Die Verheißung des Heiligen Geistes
von Gregor Heidbrink
Predigtdatum
:
08.05.2016
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Christi Himmelfahrt
Textstelle
:
Epheser 3,14-21
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
"Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen." (Johannes 12, 32)
Psalm: 27, 1.8 - 9 b (EG 714)
Lesungen
Altes Testament: Jeremia 31, 31 - 34
Epistel: Epheser 3, 14 - 21
Evangelium: Johannes 15, 26 - 16, 4
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 123 Jesus Christus herrscht als König
Wochenlied: EG 136 O komm, du Geist der Wahrheit
Predigtlied: EG 502 Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit
Schlusslied: EG 331, 8 - 10 Großer Gott, wir loben dich
Predigttext Epheser 3, 14 - 21
14 Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater,
15 der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden,
16 dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen,
17 dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.
18 So könnt ihr mit allen Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist,
19 auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Gottesfülle.
20 Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt,
21 dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Hinführung
Zielgedanke: Die Perikope zeigt uns Paulus, der für die Gemeinde (in Ephesus) Fürbitte übt. Auf Knien bittet er für sie um Stärke, Erkenntnis und Liebe. In unseren Gottesdiensten verbinden wir nur selten mit dem Gebet eine äußere Haltung. Was kann es für uns bedeuten, wie Paulus vor dem Vater die Knie zu beugen? Drei Aspekte schließen sich an die Perikope an: Wir knien vor Gott, um zu bitten, um zu empfangen und nicht zuletzt, in der Anbetung. Es ist bereichernd auch selbst diese Gebetshaltung wieder zu entdecken.
Der Predigttext ist in der Lutherübersetzung für heutige Hörgewohnheiten etwas schwergängig; wo die Ordnung der Gemeinde nichts anderes verlangt, ist zu überlegen auf eine andere Übersetzung (z. B. Basis-Bibel) auszuweichen. Das müsste dann bei den Zitaten in der Predigt entsprechend berücksichtigt werden. Der Text sollte vorab vorgelesen werden, möglich wäre auch ein Einschub im Einleitungsteil.
Die Anrede der Gemeinde wie die Rahmung der Predigt durch Kanzelgruß und -segen soll nach eigenem Empfinden und lokaler Gewohnheit geschehen.
Predigt
Einleitung. Ein Kniefall?
Liebe Gemeinde,
wer wagt schon gerne einen Kniefall? Wer auf die Knie vor jemandem gehen muss, der wird wahrgenommen wie ein Verlierer. Da ist jemand, der klein beigibt, wo er hätte kämpfen sollen; der Politiker z. B., dem man vorwirft einen Kniefall vor den Lobbyisten zu machen; der ist eingeknickt. Umgekehrt gibt es auch Mächtige, die andere in die Knie zwingen – also: sie demütigt. Denn wer kniet, der macht sich klein, gibt sich in eine unterlegene Position.
Im letzten Jahrhundert Willy Brandt gezeigt, dass ein Kniefall etwas höchst angemessenes sein kann. Öffentlich sinkt der Kanzler auf die Knie, in Warschau, vor dem Ehrenmal derer, die im Warschauer Ghetto den Aufstand gegen die deutschen Besatzer gewagt hatten. Ein stellvertretendes Zeichen der Demut. Anerkennung von Schuld, die den Weg freigemacht hat zu einer Auseinandersetzung mit den eigenen Verbrechen.
Für Paulus ist das Knien eine Haltung des Gebets. Der Abschnitt aus dem Epheserbrief besteht aus Bitten, die er auf Knien vorbringt. Doch in der Kirche scheint mir, wird der Kniefall heutzutage eher selten gewagt.
