Einladung zum Leben
von
Predigtdatum
:
29.06.2014
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
1. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
1. Korinther 9,16-23
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Wochenspruch:
"Christus spricht: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken." (Matthäus 11, 28)
Psalm: 36, 6 - 11
Lesungen
Altes Testament: Jesaja 55, 1 - 3 b (3 c - 5)
Epistel: Epheser 2, 17 - 22
Evangelium: Lukas 14, (15) 16 - 24
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 166, 1 - 4 Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied: EG 250, 1 - 3 Ich lobe dich von ganzer Seelen
Predigtlied: EG 263, 1 - 3. 6 Sonne der Gerechtigkeit
Schlusslied: EG 590, 1 - 3 Herr, wir bitten: Komm und segne uns
Hinführung:
Der 2. Sonntag nach Trinitatis am 30. Juni 2014 gehört zu der sogenannten festarmen Zeit. Manche werden die Wo-chen nutzen, um Urlaub zu machen. Familien warten bis zum 27. Juli. In der Schule verdichten sich jetzt die Wochen mit Klassenarbeiten und dem Schuljahresabschluss.
Das Thema des Sonntags lässt sich wie folgt umschreiben: „Einladung zum Leben. Wenn wir Gottes Einladung anneh-men, gewinnt unser Leben Sinn und kann sich entfalten.“
Damit ist der Skopus des Evangeliums, das Gleichnis vom großen Abendmahl aus Lukas 14, (15)16-24), zutreffend aufgenommen. Dort liegt der Schwerpunkt auf der Beobach-tung, dass Menschen – völlig unverständlicher Weise – der Einladung zum Abendmahl nicht folgen. Sie lassen sich ent-schuldigen, der eine hat einen Acker gekauft, der andere 10 Ochsen, der dritte hat geheiratet. Die Epistel aus Epheser 2,17-22 nimmt den Gedanken der Einladung in Gottes Hausgemeinschaft auf und erweitert ihn um die Gruppe der Heidenchristen. Auch sie sind nicht nur Gäste und Fremdlin-ge, sondern Gottes Hausgenossen.
Der uns zum Predigen vorliegende Text geht nun einen Schritt weiter. Gottes Einladung zum Leben, Gottes Einla-dung zum Glauben wird von Mensch zu Mensch weitergege-ben. Hat der Evangelientext vordergründig das Artikulieren der Einladung Gottes vor Augen, legt der Predigttext stärker das Augenmerk darauf, wie wir als Menschen in das einla-dende Handeln Gottes mit eingebunden sind.
Im unmittelbaren Zusammenhang in 1. Kor 9 setzt sich Paulus mit Gegnern in der korinthischen Gemeinde ausei-nander, die offenbar von dem Recht Gebrauch machen, sich als Apostel bzw. Gemeindeleiter durch die Gemeinde ver-sorgen lassen. Dass Paulus dieses Recht für sich nicht in Anspruch nimmt, legen sie ihm als Schwäche aus. Der Apostel betont demgegenüber seine prinzipielle Freiheit, sich durch eine Gemeinde wirtschaftlich versorgen zu lassen oder eben darauf zu verzichten. Diese Fragestellung ist für ihn eine, die im Rahmen seiner Verantwortung als Apostel entschieden werden kann. Ob er das Evangelium predigt oder nicht, das ist für ihn keine Frage. Hier gibt es nichts zu entscheiden. Er weiß sich Jesus so verpflichtet, dass er gar nicht anders kann. Wobei diese innere Verpflichtung für ihn keine Last darstellt. Sie gehört zu den Grundkoordinaten seines Lebens, seit dem der Einladungsruf von Jesus an ihn vor Damaskus erging. Darin liegt für ihn eine ungeheure Bindung. Dieses mit Christus verbunden sein, schenkt ihm einen festen Stand, wie ein Zirkel, der mit seiner Spitze in Papier dringt. Mit gutem Halt, lassen sich weite Kreise schlagen. Mit anderen Worten. Wer sich in Jesus gehalten weiß, kann auf unterschiedlichste Menschen zugehen und sich auf sie einstellen. So wie Paulus. Seine Verbindung und sein Gehaltensein in Christus schenkt ihm viel Mut und Frei-heit auf Menschen zuzugehen und ihnen in ihrer jeweiligen Lebenswirklichkeit zu begegnen.
