Die verheißene Erlösung
von Paul-Gerhardt Künzel (Michelstadt-Steinbach)
Predigtdatum
:
09.12.2007
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
2. Advent
Textstelle
:
Offenbarung 3,7-13
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.(Lukas 21,8)
Psalm:
80, 2–7. 15–20
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 63, 15 – 16 ( 17 – 19a) 19b; 64,3
Epistel:
Jakobus 5, 7 – 8
Evangelium:
Lukas 21, 25 – 33
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 6
Ihr lieben Christen freut euch nun
Wochenlied:
EG 13
Tochter Zion, freue dich
Predigtlied:
EG 56
Weil Gott in tiefster Nacht erschienen
Schlusslied:
EG 171
Bewahre uns Gott
7 Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf: 8 Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet. 9 Siehe, ich werde schicken einige aus der Synagoge des Satans, die sagen, sie seien Juden, und sind's nicht, sondern lügen; siehe, ich will sie dazu bringen, dass sie kommen sollen und zu deinen Füßen niederfallen und erkennen, dass ich dich geliebt habe. 10 Weil du mein Wort von der Geduld bewahrt hast, will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die auf Erden wohnen. 11 Siehe, ich komme bald; halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!
12 Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen. 13 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Liebe Gemeinde,
wer wollte nicht gelobt werden? Ist es nicht jedes Mal eine Ermutigung, oft auch eine unverhoffte Freude, wenn uns jemand anspricht und sagt: „Gut gemacht, weiter so“? Und jeder braucht diese Momente so wie das tägliche Brot, gerade auch die schüchterne Schülerin oder der um seinen Arbeitsplatz bangende Angestellte. Wie wunderbar klingt das, wenn sogar Jesus der Lobende ist, jener, der es ertragen hat, unterdrückt und missverstanden zu werden, und der jetzt als der Weltenherrscher im Himmel thront!
Und was für den Einzelnen gilt, das darf die Gemeinde gerne auch hören: „Deine kleine Kraft ist kein Hindernis, sie ist sogar eher die Voraussetzung dafür, dass du den richtigen Weg gehst und dein Ziel erreichen wirst!“ Ich lade Sie ein, einmal im Kirchenraum umher zu blicken und wahrzunehmen, wer da sitzt und ebenso aus dem Kraftquell der Nähe Christi heute Morgen schöpft:
- ein Kirchenvorsteher, der treu seinen Dienst tut,
- eine alt gewordene, in sich ruhende Frau, die ihre Familie mit ins Gebet bringt,
- ein verschlafener, aber doch sonntäglich gestimmter Konfirmand,
- die Küsterin, vielleicht schon seit vielen Jahren jeden Sonntag mit dem Schlüssel in der Hand die erste, die unsere Kirche betritt.
Und so gibt es viele weitere Menschen, die heute Morgen alle miteinander dieses Lob auf sich beziehen dürfen: „Du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet.“
Am Sonntag versammeln sich hier und im ganzen Land die vielen kleinen Leute, die viele kleine Schritte tun und dabei das Gesicht der Welt verändern! In der Tat: Wir trotzen dem, was unsere Lebensfreude ersticken will: Wir trotzen der Sorge, unsere Gesellschaft hätte keinen Ausweg mehr vor der Oberflächlichkeit und dem billigen Egoismus einer totalen Konsumwelt. Wir trotzen unserer persönlichen Angst vor Krankheit des Leibes und der Seele. Wir trotzen der Traurigkeit, wenn wir erfahren, dass viele die Gemeinde unseres Herrn und Heilands Jesus Christus belächeln und kleinreden.