Früher gehörte es selbstverständlich zum Gottesdienst dazu. Vielerorts existieren Kniebänke. Doch knien viele Christen überhaupt nicht mehr, und wenn, dann nicht im Gottesdienst, sondern privat, wenn sie daheim ihre Gebete sprechen. Ich meine: das ist immerhin ein Anfang. Denn mit der äußeren Haltung können auch innere Haltungen verloren gehen. Genauer denke ich an drei Grundhaltungen des Gebets:
1. Wer vor Gott kniet, der tut das, weil er ihn um etwas bitten will: er bekennt, dass er auf seine Hilfe angewiesen ist.
2. Wer vor Gott kniet, der tut das auch, um zu empfangen, der zeigt sich Gott als ein kleiner, der die Gaben eines größeren braucht.
3. Wer vor Gott kniet, der tut es vielleicht auch, weil ihm die unheimliche Größe und Schönheit Gottes bewusst geworden ist.
Das Knien drückt eine Haltung aus vor Gott.
Knien, um etwas zu erbitten
(1.) Jemand kniet nieder, um etwas zu erbitten. Das muss nicht unbedingt etwas demütigendes sein. Im Film kommt das oft an einer sehr schönen Stelle: nämlich wenn der Mann vor der Frau kniet, weil er um ihre Hand anhält. Da ist er vorher tüchtig nervös gewesen, hat einen Ring besorgt, hat alle äußeren Umstände des Abends versucht in den Griff zu bekommen. Und dann, wenn der Abend auf seinen Höhepunkt zuläuft, dann sinkt er auf die Knie vor der Frau. Und das heißt ja nicht, dass er vor ihr einknickt, vor ihrem Anspruch ihrer Macht. Er drückt es zärtlich aus, dass er auf sie angewiesen ist. Und die Frau hat ihre Freude daran; sie fordert nicht Unterwerfung von ihm, sondern sie freut sich über das Kompliment. Sie erkennt an seiner Haltung, ob er es ernst meint. Und dann sagt sie natürlich „Ja“.
Paulus beugt seine Knie vor Gott, weil er etwas erbitten will, nämlich Kraft, Glaube, Liebe, Erkenntnis. Paulus weiß: Kraft, Glaube, Liebe, Erkenntnis wachsen nicht von alleine; schon gar nicht kann er sie hervorbringen durch seinen gelehrten Brief oder seine rhetorisch ausgefeilten Predigten. Kraft, Glaube, Liebe, Erkenntnis müssen von Gott geschenkt werden.
Paulus nennt ihn den Vater. Der Vater freut sich, wenn die Kinder kommen und ihn um etwas bitten. Wer kniet, der macht sich klein, wie ein Kind. Das drückt eine Haltung aus: ich gehe zu Gott als sein Kind. Und er nimmt mich auf, als einen, den er versorgt.
Knien, um etwas zu empfangen.
(2.) Also, man kniet, um etwas zu erbitten, man kniet aber auch, um etwas zu empfangen. Bleiben wir bei dem Beispiel von Mann und Frau. Das Knien ist ein Ausdruck für die Haltung des Glaubens. Mann und Frau, nachdem sie den Antrag angenommen hat, knien jetzt beide. Nun vor dem Altar. Gemeinsam beugen sie ihre Knie vor dem Vater im Himmel, um seinen Segen zu empfangen. Wer kniet, um zu empfangen, der drückt die Gewissheit aus, dass er etwas erhalten wird.
Auch das zweite, Knien, um zu empfangen, kennt man nicht nur aus dem Gottesdienst, sondern v.a. auch aus dem Film. Nachdem der tüchtige junge Knappe sich bewährt hat, nähert er sich dem König. Das ist immer ein ungewisser Moment, wenn man sich so einem König nähert. Ein Wagnis. Denn ein König kann so oder so mit einem verfahren, ganz wie er will. Ein entscheidender Moment. Und dann macht der König eine ganz sachte Bewegung. Aber der bewährte Knappe weiß sofort, was er zu tun hat. Und er geht vor dem König auf die Knie. Der König zieht sein Schwert und tritt vor den Knienden, und er berührt mit der Schwertspitze seine Schulter: „Knie nieder als ein Knecht und erhebe dich als ein Ritter“.
