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Die Verheißung des Heiligen Geistes

von Helmut Spindler (69488 Birkenau)

Predigtdatum : 04.05.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christi Himmelfahrt
Textstelle : Römer 8,26-30
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Wochenspruch:

Christus spricht: wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.(Johannes 12, 32)

Psalm: 27 (EG 714)

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 31, 31 - 34
Epistel:
Epheser 3,14 - 21
Evangelium:
Johannes 15,26 – 16,4

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 123
Jesus Christus herrscht als König
Wochenlied:
EG 128
Heilger Geist, du Tröster mein
Predigtlied:
EG 351
Ist Gott für mich, so trete
Schlusslied:
EG 562
Segne und behüte uns durch deine Güte

Vorbemerkung:
Der Predigtabschnitt Römer 8, 26-30 findet eine direkte inhaltliche Entsprechung im Johannesevangelium (17, 20 – 26), das von den meisten Exegeten rund 4 Jahrzehnte später datiert wird als die Paulusbriefe.
Umso überraschender ist der Vergleich, der in den Themen Gebet, Einheit mit Gott und Jesus, Herrlichkeit Gottes Übereinstimmung erzielt. In der Definition des Auserwähltseins unterscheiden sich beide Quellen.
Dies wird in der folgenden Predigt thematisiert werden. Besonderes Gewicht findet der Kernvers Römer 8, 28. Der Predigttext wird nach der Guten Nachricht wiedergegeben.

26 Aber ebenso wie wir seufzt und stöhnt auch der Geist Gottes, der uns zu Hilfe kommt. Wir sind schwache Menschen und unfähig, unsere Bitten in der rechten Weise vor Gott zu bringen. Deshalb tritt sein Geist für uns ein mit einem Stöhnen, das sich nicht in Worte fassen lässt. 27 Und Gott, vor dem unser Innerstes offen liegt, weiß, was sein Geist in unserem Innern ihm sagen will. Denn so, wie es vor Gott angemessen ist, legt er Fürsprache ein für die, die Gott als sein Eigentum ausgesondert hat. 28 Was auch geschieht, das eine wissen wir: Für die, die Gott lieben, muss alles zu ihrem Heil dienen. Es sind die Menschen, die er nach seinem freien Entschluss berufen hat. 29 Sie alle, die Gott im Voraus ausgewählt hat, die hat er auch dazu bestimmt, seinem Sohn gleich zu werden. Nach dessen Bild sollen sie alle gestaltet werden, damit er der Erstgeborene unter vielen Brüdern und Schwestern ist. 30 Und wenn Gott sie dazu bestimmt hat, dann hat er sie auch berufen, und wenn er sie berufen hat, dann hat er sie auch für gerecht erklärt, und wenn er sie für gerecht erklärt hat, dann steht auch fest, dass sie an seiner Herrlichkeit teilhaben.

Liebe Gemeinde,
als Paulus seinen Brief an die Christen in Rom schreibt, ist das Christentum ja noch eine ganz junge Religion. Der Apostel sieht seine Lebensaufgabe darin, Menschen auf ihrem Weg zum Glauben an Gott, der in Jesus Mensch wurde, zu begleiten. Die Sehnsucht nach der ewigen Vereinigung mit der Herrlichkeit Gottes tragen wir alle tief in unseren Herzen. Oft ist sie aber so tief verborgen, dass uns das wirkliche Ziel unserer Sehnsucht nicht bewusst ist. Paulus weiß, dass wir Gott nirgendwo näher sein können als im Gebet.

