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Die Verheißung des Heiligen Geistes

von Dagmar Börsig (Neckargemünd)

Predigtdatum : 12.05.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christi Himmelfahrt
Textstelle : Johannes 14,15-19
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Wochenspruch:

"Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen." (Johannes 12, 32)

Psalm: 27, 1.8 - 9 b (EG 714)

Lesungen

Altes Testament: Jeremia 31, 31 - 34

Epistel: Epheser 3, 14 - 21

Evangelium: Johannes 15, 26 - 16, 4

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 452, 1 – 5 EG 449, 1 – 4 .8 Er weckt mich alle Morgen oder

Die güldne Sonne voll Freud und Wonne

Wochenlied: EG 128, 1 – 7 EG 354, 1 – 3 Heilger Geist, du Tröster mein oder

Ich habe nun den Grund gefunden

Predigtlied: EG 130, 1 – 3 O Heilger Geist, kehr bei uns ein

Schlusslied: EG 395, 1 – 3 Vertraut den neuen Wegen

Hinführung:

Der Sonntag Exaudi steht – zwischen Himmelfahrt und Pfingsten gelegen – im Zeichen des Abschieds Jesu von seinen Jüngern und der Verheißung des Geistes.

Der Predigtabschnitt ist eingebunden in die Passionsgeschichte des Johannesevangeliums und steht zwischen dem Bericht von der Fußwaschung und der Gefangennahme Jesu.

Jesus spricht zu den Jüngern über seinen Abschied; eine Rede, die auch Raum für den Widerspruch der Jünger lässt. Ich möchte die tröstend-seelsorgerliche Haltung, die Jesus im Gespräch mit den Jüngern einnimmt, auch in den Ton der Predigt einfließen lassen. Mir ist wichtig, wie Jesus das Weiterbestehen der Liebe zwischen ihm und den Seinen als sicher beschreibt und wie er den Geist verheißt, der die Verbindung hält zu denen, die »auf Empfang« sind, und den »die Welt« nicht wahrnehmen kann. Wie ein Funkleitstrahl ein Flugzeug auch im dichten Nebel sicher leitet – für andere unsichtbar –, so lenkt der himmlische Leitstrahl des Geistes die Glaubenden sicher durch die Klippen und Anfeindungen der Welt.

Es geht darum, nach dem Abschied von Jesus getrost und zuversichtlich, gestärkt durch den heiligen Geist, auf dem Weg der Liebe weiterzugehen. Da kann auf hektische Betriebsamkeit und spektakuläre Aktionen verzichtet werden. Auch sind Trauer und Verzweiflung ebenso wenig angebracht wie Mutlosigkeit und Verzagtheit, die aufgibt. Die Kraft des Geistes ist wie ein himmlischer Leitstrahl, der uns gegen die ganz schnell von „himmelhoch jauchzend“ auf „zu Tode betrübt“ umschwenkende (medienunterstützte) Stimmung abschirmt und immun machen kann.

Gliederung:

Einleitung

Ja ist es denn noch zum Aushalten?

Hauptteil

I Bleibende Verbindung ... trotz Abschied

II Ein himmlischer Leitstrahl ...

…lenkt den Empfänger,

…ist dem Menschen ohne Antenne unsichtbar

III Die Wirkung des Abschieds

Schluss

Abschied –

der Beginn (oder der Durchgang zu)

einer Beziehung auf neuer Ebene

Predigt:

Liebe Gemeinde,

ja ist es denn noch zum Aushalten?

In der Zeitung .... was lesen wir? – von Streit und Gewalt...

In den Nachrichten .... wovon hören wir? – von Kämpfen und Kriegen, Tod durch Terror; oder von Umweltverschmutzung und Klimaveränderung, Lebensmittelskandalen, die unsere Gesundheit bedrohen ...

Oder in den Großstädten .... was sehen wir? – immer mehr Menschen, die Abfallkörbe nach verwertbaren Dingen durchwühlen; Obdachlose, die keiner mehr will und mit denen keiner zu tun haben will ...

Und bei uns selbst .... was empfinden wir? – dass wir

eifersüchtig darüber wachen, dass uns keiner den Rang abläuft ... und vieles mehr.