Als Stichworte auf dem Weg zur Predigt möchte ich folgen-des Bedenken. Wer vom Evangelium ergriffen ist, kann es nicht für sich behalten. Dabei scheint es wichtig zu sein, nahe bei den Menschen zu sein. Offenbar wird Evangelium im Rahmen einer Beziehung weitergegeben. Anders lässt es sich nicht verstehen, dass Paulus jedem alles wird. Er möchte dicht bei den Menschen sein, um ihnen das Evangelium so zu sagen, dass es bei ihnen ankommt.
Predigt:
(Die Überschriften werden nicht vorgelesen!)
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus.
Der uns heute zum Nachdenken vorgeschlagene Predigttext steht im 9. Kapitel des ersten Korintherbriefes:
- Lesung des Predigttextes -
Liebe Gemeinde,
1. Ergriffen von der Liebe Gottes
Hier redet einer, der von seiner Sache sehr überzeugt ist. Hier redet einer, der den Grund seines Lebens gefunden hat. Hier redet einer, der für sein Leben Sinn und Halt gefunden hat.
Fragen wie: Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Wofür lebe ich in dieser Welt? Sie scheinen bei dem, der hier spricht eine Antwort gefunden zu haben.
Vor uns haben wir den großen Völkerapostel Paulus. Schon immer hatte Gott in seinem Leben eine Rolle gespielt. Schon immer war ihm dieser Gott wichtig und wie! Zunächst in der kleinasiatischen Stadt Tarsus, eine Stadt mit etwa 300.000 Einwohnern im Südosten der heutige Türkei gelegen, als Jude aufgewachsen, hatte Paulus dann später seine theologische Ausbildung in Jerusalem, bei dem Gelehrten Gamaliel erhalten. Er war ganz überzeugt davon, durch das gewis-senhafte Beachten und Befolgen der Gesetze der jüdischen Tora, ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen. Dieser Weg war für ihn der Weg zum Heil. Die Christen mit ihrer neuen Lehre von der Erlösung, die Jesus schenkt, der am Kreuz gestorben war, war für ihn völlig unverständlich. Ja, er stell-te Menschen dieses neuen Glaubensweges sogar nach, wie es uns die Apostelgeschichte erzählt. Vor Damaskus begeg-net ihm der auferstandene Christus in einem hellen Licht und in einer Stimme: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ Paulus erkennt, dass er auf dem Holzweg war. Nicht seine frommen Leistungen waren es, die ihm den Weg zu Gott bahnten. Gott machte von sich aus einen Weg zu den Men-schen. Und dieser Weg verläuft über Jesus Christus. Paulus ist tief erfüllt von dieser Botschaft. Das Evangelium trifft ihn mitten ins Herz. Er hört nicht nur etwas von der Liebe Got-tes, er spürt sie auch in sich. Er hört nicht nur etwas von der Nähe Gottes, sie ist für ihn greifbar. Er merkt wie sein Suchen und Fragen einen Zielort gefunden hat. Bei diesem Gott erfährt er Geborgenheit, auch in den Stürmen seines Lebens. Er spürt die Kraft, die von diesem Evangelium aus-geht. Es motiviert ihn. Er kann nicht davon ablassen, ande-ren Menschen dieses Evangelium von Jesus Christus weiter-zusagen. An anderer Stelle wird er sagen: „Die Liebe Christi drängt uns“ (2. Kor 5, 14 a).
Paulus ist von Jesus Christus ergriffen. Dieses Ergriffensein ist für ihn aber nicht gleichzusetzen mit Unfreiheit, mit Ge-fangenschaft, sondern trägt das Zeichen der Freiheit. Jesus Christus ist der zentrale Fixpunkt seines Lebens. Wie die Nadel einem Zirkel Halt gibt, damit er kleine und große Kreise schlagen kann, so weiß sich Paulus in diesem Christus verankert. Wie ein Anker ein Schiff hält, so wird Paulus von Christus gehalten. So wie ein Fußballspieler ein Standbein und ein Spielbein hat, so schenkt ihm Christus Halt, damit er zum gezielten Schuss ausholen kann.