Beten / Gebet
Und wenn „wir nicht wissen, was wir beten sollen, so hilft uns der Heilige Geist“, sagt Paulus (Römer 8, 26f).
Lernen wir doch von Jesus, wie wir beten können.
Das bekannteste Gebet, das uns Jesus lehrt, ist das Vaterunser (Matthäus 6, 9-13). Es ermutigt uns, Gott zärtlich als „Vater“ anzusprechen. Der Evangelist Johannes überliefert ein weiteres Gebet Jesu, das uns ins Zentrum des Glaubens begleitet.
„Ich habe ihnen die gleiche Herrlichkeit gegeben, die du (Vater) mir gegeben hast, damit sie eins sind, so wie du und ich. Ich lebe in ihnen und du lebst in mir; so sollen auch sie vollkommen eins sein“ (Johannes 17, 22f).
Diese Worte sind Teil eines Abschiedsgebetes Jesu; es verdeutlicht weitgehend die Absicht des Apostels Paulus.
Wer darf nach Jesus Teilhaber an der Herrlichkeit Gottes werden?
„Vater, bewahre sie in deiner göttlichen Gegenwart, … damit sie eins sind, so wie du und ich eins sind“ (Johannes 17, 11 b).
Diese Bitte bezieht Jesus noch auf seine Jünger. Danach aber dehnt er seine Fürsprache vor Gott auf alle Menschen aus, während Paulus nur eine Gruppe von Auserwählten meint:
„Ich bete nicht nur für sie, sondern auch für alle, die durch ihr Wort von mir hören und zum Glauben an mich kommen werden. Ich bete darum, dass sie alle eins seien, so wie du in mir bist, Vater, und ich in dir. So wie wir sollen auch sie in uns eins sein.“ (Johannes 17, 20f).
Jesus geht es nicht um eine kleine Gruppe von Auserwählten, sondern um alle, die zum Glauben an ihn kommen. Sie werden von Gott geliebt. Jesus schließt sein Gebet mit den Worten: „So wird die Liebe, die du zu mir hast, auch sie erfüllen und ich werde in ihnen leben.“ (Johannes 17, 26).
Eine wundervolle Vorstellung: Gottes Liebe erfüllt uns und Jesus lebt in uns. So nah kommt uns das Göttliche, dass es uns ganz durchdringt – ja, dass es eins mit uns wird. Diese Einheit bewirkt Jesus. Das Göttliche kommt uns ganz nah.
Es existiert nichts, das nicht aus ihm, aus Gott, geboren wäre. Also sind auch wir Töchter und Söhne des einen Gottes, des himmlischen Vaters.
Alle, die wir Gott „Vater“ nennen, sind ja untereinander Geschwister. Wir sind verbunden in der Liebe zum Vater und in der Liebe des Vaters zu uns.
Jesus war bereits eins mit Gott, bevor diese Welt erschaffen wurde, er war es in seinem Erdenleben und er bleibt eins mit Gott in Ewigkeit (siehe Johannes 17, 24).
Können wir, liebe Gemeinde, annehmen, dass Gott uns genauso sehr liebt, als würde er mich und nur mich lieben? Wir übertragen unser menschliches Fühlen und Lieben auf Gott. Wer wirklich liebt, wählt aus all den Möglichkeiten einen Menschen, dem all seine Liebe gilt. Die romantischen Liebesgedichte Helmut Kadels treffen sehr genau, was es bedeutet, auserwählt zu sein:
Für den Einen nur allein
kann der Liebe Feuer heiß entflammen,
doch für den wird’s alles sein,
er hat alle Welt empfangen.

Auserwählt zu sein von allen,
heißt, jetzt wird mein Ich zur Würde,
Einsamkeit ist abgefallen,
die doch sonst des Iches Bürde.

Noch sind wir nicht all-verliebend,
noch sind wir im Ich gebunden,
uns mit einzelnen begnügend,
an die unser Herz gebunden.

Diese sind die Auserwählten,
wo sich unsere Seelen fanden,
aus den endlos Ungezählten,
die auf dieser Erde landen.

Unsre auserwählten Herzen,
wie ein Keim von Welterlösung
streben sie durch alle Schmerzen
hin zur ewigen Genesung.

Diese Liebe zu einem besonderen Menschen stellt die Basis dar für unsere Liebe zur Welt, zur Schöpfung, zu Gott und wir trauen es Gott zu, dass er menschlich liebt.
Göttliche Liebe verkörpert sich im Sohn. Jesus vereint uns alle mit Gott. Die Verbundenheit der Liebe, die Gott zu uns einnimmt, ist die Grundlage dafür, sich selber annehmen zu können und sie hilft uns, den anderen in Würde zu begegnen.
So wie wir die Sonne nur sehen können in den Strahlen, die sie aussendet, so können wir Gott nur erkennen in seinem Sohn, der Mensch wurde und uns die Wirklichkeit Gottes sehen ließ. Nur in Jesus ist es möglich, Gott als einen väterlich Liebenden zu erkennen.
Wir wurden für die Liebe geschaffen von einem Gott, der selbst die Liebe ist. Bereits die Tatsache, dass wir leben, ist ein Zeichen seiner überwältigenden Liebe. Er wählte uns aus einer unendlichen Anzahl von möglichen Wesen aus und rief uns aus dem Nicht-Sein. Gott vollbringt es eins zu werden mit unserer Seele, ohne dass wir unser Wesen dafür aufgeben müssten. Das Einswerden Gottes mit uns ist zunächst ein Geschenk. Dieses Geschenk wird nur dann wirksam, wenn es von dem Beschenkten bewusst wahrgenommen und angenommen wird.
Entscheidend ist, ob wir die Liebe Gottes erkennen und an sie als die alles bestimmende Kraft in unserem Leben glauben können. Dann erst haben wir Anteil an ihr.

