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Freude über die anbrechende Heilszeit

von Susanne Richter (89584 Ehingen)

Predigtdatum : 20.12.2020
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : 4. Advent
Textstelle : 1. Mose 18,1-2.9-15
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Wochenspruch: Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe. (Philipper 4,4.5b)

Psalm: 102,13-14.16-18.20-23 (EG 741)

Lesungen

Reihe I: Lukas 1,(26-38)39-56
Reihe II: 2. Korinther 1,18-22
Reihe III: 1. Mose 18,1-2.9-15
Reihe IV: Lukas 1,26-38(39-56)
Reihe V: Philipper 4,4-7
Reihe VI: Jesaja 62,1-5

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 17, 1-4 Wir sagen euch an …
Wochenlied: EG 19, 1-3 O Komm, o komm, du Morgenstern oder 4, 1.2.4.5 Nun komm, der Heiden Heiland
Predigtlied: EG 18, 1-2 Seht, die gute Zeit ist nah
Schlusslied: EG+ 96 Ich sing dir mein Lied

Predigttext 1. Mose 18,1-2,9-15

1 Und der HERR erschien ihm im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war.
2 Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde.

9 Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt.
10 Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes.
11 Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt, sodass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen Weise.
12 Darum lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun, da ich alt bin, soll ich noch Liebeslust erfahren, und auch mein Herr ist alt!
13 Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Sollte ich wirklich noch gebären, nun, da ich alt bin?
14 Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen Sohn haben.
15 Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht –, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht.

Hinführung

Der vierte Advent ist ein Sonntag, der nur von den ganz Treuen besucht wird. Allerdings ist im Moment noch völlig unklar, in welcher Form die Weihnachtsgottesdienste gefeiert werden können. Vielleicht regt das die Menschen an, schon am 4. Advent in die Kirche zu kommen. Der Text spricht mich sehr an. Eine Erzählung voller Überraschungen. Saras Verwunderung, ihr ungläubiges Staunen wird am 4. Advent in der neuen Perikopenordnung hörbar. Der Text bietet viele Anknüpfungspunkte: Wer ist Adonaj (der HERR)? Einer, aber drei Gestalten? Drei Engel? Trinität? Sara und Maria, es begegnen sich die alte und die junge Frau, beiden wird überraschenderweise die Geburt eines Sohnes angekündigt, vermutlich jeweils von Engeln. Beide Frauen reagieren verwundert, die Engel antworten darauf jeweils ähnlich, dass bei Gott nichts unmöglich ist. Ungläubiges Staunen, Verwunderung und Verheißung gehören zusammen. Die Gefahr ist, dass die neutestamentliche Erzählung die Geschichte aus dem Ersten Testament verdrängt bzw. überholt. Das denke ich, wird die Aufgabe sein, dieser Gefahr zu widerstehen.

Gliederung

I. Eine Überraschungsgeschichte
II. Sara begegnet Maria
III. Verheißungsgeschichten
IV. Meine Sehnsüchte

Ziel

Mit Sara ungläubig staunen über Gottes Überraschungen – und in meiner Sehnsucht nach Leben auf Gott und seine Himmelsboten vertrauen und sie um Hilfe bitten.

Predigt

I. Eine Überraschungsgeschichte

Liebe Gemeinde,

heute hören wir eine Geschichte voller Überraschungen.

(Predigttext lesen 1. Mose 18,1-2.9-15)

Sie sind einfach da, mitten in der sengenden Hitze. Drei Gestalten, vielleicht drei Engel, Gott der HERR. Sie überraschen Abraham. Ihr Besuch kommt unangekündigt. Sie fragen nicht, ob es gerade passt oder nicht. Gott ist einfach da mitten im Alltag. Gott sieht Dir mitten ins Herz.

Abraham sitzt am Eingang seines Zeltes, Der HERR lässt sich vor ihm sehen, und zwar bei den Bäumen Mamres. Bäume verbinden gewissermaßen Himmel und Erde miteinander, ähnlich der Himmelsleiter, auf der Jakob im Traum Engel auf- und absteigen sieht. Sie wurzeln in der Erde und wachsen gen Himmel. Bäume sind oft ein Ort der Gottesbegegnung.

Abraham sieht hin. Ja, ungewöhnlich ist es, dass um die Mittagshitze jemand ihn besucht. Aber er weiß sofort, dass es Gott ist. An was er es wohl erkennt? Darüber erfahren wir nichts. Auch wird nichts darüber berichtet, wie es zugeht, dass von Gott dem HERRN, aber gleichzeitig von drei Gestalten die Rede ist. Ob das Abraham irritiert? Wir wissen es nicht.

Vielleicht sind es Engel als Boten Gottes. Abraham läuft ihnen entgegen. Er empfängt diese drei, zunächst innerlich. Er öffnet sein Herz. Abraham beugt sich bis zur Erde. So drückt er seine Hochachtung aus, dass Gott zu ihm kommt. Diese Geste rührt mich an. Ich spüre eine tiefe Dankbarkeit darin: Gott kommt zu mir, so wie ich gerade bin. Und Abraham bittet sie herein und lässt ein Festmahl zubereiten. Abraham heißt damit Gott willkommen, auch äußerlich. Zuerst ist er innerlich im Herzen bereit für diese Begegnung, dann gestaltet er diese Begegnung auch leiblich.

