Für euch dahingegeben
von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)
Predigtdatum
:
14.03.1999
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Okuli
Textstelle
:
Johannes 6,55-65
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Wochenspruch:
Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)
Psalm: 84,6-13 (EG 734)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 54,7-10
Epistel:
2. Korinther 1,3-7
Evangelium:
Johannes 12,20-26
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 78
Jesu Kreuz, Leiden und Pein
Wochenlied:
EG 98
oder EG 396
Korn, das in die Erde
Jesu, meine Freude
Predigtlied:
EG 221
Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
Schlußlied:
EG 164
Jesu, stärke deine Kinder
55 Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank. 56 Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. 57 Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich lebe um des Vaters willen, so wird auch, wer mich ißt, leben um meinetwillen. 58 Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Es ist nicht wie bei den Vätern, die gegessen haben und gestorben sind. Wer dies Brot ißt, der wird leben in Ewigkeit. 59 Das sagte er in der Synagoge, als er in Kapernaum lehrte.
60 Viele nun seiner Jünger, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede; wer kann sie hören? 61 Da Jesus aber bei sich selbst merkte, daß seine Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: Ärgert euch das?
62 Wie, wenn ihr nun sehen werdet den Menschensohn auffahren dahin, wo er zuvor war? 63 Der Geist ist's, der lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die sind Geist und sind Leben. 64 Aber es gibt einige unter euch, die glauben nicht. Denn Jesus wußte von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. 65 Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn vom Vater gegeben.
Liebe Gemeinde!
In drei Wochen ist Ostern; und einige Tage weniger sind es bis zum Gründonnerstag, an dem wir nicht nur der Gefangennahme Jesu im Garten Gethsemane gedenken, sondern auch der Einsetzung des Abendmahls. Wir stehen mitten in der Passionszeit, in der wir uns darauf vorbereiten, des Leidens und Sterbens Jesu in angemessener Form zu gedenken.
Nun ist das eine Sache mit ihren zwei Seiten: Zum einen ist da unbestreitbar der Leidensweg. Zum andern erfordert gerade dieser unsere Dankbarkeit und fordert damit irgendwie zur Freude heraus.
In der katholischen Kirche, in den orthodoxen Kirchen des Ostens und vielen anderen mehr wird die Feier des Abendmahls Eucharistie genannt. Und auch Luther hat diesen Begriff beibehalten. Dieses Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet Dank, Dankbarkeit und Dankopfer. Die Charistie, das Charisma ist die Gnadengabe; und wer sie als solche annimmt und würdigt, der erbringt damit den angemessenen Dank.
Dank sind wir in der Tat schuldig für das, was da insgesamt dahinter steht. Und darum geht es auch in unserem heutigen Text.
Hier geht es um zwei grundlegende Elemente des Glaubens: um die Vergeistigung und um die Versittlichung unseres Denkens und Lebens. Es geht um die totale Hingabe an den Erlöser und die totale Vereinnahmung dessen, was er uns in seiner Person, in seinem Leben und Sterben als verpflichtendes Vermächtnis hinterlassen hat.
Dies konzentiert sich im gemeinsamen Mahl an seinem Tisch.
Da sagt Jesus. „Mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank.Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“
Dieses Wort steht in in einem großen und unmittelbaren Zusammenhang mit seinen Äußerungen zu seinem späteren Opfergang.
Aber dieses Wort hat in der Zeit des frühen Christentums manche Heiden und andere Außenstehende dazu veranlaßt, die Christen als Kannibalen abzutun. Dies war nicht nur ein großes Mißverständnis, denn es geht hier in einem viel weitergehenden Sinne um den Leib Christi und das Essen dieses Leibes. Es war auch ein Nicht-verstehen-wollen dessen, worum es hier letztlich geht.
Am Anfang unseres Textes spricht Jesus von seinem Fleisch, das für uns geopfert wird; später sagt er dann: „Das Fleisch ist nichts nütze.“ Hier stellt er das Fleisch - nun in ganz anderem Sinne - dem Geist gegenüber. „Der Geist ist‘s, der lebendig macht.“
Gerade diese Spannung zwischen den beiden Bedeutungen des Fleisches ist für unser Verständnis vom Abendmahl wichtig. Jesus hat sein Fleisch und Blut geopfert für uns. Und damit hat er uns seinen Geist gegeben.
