Wochenspruch:
„Singet dem Herrn ein neues Lied; denn er tut Wun-der.“ (Psalm 98, 1)
Psalm: 98 (EG 739)
Lesungen
Altes Testament: Jesaja 12, 1 – 6
Epistel: Kolosser 3, 12 – 17
Evangelium: Matthäus 11, 25 – 30
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 286 Singt, singt, dem Herren neue Liede
Wochenlied: EG 243 Lob Gott getrost mit Singen
Predigtlied: EG 638 Ich lobe meinen Gott, der aus der Tie-fe
Schlusslied: EG 590 Herr, wir bitte: Komm und segne uns
Einführung
Der Sonntag Kantate steht in der Reihe der fröhlichen Sonntage der Osterzeit, die uns in vielfältiger Weise nahe bringen, was an Ostern Großes geschehen ist und zur Antwort auf die Osterbotschaft ermutigen, besonders in der kleinen Reihe Jubilate – Kantate – Rogate. So setzen Name und Charakter des Sonntags einen besonderen Akzent, der auch hörbar werden soll.
Der biblische Abschnitt (den ich zum besseren Verständnis gerne um den Vers 22 erweitere) schildert eine der vielen Begebenheiten der Apostelgeschichte, wo das verkündigte Evangelium auf massiven Widerspruch trifft – und ihn auf ganz eigene Weise überwindet.
Der ursprüngliche Akzent liegt sicher darauf, dass hier ein Heide, der noch keinerlei Zugang zum Glauben Israels und schon gar nicht zum Evangelium hatte, angesichts einer besonderen Erfahrung für den Glauben an Jesus Christus gewonnen wird – und sich sogar „mit all den Seinen“ (16, 33) taufen lässt.
Ich möchte das nicht unterschlagen und setze doch den Akzent ein wenig anders: Vom Motto des Sonntags her frage ich, was unser Loben und Singen trägt – und welche Auswirkungen bei uns und anderen es hat bzw. haben kann, wenn wir Lobsänger Gottes sind.
Liebe Gemeinde,
Kantate – wie schön, dass es einen Sonntag im Kirchenjahr gibt, der unser Singen zum Thema hat – und damit eine der schönsten Gaben Gottes an uns Menschen! Warum? Weil wir damit eine Möglichkeit haben, unseren Gefühlen und der Überzeugung unseres Herzens in besonderer Weise Ausdruck und Stimme zu geben. Viele unserer Kirchen sind so gebaut, dass sie geradezu dazu einladen, die Stimme zu erheben und Gott zu loben. Es gibt aber auch noch andere Orte, wo das Lob Gottes erklingt. Davon handelt unser Predigtwort:
Textlesung
Liebe Gemeinde,
eine spannende Begebenheit aus der Geschichte der jungen Kirche – aber mit keinem Wort ist hier von Kantate, vom Singen die Rede. Und doch passt der Bibeltext zum Motto des Sonntags. Ich möchte nicht alle Einzelheiten beleuchten, sondern drei kurze Impulse daraus gewinnen:
(1) Christen in Not – gelobt wird trotzdem
Gelobt wird trotzdem – es gibt Christen, die sich dieses Motto gegeben haben. Es war Anfang der 70er Jahre in Heidelberg – die Studentenrevolte war noch in vollem Schwung – und die kleine Gruppe der Studentenmission hatte keine Chance, das geistige Klima an der Uni-versität zu bestimmen oder entscheidend zu prägen. Christsein an der Uni war damals nicht leicht, und missionarische Erfolge fielen den Christen nicht in den Schoß. Aber wenn sie etwas unternahmen, einen Hörsaalvortrag veranstalteten oder eine Wochenendfreizeit mit interessierten Studenten, dann war dies ihr Wahlspruch: Gelobt wird trotzdem.
Ob zum Vortragsabend 20 oder 300 kommen, ob das Wochenende wunderbar ist oder manches ganz anders läuft als geplant – Gelobt wird trotzdem. Egal, welche Erfahrungen wir machen – wir halten an unserem Herrn fest. Am Ende finden wir uns zusammen und wollen ihn gemeinsam loben.
Paulus und Silas sind in weit ungemütlicherer Lage: Sie haben in Philippi das Evangelium verkündigt. Sie haben auch Resonanz gefunden, in Lydia sogar eine Frau, die ihr Herz der Verkündigung öffnet. Dann aber – massiver Widerstand: Diese Menschen bringen unsere Stadt in Aufruhr. (Unter uns gefragt: Wann wurde das zuletzt von Christen hier in unserer Gegend gesagt? Wo nimmt man uns als gefährlich und ungemütlich wahr – und wo nur als brav und harmlos?) Diesen beiden werden die Kleider herunter gerissen, sie werden mit Stöcken traktiert und dann ins Gefängnis geworfen. Glaube an Jesus Christus, wenn er ernsthaft gelebt wird, kann sehr viel kosten. Christen zu allen Zeiten haben es so erfahren.
Aber im Gefängnis fangen die beiden an, Gott zu loben. – Für was? Aus welchem Anlass? Nach menschlichem Ermessen ist ihr Dienst in Philippi zu Ende, können sie froh sein, wenn man sie am Leben lässt und bald aus der Stadt ausweist. Aus der Traum von einer starken christlichen Gemeinde in Philippi! Vielleicht waren das ihre Gedanken.