Zu alldem, zu einem fröhlichen Trotz will uns das heutige Predigtwort anregen. Wir stellen uns zur Gemeinde in Philadelphia – das liegt in der heutigen Türkei – und zu den Gemeinden an allen Orten zu allen Zeiten und erfahren mit ihnen zusammen, was es heißt, ermutigt zu werden, weil wir schwach sind und eben nicht trotz unserer Schwachheit. Die Dynamik in unserem persönlichen Leben und in unserer Gemeinschaft kommt nicht aus uns selbst, aber sehr wohl von dort, wo Gottes Geist weht! Es ist ausgerechnet das Bewahren, das stille Leben im selbstverständlichen Bekennen von Gottes Gnade bei uns, das Bewegung, Tempo und Kraft möglich macht. „Halte, was du hast“ – nicht im misstrauischen Klammern, sondern im treuen Bewahren, nicht in der Haltung des Besitzenden, sondern in der des treuen Verwalters.
Aber gibt es denn von der Gemeinde nur das zu berichten, was zu loben ist und Freude macht? Der Seher Johannes, der das ganze Buch der Offenbarung und darin diesen Brief verfasst hat, blendet nicht aus, dass es auch in Philadelphia Streit gegeben hat – mehr noch: Eine konkrete Bedrängnis hatten die Christen dort auszuhalten! Da hatten sich Menschen eingeschlichen, die Uneinigkeit und Verwirrung schürten, indem sie logen und ihre eigenen Ziele verfolgten. Johannes nennt sie „einige aus der Synagoge des Satans“. Aber er sagt das nicht in erster Linie, um anzuklagen. Vielmehr wird sich an ihnen zeigen, wie groß und unüberwindlich der Auferstandene seine Macht erweist: Aus Zerstreuern werden Anbetende, aus Verfolgern beste Freunde!
Wir in unserer Gemeinde und in unserer Kirche scheuen uns wohl davor, Andersdenkende nun dem Satan zuzuordnen, aber dass auch bei uns viel Verwirrung über den richtigen Weg herrscht, wird niemand leugnen. Zwischen dem lähmenden Lamentieren über unsere kleine Zahl an aktiven Kirchenchristen und der übertriebenen Hoffnung auf den Aufschwung durch Perspektivpapiere und alle möglichen Aktionen pendeln wir hin und her und vergessen dabei, dass doch Gott im Regiment sitzt und alles wohl führt.
„Halte, was du hast“ – „du hast das Wort von der Geduld bewahrt“: Hier sind die Hinweise darauf, wie sich Gottes Plan für diese Welt bei uns gestalten lässt: Wenn wir auf das Wesentliche, auf d e n Wesentlichen – und das ist Christus mit seinen Worten – achten, ohne Ablenkung und Relativierung, dann öffnet sich uns die Tür zum Leben, wie Gott es will.
Wenn uns dann jemand lobt oder wir es gegenseitig tun, dann eben deshalb, weil dieser göttliche Weg zu unserem geworden ist und weil wir nicht mehr meinen, es käme auf unser Denken und Planen, unsere Aktivität, unser Machen an. Was für eine Entlastung, was für ein Aufatmen in unseren Versammlungen und Synoden und in den kleinen Gesprächen ist möglich, wo das geschieht: Das Wort von der Geduld bewahren, halten, was wir haben, die Türen wahrnehmen, die der Allmächtige uns öffnet!
Und das braucht ebenso die Welt außerhalb der Kirchenmauern:
Verschlossen ist die Tür der Verführungen, geöffnet die der liebenden Einladung; verschlossen ist die Tür der Konkurrenz, geöffnet die der Achtsamkeit füreinander; verschlossen ist die Tür der Lüge; geöffnet die der Wahrhaftigkeit. –
Wo das gehört wird, da muss uns nicht mehr bange sein, und da wird man auch einmal wieder die Regierenden mit voller Überzeugung loben können!
Ich wünsche uns, dass wir unsererseits den loben, der uns so liebevoll anspricht und dessen Kommen in die Welt wir so sehnsüchtig erwarten! Wer Gott lobt, gewinnt auch Ohren dafür, wie Gott ihn lobt für seine kleine Kraft, Beharrlichkeit und Treue.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Paul-Gerhardt Künzel, Kurpfälzer Str.28, 64720 Michelstadt-Steinbach
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).