2. Den Juden ein Jude – den Gesetzlosen ein Gesetz-loser
Wer so gut verankert ist, wer ein so tragfähiges Fundament hat, der kann sich weit nach außen strecken. Wer sich seiner Sache gewiss ist, der braucht sich nicht vor der Begegnung mit Menschen fürchten.
Martin Luther hat dies unübertrefflich in seiner Freiheits-schrift in die beiden Sätze gefasst: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan“ (durch den Glauben). „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan“ (durch die Liebe).
Er ist ein freier Mensch, weil kein Gesetz ihn mehr verurtei-len kann und weil ihm im Glauben an Jesus Christus die Erlösung von Sünde, Tod und Teufel zuteil wird. „So gibt es nun keine Verdammnis mehr für die, die in Christus Jesus sind,“ formuliert Paulus in Römer 8(1). Der Freispruch Got-tes gilt. Tief ein und aus atmet Paulus die Luft der Freiheit Gottes.
Er ist ein Knecht, weil er bewegt von der Liebe Gottes, Men-schen dienen möchte und ihnen diese Liebe nahe bringen möchte.
„Er ist den Juden ein Jude geworden.“ – Paulus ist ja selbst als Jude aufgewachsen. Er kennt die jüdischen Traditionen, er kennt die Sitten und Gebräuche, die Vorschriften und die Freiheiten. Er begibt sich mit Menschen aus dem jüdischen Kontext auf Augenhöhe um ihnen das Evangelium verständ-lich zu vermitteln. Er kann Rücksicht nehmen auf ihre religi-ösen Vorschriften, verliert aber nicht seine Identität. Aus Rücksicht auf die Juden kann er an einem Mitarbeiter die Beschneidung vornehmen, ohne dass er diese Handlung noch als heilsnotwendig begreift. Sicherlich wird er in der Begegnung mit Menschen aus dem jüdischen Kontext auf den Genuss von Blut verzichtet haben, weil das dem jüdi-schen Menschen zum Verzehr nicht gestattet ist. Er kann sich in seiner Freiheit, die ihm durchaus mehr gestattet, zurücknehmen, um anderen keinen Anstoß zu bereiten und ihnen das Evangelium weiterzugeben.
„Menschen ohne Gesetz ist er wie einer ohne Gesetz gewor-den.“ Jüdische Menschen betrachten die Heiden als „Gesetz-lose“, weil sie das Gesetz des Mose nicht haben. Die Gesetze des Judentums sind ihnen fremd. Aus seiner Heimat in Tarsus ist Paulus das Nicht-jüdische Denken bekannt. Die Menschen sind vom griechischen Denken beeinflusst. Auch ihnen kann er begegnen, auch wenn er sich innerlich durch-aus nicht als Gesetzloser vorkommt – sondern sich dem Willen Gottes, dem Gesetz Christi verpflichtet sieht.
Den Schwachen wird er ein Schwacher. Hintergrund ist si-cherlich die Fragestellung, ob man Fleisch, das man am Markt in Korinth erworben hat, verzehren darf. Alles Fleisch, was dort feilgeboten wurde, war den Göttern geweiht. War es gestattet solches Götzenopferfleisch zu verzehren oder nicht? Die Starken in Korinth argumentierten: In Christus sind wir frei, das kann uns nichts anhaben. Die Schwachen hatten Angst durch den Fleischgenuss wieder in alte Abhän-gigkeiten von Götter zu gelangen, derer sie sich im Glauben gerade entledigt hatten.
Paulus kann in seiner Freiheit Rücksicht nehmen.
Immer geht es ihm darum, Menschen die Liebe Gottes na-hezubringen. Er ruft ihnen zu: Glaube es mir: „Du bist von Gott geliebt. Nichts und niemand kann dich verurteilen. Mit Jesus Christus sagt Gott Dir sein großes Ja zu. Ja, du bist geliebt. Nimm Jesus, sein Leben, sein Sterben zum Zeichen. Ja, du bist ein einzigartiges wertvolles Geschöpf in meinen Augen. Nimm die Freiheit an, die ich dir in Jesus zusage.“
Ohne die Freiheit, die Paulus in der Beziehung zu Jesus fand, hätten wir nie das Evangelium gehört. Denn so konnte er auch den Europäern ein Europäer werden und überschritt die Grenze zwischen Kleinasien und Griechenland. Auf diesem Weg gelangte diese wunderbare Botschaft zu uns.