Nun wird hier gelegentlich die Frage gestellt, inwieweit ein Gottesdienst ohne Abendmahl überhaupt als vollwertiger Gottesdienst angesehen werden kann. Da scheiden sich die Geister. Die Frage ist schwer allgemeingültig zu beantworten. Für beide Positionen gibt es treffliche Gründe. Wichtig ist nur die Frage, ob in unserem Gottesdienst der Geist Jesu anwesend ist und unser Reden und Hören, unser Singen und Beten steuert.
Und hier gibt es eine fundamentale Antwort: Gottesdienst ist Gemeinsamkeit. Und nur in Gemeinsamkeit läßt sich Glaube recht erfahren.
Wir leben in einer Welt, in der ein konkreter Glaube, eine persönlich erlebte Erfahrung mit dem lebendigen Gott zur Seltenheit zu verkommen droht. „Ja, ich habe schon auch meinen Glauben, aber bitteschön nicht in der Kirche. - und überhaupt, diese Kirche...“
Es ist zwar unbestreitbar, daß ein Mensch angesichts einer überwältigenden Natur oder eines ganz kleinen, aber tief beeindruckenden Schöpfungswunders zu der Erkenntnis kommt, daß es unbestreitbar einen Gott geben müsse. Aber das ist ja nur ein Teil dessen, was Gott für uns ist: der liebende Vater, der in seinem Sohn sich selbst für uns gegeben hat. Solches erlebt man nicht in einer selbstgebastelten Behelfs-Kirche.
A propos Kirche: Dieser Begriff steht für zweierlei Bedeutung:
Zum einen ist es die Kirche, zu der wir uns im Glaubensbekenntnis als der Gemeinschaft der Heiligen bekennen, der Gemeinschaft derer, die des Heils teilhaftig geworden sind.
Zum andern ist es das Gebäude, in dem wir Gottesdienst feiern, in dem wir uns treffen und Gemeinschaft pflegen im Namen dessen, der uns zugesagt hat, daß er immer mit seinem Geist bei uns sein will und sein wird.
Zurück zum Gottesdienst: In ihm feiern wir Sonntag für Sonntag - und natürlich ganz besonders an allen Fest- und Feiertagen die Tatsache, daß Gott seinen Sohn in diese Welt gesandt hat, und daß dieser sich für uns dahingegeben hat.
Wie mich der lebendige Vater gesandt hat, und ich lebe um des Vaters willen, so wird auch, wer mich ißt, leben um meinetwillen.
Unter diesem Aspekt müssen wir auch erkennen und anerkennen, daß die großen Marksteine des Kirchenjahres - Weihnachten, Karfreitag, Ostern, Pfingsten - nicht voneinander getrennt gesehen werden dürfen, denn sie bedingen einander untrennbar.
Von daher ist es auch völlig logisch, wenn wir an Weihnachten und Ostern genauso miteinander Abendmahl feiern wie an Gründonnerstag und Karfreitag.
Die Bezeichnug des Abendmahls als Eucharistie, als Dank-Gottesdienst hat hier ihre volle Berechtigung.
Wenn wir nun miteinander das Abendmahl feiern, so erleben wir dabei zweierlei: Wir sind, wenn wir zum Altar, zum Tisch des Herrn gehen, nicht allein auf dem Weg, sondern wir machen die Erfahrung der großen Liebestat gemeinsam mit anderen. Und - wie es in der Abendmahls-Liturgie heißt: „Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist!“
Und wenn wir demnächst an Gründonnerstag und Karfreitag Abendmahl feiern, dann sollte dieses Feiern nicht nur bestimmt sein von dem Gedanken und dem Gefühl der Trauer, sondern zugleich auch von dem Gedanken des Dankes und der Freude.
Und auch die Osterfreude ist nicht ungetrübt möglich, nicht ohne Gedenken an das vorausgegangene Leiden und Sterben.
In beiden Fällen aber muß obenan der Dank stehen für das, was Gott uns als Geschenk gebracht hat. Damit wird unser Abendmahls-Gottesdienst - wenn auch nicht in der Bezeichnung, so doch vom Inhalt und der Bedeutung her - zur Eucharistie-Feier, zum Dank-Gottesdienst.
Und ein solcher ist es allemal wert, gefeiert zu werden. - Nicht von ungefähr trägt der heutige Sonntag den Namen Laetare - Freuet euch! Amen.
Verfasser: Prädikant Martin Bender, Südring 98, 55128 Mainz-Bretzenheim
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