Niemand hat sich je durch einen Ritterschlag gedemütigt gefühlt; im Gegenteil. Man empfängt neue Leichtigkeit und Kraft, man wird ein anderer, ein größerer durch die Begegnung mit dem König.
Gerade wenn man vor ihm kniet, um Vergebung zu erfahren, dann ist Gott nicht hartherzig und bitter. Wenn Sie zu Hause in Ihrer Kammer auf die Knie gehen, und Gott Ihr Versagen und Ihre Fehler vor die Füße legen, dann ist er treu und gerecht. Und sie werden Vergebung empfangen. Wer kniet, um sich Gott hinzugeben, der empfängt mehr, als er hingegeben hat. Wie sich der Knappe hingibt und den Ritterstand empfängt, so geht es auch den Menschen vor Gott. Als Sünder knien sie sich nieder, sie geben sich ganz in seine Hand. Und sie empfangen als Geschenk selbst Gottes Kinder zu sein.
Da ist der Vater, von dem alles im Himmel und auf Erden seinen Namen empfängt. Und da bist du, du, der du dich Christ nennen darfst. Du empfängst den Familiennamen Gottes.
Knien, um anzubeten
(3.) Liebe Schwestern und Brüder,
das dritte ist wohl das bekannteste. Knien vor Gott, um anzubeten. In der christlichen Kunstgeschichte finden Sie ja oft die Darstellung von den drei Heiligen Königen. Sie knien vor der Krippe, die Könige vor dem König der Könige. Noch berühmter ist nur das Knien der Hirten. „Ihr Kinderlein kommet“ ist übrigens das einzige Lied im Gesangbuch, wo überhaupt von Knien die Rede ist. Die Hirten und Könige fanden das Kind in der Krippe zum Niederknien.
So wie der Mann die Schönheit seiner Braut zum Niederknien findet und er ihr glatt noch einmal einen Antrag machen möchte, wenn er sie sieht. Wenn jemand etwas zum Niederknien findet, dann wird einem eine Schönheit bewusst, die schlagartig erschließt, dass es eine höhere Wirklichkeit gibt, als einen selbst. Musik kann zum Niederknien sein, ein Wald, ein großartiges Gebäude ... Aber alle diese großartigen Dinge, die über einen selbst hinausweisen, sind nur ein Teil der Wirklichkeit, die Gott ist. Wer sich Gottes Wirklichkeit bewusst macht, oder ihr begegnet, der kann nicht anders als Niederzuknien. Darum führt das Beten auch automatisch ins Anbeten. Zumindest bei Paulus war das so: Er bittet für die Gemeinde um Kraft, Glaube, Liebe, Erkenntnis. Aber er findet aus der Fürbitte für die Gemeinde hinüber in das Lobgebet zur Ehre Gottes. So endet unser Briefabschnitt: „Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, 21 dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“
Beten und Körperhaltung – Hinweise zur Gestaltung des persönlichen Gebets
Also, liebe Schwestern und Brüder,
wer auf die Knie geht, der drückt eine innere Haltung aus. Die Haltung von Empfangen, von bitten oder anbeten. Das sind Grundhaltungen des Gebets, ob man dabei kniet oder nicht. Jedenfalls: Auf die Knie zu gehen, das hilft, diese innere Haltung einzunehmen. Das Beten im Knien verstärkt das Gebet, weil die äußere Haltung dir hilft, bei der inneren Haltung zu bleiben. Probiere es in den nächsten Tagen einmal zu Hause aus. So wie Jesus es vom Gebet gesagt hat, zu Hause in der Kammer. Wer nicht knien kann, der muss dafür sorgen, dass die Haltung ins Herz rückt, die das Knien ausdrücken will: Dass wir uns Gott dem Vater nähern, dem König, dem allmächtigen, der uns vergibt, und annimmt, uns beschenkt und in Ewigkeit unser Lob verdient.
Amen
Verfasser: Pfarrer Dr. Gregor Heidbrink,
Brunnenstr. 2, 99894 Friedrichroda
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).