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Die Verheißung des Heiligen Geistes

von Manuela Rimbach-Sator (55276 Oppenheim)

Predigtdatum : 29.05.2022
Lesereihe : IV
Predigttag im Kirchenjahr : Exaudi
Textstelle : Römer 8,26-30
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Wochenspruch: Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Johannes 12,32)

Psalm: 27,1.7-14

Lesungen

Reihe I: Epheser 3,14-21
Reihe II: Jeremia 31,31-34
Reihe III: Johannes 7,37-39
Reihe IV: Römer 8,26-30
Reihe V: 1. Samuel 3,1-10
Reihe VI: Johannes 16,5-15

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 501 Wie lieblich ist der Maien
Wochenlied: EG 128 Heilger Geist, du Tröster mein
Predigtlied: EG 328,1.2.4.7 Dir, dir, o Höchster, will ich singen
Schlusslied: EG 351 Ist Gott für mich, so trete in Auswahl

Predigttext: Römer 8,26-30

26 Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt, sondern der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen. 27 Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er tritt für die Heiligen ein, wie Gott es will. 28 Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. 29 Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. 30 Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.

Hinführung

Am Übergang zwischen Himmelfahrt und Pfingsten übernimmt der Sonntag Exaudi eine Vermittlung. Wir sind noch ganz und gar auf der Erde und doch mit dem, was uns verheißen ist, schon im Himmel. Dem entspricht die Haltung des Paulus, der sich zwischen vielen Welten als Vermittler erlebt hat. Dass die Gemeinde die Stellvertretergabe des Heiligen Geistes als ihre eigene Aufgabe sieht, führt von der bloßen Privatsphäre hinaus zur Vermittleraufgabe, zur Be-Geisterung, die andere mitnehmen kann.

Predigt

Liebe Gemeinde,

„dafür sind Stellvertreter da, dass sie die Arbeit machen.“ Das hat mir mal ein stellvertretender Schulleiter gesagt. Und ich war ziemlich verblüfft über diese Beschreibung und wie er seine Aufgabe als Stellvertreter verstanden hat.

Eine Schulleiterin hatte viele wichtige Aufgaben. Aber den Stundenplan für den ganzen Schulbetrieb zu bauen, das musste der Stellvertreter machen. Eine Aufgabe, die jeden Tag ansteht und die kaum eine Pause verträgt. In den Ferien werden neue Pläne geschrieben, an den Wochenenden werden Krankenstände und Vertretungen geregelt. „Dafür sind Stellvertreter da, dass sie die Arbeit machen.“ Das war sein Kommentar, als ich gestaunt habe, wie viel Mühe er als Stellvertreter damit hat und dass kaum ein Außenstehender das erkennen und vor allem anerkennen konnte.

Es gibt Dinge, wo wir uns nicht vertreten lassen können.[1]

In der hebräischen Bibel lesen wir die Geschichte von den Brüder Jakob und Esau und wie der eine versucht hat, an die Stelle des anderen zu treten: Für ein Linsengericht hat Jakob mit Esau getauscht, als es darum ging, sich vom Vater segnen zu lassen. Und Jakob musste einige Anstrengung darauf verwenden, dem fast blinden Vater vorzugaukeln, dass er sein Bruder ist. Er musste seine Stimme verstellen und seine glatte Haut kaschieren. Stellvertretung bei den Menschen geht nicht ohne Abstriche. Und manchmal geht es überhaupt nicht.

Aber vor Gott, da gibt es eine Stellvertretung, sagt der Apostel Paulus. Und nicht nur das. Diese Stellvertretung ist sogar besser als wir, denn sie erreicht Gott mehr als wir das alleine könnten. Und das liegt für Paulus daran, dass Gottes Geist auf beiden Seiten zugleich ist; auf unserer Seite - der Seite der Menschen - und auf Gottes Seite.

  • Er spricht unsere Sprache, er versteht unser Anliegen,
  • und er spricht zugleich Gottes Sprache, er kennt sein Ziel, er ist Teil des göttlichen Wesens.

Es ist die faszinierende Entdeckung, die Paulus macht, dass der Messias Jesus eine Verbindung hergestellt hat zwischen uns und Gott, einen heißen Draht, den ganz kurzen und direkten Dienstweg.

Manchmal machen wir diese Erfahrung auch: Dass wir uns glücken. Dass wir erkennen, wie Gott uns gemeint hat, dass wir erfahren, was in uns steckt und wir uns ganz und gar in Einklang wissen. In solchen Momenten sind wir durch und durch froh. Und alle Sorgen, alle Furcht, alle Not perlen von uns ab.

Ein Augenblick höchster Zufriedenheit – wie der gestillte Säugling im Arm der Mutter – so beschreibt es Psalm 131.

Aber das ist kein Zustand, der sich festhalten lässt.

Im Alltag sind wir oft weit weg davon, so zufrieden und uns selbst gewiss zu sein. Und doch kennt unsere Seele diesen Moment; wir erinnern uns und wünschen uns in diesen Zustand des vollkommenen Eins-Seins zurück.

Einige Menschen, die vom Rand des Todes zurückgekehrt sind, beschreiben diese Ahnung, diese Erinnerung an das Eintauchen in ein Licht, das Erlösung verspricht und Leichtigkeit und Getrost sein und ganz und gar Liebe.

Menschen, die im Sterben liegen, erzählen es voller Staunen. Und sie empfinden in einem Zustand wie zwischen Wachen und Träumen, dass die, die sie im Leben bedingungslos geliebt haben und die schon gestorben sind, sie abholen kommen: die Eltern, der Bruder, eine Freundin, der Partner; dass die kommen und sie geleiten wollen. Und die Sterbenden erzählen, dass sie in diesem Augenblick eine tiefe Zuversicht spüren konnten und dass sie wissen und fühlen, bedingungslos geliebt zu sein.