Ist das denn noch zum Aushalten angesichts unseres Bekenntnisses (von eben!):

»Ich glaube an den Heiligen Geist«?

Müssten wir nicht endlich unser Bild von einer »heilen« Welt aufgeben? Fühlen wir uns nicht ratlos und niedergeschlagen angesichts der Zustände? – Oder fühlen wir uns mitschuldig?

Müssen wir nicht Abschied nehmen von unseren Träumen menschlichen Umgangs untereinander?

Können wir als Christen Mut gewinnen, ... dass wir nicht schmerzerfüllt zum Himmel starren ..., mutlos, verzweifelt, resigniert, ... sondern vertrauensvolle Schritte in die Zukunft tun?

Bleibt uns nur: Abschied nehmen von unseren Hoffnungen?

Auch für die Jünger Jesu gab es einen Zeitpunkt, wo sie in diese Lage kamen: kurz vor der Gefangennahme Jesu.

Sie mussten Abschied nehmen von ihren Hoffnungen: Jesus würde sie wenig später verlassen, ... würde seinen Weg gehen ans Kreuz ... und sie würden allein zurückbleiben:

Eine kleine Gruppe, unbedeutend vor der Welt, ... und plötzlich allein, ohne ihren Herrn.

Nichts wird ihnen bleiben, nur die Worte, die sie von

Jesus gehört hatten, und die Erinnerung an seine Taten, sein Beispiel, das er ihnen gegeben hatte.

Hören wir den Predigttext aus dem Johannesevangelium im 14. Kapitel, hören wir, was Jesus damals sagte, (... was er uns heute sagen will):

– Lesen des Predigttextes: Johannes 14, 15–19 –

»Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen«,

sagt Jesus. Denn so werden die Jünger sich gefühlt haben: allein gelassen. – Der bevorstehende Abschied war schmerzhaft. Es würde nicht einfach werden, den Weg alleine weiter zu gehen. Ob die Jünger ihrem Herrn die Treue halten würden?

(I.)

Jesus weiß, welche Ängste seine Jünger befallen; er weiß, wie erschrocken sie sind über das, was ihn erwartet; er kennt die Versuchung, dem Vergangenen trauernd nachzuhängen, weil das Kommende so ungewiss vor ihnen liegt. Deshalb gibt er ihnen ein Versprechen mit auf den Weg:

Zum einen:

Er verheißt ihnen, dass die innige Verbundenheit zwischen ihm und ihnen (seinen Jüngern) nicht aufgehoben wird.

»Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.«

Jesus stellt keine Forderung auf; er schärft seinen Jüngern nicht Gesetzestreue ein. Vielmehr gibt er ihnen die Verheißung, dass die Liebe, die sie bisher verbunden hat, auch dann weiterbesteht, wenn er nicht mehr bei ihnen ist. Diese Liebe vollzieht sich in der Erfüllung seiner Gebote: Seinem Willen gemäß zu handeln und zu leben ist die Weise, wie die Liebe zu Jesus bewahrt und neu entfacht werden wird. So werden die Gebote nicht erdrückende Gesetze sein, sondern sie werden von innen heraus verstanden und von innen heraus gelebt werden. Das wird die Jünger frei machen.

Aber reicht das ... in der Welt, die verfolgt und ausgrenzt? ... in der Hass und Gewalt regieren? Werden die Jünger durchhalten?

Und wie ist es mit uns? Haben wir nicht auch die Worte Jesu gehört, haben seine Gebote vernommen. Was ist davon in unserem Leben geblieben? Laufen wir nicht längst Gefahr, zu resignieren, wenn wir gefragt werden, wo denn die Liebe geblieben ist? Haben wir uns nicht längst an die Welt angepasst? Sind ratlos ... und stimmen mit ein in die Mutlosigkeit und die Angst vor der Zukunft? (Auch in der Kirche: wir sehen die kleiner werdenden Gemeinden, die vielen Kirchenaustritte, .... und reagieren mit Betriebsamkeit – neue Gottesdienstformen müssen her, »Aktionen« und »Events« – oder mit Resignation – Gemeindezusammenlegung und Gottesdienstabsprachen unter Nachbargemeinden – ....)

Manchmal ertappe ich mich selbst dabei, dass mich hinter all den negativen Schlagzeilen Zweifel anfechten. ... So sehnen wir uns – wie die Jünger – nach Wegweisung.

