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Freiheit vom sich beschweren

von Elke Burkholz (Messel)

Predigtdatum : 20.02.2011
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Septuagesimae
Textstelle : Lukas 17,7-10
ggf. Homepage, auf der die Predigt verzeichnet ist : http://kirchemessel.de
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Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus,
liebe Gemeinde,
ich neige ja manchmal dazu mich zu beklagen. Und bei mir beklagen sich auch öfter Leute. Wir beklagen uns über die Verwandtschaft. Die benehmen sich auch manchmal wirklich schlecht. Wir beklagen uns über das Wetter. Das ist aber auch oft zu kalt oder zu warm oder zu trocken oder zu regnerisch. Und dann gibt es da auch noch Nachbarn und die Politik und das Leben im Allgemeinen über das man sich wirklich zu recht beklagen kann. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, dann beklagen wir uns eigentlich auch ganz gerne über Gott. Wie oft habe ich schon gehört: Die, die ist ihr ganzes Leben nicht in die Kerch gegange und der geht’s gut die ist gesund und munter. Und ich bin doch auch nicht schlechter als die. Und mir ist der Mann früh gestorben und ich habe die ganze Zeit Schmerzen im Bein. Warum tut Gott mir das an. Das ist doch ungerecht. Ich habe mich doch immer bemüht ein ordentliches Leben zu führen. Und jetzt das. Oder die nicht religiöse Form, die ich kürzlich von einem älteren Mann gehört habe: Ich habe mein ganzes Leben lang Sport getrieben, habe auch mein Gewicht geachtet, überwiegend Gemüse gegessen und kaum mal ein Glas Wein getrunken. Und jetzt bin ich 70 und krank und werde bald sterben. Und die anderen, die es sich immer gut gehen haben lassen, die werden 90 ohne Beschwerden. Er fand das auch sehr ungerecht.
Unser Predigttext, so stelle ich mir vor, ist eine Antwort Jesu an jemanden, der sich darüber beklagt hat, dass er doch immer die Gebote gehalten hat und Gott wohlgefällig gelebt hat, und Gott ihn nicht dafür mit einem guten Leben belohnt hat.
Ich lese: Lk 17,7-10
7Wer aber von euch hat Sklavinnen und Sklaven auf dem Acker oder auf
der Weide und würde zu ihnen sagen, wenn sie von draußen hereinkommen:
›Kommt gleich zu Tisch!‹ 8Würdest du nicht eher zu ihnen sagen: ›Bereitet
mir etwas zu essen, legt euch eine Schürze um und dient mir, bis ich
gegessen und getrunken habe. Danach sollt ihr essen und trinken.‹ 9 Bist du
etwa den Sklavinnen und Sklaven dankbar dafür, dass sie getan haben, was
befohlen worden war? 10So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan
habt, was euch befohlen wurde, so sagt: ›Wir sind nur unnütze Sklavinnen
und Sklaven, wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.‹«

