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Früchte des Geistes

von Hansjürgen Günther (64342 Seeheim-Jugenheim)

Predigtdatum : 02.08.1998
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 7. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Epheser 5,8b-14
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Wochenspruch:

Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. (Eph. 5,8b.9)

Psalm: 48,2-3a.9-11

Lesungen:

Altes Testament:
Jesaja 2,1-5
Epistel:
Epheser 5,8b-14
Evangelium:
Matthäus 5,13-16

Liedvorschläge:

Eingangslied:
EG 263
Sonne der Gerechtigkeit
Wochenlied:
EG 318
O gläubig Herz, gebenedei
Predigtlied:
EG 72
O Jesu Christe, wahres Licht
Schlußlied:
EG 593
Licht, das in die Welt gekommen

8 Lebt als Kinder des Lichts; 9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. 10 Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, 411 und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. 12 Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. 13 Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; 14 denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

Liebe Gemeinde,
um das Anliegen dieses Textes zu begreifen, müssen wir uns genauer die historische Situation betrachten, in die er hineinspricht. Es gab in der Antike und eben auch in Ephesus eine Geistesströmung, die als Gnosis bekannt wurde. Die Gnostiker gingen von der Behauptung aus, daß nur der Geist gut sei, daß dagegen alles Stoffliche, Körperliche fehlerhaft und böse sei. Daraus folgerten sie, daß nur der Geist Wert besäße, daß alles Körperliche aber verächtlich sei. Deshalb sei es auch einerlei, was der Mensch mit seinem Körper anfange. Ob er etwa auf sexuellem Gebiet sündige oder nicht, sei völlig belanglos, weil es sich ja nur um Sünden des Körpers und nicht um Sünden des Geistes handele.
Dieser Lehre trat das Christentum mit der Behauptung entgegen, daß Leib und Seele gleich wichtig seien, daß Gott beide geschaffen habe, daß Jesus Christus den menschlichen Leib auf immer geheiligt habe, indem er selbst Mensch wurde, und daß es dem Christentum um das Heil und die Rettung des ganzen Menschen gehe, um seinen Leib, um seine Seele und um seinen Geist.
Kam dieser Angriff von außerhalb der Gemeinde, gewissermaßen aus dem Dunstkreis der antiken Gesellschaft, so kam ein noch gefährlicherer Angriff gegen die Lehre des Apostel Paulus aus der Gemeinde selbst:
Innerhalb der Gemeinde gab es Menschen, die die Gnadenlehre auf den Kopf stellten. Sie argumentierten etwa folgendermaßen: „Du behauptest also, daß es nichts größeres gibt als die Gnade Gottes?“ - „Ja.“ „Und ebenso behauptest du, daß die Gnade Gottes sich auf jede Schuld, auf jede Sünde und auf jeden Makel erstreckt?“ - „Ja.“ - „Nun, dann können wir doch ruhig weiter sündigen, denn Gott macht in seiner Gnade ja alle Sünden zuschanden. Ja, mehr noch: Je mehr wir sündigen, um so mehr geben wir Gott Gelegenheit, seine Gnade walten zu lassen!“ -
Eine ziemlich fiese Argumentation, nicht wahr! Diesem Einwand begegnet der Epheserbrief damit, daß er nachdrücklich betont, bei der Gnade handle es sich nicht um ein Vorrecht, sondern die göttliche Gnade bedeute zugleich die Verpflichtung zu größerer Verantwortlichkeit. Wohl vermag Gott in seiner Liebe alles zu vergeben; doch die Tatsache, daß Gott uns liebt, schließt auch die Verpflichtung ein, daß wir versuchen, uns dieser Liebe würdig zu erweisen! -
„Ihr seid Gottes geliebte Kinder“, versichert der Epheserbrief am Anfang des Kapitels (5,1), deshalb „wandelt in der Liebe“! „Ihr seid nun Licht in dem Herrn, wandelt nun auch wie die Kinder des Lichts!“ - Man muß das nun auch an eurem Lebenswandel erkennen können, daß ihr zu Jesus Christus gehört! Ihm verdanken wir das Licht. Christus ist „das Licht der Welt“. Wenn wir ihm nachfolgen wollen, hat das Konsequenzen. Von solchen Konsequenzen spricht nun unser Predigttext:
1. Das Licht bringt gute Früchte hervor.
2. Das Licht befähigt zur Unterscheidung.
3. Das Licht entlarvt das Böse.
4. Das Licht besitzt Heilkraft.
1. Das Licht, das Christus uns gebracht hat, kann liebenswerte, hilfreiche Menschen aus uns machen. Es befreit uns zu Menschen, die andern gegenüber gütig, gerecht und wahrhaftig sein können. Die Wahrheit, die wir im Licht Christi erkennen, soll jedenfalls auch in die Tat umgesetzt werden!
