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Entfaltung des Lebens

von Stefan Claaß (55122 Mainz)

Predigtdatum : 18.01.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle : Johannes 2,1-11
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Wochenspruch:

Das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden (Johannes 1,17).

Psalm: 105

Lesungen

Altes Testament:

2. Mose 33, 17b-23

Epistel:

Römer 12, (4-8) 9-16

Evangelium:

Johannes 2, 1-11

Liedvorschläge

Eingangslied:

EG 441

Du höchstes Licht, du ewger Schein

Wochenlied:

EG 5 oder EG 398

Gottes Sohn ist kommen oder: In dir ist Freude

Predigtlied:

EG 66

Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude

Schlusslied:

EG 561

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi

Hinführung:

Im Evangelium nach Johannes beginnt das öffentliche Wirken Jesu mit der Hochzeit zu Kana und der Tempelreinigung. Zwei Paukenschläge ganz unterschiedlicher Art. Der feiernde Jesus rettet die Festfreude, indem er Wasser in Wein verwandelt. Der zornige Jesus vertreibt die Händler aus dem Tempel. Es gibt für alles eine rechte Zeit und einen rechten Ort. Wenn Feiern angesagt ist, dann bitte richtig. Wo Beten seinen Platz hat, sollen Geschäfte unterbleiben.

Die Predigt schaut auf das Hochzeitsfest. Drei Erfahrungen machen ein echtes Fest aus:

1. Es sprengt die Grenzen unserer Vernunft. 2. Es lebt nicht allein von unseren Vorbereitungen. 3. Es wirkt nach.

Liebe Gemeinde,

das große Fest ist vorbei. Gerade haben Sie die Tür hinter dem letzten Gast zugemacht. Sie schauen sich um zwischen all den Tischen mit dem gebrauchten Geschirr, den etwas angegriffenen Tischdekorationen und den leeren Flaschen. Sie lassen sich auf einen Stuhl fallen und möchten gern einen Schluck in Ruhe nehmen, bevor es ans Aufräumen geht. Aber es ist nichts mehr da. Kein Rest, keine halbvolle Flasche, nicht mal ein Rest in der Notration hinter dem Schrank. Alles leer. Was denken Sie? (Bitte einen Moment Zeit lassen!)

Was Sie jetzt empfinden, hängt natürlich auch davon ab, wie wichtig Ihnen das Fest ist und wie lieb Ihnen Ihre Gäste waren. Gehen wir davon aus, dass es Ihnen richtig am Herzen liegt. Dann geht es in Ihnen jetzt aber rund: „Ach du meine Güte, wie peinlich! Alle werden mich für einen Geizkragen oder für eine Sparliese halten. Nicht wieder gutzumachen.“

Aber ich kann Ihnen sagen: das ist nur ein Bruchteil der Scham, den ein Mensch im Orient empfindet, wenn am Ende eines Festes nicht noch massenhaft zu essen und zu trinken übrig ist. Eine Schmach ohnegleichen, ein Affront gegen die Gäste, ein Tiefpunkt an Gastfreundschaft. Wenn alles verzehrt werden konnte, dann war das kein richtiges Fest.

Mit diesen Grundgefühlen und Grundgedanken hören wir auf eine Geschichte aus dem Johannesevangelium. Gleich im 2. Kapitel wird sie erzählt, mit ihr beginnt das öffentliche Leben Jesu:

1 Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. 2 Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen.

3 Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. 4 Jesus spricht zu ihr: Was geht's dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. 5 Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. 6 Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge a für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße.

7 Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. 8 Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm. 9 Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wußte, woher er kam - die Diener aber wußten's, die das Wasser geschöpft hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam 10 und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten. 11 Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.

Eine ordentliche Hochzeit dauert in der Heimat Jesu sieben Tage. Die Gäste treffen ein, Musik und Tanz und Essen und Trinken gehören dazu. Vier Menschen tragen den Brauthimmel. Der Rabbi segnet den mit Wein gefüllten Kelch, die Braut empfängt den Ring. Dann wird der Ehekontrakt verlesen, es folgen die Hochzeitsgebete und der große Segen.

„Mazel tow! – Glück und Gelingen!“ rufen die Gäste, zur Freude des Paares und der Familie gehört die Mitfreude der Gäste und des ganzen Ortes.

„Trink nicht so viel, du musst noch fahren!“ Solche Vernunft hat bei einem Fest wie in Kana keinen Platz, die Feierkultur ist nicht so vernünftig und gesetzt wie bei uns oft.

Kana war ein kleiner Ort und die Leute alles andere als reich. Dort ist ein Fest etwas anderes als in einer Wohlstandsgesellschaft, wo jederzeit alles in Fülle angeboten wird. Ein Fest wie in Kana kann ich nur erleben, wenn ich vorher und nachher faste und spare.

Ein solches Fest lebt von der Unvernunft, von der Verschwendung und der Fülle. Es wird zum Zeichen dafür, dass unser Leben nicht nur aus Berechnung und Vernunft besteht. Ein echtes pralles Fest lässt uns die Größe und Herrlichkeit Gottes spüren und schmecken – nicht nur denken.