Gott lieben
„Was auch geschieht, das eine wissen wir: Für die, die Gott lieben, muss alles zu ihrem Heil dienen. Es sind die Menschen, die er nach seinem freien Entschluss berufen hat…“ (Römer 8, 28).
Die Liebe muss auch von uns Menschen ausgehen, nur dann können wir Gottes Liebe aufnehmen, nur dann nehmen wir sie überhaupt erst wahr, lassen sie wahr werden in unserem Leben.
Wer Gott liebt, steht über der Welt, betrachtet so manches Jammertal von weit oben und von dort aus erscheint es ganz klein. Wer aus sich heraus treten kann und aus himmlischer Perspektive wahrnimmt, der sieht so manchen Berg nicht mehr als unüberwindbares Hindernis. Wer Gott liebt und wer sich von Gott geliebt weiß, der kann fliegen. Und diese Perspektive gelingt mir viel besser, wenn ein Mensch da ist, der sich ebenfalls auf meine Position begeben kann. Dann gewinnt sie mehr an Wahrheit. Sind wir nicht alle Engel mit einem Flügel – und wenn wir uns umarmen, können wir fliegen.
Jesu Auferstehung ist das Siegeszeichen der Liebe. Es nimmt unserem Leiden die Endgültigkeit, weil wir nach diesem Leben über uns selbst hinauswachsen werden.
Liebe ist eine geheimnisvolle, wunderbare Gottesgabe und ein Lebenselement, das in unsere allertiefsten Seelenschichten hineinwirkt.
Wenn wir in unsere Liebe Jesus einbeziehen, dann wird uns das Mysterium aller Liebe tiefer und dichter bewusst: dass Liebe auch immer ein Wagnis ist, dass Hingabe auch die Angst des Sich-selber-Verlierens auslöst. Nur wer sich selber verliert, findet sich erst wirklich und wer sich auf einen anderen hin loslässt, kommt auf den Grund des Lebens.
Unser gesamtes Leben könnte bis zum Rand angefüllt sein mit Liebe, wir könnten ihre fast unbegrenzten Möglichkeiten der Zärtlichkeit und Hingabe ausleben, wenn wir uns der großen Liebe Gottes zuwenden würden, die in uns pulsiert und atmet. Unser Leben ist nichts als Wunsch, Leidenschaft, Hunger und Durst nach Liebe. Es ist ein einziger Liebesschrei.

Mund des Verlangens, wie willst Du empfangen,
Woraus aus Liebe das Leben entsteht
Und in den ragenden Wipfeln der Tannen
Leise der Duft alles Werdenden weht.

Jede und jeder von uns wird mit einem unerschöpflichen Vorrat an Liebe geboren. Der Mensch ist keine „Leidenschaft ohne Sinn“ (Jean Paul Sartre), sondern unser Sinn, unser Ursprung und unser Ziel ist Gott.
Wer einen Menschen von ganzem Herzen und von ganzer Seele liebt, der liebt Gott.
Die erotische Liebe zu einem Menschen ist so unwiderstehlich, so göttlich für uns, weil sie ein Bild der Liebe Gottes ist. Sie ist aber erst dann wirklich göttlich, wenn sie untrennbar verbunden ist mit der Nächstenliebe.

