die man dem Buchstaben nach genau befolgen musste, nur Möglichkeiten zum gemeinsamen, gesellschaftlichen Leben; sie brachten zwar hilfreiche Grenzen, aber machten unfrei.
Das Evangelium aber, die frohe Botschaft, die durch den Heiligen Geist in unsere Herzen geschrieben ist, macht frei.
So konnte Paulus sagen: nicht der Buchstabe, nicht das Gesetz, sondern der Geist macht lebendig, und viele Beispiele hat Jesus in seinem Leben uns gegeben.
Gesetze waren für Jesus sicher auch wichtig, so z.B. den Sabbat zu heiligen. Doch wichtiger waren ihm die Menschen. Er sah ihre Not und er half ihnen auch gerade am Sabbat. Er stillte am Sabbat durch Ährenausreißen den Hunger seiner Jünger (Lk 6,1-5). Die verdorrte Hand eines Mannes heilte er auch am Sabbat. (Mk 3,1)
Ein Frau, die seit achtzehn Jahren krank war und sich nicht mehr aufrichten konnte, rief er zu sich und legte ihr am Sabbat die Hände auf und heilte sie (Lk 13,14).
Nicht das Gesetz, das genau befolgt werden sollte, nicht der Buchstabe, sondern der Geist macht lebendig.
Leben wir nicht oft so gesetzlich und fragen: was muss ich lassen oder tun? Lassen wir uns von Gottes Geist erfüllen und leiten, so können wir ohne Krampf, ohne Gesetzlichkeit ein Brief Christi sein durch Gott, durch seinen Geist geschrieben, damit Menschen Trost, Zuspruch, Liebe und die Hilfe erfahren, die sie brauchen.
Darum dürfen wir mit einem Liedvers bitten:
Herr, lass mich sein ein Zeugnis deiner Liebe,
dass die Welt in mir die Liebe Gottes sieht.
Amen.
Prädikantin Mechthild Gäntzle, Egerländer Str.33, 64354 Reinheim
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Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
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