3. Auch wir sind Gottes Botschafter, die anderen auf Augenhöhe begegnen
Wer vom Evangelium ergriffen ist, der kann es nicht für sich behalten, der muss es weitergeben. Wer von Jesus ange-sprochen ist, der kann nicht anders als Menschen anzuspre-chen. Wer die Liebe Gottes im eigenen Herzen spürt, der wird mit liebevollen Augen auf Menschen sehen, denen er begegnet.
Freilich sind wir nicht Paulus. Aber auch mit uns will Gott Geschichte machen. Auch uns braucht er, wenn es darum geht sein Evangelium weiterzugeben. Und wenn wir uns in dieser Aufgabe ansprechen lassen, werden wir wahrnehmen, wie wir unserer Bestimmung als Menschen auf dieser Welt zu leben, wie wir unserer Berufung als Christen zu leben, mehr und mehr entsprechen.
Manch einer hat vielleicht eine Gruppe der Heilsarmee vor Augen, die mit dem Slogan „Suppe, Seife, Seelenheil“ sich Menschen am Rande der Gesellschaft zuwendet um ihnen die Liebe Gottes in Wort und Tat nahezubringen. Ich habe hohen Respekt vor der Arbeit, wo Menschen ganz bewusst an die Randzonen der Gesellschaft gehen, sich Menschen zuwenden in wirtschaftlicher, sozialer und seelischer Not um ihnen mit menschlicher Nähe, mit materieller und geistlicher Hilfe eine Unterstützung zu bieten.
Das mag nicht jedermanns Sache sein. Muss ja auch nicht. Und doch enthebt es mich nicht der Fragestellung, darüber nachzudenken, wo ich einem Menschen auf Augenhöhe be-gegnen kann. Ich frage mich: Spüren die Menschen in mei-nem Lebensumfeld, die Liebe Gottes, das Evangelium in seiner freimachen und erfreuenden Kraft? Wenn nein - Was ist dazu nötig? Frage ich mich was sie bewegt? Habe ich Interesse an ihnen? Bin ich bereit, sie kennenzulernen?
Ich glaube Menschen spüren, ob wir bereit sind uns auf sie einzulassen. Wo solch eine Begegnung gelingt, lässt sich das Evangelium und mein Glaube auch zur Sprache bringen.
Je mehr ich bei mir selbst bin, um so mehr kann ich bei dem anderen sein. Wenn ich meine Überzeugungen, meinen Glaubens, meine Beziehung zu Jesus lebe, dann brauche ich keine Angst haben vor der Begegnung mit dem vermeintlich so ganz anderen. Dann kann ich mich auf die Begegnung mit einem anderen Menschen einlassen und mich darauf freuen. Dann kann ich mich auch auf die Begegnung mit Andersdenkenden und Andersglaubenden einlassen.
Wo ich von meiner Sache überzeugt bin und mich von Gott getragen weiß, brauche ich die Begegnung mit anderen nicht zu scheuen.
In unserer Kirchengemeinde bieten wir eine Vielzahl von Gruppen und Kreisen für unterschiedliche Alters- und Inte-ressengruppen an um jeweils, kleinen und großen Menschen, jungen und alten Menschen das Evangelium für sie verstehbar nahezubringen.
Wie geht es uns jedoch, wenn wir auf Menschen sehen, die nicht mehr in der Lage sind die Bibel zu lesen, warum auch immer.
Wie ist das mit Menschen, denen unsere Kirchenlieder völlig fremd geworden sind? Wie begegnen wir Menschen, in ge-scheiterten Beziehungen in der Familie, in beruflichen Schwierigkeiten? Gelingt es uns in Kontakt zu treten mit Menschen, die sich nicht am Gemeindeleben beteiligen?
Und wie begegnen wir dem, dem scheinbar alles gelingt, der zufrieden ist in seiner Familie, seinem Beruf. Der sich an seiner Karriere erfreut, sportliche Erfolge feiert und sich glücklich fühlt.
Keine Angst vor zu viel Anpassung. Wer einen festen Stand hat und sich seiner Beziehung mit Christus gewiss ist, der kann sich weit hinauslehnen und dem anderen auf Augen-höhe begegnen.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Wieland Schäfer
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