In der Liebe liegt das Geheimnis. In der Liebe bleiben wir verbunden – untereinander und vor allem auch mit Jesus. In der Liebe bleibt er bei uns. Das traut Jesus seinen Jüngern zu. Das traut Jesus uns zu.

(II.)

Jesus gibt seinen Jüngern eine weitere große Verheißung mit:

»Und ich will den Vater bitten, und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit: den Geist der Wahrheit,...«

Einen »Tröster« – so hat Luther übersetzt – und das meint: einen Beistand; einen, der für die Jünger eintritt, der ihnen zeigt, wo es lang geht. Bisher war Jesus ihr Anwalt und hat sie geführt. Jetzt kommt auf Bitten Jesu ein anderer Tröster; er wird bei ihnen sein. Er wird sie bewahren. ... Er wird nicht alles Leid von ihnen fernhalten, aber er wird ihnen in Stunden der Gefahr raten und ihnen hindurch-

helfen; er wird ihnen geben, was sie reden sollen, und sie werden nicht allein auf ihre Fähigkeiten angewiesen sein. Ein festes Band bleibt bestehen.

Der Geist wird sich bewähren: wohlgemerkt: er wird Not und Leid nicht verhindern, aber durch Angst und Mutlosigkeit hindurch tragen. Er wird Trennung und Krisen nicht ersparen, aber helfen, sie zu überwinden.

Das gilt in den konkreten Nöten der Welt: in Gleichgültigkeit und Not, in Unglauben und Streit. Der Geist, den Jesus verheißt, wird Entscheidungen im Sinne der Gebote Jesu möglich machen und uns den Weg der Verantwortlichkeit zeigen: nicht im Sinne von schnellen Lösungen, aber im Ermöglichen gemeinsamer Schritte in die Zukunft. Er will ... und wird ... Bilder und Worte wieder finden lassen. Dieser Tröster, den der Vater sendet, der wird uns nahe sein und uns Kraft geben, die alle Zweifel überwinden hilft. –

Dann wird Liebe untereinander wieder spürbar. Durch ihn wird Vergebung untereinander denkbar und möglich werden.... durch

»den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann,

denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht.

Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.«

Der Geist, den die Welt nicht sehen kann, weil ihr der Empfänger fehlt, weil sie nicht auf ihn eingestimmt ist.

Das ist wie im Posaunenchor: wenn die Instrumente sauber aufeinander eingestimmt sind, so kann man außer den angeblasenen Tönen noch einen oder gar mehrere Obertöne hören. Aber wo nicht gut gestimmt ist, da fehlt das Mitschwingen...

Oder ich denke an einen Flughafen: im dichten Nebel drohen Unsicherheit und Orientierungslosigkeit. Damit aber weiter Flugzeuge landen können, gibt es einen Radarleitstrahl, der die Maschinen sicher zur Landebahn leitet; man kann ihn nicht sehen, aber – wer den Empfänger hat – der kann darauf sicher gleiten.

Der Tröster, der Geist der Wahrheit, das ist wie ein himmlischer Leitstrahl: wer den Empfänger hat und eingestellt hat, der wird davon sicher geleitet....

Die Welt kann ihn nicht sehen. Die Jünger aber sehen ihn. Sie sind eingestimmt von Bildern der Erinnerung und von der Hoffnung; die kann sie leiten und trösten. Sie sind Sehende, die die Wahrheit erkennen und ertragen. Sie müssen nicht ausgrenzen, ausschließen oder verdrängen, wie die Welt tut. Sie können sich offen halten für Erfahrungen und sind bereit, die Anforderungen zu meistern, die auf sie zukommen. Das Vermächtnis Jesu besteht im Wissen, dass sie nicht alleine sind. Der Tröster, der Geist der Wahrheit, ist bei ihnen ... und bleibt bei ihnen.

(III.)

Unsere Erfahrung in der Welt ist, dass wir ständig Abschied nehmen müssen: »mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen«.

Jesu Verheißung setzt dagegen: Mitten im Tod ... seid ihr im Leben, denn

»ich lebe und ihr sollt auch leben«.

