Geborgen bei Gott
von Otto-Fabian Voigtländer (Halle (Saale))
Predigtdatum
:
13.09.2015
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
13. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Matthäus 6,25-34
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Wochenspruch:
"All eure Sorge werft auf ihn; denner sorgt für euch." (1. Petrus 5, 7)
Psalm: 127, 1 - 2 oder 104 (EG 743)
Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 2, 4 b - 9 (10 - 14) 15
Epistel: 1. Petrus 5, 5 c - 11
Evangelium: Matthäus 6, 25 - 34
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 334 Danke für diesen guten Morgen
Wochenlied: EG 369 Wer nur den lieben Gott läßt walten
Predigtlied: EG 182 Halleluja, suchet zuerst Gottes Reich
Schlusslied: EG 171 Bewahre uns, Gott
Liebe Gemeinde,
„Morgen, morgen bloß nicht heute, sagen alle faulen Leute.“
Dieses Sprichwort mussten wir uns als Kinder, mehr noch als pubertierende Jugendliche immer wieder anhören.
„Kannst du bitte noch…?“ - „Ja, gleich“ oder „Das mach ich morgen.“
„Nicht gleich, sondern sofort. Nicht morgen, sondern heute. Jetzt!“
„Morgen, morgen bloß nicht heute, sagen alle faulen Leute.“
Der Faule, so scheint es, vertagt die Arbeit auf morgen. Er will lieber jetzt, in der Gegenwart das Leben genießen.
Müßiggang – das ist etwas, dass die Kriegs und Nachkriegsgenerationen nicht gelernt haben. Sie konnten es sich ja auch gar nicht leisten. Arbeiten, schuften, sich sorgen, auch um das tägliche Brot - das gehörte zum Alltag.
Die Sorgen haben sich geändert. Heute ist es eher das gute Abschlusszeugnis, um das sich Jugendliche sorgen. Oder es ist das eigene Haus der Familie, für das der Kredit noch nicht abgezahlt ist. Oder es ist die Sorge, dass wenn ich alt werde, die Rente nicht reicht, um meinen gewohnten Lebensstandard zu halten.
Sorgen, was die Zukunft bringen wird. Und wie ich selbst die Zukunft gestalten kann.
Und was wird aus unserer Welt. Die Krisenherde dieser Erde sind nicht weit weg von uns … (hier sollten aktuelle Beispiele eingefügt werden, z. B. anhaltende Kriege, der Terror des IS, die Situation in Nordafrika, die europäische Wirtschaft und ähnliches, das uns alltäglich durch die Nachrichten naherückt)
Das kann Angst machen. Da kommen Sorgenfalten.
Ja, da habe ich Sorgen. Da mache ich mir Sorgen, die bis Weilen in Angst münden.
Heute hören wir im Evangelium von diesen Sorgen.
Was sollen wir essen, was sollen wir anziehen?
Sicherlich, heute würden wir über solche Gedanken eher schmunzeln. Gerade bei der Frage „Was soll ich bloß anziehen?“ ist die Sorge ja weniger, dass ich ein Kleidungsstück zu wenig habe. Viel mehr besteht die Sorge darin, dass ich mich nicht entscheiden kann.
Aber zurzeit Jesu waren das existentielle Ängste. Was werde ich essen, wie soll ich meine Familie ernähren und womit meine Kinder vor der Kälte der Nacht schützen? Diese Fragen weisen in die Zukunft. Es geht nämlich um das „Was wird morgen sein?“
Darum spricht Jesus mit diesem Appell auch heute ganz direkt zu uns. Denn die Grundfragen sind noch dieselben, wenn auch auf anderem Niveau: „Was kommt auf uns zu? Was wird die Zukunft bringen? Wie sichern wir unsere Existenz?“
Liebe Gemeinde,
diese Fragen sind ernst zu nehmen. Die Sorgen sind real. Damals und heute. Darum fällt es mir so schwer, die Worte Jesu einfach so stehen zu lassen.
