Wochenspruch: Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Johannes 12,32)
Psalm: 27,1.7-14 (EG 714)
Reihe I: Epheser 3,14-21
Reihe II: Jeremia 31,31-34
Reihe III: Johannes 7,37-39
Reihe IV: Römer 8,26-30
Reihe V: 1. Samuel 3,1-10
Reihe VI: Johannes 16,5-15
Eingangslied: EG 135 Schmückt das Fest mit Maien
Wochenlied: EG 136 O komm, du Geist der Wahrheit
Predigtlied: EG 263 Sonne der Gerechtigkeit
Schlusslied: EG 182 Suchet zuerst Gottes Reich in dieser Welt
Am Sonntag Exaudi, dem 16. Mai 2021, soll auf den Kirchentag und sein Motto „schaut hin“ aufmerksam gemacht werden. Der Schlussgottesdienst am Sonntag 16. Mai zu Jesaja 51,1-5 trägt den Titel „Schaut auf Abraham und Sara – eure Verheißung“. Aus diesem Grund wird abweichend zu dem für den Predigtjahrgang III vorgesehenen Predigttext Johannes 7,37-39 der Predigttext Jesaja 60,1-6 gelesen.
1 Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!
2 Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.
3 Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.
4 Hebe deine Augen auf und sieh umher: Diese alle sind versammelt, kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen und deine Töchter auf dem Arm hergetragen werden.
5 Dann wirst du es sehen und vor Freude strahlen, und dein Herz wird erbeben und weit werden, wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt.
6 Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Efa. Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des HERRN Lob verkündigen.
Ein paar Hinweise zum Text:
Gott bittet um Gehör. Was hat er zu sagen?
Gott bittet um Gehör. Es lohnt sich, ihm Gehör zu schenken und auf ihn zu schauen.
Gott bittet um Gehör. Der allmächtige Gott ergreift nicht donnernd das Wort. Er fällt uns nicht ins Wort. Er mischt sich ein in unsere Debatten, aber so, dass er bittet, ihm zuzuhören. Offenbar ist es nicht selbstverständlich, dass er gehört wird. Es ist still geworden um Gott in unserer Welt. Man sieht nur selten etwas von ihm. So lasst uns für einen Augenblick unser Reden unterbrechen und zuhören, was er uns zu sagen hat. Lasst uns für einen Augenblick die Fernsehbilder zurückstellen und hinschauen, was er uns zu zeigen hat. Wer der Gerechtigkeit nachjagt, wer Gott zu sucht, ist besonders eingeladen. Da sind wir doch dabei, liebe Gemeinde. Wir wollen doch mitkriegen, was er uns zu sagen, wir wollen doch hinschauen, was er uns zu zeigen hat.
1. Gottes Geschichte mit uns ist eine Segensgeschichte
Gott bittet um Gehör, damit wir entdecken, dass seine Geschichte mit uns eine Segensgeschichte ist. Schaut einmal weg vom Durcheinander eurer eigenen Geschichte und der Weltgeschichte. Schaut hin, welchen Segen Gott immer wieder gegeben hat. Erinnert euch an eure Väter und Mütter im Glauben. Geht ruhig weit zurück, tief in den Brunnen der Vergangenheit, bis zu Abraham – und vergesst die Saras nicht! Entdeckt, dass in Abraham und Sara das Volk Israel, aber auch wir Christen und alle Völker gesegnet sind. Schaut genau hin. Auf den ersten Blick sieht man den Segen in der Geschichte oft nicht. Hört genau hin. Wendet euch nicht enttäuscht ab. Es lohnt sich, genau hinzuschauen und hinzuhören. Gewiss, zwei Dinge wird man nicht abstreiten können: Zum einen sind es zwiespältige und fehlsame Menschen, die Gott erwählt: Abraham wollte aus Angst um sein Leben seine Frau Sara an den König Abimelech verkaufen; und Sara lachte – nicht aus Freude und Gottvertrauen, sondern aus Bitterkeit und Gotteszweifel. Martin Luther entdeckte das liebe Evangelium neu, aber er ließ Andersdenkende verfolgen. Florence Nightingale setzte als „Engel der Kriegsgefangenen“ Zeichen der Humanität mitten im Krieg, war aber im persönlichen Umgang eher schwierig. Und unsere eigenen Väter und Mütter, wir selbst - Gläubige und Halbgläubige, Gerechtigkeitssuchende und Selbstverliebte, Hoffnungsträger und Resignierte! Trotzdem, Gottes Segen gilt uns fehlsamen Menschen und lässt uns zum Segen werden. Zum andern verläuft diese Segensgeschichte nicht ungebrochen. Da gibt es Segen, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, aber auch Unheil, Unrecht und Zerstörung. Und doch: Immer wieder blitzt Gottes Segen und Heil in der Geschichte auf – in der Geschichte Israels, in der Geschichte der Kirche, in unserer ganz persönlichen Lebensgeschichte, auch in der Weltgeschichte. Ja, es braucht den Heiligen Geist, damit unser Ohr offen wird für Gottes Segen. Ja, es braucht den Blick des Glaubens, um die Segensgeschichte zu schauen. Lasst es euch sagen und zeigen, wie Gott segnet. Ihr werdet Hoffnung und Kraft daraus schöpfen.