Liebe zum Nächsten / Liebe zur Schöpfung
Wer einen Menschen wirklich liebt, der liebt jedes Wesen, das Gott erschaffen hat.
Wer einen Menschen wirklich und wahrhaftig liebt, der liebt die ganze Schöpfung und lebt im Einklang mit ihr.
Wer einen Menschen von ganzem Herzen und von ganzer Seele liebt, der liebt Gott.
Deshalb bleibt diese große, alles umfassende Liebe auch nicht ohne Folgen auf das Handeln. Wer wirklich zur Liebe fähig ist, der wird alle Fragen Jesu an uns mit einem klaren „Ja“ beantworten können.
„Habt ihr mir zu essen gegeben?“
„Habt ihr mich aufgenommen, als ich an euere Tür klopfte?“
„Habt ihr mich besucht, als ich gefangen war?“ (Matthäus 25, 31 ff).
„So wird die Liebe, die du zu mir hast, auch sie erfüllen und ich werde in ihnen leben“, betet Jesus (Johannes 17, 26).
Wir sind als große Gemeinschaft durch Jesus aufeinander verwiesen.
Die Freundinnen und Freunde Jesu lebten nach seinem Vorbild. Die Wahrheit des Glaubens ist mit unserem Handeln untrennbar verbunden.
Wir spüren die Einheit mit Jesus, indem wir in der Nächstenliebe aufeinander bezogen sind. Wir fühlen die Einheit mit Gott in der Verschmelzung tiefer, erotischer Liebe, die die Grenzen der eigenen Person aufhebt.
Wir sind erfüllt und bestimmt von einer Sehnsucht nach dem Heiligen, von unserer Suche nach dem Absoluten. Wir brauchen das Wasser, das unseren Durst nach dem wahren Leben stillt, und wir brauchen das Brot, das Jesus für uns gebrochen hat, um all das Zerbrochene in uns heil werden zu lassen. Wir wollen teilhaben an der Herrlichkeit Gottes und die Suche danach bestimmt unser ganzes Leben.
Was nützen uns die Güter der Welt, wenn wir uns leer, überflüssig und an die Absurdität eines Chaos ausgeliefert fühlen, wenn wir in keinen Sinnzusammenhang eingebettet sind, von nichts getragen, in nichts geborgen, ohne Sinn und ohne Ziel. Die Wege, die wir einschlagen auf der Suche nach dem Ur-Grund, sind verschieden.
„Gott hat die Menschen dazu bestimmt, seinem Sohn gleich zu werden. Nach dessen Bild sollen sie alle gestaltet werden, damit er der Erstgeborene unter vielen Brüdern und Schwestern ist, … die er verherrlicht hat.“
Das betont der Apostel Paulus in seinem Schreiben an die Gemeinde in Rom (Römer 8, 29f).
Ich möchte Sie, liebe Gemeinde, ermutigen, dem nachzufolgen, der gesagt hat: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, denn durch mich“. (Johannes 14, 6).
Dazu wurde Gott Mensch, um uns durch Jesus Christus zu zeigen, welches der Weg ist, der zur Herrlichkeit führt, dessen Ziel es ist, all unsere Sehnsucht zu stillen und unsere Tränen abzuwischen. Wer sich an Jesus orientiert, lebt schöpferisch, indem er andere zum aktiven Leben ermutigt und ihnen hilft, es zu gestalten. Wer sich an Jesus orientiert, der findet Kraft in der kontemplativen Hingabe an Gott im Gebet für sich und für alle.
Wer sich an Jesus orientiert, der weiß sich auch im eigenen Leiden geborgen, der fühlt, dass keine Träne umsonst geweint wird und kein Schmerz umsonst erduldet wird. „Alle Dinge werden zum Besten dienen“ (Römer 8, 28). Damit meint Paulus nicht ein Leben, das einem Picknick gleicht, aber eines, das zutiefst bejaht und am Ende in Dankbarkeit zurückgelegt werden kann. Amen.

Literatur:
Bibel, Gute Nachricht
Eugen Drewermann, Das Johannes Evangelium. Bilder einer neuen Welt. 2. Teil, Düsseldorf 2003
Helmut Kadel, Die Auserwählten, 2007 (unveröffentlichte Gedichte)
Willigis Jäger, Wiederkehr der Mystik. Das Ewige im Jetzt erfahren, Freiburg/Basel/Wien 2005
Elisabeth Lukas, Wertfülle und Lebensfreude. Logotherapie bei Depressionen und Sinnkrisen, München/Wien 2002
Dorothee Sölle, Träume mich, Gott. Geistliche Texte mit lästigen politischen Fragen, Wuppertal 1994

Verfasser: Pfr. Helmut Spindler, Friedhofstr. 33, 69488 Birkenau

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