Danach fragen die drei Gestalten nach Abrahams Frau Sara. „Wo ist deine Frau Sara?“ Er antwortet ihnen: „Sieh da, im Zelt.“ Daraufhin heißt es: „Ich komme ganz sicher zu dir zurück – zur Zeit, die das Leben braucht. Und siehe, dann hat Sara, deine Frau, einen Sohn.“ Welch schönes Bild: Gott kommt dann zurück, wenn das göttliche Leben in einem irdischen Körper gewachsen und erschienen ist, also wenn Leben geboren wird und Wachsen und Reifen geschieht. Und wenn die Verheißung in Erfüllung geht, dass Abraham und Sara zahlreiche Nachkommen wie Sterne am Himmel haben werden.

Doch Sara kann daran nicht mehr glauben. Sie ist nach menschlichem Ermessen nicht mehr gebärfähig. Und den Akt der Liebe, die Liebeslust kann sie sich in ihrem hochbetagten Alter nicht mehr vorstellen. Sara hört diese Botschaft, während sie am Eingang des Zeltes steht. Sie jauchzt innerlich und denkt bei sich: Wie soll das zugehen, wo wir doch beide alt und verbraucht sind? Gott der HERR steht mit dem Rücken zu ihr. Doch der Lebendige spürt das. Er fühlt Saras Verwunderung und ihr ungläubiges Staunen und spricht Abraham darauf an: „Warum jauchzt Sara denn und denkt: ‚Sollte ich wahrhaftig noch gebären? Wo ich doch so alt bin?‘ Ist für die göttliche Kraft eine Sache zu wunderbar? Dann wird die Ankündigung nochmals bekräftigt: „Zur rechten Zeit kehr ich zu dir zurück, zur Zeit, die das Leben braucht – und Sara hat einen Sohn!“ 

Sara fühlt sich ertappt in ihren Gedanken. Es ist ihr unangenehm. Vielleicht schämt sie sich auch, dass sie die Erfüllung von Gottes Verheißung in Frage stellt. Deshalb streitet sie ihre Reaktion ab: „Ich hab nicht gejauchzt.“ Gott erwidert: „Doch du hast wirklich gejauchzt.“ 

II. Sara begegnet Maria

Heute am vierten Advent hören wir diese Geschichte voller Überraschungen und voller Staunen. In wenigen Tagen feiern wir das Leben. Wir feiern das Leben, das Gott in dieser Welt angenommen hat.

Ich möchte Sie mitnehmen in die Begegnung von Sara und Maria, zwei Urmüttern unseres Glaubens. Beiden werden die Schwangerschaft und die Geburt eines Sohnes angekündigt. Sara, hochbetagt, ist unfruchtbar. Maria, eine junge Frau, weiß von keinem Mann. Sara wird indirekt über Abraham durch drei Gestalten, vermutlich Engel, auf dieses Ereignis hingewiesen. Maria dagegen direkt durch den Engel Gabriel. Beide Frauen sind verwundert und erstaunt. Die drei Gestalten in Mamre antworten darauf: „Ist für Gott den HERRN eine Sache zu wunderbar?“ Der Engel Gabriel erwidert „Denn alle Dinge sind möglich bei Gott“ (Lukas 1,37). In beiden Erzählungen gehen die Verheißungen in Erfüllung. Was Sara deutlicher zum Ausdruck bringt als Maria, ist das Staunen, das Jauchzen. Luther übersetzt mit Lachen. Doch Lachen finde ich, passt nicht so ganz in das gesamte Geschehen hinein. Wenn ich mich in Sara hineinversetze, dann stelle ich mir es eher als ein ungläubiges Staunen, ein Überrascht sein, ja ein Überwältigt sein vor. Die Bibel in gerechter Sprache übersetzt mit Jauchzen. Jauchzen wirkt für mich so wie Frohlocken. Prüfen Sie selbst, was für Sie passt, wenn Sie überrascht und überwältigt werden von einem Versprechen.

III. Verheißungsgeschichten

In beiden Verheißungsgeschichten begegnet uns Gott und überrascht uns. In den verheißenen Gotteskindern überwältigt uns das Unmögliche. Genau das ist es, was uns in die Vorfreude auf Weihnachten gehen lässt: das Staunen, das Überrascht sein, das Überwältigt sein. Das fehlt mir doch so oft im Alltag. Manchmal habe ich mich in der Erwartungslosigkeit eingerichtet, so wie es Nicolas Born in seinem Gedicht „Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen“ beschreibt:

„Viel früher hat man gelebt und alles gewagt
Milch und Post erwartet, den Engel des Herrn
bei offenem Oberlicht
den blauen und den grauen Himmel
gewisse Besucher an der Tür
unverständliche Ansinnen.
Man hat gelebt und gefrühstückt bei Tageslicht.
Heute bleibt der Vorhang geschlossen
dunkelblau bis über den Mittag.
Einer kommt immer, ein Freund
oder ein Bekannter
berichtet von Veränderungen.
Überholt von meinem Eintopf
haben sie mir nichts mehr an.“ (1)

