Für euch dahingegeben
von Tilman Pape (69434 Hirschhorn)
Predigtdatum
:
21.03.2004
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Okuli
Textstelle
:
2. Korinther 1,3-7
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)
Psalm: 84,6-13 (EG 734)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 54,7-10
Epistel:
2. Korinther 1,3-7
Evangelium:
Johannes 12,20-26
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 78
Jesu Kreuz, Leiden und Pein
Wochenlied:
EG 98
oder EG 396
Korn, das in die Erde
Jesu, meine Freude
Predigtlied:
EG 351
Ist Gott für mich, so trete
Schlusslied:
EG 171
Bewahre uns, Gott
3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, 4 der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.
5 Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus. 6 Haben wir aber Trübsal, so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden. 7 Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: wie ihr an den Leiden teilhabt, so werdet ihr auch am Trost teilhaben.
Liebe Gemeinde!
Von einem Wunder will ich euch erzählen heute: es gibt Trost! Das mag sich im ersten Moment vielleicht selbstverständlich anhören und doch – es ist ein Wunder, dass es Trost gibt auf unserer Welt.
Ja, es gibt da etwas, fast wie eine Medizin, wie ein Rettungsring oder wie ein Engel, etwas, was uns beschützt, uns aus der Not befreit, uns aus der Bedrängnis holt. Der Bedrängnis eines Lebens, welches sich gewiss mit dem Tod ins Ungewisse verabschiedet. Ja, in all der Finsternis und Traurigkeit unserer Welt gibt es doch Trost.
Manchmal vergesse ich fast, wie groß dieses Wunder ist, aber spätestens, wenn ich selbst wieder in eine Krise meines Lebens gerate, oder auch schon, wenn liebe Menschen in meiner Nähe von Schicksalsschlägen betroffen sind, spüre ich das Wunder, das heißt erst mal die Sehnsucht danach: Trost!
Und dann - plötzlich, aus einem Gespräch heraus, aus einer Umarmung, aus einem Augenkontakt kann das Wunder passieren. Da stehe ich am Grab eines geliebten Menschen, spüre nichts als Leere, Schmerz, Trauer und Verlust und vielleicht gar nicht lange später - durch einen Satz oder eine Berührung, eine kleine Geste werde ich verwandelt, von einem Moment zum anderen. Ich spüre plötzlich Wärme in mir aufsteigen, ich erlebe Geborgenheit, und so einsam, wie ich noch eben in meiner Trauer und Verzweiflung war, so umfangen fühle ich mich plötzlich von einer Gemeinschaft, die mich trägt.
Alle diese Worte, zu beschreiben, was Trost bedeutet, sind im Grunde hilflose Versuche. Ihr wisst es selbst viel besser. Ihr kennt die Situationen, die ich meine, ihr habt selbst Schreckensnachrichten hören müssen, habt Krankheiten durchleiden müssen, Abschied von lieben Menschen nehmen müssen, steckt vielleicht heute gar in einer schwierigen Situation, von der ihr noch nicht wisst, wie ihr da herauskommen sollt.
Und ihr kennt auch selber am besten Momente, in denen ihr Trost erfahren habt, als Kind vielleicht, wenn Mama oder Papa gepustet haben, als ihr mit blutender Schürfwunde von einer Rollerfahrt zurückgekehrt seid, als Jugendlicher vielleicht, als ihr im ersten heftigen Liebeskummer einem anderen Freund erzählen konntet, vielleicht sogar weinen durftet bei ihm ganz insgeheim. Oder als Erwachsener nach einem schlimmen Todesfall, als Menschen bei euch geblieben sind, als euch die ganze Welt mit ihrem Sinn zu entgleiten drohte.
Dieses Wunder, dass es passieren kann, dass wir inmitten von Elend und eigenem Leid plötzlich getröstet werden, dass wir in auswegloser Situation und verzweifelter Beengung von einem Moment auf den anderen plötzlich wieder Zukunft sehen, dass es doch irgendwie weitergeht und wir wieder Sinn finden in unserem Dasein, dieses Wunder ereignet sich nicht nur unter Christen, sondern es geschieht überall auf der Welt, wo Menschen liebevoll miteinander umgehen. Und doch ist es nichts Alltägliches, es bleibt ein Wunder, denn auch die Liebe ist ein Wunder, das größte Wunder überhaupt.
Und noch eins ist mir wichtig an den Zeilen von Paulus: Wir leiden nicht alleine, sondern unser Leiden wird von anderen mitgetragen. Und wir werden auch nicht alleine getröstet, sondern in unserem Trost werden andere mitgetröstet. Das ist tatsächlich ein Schatz, den wir als Christen untereinander haben, und der gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: so wie wir im Abendmahl durch Brot und Wein den Christus in uns aufnehmen, so nehmen wir teil an seinem Leiden, aber so werden wir auch getröstet durch ihn. Hier erfahren wir in beispielhafter Form, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern das das Leben siegt. Und in dem wir in Christus Gemeinschaft haben, haben wir Gemeinschaft untereinander und leiden mit an den Leiden der anderen, wie wir auch Freude empfinden mit dem Glück der anderen.
Ich persönlich erlebe das zur Zeit besonders eindrücklich im so genannten Stein- und Kerzengebet: Jeder ist eingeladen, seine augenblickliche Last und Seelenqual symbolisch mit einem Stein am Kreuz abzulegen und genauso mag jeder seiner Freude Ausdruck verleihen, in dem er ein Teelicht an der Osterkerze anzündet und es zum Kreuz trägt. Wer es mag und kann, darf dabei auch benennen, was ihm zur Zeit das Leben froh macht oder was ihn bedrückt. Besonders in Gruppen, die schon ein Vertrauensverhältnis untereinander entwickelt haben, kann hier eine Atmosphäre des Trostes und der gegenseitigen Anteilnahme entstehen, die heilsam ist und Kraft gibt für die kommende Zeit.
Und so sind wir Menschen, die einander trösten können, weil wir selbst Trost erfahren haben. Und so sind wir Menschen, die im Leiden nicht verzweifeln müssen, denn wir sind nicht allein. Andere sind bei uns, die uns tragen in unserem Leid und Christus ist da, der selber gelitten hat bis in die Gottverlassenheit des Kreuzes von Golgatha hinein. Amen.
Verfasser: Tilman Pape (1998)
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).