Jesu provoziert immer und überall. Stellen Sie sich vor sie haben sich gerade darüber beklagt, dass immer getan haben, was Gott will und Jesus erzählt ihnen so etwas. Seelsorglich einfühlsam geht anders. Dabei hat Jesus ja noch nicht mal bestritten, dass Sie Recht haben. Er hat gesagt: Selbst wenn es stimmt und wir Gott immer gut gedient und haben und alle seine Gebote gehalten haben, wenn wir immer treu in die Kirche gegangen sind und Gutes getan haben, dann haben wir immer noch keinen Anspruch auf ein Leben, in dem alles glatt läuft.
Ehre wem Ehre gebührt habe ich das Thema dieser Predigt genannt. Und die Aussage Jesu dazu lautet: Gott allein gebührt die Ehre. Und wir haben keinen Anspruch gegenüber Gott auf irgendetwas – weder auf Ehre noch auf Schutz noch auf Segen noch auf keine Krankheit und keine Katastrophen. Gott ist groß und wir sind seine Dienerinnen und Diener, und alles was Gott uns schenkt, tut er aus seiner Güte heraus und nicht weil wir ihm gegenüber irgendeinen Anspruch geltend machen könnten. Unser Verhältnis zu Gott ist kein Verhältnis von geben und nehmen. Ich gebe dir hier Verehrung, ich besuche den Gottesdienst, ich halte deine Gebote und du Gott gibst mir dafür ein gutes Leben, Ruhe und Frieden. So läuft das nicht, sagt Jesus. Wenn wir Gott ehren und all das tun, was er verlangt, dann ist das nur das, wozu wir sowieso verpflichtet sind. Damit sammeln wir keine Pluspunkte sondern tun nur das Nötige. Gott ist uns gegenüber zu nichts verpflichtet. Er hat uns schon das Leben gegeben, und das auch ohne dass er dazu verpflichtet gewesen wäre. Und damit liegen alle Verpflichtungen auf unserer Seite und keine mehr auf Gottes Seite. Wenn Gott uns etwas Gutes tut und uns zum Beispiel Gesundheit schenkt, dann tut er das nicht wegen unserer guten Taten sondern rein freiwillig aus Freundlichkeit uns gegenüber.
Und wenn wir jetzt noch bedenken, dass niemand all das Gute tut, das Gott eigentlich verlangen kann, dann wird erst recht klar, dass wir gegenüber Gott keine Ansprüche zu stellen haben. Ehre wem Ehre gebührt. Die Ehre gebührt alleine Gott und sonst niemandem.
Das sagt unser Predigttext. Sie empfinden das nicht als Provokation. Ich schon!
Ich hätte nämlich schon ganz gern etwas Anerkennung für die viele Arbeit, die ich leiste. Ich hätte schon ganz gerne etwas Anerkennung dafür, dass ich mich so bemühe, nett zu meiner Familie zu sein. Ich hätte schon ganz gerne etwas Anerkennung dafür, dass ich mich manchmal zusammen nehme und nicht pampig werde, obwohl ich sehr genervt bin. Und vom wem soll ich dafür Anerkennung erwarten, wenn nicht von Gott. Natürlich auch von den Menschen, zu denen ich nett bin. Aber wenn die das nicht sehen, dann doch wenigstens von Gott.
Und jetzt sagt mir Jesus: Ich soll gefälligst ohne Anerkennung auskommen für das was ich tue.
Ehrlich, das finde ich nicht gut.
Aber weil es Jesus sagt und ich zumindest versuche, ihm zu vertrauen, versuche ich mal, mir das sagen zu lassen. Also wenn ich jetzt sage: Ja, Jesus du hast recht, ich werde meine Ansprüche Gott und den Menschen gegenüber verändern und nicht mehr mich um Anerkennung bemühen. Wie wäre es dann?
Wenn ich so darüber nachdenke: Eigentlich ganz gut. Und wenn ich noch länger darüber nachdenke: Eigentlich sehr gut. Ich würde eine ungeheure Freiheit gewinnen. Ich tue einfach die Dinge, die ich richtig finde und die Gott von mir erwarten kann, und es ist egal, was irgendjemand sonst dazu sagt. Das ist doch wunderbar – oder nicht? Ich wäre unabhängig von Erfolg oder Mißerfolg.
Eigentlich könnte ich ja wissen, dass ich keine Anerkennung brauche. Egal was ich tue, ich bin ja schon anerkannt bei Gott. Ich muss mich nicht mehr anstrengen, um Gott zu gefallen. Denn ich gefalle Gott unabhängig von dem was ich tue, das ist gut. Und unabhängig davon wie sehr ich mich anstrenge, werde ich Fehler machen. Und ich kriege nie alles so hin, wie ich eigentlich müsste. Auch gut. Denn das brauche ich gar nicht. Gott wird mir vergeben, wenn ich es einsehe. Ich bin Gottes geliebte Tochter. Mehr Anerkennung zu brauchen wäre doch Unsinn. Und dann kann ich auch akzeptieren, dass ich alles was ich brauche durch Gottes Güte bekomme und nicht dadurch, dass ich es mir verdienen müsste. Und auf diese Güte antworte ich dann gerne, damit, dass ich tue, was der der mich liebt gerne möchte. Das ist dann nicht mehr anstrengend. Es ist einfach selbstverständlich. Und wenn es mal schief geht, dann geht es eben schief. Was solls?
Mit dieser Einstellung höre ich auf mich zu beklagen. Oder ich beklage mich ein bißchen weil es mir gut tut mich mal zu beklagen. Aber ich versinke nicht mehr in wütender Anklage und bitterem Ärger darüber, dass das Leben mir nicht gibt, worauf ich denke, dass ich einen Anspruch habe. Vielleicht lerne ich dann das Gute zu genießen was kommt und das Schwierige eben auch zu nehmen wie es kommt. Ehre sei Gott in der Höhe. Und ich bin frei und muss mich nicht damit befassen, mein Ansehen zu fördern. Danke Jesus! Bei dir kann ich immer noch etwas fürs Leben lernen.
Und der Friede …