Und genauso kennen wir das Gegenteil; Augenblicke, in denen wir uns verfehlen, in denen wir schuldig werden oder versagen. Zeiten, in denen wir keinen guten Weg mehr vor Augen haben, in denen wir buchstäblich durch die Hölle gehen und furchtsam sind wie ein Kind im Dunkeln. Zeiten, in denen wir uns vorkommen wie der verlorene Sohn, der in der Fremde aus dem Schweinetrog essen muss.

Wenn Neid uns zerfrisst oder Hochmut uns erstarren lässt, wenn unser Herz eng ist oder wenn eine schwere Last uns beugt, wenn ein Konflikt uns zerreißt oder eine Sorge uns blendet[2], dann bleibt vielen auch der Mund Gott gegenüber verschlossen. Da hat kein Loblied Platz im Herzen und kein Hoffnungshopser kann gelingen; nicht einmal die auswendig gelernten Formeln des Gehorsams gehen dann noch über die Lippen. Der Satz „dein Wille geschehe“ aus dem Vaterunser ist dann eine unerhörte Zumutung.

Und selbst da, so lehrt uns der Glaube, selbst da gibt Gott uns nicht verloren. Paulus beschreibt es mit diesem wunderschönen Bild vom unaussprechlichen Seufzen: das göttliche Verstehen, die Übersetzungsleistung des Heiligen Geistes, der wie ein Simultanübersetzer in beiden Welten in beiden Sprachen, in beiden Zuständen gleichzeitig ist.

Wie großartig ist diese Verheißung, und wie tröstlich ist dieses Wissen, dass in unserer tiefsten Verzweiflung Gott versteht, wie es um uns bestellt ist. Und, dass in unserer größten Sprachlosigkeit Gott hört, was unser kummervolles Herz stumm macht!

Und nun geht Paulus noch einen Schritt weiter. Paulus weiß und vertraut fest darauf, dass uns der Glaube Zugang gibt zum Reich Gottes, Zugang zu dem Ort, wo Gott bei seinen Menschen wohnt. Zugang schon jetzt (!) zu einer neuen Dimension, die das ganze Leben einfärbt und durchdringt mit einer neuen Sicht auf die Dinge, einer neuen Einschätzung dessen, was wichtig ist und dessen, was trägt.

Nicht nur das Verstehen Gottes, die Stellvertretung des Geistes, der unser Seufzen hört und vor Gott bringt, ist uns dadurch geschenkt, sondern wir werden vollständig hineingenommen in Gottes Kraftfeld.

Eine Fernsehmoderatorin pflegte immer ihre Sendung zu beenden mit dem kurzen Spruch „Alles wird gut“. Und man kann das durchaus belächeln als seichte Schönrederei.

Aber der Glaube will nicht nur an der Oberfläche, sondern tief in uns drin genau diese Zuversicht wachsen lassen. Alles wird gut!

Paulus formuliert:
Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.

Nicht: Wir wünschen uns…, wir hoffen…, wir vertrauen…

Nein, Paulus ist sich sicher: Wir wissen!

Was für eine Zumutung an das Denken! Der Streit mit dem Nachbarn, die dicke Luft am Arbeitsplatz, der Kollege, der mir in die Quere kommt, die schlimme Diagnose der Ärztin, der Unfall, die Sorge um die Kinder…

Paulus war sich seiner Sache sicher.

Sein eigenes Leben war kein Zuckerschlecken. Aber Paulus wusste, dass wir vieles in unserem Leben nur mit Abstand und vielleicht erst vom Ende her beurteilen können.

Und das Ende, das kennen wir, denn das ist uns in Jesus, dem Messias, vorgelegt. Und als der erste unter den Geschwistern reißt er uns mit. So sind wir eingehüllt durch den Glauben. Durch die Gabe des Heiligen Geistes können wir uns in Sicherheit wiegen in allen Stürmen. Der Glaube an Gott lässt uns durchhalten und die Schrecken des Lebens vom Ende her beurteilen:

Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.

Und da, wo wir‘s noch nicht wissen, da ist es gut, sich auf einen Stellvertreter verlassen zu können.

Diese Methode der Stellvertretung könnte auch für uns als Gemeinde verlockend sein:

Dass wir uns kleiden mit dem Wissen und der Zuversicht des Paulus wie mit einem Festtagsgewand und dass wir dadurch Trendsetter werden, sodass es wieder Mode wird, mit Gott zu rechnen. So fängt die Gemeinde, so fangen die Christenleute an und stecken die anderen damit an: die Menschen, die vergessen haben, nach Gott zu fragen, die sich den Glauben nicht zutrauen und die, die Gott die Nähe zur eigenen Wirklichkeit nicht mehr abnehmen, – denen können wir es vorleben und die sollen wir mitnehmen in diese Erfahrung. Auch als Gemeinde können wir Stellvertreteraufgaben übernehmen. Dass Ostern und Pfingsten werde in den Köpfen und Herzen und wir uns gegenseitig zujubeln: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, weil Gott selbst uns Glaubensgeschwister und unser Leben umgibt mit seiner Herrlichkeit.

Amen

Verfasserin: Pfarrerin Manuela Rimbach-Sator, Marianstr. 6, 55276 Oppenheim

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Anmerkungen:
[1]Anstatt des jetzt folgenden biblischen Beispiels für eine missglückte Stellvertretung kann auch ein eigenes aktuelles Beispiel eingefügt werden.
[2]Hier ist der Ort für eigene, aktuelle und konkrete Beispiele.


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