Aber sie loben Gott – um Mitternacht, mitten in der äußeren und in der seelischen Finsternis, die sie umgibt. Warum nur? Sind das Übermenschen, besonders starke Christen, Prinzipienreiter („Gelobt wird trotzdem – das halten wir stur durch!“)? Ich denke, die Wahrheit ist viel einfacher: Hier sind Menschen, die es eingeübt haben, in Gottes Gegenwart zu leben – und die auch im dunklen Knast wissen: Er ist bei uns, was auch immer geschieht, jeden Tag und jede Stunde. Der gekreuzigte Christus, dem wir dienen, lebt und ist mit uns, mit seinen Leuten: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Bei jeder Taufe in unserer Kirche wird dieser Vers vorgelesen, als Abschluss des Tauf- und Missionsbefehls. Hier wird sichtbar: Das ist viel mehr als nur ein schöner Satz. Gilt diese Zusage, dann habe ich immer und überall Grund zum Loben: mitten in dicker Arbeitsbelastung; mitten in Anfeindung durch Menschen; dort, wo ich selbst an meine Grenzen komme und scheitere; dort wo Krankheit oder seelische Belastung auf mir liegen; ja sogar in der Bedrohung durch den Tod.
Das ist die Grundfreude von uns Christen, mitten in all dem, was der Freude entgegensteht: In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesus Christ. Der, der uns liebt, der, der für uns gestorben und auferstanden ist, weicht nie mehr von unserer Seite – und deswegen ist es so gut, ihm zu vertrauen und mit ihm zu leben.
Nicht die Stärke ihres eigenen Glaubens, sondern die Treue ihres Herrn lässt Paulus und Silas singen – ich bin davon überzeugt, dass sie tatsächlich gesungen haben! Gelobt wird trotzdem.
(2) Barmherzigkeit, die aus dem Lob fließt
Es ist nicht der gewaltige Gesang, der das Erdbeben verursacht – aber während sie ihren Gott loben, verwandelt sich alles. Der Herr, den die Gefangenen gelobt haben, erweist spürbar und machtvoll seine Treue: Die Freiheit ist zum Greifen nahe – und sie hätten nun allen Grund, sich möglichst schnell aus dem Staub zu machen und die ungastliche Stadt zu verlassen.
Dafür droht einem anderen großes Ungemach: Wer als Gefängnisaufseher seine Gefangenen entkommen lässt, dem droht der Galgen. Dann lieber sofort den Tod suchen! Aber nun wird sichtbar, dass das Gotteslob von Paulus und Silas nicht nur ein frommer Spleen war. Wie gehen Menschen des Lobes mit einer solchen Situation und einem solchen Menschen um? Geschieht ihm grad recht, er hat uns doch angekettet! Gut, wenn Gott ihn nun abstraft! Nein!
Wie reagieren Sie, wenn ein Mensch, der Ihnen kräftig zugesetzt hat, plötzlich ganz schwach ist – das ist doch ein Moment zum Genießen, oder?
Die Lobsänger können anders reagieren, als wir es für normal halten und wie wir es um uns herum erleben: Sie müssen nichts durchsetzen, sondern sie sind frei für diesen Menschen, der keinerlei Hoffnung mehr hat. Gott schenkt keinem hier Triumph, der den Feind zerstört, sondern einen noch viel größeren Sieg: Der Aufseher, der vermutlich keinerlei Ahnung von Gott hat, wird nicht fertiggemacht, sondern er wird gewonnen für den Glauben an das Evangelium. Er erlebt die Frohe Botschaft hautnah: Sein Leben ist am Ende – und er bekommt es neu geschenkt.
Menschen, die mit Gott leben, die im Lob auf ihn ausgerichtet sind, werden frei, nicht den eigenen Triumph zu suchen, sondern die Rettung und Heilung aller Menschen, ja sogar der Feinde. Es gibt bei manchen Christen eine fast militärische Sprache und Sicht – aber die Siege Gottes sehen so ganz anders aus als auf dem Schlachtfeld: Menschen werden frei, finden Rettung und neue Hoffnung. Aus dem Lob fließt Barmherzigkeit, die dem anderen Gutes gönnt.
(3) Ein Sieg der Freude
Abends ist der Aufseher wie immer zu seiner Nachtschicht gegangen, morgens ist er ein anderer Mensch: Er wäscht seinen Gefangenen die Striemen, er deckt den Aufrührern den Tisch und feiert mit ihnen sein neu geschenktes Leben – mit seiner ganzen Familie, die da nicht außen vor bleiben kann. Und er weiß, wem er das alles zu verdanken hat: Er lässt sich taufen und wird von nun an zu dem Gott gehören, der ihn auf so bemerkenswerte Weise gerettet hat.
Der Kerker in Philippi war gewiss ein finsteres Loch, die Striemen taten Paulus und Silas bestimmt sehr weh. Wir sollten nicht den Schmerz und das Leid verniedlichen. Viel zu viele Christen leiden so – und manchmal schlimmer – für ihren Glauben an Jesus Christus. Und das Happyend ist nicht immer so greifbar und sichtbar wie hier. Nach allem, was wir wissen, ist Paulus am Ende doch den Märtyrertod gestorben. Und doch wird Eines in diesem Bericht sehr deutlich: Das Ende der Wege Gottes mit uns ist die Freude: Er führte sie in sein Haus und deckte ihnen den Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.
Wo Jesus Christus ein Leben berührt, da zieht mit ihm auch die Freude ein – und von ihm her sie bleibt der Grundtenor unseres Lebens, wie auch immer wir geführt werden. Wir haben Grund zum Loben und zum Singen. Ehre sei dem Herrn. Amen.
Verfasser: Pfarrer Johannes Seemann
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