Warum also sollen wir uns niederdrücken lassen von den Ängsten und der Mutlosigkeit der Nachrichten unserer Zeit? Wenn Jesus uns diese Zusage gibt, dass wir nicht auf uns allein gestellt sind, sondern dass der Tröster, der Beistand und Helfer in uns ist, dann dürfen wir stehen zu unserem Bekenntnis: »Ich glaube an den Heiligen Geist«.

Wir müssen die Wirklichkeit von Kriegen und vielerlei Not nicht leugnen.

Gottes Zusage: »Ich bin bei euch« gibt Anlass zur Hoffnung auf Veränderung. Gott ist uns nahe ... als eine Energie in unserem Leben, die alles verwandeln kann; ... auch wenn es für unseren Verstand kaum vorstellbar ist.

Gott ist uns nahe. Der Tröster ist in uns. ER kann alles wenden ... in meinem Leben ... und im Leben der Gemeinde. ER ist der himmlische Leitstrahl, der uns sicher ans Ziel kommen lässt.

(Schluss)

Jesus sagt: Ich komme zu euch und möchte euch helfen, das Leben zu bewältigen. Deshalb sollten wir, müssen wir, ernst machen mit dem Glaubensartikel:

»Ich glaube an den Heiligen Geist .... ich glaube an die Zukunft Gottes in unserer Gegenwart.«

Ich glaube, dass Gott Türen auftun wird, wo ich am Ende meiner Möglichkeiten bin.

Ich glaube, dass mein kleines Leben in ein umfassendes Ganzes gehört, und dass Gott mich, ... dass er jeden Einzelnen in seiner Gemeinde gebrauchen will, dass etwas geschieht zur Veränderung und Verbesserung der Welt.

Der Geist wird uns einweisen. Er wird uns den Weg zeigen und mit uns gehen. Wir lernen durch ihn sehen: die Situation der Welt, wie sie ist, ... und was zu tun ist.

So stehen wir heute – am Sonntag Exaudi – zusammen

mit den Jüngern in einer Situation des Abschieds und der Wiederkunft, zwischen Trauern und Hoffen. Wir sind

unterwegs zum Leben, auf Pfingsten zu. – Jesus ist bei uns.

(Gebet zum Abschluss der Predigt)

Herr, unser Gott, befreie uns von aller Abschiedsstimmung und Mutlosigkeit.

Befreie uns zu einer Wahrheit, in der Glaube und Liebe nicht schöne Ideen sind, sondern Wirklichkeit unseres Lebens werden.

Amen.

Fürbittengebet:

Gott, Quelle des Lebens,

du hast uns zugesagt, dass du uns erlöst.

Im Vertrauen darauf bitten wir dich:

Breite deinen Geist aus unter denen,

die politische Verantwortung tragen.

Lass sie Wege erkennen und verwirklichen,

die zu menschlichen Lösungen führen,

Wege, die ohne Mord, Vergewaltigung

und Waffengewalt auskommen.

Lass sie erfahren, dass deine Weisheit immer neue Wege weist.

Wir bitten dich: Hilf uns, im Frieden zu leben!

Breite deinen Geist aus unter denen,

die verstummt sind in ihrer Not,

weil sie nichts zu essen haben,

kein Dach über dem Kopf finden,

nicht frei sind, zu tun, was ihnen gut tut,

keine Anerkennung finden,

keine Menschen wissen, die bereit sind,

ihre stummen Signale zu hören.

Lass sie erfahren, dass du sie verstehst,

auch wenn sie nichts sagen,

und lass sie Menschen finden,

die bereit sind, für sie zu sprechen.

Wir bitten dich: Hilf uns, im Frieden zu leben!

Breite deinen Geist aus unter uns, deiner Gemeinde,

dass wir spüren, was uns bedroht und von deinem Heil abhält,

dass wir spüren, was uns von anderen trennt,

aber auch was uns miteinander verbindet.

Lass uns erfahren, was es heißt,

wahrhaftig zu leben und zu lieben,

miteinander zu lachen und zu weinen,

füreinander da zu sein.

Wir bitten dich: Hilf uns, im Frieden zu leben!

Amen.

Kirstin Müller, in Feministische Predigtreihe, 1996–1997, Seite 277f.

Verfasserin: Dr. Dagmar Börsig

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