„Sorget euch nicht, ihr Kleingläubigen!“ Wenn es doch so einfach wäre! Das ist ein extremer Anspruch, einfach alle Sorgen fallen zu lassen. Soll ich etwa auf jegliche Altersvorsorge verzichten – und damit meine Sicherheit im Alter komplett der nachwachsenden Generation aufbürden?
Soll ich etwa aus der Krankenversicherung aussteigen?
Können wir als Gesellschaft einfach so weitermachen und die Güter der Erde verbrauchen, sodass für kommende Generationen nichts mehr übrig bleibt? Das kann doch nicht gemeint sein!
Darum ist es gut, die Worte Jesu genau zu hören. Jesus sagt nicht: „Mach dir keine Sorgen!“ Sondern er spricht: „Sorget euch nicht um morgen. Es reicht schon, das jeder Tag allein genug Last mit sich bringt.“
Schau also nicht zu weit in die Zukunft, sondern sei zu aller erst im Hier und Heute. Heute lebst du. Also lebe auch im Hier und Jetzt! Das mag vielleicht zuerst wie der Titel eines Selbsthilfebuches klingen. Aber es befreit ungemein. Ich habe den Eindruck: Das Denken Jesu – es setzt sich wieder durch.
Und wo Menschen sich davon bestimmen lassen, da ändert sich wirklich etwas.
Da sagt ein Abiturient: „Lieber keine Karriere, dafür mehr Zeit für die Familie.“
Da sagt eine Konfirmandin: „Lieber weniger verdienen und dafür Zeit für den Freund.“
Und ein Pfarrer sagt: „Ich will kein Superintendent werden! Für 1000 € mehr im Monat tu ich mir den Stress nicht an.“
Ein Umdenken setzt sich durch. Nachdem in der Vergangenheit immer mehr Leistungsdruck sich breit machte, scheinen einige Menschen heute wieder zurück zu kommen zu dem, was das Menschsein ausmacht: Nicht der Job allein, nicht die Höhe der Rücklagen auf der Bank, sondern kostbare Lebenszeit, mehr Zusammenleben und – ja, auch Müßiggang! Vielleicht gibt es dafür keine Statistik, aber ich wünsche mir, dass meine einzelnen Beobachtungen stimmen.
Sicher, die Angst vor der Zukunft ist damit nicht weg. Und wir wissen damit nicht mehr von dem, was morgen wird. Aber die Sorgen werden kleiner, weil das lähmende Gefühl immer nur hetzen zu müssen, abnimmt.
Heute, hier und jetzt. Einfach mal ganz hier sein.
Auch jetzt, hier im Gottesdienst: nicht mit den Gedanken schon zuhause sein. Ob die Kartoffeln gar werden, was wir am Nachmittag machen wollen. Sondern einfach ganz hier sein.
Morgen, morgen, bloß nicht heute, sagen alle faulen Leute.
Vielleicht sollten wir das Sprichwort am Sonntag einmal umdenken.
Morgen, morgen, aber nicht heute – sagen alle klugen Leute. Die Sorgen sind erst morgen wieder dran. Wenigstens einen Tag in der Woche soll es geben, an dem wir nicht um unsere Sorgen kreisen.
Liebe Gemeinde,
wir haben heute das Evangelium von den Vögeln und den Lilien gehört. Ein Text, der uns immer wieder berührt. Und gerade zu dieser Jahreszeit lassen sich die Worte Jesu gut verstehen.
Setzten Sie sich doch einfach mal irgendwo hin. In den Garten, in einen Park, ein Eiskaffee - irgendwo, wo sie sich wohl fühlen. Nur draußen sollte es sein. Und wenn Sie dann den Blick schweifen lassen, dann werden Sie die Vögel sehen. Und Sie werden sie vor allem hören. Das quirlige Gezwitscher. Das sorgenlose Gehüpfe von einem Ast zum Nächsten. Das Hin- und Herfliegen. Manchmal scheint es, als flögen die Vögel einfach so durch die Gegend. Aber wenn man sie eine Weile beobachtet, dann erkennt man Muster. Sie sind auf Futtersuche. Hier ein Korn, da eine Fliege. Und sie bringen es auch zu ihren Jungen. Also: tätig sind sie schon. Aber sie machen sich keine Sorgen. Das was da ist, wird gefressen. Und wenn schlechtes Wetter ist, dann wird gehungert.