2. Dieses Licht macht uns zugleich fähig, zwischen dem, was Gott gefällt, und dem, was ihm nicht gefällt zu unterscheiden. Der erste Präsident unserer hessen-nassauischen Landeskirche pflegte bei schwierigen Situationen zu fragen, was wohl Jesus dazu sagen würde. In seinem Licht kam er zu anderen Antworten und Entscheidungen als die Mehrheit seiner Landsleute, die in finsterer Zeit von der Nazipropaganda benebelt war. Alles, was wir tun und denken, muß im Licht Christi geprüft werden.
Wer einmal durch einen orientalischen Basar gegangen ist, weiß, wie finster manche Läden dort sind. Wer z.B. dort ein Stück Stoff kaufen möchte, geht mit dem betreffenden Stück auf die Straße, um es im Sonnenlicht zu betrachten und zu überprüfen. - So werden auch Christen prüfen, ob politische Sprüche, fragwürdige Modeerscheinungen und Geistesströmungen unserer Zeit dem Licht Christi standhalten.
3. Das Licht Christi wird das Böse entlarven. Der beste Weg, die Gesellschaft von etwas Bösem zu befreien, ist immer noch, daß wir es ans Licht zerren. Was im Verborgenem geschieht, hört nicht auf zu bestehen. Erst wenn es ans Licht gezogen wird, verliert es an Boden. Die Kindesmißhandlung in der Nachbarschaft oder die Pöbelei gegenüber Ausländern gehören ans Licht und an die Öffentlichkeit gebracht. Wenn deutsche Reisebüros Sextouristen nach Thailand oder in die Philippinen transportieren, um dort Kinder sexuell auszubeuten, so gehört das öffentlich angeprangert. Gerade wir Deutschen wissen aus unserer Geschichte, daß auch Schweigen schuldig machen kann! -
4. Am Schluß unseres Predigttextes heißt es: „Alles, was offenbar wird, das ist Licht.“ Das Licht hat in sich selbst eine reinigende Wirkung. Als Menschen der Gegenwart wissen wir, daß tatsächlich viele Krankheiten durch das Licht der Sonne geheilt werden können. Wir wissen, welche Heilkraft der Sonne innewohnt. Ebenso verhält es sich mit dem Licht Christi. Wir dürfen uns unter dem Licht Christi keineswegs nur ein kaltes, verdammendes Licht vorstellen. Das Licht Christi besitzt ebenso auch Heilkraft. Was dem Licht Christi ausgesetzt wird, wird nicht nur erleuchtet, sondern auch gereinigt.
Paulus beschließt unseren Predigtabschnitt mit dem Vers eines Liedes, das die Epheser vermutlich kannten: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten!“ - Wahrscheinlich war das ein Lied, das bei der Taufe - das waren in Ephesus sicher oft erwachsene Täuflinge - gesungen wurde. Wenn der erwachsenen Täufling dem Wasser entstieg, sollte damit ausgedrückt werden, daß er nun als Christ aus dem dunklen Schlaf des Heidentums erwacht und in das helle Licht des christlichen Lebens eingetreten sei.
Liebe Gemeinde, nun werden einige von Ihnen vielleicht denken, hier wird ein zu ideales Bild in Schwarzweiß gemalt, in dem ich mich nicht unterbringen kann. Getauft wurde ich als kleines Baby, und so habe ich die Taufe nicht als wesentlichen Einschnitt meines Lebens erlebt. Im übrigen sagt doch sogar Martin Luther, daß der „alte Adam“ in uns zwar ersäuft werden soll in der Taufe, aber „das alte Biest kann schwimmen“, der Heide in uns kommt doch immer wieder hoch“ Oder, um das Bild unseres Predigttextes zu gebrauchen: die Finsternis, unsere Versuchlichkeit, unsere Schatten sind wir doch - auch als Christinnen und Christen - nicht einfach los! - Das ist wohl wahr! -
Um deutlich zu machen, was wir in dieser Situation an Christus haben, will ich Ihnen zum Schluß eine Geschichte aus der Weisheit Asiens erzählen: Ein Mensch, der vom Anblick seines Schattens so geängstigt wird, daß er beschließt, seinem Schatten davonzulaufen. Konsequenz: Der Mensch läuft und läuft, schneller und schneller, vergeblich! Er läuft bis er tot zu Boden sinkt. -
Viele Schatten verfolgen uns, liebe Gemeinde, Schatten unserer besonderen Lebensgeschichte, Schatten unserer zerbrochenen Beziehungen, unserer Schuld, unserer Endlichkeit - der Tod wirft bekanntlich seine Schatten voraus! - Schatten unserer politischen Geschichte, auch Schatten der Kirchengeschichte! Müssen wir uns totlaufen? - Nein! Christen werden wie der verlorene Sohn in die ausgebreiteten Arme des Vaters laufen.
Gott hat sich in Christus unserer Schatten angenommen: Er hat in unserer Mitte den Baum des Kreuzes, das Kreuz der Versöhnung aufgestellt. Wir brauchen und sollen uns nicht totlaufen, sondern dürfen uns in den Schatten des Kreuzes stellen. Unser Schatten soll uns nicht mehr bestimmen. Wir sollen aufstehen von den Toten. Wir dürfen leben als Kinder des Lichts. Wir dürfen leuchten, weil Christus uns hellgemacht hat. Amen.

Verfasser: Hansjürgen Günther, Villastr. 8, 64342 Seeheim-Jugenheim

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