Manches Weihnachtsfest verläuft auch in eingeschliffenen, routinierten Bahnen. Manches Mal nur lasse ich mich anstecken vom kindlichen Staunen. Ich habe es irgendwie verlernt, zu staunen, mich überraschen zu lassen, von etwas überwältigt zu sein. Ich möchte es gerne mit Sara und Maria wiederentdecken. Ich finde Sara besonders mutig. Sie erlaubt es sich, sich ihre Überraschung, ihr ungläubiges Staunen, ihr Überwältigt sein zuzugestehen. Auch wenn sie sich dann von Gott ertappt fühlt und sich vermutlich schämt. Das kenne ich nur allzu gut. Da bin ich ganz bei mir selbst und stehe zu meinen Gefühlen. Vielleicht ist es mir gar nicht so bewusst. Dann zeigt es mir jemand anderes auf und ich werde rot vor Scham.

Eigentlich fühlt es sich dann so an, als ob ich einen Fehler gemacht habe, der mir im Moment nicht bewusst war und auf den mich jemand anderes aufmerksam macht. Doch gerade das darf ich aus dieser Geschichte erkennen: Gott kommt ohne Anmeldung. Er ist einfach da, wenn ich nicht mit ihm rechne. Und er sieht in mein Herz. Er lässt sich nicht von Äußerlichkeiten ablenken. Ja, er erinnert mich daran, dass ich sein Ebenbild bin. Ich bin Gottes Ebenbild, so wie ich bin. Ich bin von Gott gewollt und geschaffen.

IV. Meine Sehnsüchte

Gott begegnet mir in meinem Alltag. Gott ist da, Das erkenne ich, wenn ich bereit bin und mich ihm öffne. Welche Verheißung sich dann für mich erfüllt, das ist für mich nicht vorhersehbar oder gar planbar. Im Vaterunser heißt es zurecht: „Dein Wille geschehe“ und nicht „Mein Wille geschehe“. Doch ich darf in meiner Sehnsucht nach Leben auf Gott und seine Himmelsboten vertrauen. Ich darf sie um Hilfe bitten. Ich darf mit Sara ungläubig staunen, vielleicht sogar jauchzen darüber, dass sich lange gehegte, inzwischen schon längst abgelegte Sehnsüchte entgegen aller Vernunft doch noch erfüllen.

Ich lade Sie ein, einen Moment in der Stille Ihren Sehnsüchten nachzuspüren und Sie vielleicht Gottes himmlischen Helfern im Gebet anzuvertrauen. Wer weiß, was jede und jeder von Ihnen noch empfangen darf. Ob es Ihnen dann wie Sara geht, dass Sie ungläubig Staunen oder gar in sich hinein Jauchzen.

Ich wünsche es Ihnen! Amen.

Anmerkung zur Predigt:
(1) Gedicht von Nicolas Born, in: Marktlage, Köln/Berlin 1967, 39. Zit. nach Alexander Deeg, Andreas Schüle, Die neuen alttestamentlichen Perikopentexte, 3. Auflage 2019, 82/83)

Eingangsgebet

Lebendiger Gott, als deine lebendigen Ebenbilder sind wir heute Morgen hier.
Lebendig mit meinen Gefühlen,
voller Sehnsucht nach Leben,
voller Wehmut über manches, was mir nicht mehr
möglich erscheint,
verzagt über alles, was mein Leben so schwer macht,
ungeduldig mit mir selbst,
staunend über die Sterne am Himmel in der klaren Nacht,
erwartungsvoll die ersten Schneeflocken auf der Zunge
zergehen lassen,
sehnsüchtig die Kinder und Enkelkinder erwarten.

Fürbittengebet

Lebendiger Gott, dankbar bin ich gerade für die
Begegnung mit Dir,
ich bitte dich, lass es mir immer öfter gelingen,
mich für dich zu öffnen,
Dankbar bin ich, dass ich dein Ebenbild bin,
ich bitte dich, lass mich immer mehr wachsen und reifen,
Dankbar bin ich, dass du mich als freien Menschen
erschaffen hast,
ich bitte dich, lass mich mein Leben selbstverantwortend
gestalten.
Dankbar bin ich als deine Tochter/dein Sohn über
meine Geschwister,
ich bitte dich, lass mich würdevoll und wertschätzend zu
meinen Mitmenschen sein.
Dankbar bin ich für alles Lebendige,
ich bitte dich, lass mich achtsam mit all dem
Geschöpflichen umgehen.
Dankbar bin ich, dass ich mit allem, was mich bewegt,
zu dir kommen kann,
ich bitte dich, lass mir immer wieder bewusst sein,
dass „dein Wille geschieht“.
In der Stille bringe ich einen Menschen vor dich,
für den ich besonders bitte
– Stille –
Gott des Lebens, mit Dir und untereinander verbunden
beten wir: Vaterunser im Himmel

Verfasserin: Pfarrerin Susanne Richter, Lindenstr. 25, 89584 Ehingen


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