2. Gott ist ein Gott des Trostes
Gott bittet um Gehör für sein Trostwort. Dieses Trostwort gilt den Trümmern Jerusalems, den Trümmern des Lebens. Eine moderne Super-Stadt braucht keinen Trost, aber ein zerlumptes Slum und ein trostloses Flüchtlingscamp. Ein perfektes Leben braucht keinen Trost, aber ein Lebensentwurf in Trümmern. Dass Trost ankommt und gelingt, ist nicht selbstverständlich, selbst bei Gottes Trostwort nicht. Aber ein sprechendes Trostwort und ein belebendes Trostbild sind etwas Wunderbares. Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet, spricht Gott. Jesus verspricht: Der Heilige Geist, der Tröster, bleibt für immer bei euch. Er trocknet nicht nur Tränen, sondern öffnet den Blick nach vorne. Und da gibt es Schönes zu sehen: Schaut hin, wie Gott aus dürrem Land einen Garten Eden gestaltet, aus der Wüste blühende Landschaften. Am Ende steht Freude und Wonne, Dank und Lobgesang. Malt euch ruhig diese schönen Bilder aus. Gewiss, schaut auch auf die ausgetrockneten Böden und die überschwemmten Landstriche, auf die sich ausbreitenden Wüsten aller Art. Schaut da auch hin, aber schaut nicht nur dahin, sondern schaut auf die Verheißungsbilder Gottes. Sie sind ein „Dennoch“ des Trostes zu all dem Trostlosen. Da findet ihr heute schon ein Stück Freude und Wonne, Dank und Lobgesang. Ohne Verheißungsbilder würdet ihr verzagen oder zynisch werden. Mit ihnen könnt ihr zuversichtlich zu Hoffnungsträgern werden.
3. Gott bringt das Recht unter die Völker
Er tut das nicht mit Gewalt. Er greift nicht hart durch. Er bittet um Gehör für das Recht. Er lädt die Völker ein, genau hinzuschauen. Dann sehen sie, wie Gottes Heil hervortritt, wie das Recht zum Licht der Völker wird. „Gerechter unter den Völkern“ ist der höchste Ehrentitel, den das jüdische Volk verleiht. Umgekehrt: Wo man einer Person, einer Volksgruppe oder ganzen Völkern das Recht verweigert, wird die menschliche Würde zutiefst verletzt. Nur da, wo ein Mensch sein Recht bekommt, kann er Mensch sein. Deshalb sehnen sich die fernsten Inseln nach Recht und Gerechtigkeit.
Die Liturgie des diesjährigen Weltgebetstags der Frauen kam aus Vanuatu. Dieser kleine pazifische Inselstaat aus 80 Inseln – früher Neue Hebriden – ist durch Klimawandel und steigenden Meeresspiegel vom Untergang bedroht. Premier Tallis Moses, ein evangelischer Pastor, hat einen eindringlichen Appell an die Welt gerichtet. Er bittet um Gehör, seinem Land Vanuatu und den Menschen, den Nivanuatus, das elementare Existenz-Recht zu erhalten. Ob wir und die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft ihm Gehör schenken?
Gott ist ein Gott des Rechts. Wir hören gerne, dass Gott die Liebe ist. Und wir singen gerne: Wo die Liebe wohnt und Güte, da ist unser Gott. Wir werden diesen Glaubenssatz ergänzen dürfen und müssen, dass Gott die Gerechtigkeit ist. Wo Gerechtigkeit wohnt und Recht, da ist unser Gott. Gott suchen und der Gerechtigkeit nachjagen, das gehört untrennbar zusammen.
