Früchte des Geistes
von Karsten Müller (Halle /Saale)
Predigtdatum
:
10.08.2014
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
7. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Römer 6,19-23
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Wochenspruch:
Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. (Epheser 5, 8.9)
Psalm: Psalm 48, 2 – 3 a.9 - 11
Lesungen
Altes Testament: Jesaja 2, 1- 5
Epistel: Epheser 5, 8 b – 14 e, 19, 1 - 7
Evangelium: Matthäus 5, 13 - 16
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 390 Erneure mich, o ewigs Licht
Wochenlied: EG 318 O gläubig Herz, gebenedei
Predigtlied: EG 414 Lass mich, o Herr, in allen Dingen
Schlusslied: EG 258 Zieht in Frieden eure Pfade
Liebe Gemeinde,
für viele von uns treffen diese Worte von Paulus nicht zu, jedenfalls nicht beim ersten Hinhören: Früheres Leben ohne Taufe – heutiges Leben in der Taufe, das können jedenfalls die Christinnen und Christen, schon als Säuglinge getauft wurden, die mit Kindergottesdienst oder Christenlehre, mit Konfirmandenunterricht und Jugendarbeit in der Gemeinde aufgewachsen sind, nur schwer nachvollziehen.
Auch wer als erwachsener Mensch zum Glauben gekommen ist und sich hat taufen lassen, wird nicht unbedingt die negative Sicht auf sein „Leben davor“ teilen, die Paulus in seinem kurzen Abschnitt aus dem Römerbrief darstellt.
Wieder andere unter uns haben vielleicht genau diese Erfahrung gemacht: Sie haben erlebt, wie ihr Leben eine radikale Wende erfahren hat. Weg von alten, falschen Ideen und Schwerpunktsetzungen. Weg von der Ungerechtigkeit und Unreinheit hin zu dem, was wirklich zählt, was wirklich befreit: hin zum Glauben an Jesus Christus. Bekehrung nennen wir das. Sie geschieht auch ganz unabhängig von einer Taufe.
Man kann kritisch hinterfragen, ob die Taufe tatsächlich von uns als das empfunden wird, was Luther von ihr im Kleinen Katechismus sagt: Das ist ein gnadenreiches Wasser des Lebens und ein Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist. Sind wir durch die Taufe neue Menschen? Paulus schreibt, wir seien nun Menschen, die ihre Glieder hingeben an den Dienst der Gerechtigkeit, dass sie heilig werden. Dass wir Diener und Dienerinnen Gottes sind, werden wir sicher bejahen – aber fühlen wir uns auch von der Sünde frei, die Frucht der Heiligkeit hervorbringend?
Wer einigermaßen selbstkritisch mit sich umgeht, der wird auf diese Fragen nicht mit einem überschwänglichen „Ja“ antworten können. Um diese unsere menschliche Realität hat Luther auch gewusst, als er zur Taufe und zu der Frage: Was bedeutet denn solch Wassertaufen? erklärte: Es bedeutet, dass der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten; und wiederum täglich herauskommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinheit vor Gott ewiglich lebe.
Die Taufe ist eine große Befreiung. Sie befreit von der Kraft der Sünde, von der Kraft des Todes und sie befreit von der Vorstellung, wir könnten es Gott ganz recht machen mit frommen Gedanken, Worten und Werken. Durch die Taufe werden aus Menschen, die der Sünde verfallen waren, gerechtfertigte Sünder.
Nur eines kann den Menschen vor Gott gerecht machen: Der Glaube, dass Gott uns für gerecht erklärt. Gott streicht unsere Sünden durch und zwar nicht mit einem Strich, sondern mit dem Kreuz, an dem Jesus gestorben ist. Der Tod des Gerechten schafft die Freiheit für die Sünder. Dieser Gedanke war und ist durch die Zeiten hindurch schwer anzunehmen und auch schwer zu verstehen. Die von Gott geschenkte Freiheit von der Macht der Sünde ist immer wieder bedroht durch die Anarchie menschlicher Antworten auf die Frage: Wie ist das zu verstehen.
Am Beginn des Kapitels im Römerbrief, aus dem unser Pre-digttext entnommen ist, fragt Paulus: Was sollen wir nun sagen? Sollen wir denn in der Sünde beharren, damit die Gnade umso mächtiger werde? Und er antwortet sogleich: Das sei ferne! Sünde trennt von Gott, dabei bleibt es. Aber diese Trennung kann nie mehr eine dauerhafte oder gar ewige sein. Über dem trennenden Abgrund der Sünde liegt das Kreuz und schafft eine dauerhafte und ewige Verbindung zwischen dem Mensch gewordenen Gott und den neu gewordenen Menschen, zwischen Schöpfer und Geschöpf.