Das ist heute Morgen die erste Botschaft des Evangeliums, ganz praktisch und lebensnah: ein Fest lebt davon, dass es wirklich aus dem Alltag herausragt, das wir uns darauf freuen und vorbereiten. Wer stöhnt: „Schon wieder feiern!“ sollte nicht hingehen.

Die zweite Botschaft vermittelt uns Johannes, indem er wie mit einer Kamera mitten ins Getümmel hineinzoomt. Großaufnahme Maria. Sie bemerkt offensichtlich, wie der Speisemeister immer nervöser hin und her rennt. Der Wein geht zur Neige. Katastrophe!

Das wird auf Generationen ins Dorfgedächtnis gegraben: „Erinnert ihr euch noch an die Hochzeit von Aaron und Rahel? – Ach, das war doch die, wo es keinen Wein mehr gab.“

Schon überlegt der Speisemeister, ob der Wein vielleicht etwas mit Wasser strecken könnte, da nimmt Maria ihren Sohn beiseite: „Sie haben keinen Wein mehr.“

An der Stelle hätte ich gern eine Tonbandaufnahme. Wie verschieden das klingen kann:

Mitteilung: Sie haben keinen Wein mehr.

Panik: Sie haben keinen Wein mehr – die armen Leute!

Schadenfreude: Sie haben keinen Wein mehr, hab ich gleich gedacht. Bei Maria unwahrscheinlich.

Vorwurf: Sie haben keinen Wein mehr – worauf wartest du noch, unternimm etwas!

Jesus ist genervt: „Was geht´s dich an, Frau, was ich tue!“ Der Evangelist lässt in dieser Szene durchschimmern, dass Jesus erwachsen geworden ist. Ganz schön hart ist das für Mütter und für Väter, wenn sie das erkennen, dass sie nicht mehr mit Vorschlägen kommen sollten. Sie kennen ihre Kinder doch so gut, aber einmal muss Schluss sein mit solchen Hinweisen à la: du könntest eigentlich …. willst du nicht endlich einmal…

Und dann kommt der Satz, der deutlich macht, dass Maria verstanden hat: „Was er euch sagt, das tut!“ Dieser Satz macht sie zu einer evangelischen Heiligen.

Dieser Satz ist die Mitte des Evangeliums. Was er euch sagt, das tut.

Denn wie Maria unterliegen auch wir immer wieder der Gefahr vorschlagen zu wollen, wie es weitergehen könnte. Nicht wenige Gebete sind genau davon geprägt: wir bringen dies und das vor dich, Gott, – und wir hätten auch schon eine Idee, was du in dieser Situation tun könntest.

Jesus hat Maria kein solches Vorschlagsrecht eingeräumt, und wir haben es auch nicht.

Gott vertrauen heißt, sich auf seinen Weg einzulassen.

Was er euch sagt das tut.

Den Worten Jesu folgen, seinen Hinweisen nachgehen, das lässt die Hochzeit und das ganze Fest unseres Lebens weitergehen. Die Familie des Brautpaares und der Speisemeister und wer sonst noch haben alles getan, was sie konnten, um ein schönes Fest vorzubereiten. Aber sie können nicht garantieren, dass es gelingt.

So wird die Hochzeit zu einem Gleichnis für unser Leben: Wir können vorsorgen, Vorräte herbeischaffen, dekorieren, berechnen und abzählen: aber wir können nicht garantieren, dass alles nicht zu klein gedacht und falsch berechnet ist.

Ob unser Leben ein Fest wird und gelingt, hängt davon ab, ob wir tun, was Jesus, der Messias, uns sagt.

Der Kapuzinerpater Anton Rotzetter hat das so ausgedrückt: „Jesu Worte trinken wie Wein, seine Taten essen wie Brot und mich vollsaugen mit seinem Geheimnis; in ihm nicht das Ende sehen, sondern einen Auftrag, der mich betrifft, eine Kraft, die mich befreit zu eigenem Tun; damit die Welt aus ihrem Schlaf aufwacht und sich auf den Weg macht ins verheißene Land – und wir dabei sind, Du und ich und alle Menschen.“

Nach der ersten praktischen Ermutigung, ein Fest wirklich als herausragendes Fest zu feiern, ist die zweite Botschaft des Evangeliums eine geistliche: Was Jesus euch sagt, das tut, so wird sich euer Leben weiter entfalten.

Die dritte und letzte Pointe reicht aus Jesu Zeiten bis zu uns und von Kana nach … (Bitte den eigenen Ort einsetzen!). Jesus hat gut 600 Liter Wasser in Wein verwandelt. Irenäus, ein Mann aus dem zweiten Jahrhundert, wurde gefragt, ob es denn wirklich notwendig war, den Leuten zu Kana so viel Wein zu geben. Ja, sagte er, wir trinken noch heute davon.

Verfasser: Pfarrer Stefan Claaß, Am Fort Gonsenheim 151, 55122 Mainz


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