Aber nun hören wir genau hin: Gott appelliert nicht nur an unser Rechtsempfinden; er fordert uns nicht nur auf, endlich mehr Recht zu schaffen in Deutschland und unter den Völkern. Gott bringt selbst das Recht unter die Völker, nicht als Forderung, sondern als Geschenk, zuerst als Gabe und dann erst als Aufgabe. Der gerechte Gott macht sich auf. Er verlässt den Himmel der Gerechten. Er kommt auf die Erde voller Unrecht und Zwiespalt. Höchstpersönlich bringt er Gerechtigkeit bis zu fernsten Inseln. Seine Gerechtigkeit ist nahe. Sie lässt jeden Menschen zu seinem Recht kommen, die Opfer von Unrecht zuerst und letztendlich auch diejenigen, die es nicht verdient haben. Gottes Gerechtigkeit lässt auch die Schöpfung zu ihrem Recht kommen. Lasst uns also zuhören und sein Geschenk der Gerechtigkeit annehmen; lasst uns zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit trachten. Wir können damit anfangen, indem wir auf Tallis Moses hören und die Invanuatas in ihrem Lebensrecht unterstützen. Mit unseren Anfängen wird Gottes etwas anfangen.
Am Ende werden sich Gottes Verheißungen erfüllen. Zugegeben, sie haben sich bisher oft auch nicht erfüllt, bei Zion-Israel, in Südafrika, im wieder vereinten Deutschland, zumindest nicht so wie erhofft. Die Segensgeschichte ist nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte, aber eine Hoffnungsgeschichte. Diese Verheißungen des Propheten entfalten ihre Hoffnungskraft bis heute. Wir hören auf sie, wir bauen auf sie, wir schauen die Hoffnungsbilder, wir lassen uns ermutigen. Wir lassen uns sagen: Wer darauf vertraut, wird nicht zuschanden werden.
Manchmal sagt man: Es wird schon recht werden. Das klingt betulich und lähmt die Diskussion um den rechten Weg. Aber man könnte diesen Satz auch anders verstehen: Ja, es wird recht werden, wirklich. Gott selbst sorgt dafür, dass es, dass alles recht wird. Dann klingt dieser Satz als große Verheißung und eröffnet die Diskussion um Zeichen dieses Rechts schon heute.
Darum, liebe Gemeinde, gibt es uns als Christen, gibt es eine Kirche und eine Diakonie, gibt es die Predigt und den Gottesdienst. Gottes Bitte um Gehör darf nicht verstummen; seine Bilder und Verheißungen der Gerechtigkeit dürfen nicht übersehen werden. Hört hin, schaut hin! Es lohnt sich.
Amen
Wir danken dir, Herr, dass du kein stummer Gott bist,
sondern mit uns redest.
Hilf, dass wir dich hören
unter den vielen lauten Stimmen um uns.
Wir danken dir, Herr, dass du kein ferner Gott bist,
sondern dich unseres Lebens annimmst.
Hilf, dass wir deiner Nähe gewiss werden
und uns öffnen für dich und für andere.
Wir danken dir, Herr, dass du kein tauber Gott bist,
sondern von uns hören willst,
was uns Freude und was uns Kummer macht,
wonach wir uns sehnen und wovor wir uns fürchten.
Segne unseren Gottesdienst und die Gottesdienste des ökumenischen Kirchentags.
Lass uns neu hören, was du uns zu sagen hast.
Lass uns neu sehen, was wir zu tun haben.
Lass uns aufs neue vor dich bringen, was uns bewegt.
….
Herr, du hast uns gehört,
nun rede mit uns.
Du Gott des Segens!
Dankbar sind wir für die Väter und Mütter unseres Glaubens.
Durch sie hast du uns und unsere Welt gesegnet.
Dankbar sind wir für allen Segen,
den du in unser Leben gelegt hast.
Wir sind ja alle keine großen Leute,
aber du erwählst ja besonders die Kleinen und
Unscheinbaren.
Lass uns einander viel Glück und viel Segen wünschen;
lass uns dazu beitragen,
deinen Segen zu mehren.
Du Gott des Trostes!
Tröste die Trauernden und Verzweifelten
Richte auf, die vor den Trümmern ihres Lebens stehen.
Sei nahe allen, die keine rechte Heimat haben,
die schutzlos und ungeborgen auf der Flucht sind.
Nimm dich selbst deiner Schöpfung an.
Gib uns ein Wort, das tröstet.
Gib uns eine Tat, die Wunden heilt.
Du Gott der Gerechtigkeit!
Du selbst machst dich auf den Weg zu uns,
die du im Unrecht findest.
Wir danken dir für die Gabe deiner Gerechtigkeit.
Schaffe Recht in den Familien und unter den Völkern,
bis an die entferntesten Inseln.
Wir danken dir für deine großen Verheißungen.
So lass uns kleine Schritte tun,
bis du dein Werk vollenden wirst
in Gerechtigkeit und Frieden.
Amen
Verfasser: Pfarrer i.R. Frieder Grau, Stuifenstr. 1, 73207 Plochingen
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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