Setzen Sie sich in den Garten, in den Park oder an den Stadtrand. Und dann schauen Sie: Blumen. Das müssen keine gezüchteten Kübelpflanzen sein. Es reicht eine Blüte am Wegegrand. Ein Löwenzahn vielleicht. Diese Blüten machen sich keine Gedanken darüber, ob sie wunderbar aussehen. Sie blühen einfach. Betrachten Sie eine Blüte. Und dann erinnern Sie sich an das Wort Jesu: „Selbst König Salomo in all seiner Pracht sah nicht so wunderbar aus!“
Das Evangelium – es heißt nicht umsonst frohe Botschaft. Es macht froh. Denn es wendet meinen Blick weg von den falschen Lebensorientierungen. Weg davon, dass mein Leben sich an rein irdischen Dingen festmacht. Es wendet meinen Blick zur Ausrichtung auf das Reich Gottes. „Euer himmlischer Vater weiß, was ihr braucht!“
Das ist vielleicht eine Zumutung. Gerade auch für Menschen, die echte Sorgen haben. Das klingt vertröstend. Aber der Satz „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes" ist kein Standardsatz. Keine schnöde Trostfloskel. Sondern es ist Aufforderung. Zuerst nach dem suchen, was uns ausmacht. Zuerst das sehen, was mir das Leben ermöglicht. Das ist womöglich gar nicht so leicht. Denn die Sorgen bleiben ja dennoch.
Wie kann ich leben? Wie sollen wir überleben? Wie können wir als Kirche glaubhaft leben und reden? Wie kann ich würdig arbeiten? Was bringt die Zukunft? Was wird aus den Kindern? Die Fragen bleiben. Und sie dürfen bleiben. Aber heute soll gelten: Sorget euch nicht. Es genügt, wenn der morgige Tag seine eigenen Sorgen hat.
Trachtet nach dem Reich Gottes. Macht euch bewusst, was wichtig ist im Leben. So, wie die Schüler, die ganz bewusst für sich entscheiden: Lieber keine Karriere, dafür Zeit für Freunde und Familie. So, wie der Familienvater, der ganz bewusst entscheidet: Ich will lieber wieder weniger verdienen und dafür sehen, wie der Sohn, die Tochter aufwächst.
Morgen, morgen – aber nicht heute! Denn heute ist Sonntag! Heute ist der Tag, an dem die Sorgen nicht die Oberhand haben sollen. Dazu ermutigt uns Christus heute. Mitten im Sommer. Die Vögel sehen und die Blumen riechen und sich ein Beispiel an ihnen nehmen.
Wir müssen keine Angst haben, dass wir dadurch faul werden. Amen.
Vorbereitungsgebet
Immer wieder hetzen wir durch den Tag. Immer wieder leben wir schon zu sehr im Morgen.
Dabei gehen wir an Menschen vorbei, die uns wichtig sind und haben keine Ohren für die Gedanken unserer Nächsten.
Wir brauchen dagegen mehr Vertrauen in Gott und Ruhe für uns selbst.
Wir sind angewiesen auf Gottes Gnade und bitten gemeinsam:
Der allmächtige Gott erbarme sich unser, er vergebe uns unsere Schuld und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.
Tagesgebet
Gott, du nimmst unsere Sorgen ernst. Und du sagst uns deine Fürsorge zu. Darum dürfen wir dir Vertrauen schenken und mutig in den Tag gehen. Du machst uns frei von Verdruss.
So bitten wir dich. Sei bei uns in dieser Stunde und gib uns die Muße für die Menschen, die um uns sind, da zu sein um ihren Geschichten zu zuhören.
Das bitten wir dich, der mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und Leben schenkst heute und in Ewigkeit.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Otto-Fabian Voigtländer
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Missionarisch-Ökumenischer Dienst
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