Man kann durch Handlungen, Werke, Taten sich wohl von Gott entfernen, aber sich ihm merkwürdigerweise nicht annähern oder eben vor ihm gerecht machen. Soll man also auf gute Handlungen, Werke oder Taten verzichten? Das sei ferne! Das leuchtet ja auch sofort ein: Was soll der Glaube, wenn er nicht etwas Gutes hervorbringt? Wir hören es doch: Ich kann auch ohne die Kirche ein guter Mensch sein. Und der Satz hat ja auch eine gewisse belegbare Wahrheit – leider.
Ich kann vielleicht ohne die Kirche, ohne den Glauben ein guter Mensch sein. Ist der nächste Satz nun: Ein Mensch, der glaubt, muss ein guter Mensch sein? Kann das der Glaube sein, der aus der Gesetzlichkeit befreit? Nein, das kann nicht sein. Es ist so: Der glaubende Mensch ist dazu frei, ein guter Mensch zu sein. Wobei Freiheit hier nicht so verstanden wird, als dass man sich dafür oder dagegen entscheidet – und diese Entscheidung ohne Folgen bleibt. Freiheit heißt hier nicht: Macht doch, was ihr wollt. Das ist immer Anarchie. Freiheit heißt: Wir können gar nicht anders.
Der Tod ist besiegt. Wir haben die Verheißung eines ewigen Lebens bei Gott. Ohne unser Zutun nimmt uns Gott als seine Kinder an. Darum: Lebt als Kinder des Lichts! Und nicht: Lebt als Kinder des Lichts, damit ihr von Gott angenommen seid.
Wenn wir Gottes Kinder sind, dann sind wir dadurch schon Heilige. Wir sind schon aus der Welt herausgenommen, stehen mit einem Bein im Himmel. Das ist der Unterschied zwischen Menschen, die glauben und anderen, die ver-gessen haben, dass sie Gott vergessen haben. Ein Atheist hat nur die Welt, von der er nicht glaubt, dass sie Gottes Schöpfung ist. Er kann sich gut in ihr einrichten. Er oder sie kann auch ein guter Mensch sein und in den Himmel kom-men. Spätestens dann löst sich die atheistische Haltung ja auf. Aber auf der Erde hat er oder sie nicht mehr als die Erde.
Man könnte mit Paulus auch sagen: Früher wart ihr Knechte der Erde, jetzt seid ihr Kinder des Himmels. Wir sind Menschen, die hoffentlich mit beiden Beinen auf der Erde stehen, aber die nicht mehr ganz von dieser Welt sind. Wir gehen unsere Wege durch die Welt, durch das Leben, aber es ist ein Weg zu Gott, nicht ein Weg in das Nichts.
Auf diesem Weg kann man viel Gutes tun und viel Böses lassen. „Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu“, heißt es in einem Gesangbuchlied (EG 369,7) Es wird schon ganz praktisch deutlich, dass wir nicht ganz von dieser Welt sind: Wer singt heute schon noch – außer im Fußballstadion? Es wird auch deutlich, dass es nicht nur um Taten geht bei der Heiligung und dem Frucht bringen.
Voraussetzung für Vieles ist das Gespräch mit Gott, das Gebet. Wir sollten das nicht unterschätzen. Was für das Heil gilt, gilt auch für die Heiligung: Sie ist nicht die Voraussetzung, sondern die Folge unseres Verhältnisses zu Gott, das sich im Gebet, im Hören auf sein Wort und im gesungenen Lob oder auch der gesungenen, unter Umständen heraus geschrienen Klage äußert.
Das Leben von uns Christen ist das Leben befreiter Menschen. Was ist also die Freiheit der Kinder Gottes? Joachim Ringelnatz hat gedichtet: Was du verschweigst, was du andern nicht zeigst, was dein Mund spricht und deine Hand tut, es kommt alles ans Licht. Sei ohnedies gut. (aus: Nie bist du ohne Nebendir)
Sei gut nicht, weil du glaubst, dass ein allgegenwärtiger, allwissender, allmächtiger Gott dich in der Zange hat. Sei gut, weil dich dieser Gott mit deinem Leben beschenkt hat und mit der Freiheit seiner Kinder noch dazu. Deshalb können wir eigentlich gar nicht anders, als zu handeln, wie es Gottes Willen entspricht, weil wir die bergende Kraft dieses Willens spüren.
Eigentlich - aber wir sagen: Ja, aber... Wir leben in der Freiheit, wir alle haben die Freiheit, unser Leben zu gestalten, mit Gott und ohne ihn. Die Entscheidung über die Stellung der Weichen des Lebens fällt oft mit der Beantwortung der Frage: „Was springt dabei (für mich) heraus?“ Mit einem Satz, der in deutlicher Weise dieser Frage nicht ausweicht, endet unser Predigttext: Denn der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn.
Was springt heraus? Das Leben. Und, ganz im Sinn einer Befreiung, nicht nur und erst das ewige Leben, sondern schon das Leben hier und jetzt. Vor jedes Leben ist durch Gott ein positives Vorzeichen gesetzt. Das Zeichen dieses Lebens ist die Taufe.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Karsten Müller
An der Johanneskirche 1, 06110 Halle (Saale)
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