Wochenspruch:
"All eure Sorge werft auf ihn; denner sorgt für euch." (1. Petrus 5, 7)
Psalm: 127, 1 - 2 oder 104 (EG 743)
Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 2, 4 b - 9 (10 - 14) 15
Epistel: 1. Petrus 5, 5 c - 11
Evangelium: Matthäus 6, 25 - 34
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 156 Komm, Heiliger Geist
Wochenlied: EG 432, 1 - 3 Gott gab uns Atem, damit wir leben
Predigtlied: EG 369, 1 – 3 + 7 Wer nur den lieben Gott lässt walten
Schlusslied: EG 170, 4 Komm, Herr, segne uns
Aus der Werkstatt des Predigtschreibers
Das Leitmotiv des Sonntags „Geborgen bei Gott / Gottes Fürsorge befreit uns von der Sorge um uns selbst“ (Agende I) hilft zum Verständnis allenfalls nachträglich.
Die vorgelegte Predigt bezieht ihren Roten Faden aus einer Gesamtwahrnehmung des Galaterbriefs: seiner scharfen Kontrastierung des Lebens „unter dem Gesetz“ und „in Christus“ (so Paulus in 2. Kor 5,17) bzw. „Christus in mir“ (Gal 2,20), die in der individuellen Existenz durch die Taufe markiert wird.
Von „Taufe“ spricht paulinisch verschlüsselt schon „im Geist leben“ (5,25). Und der ganze Text ist von Schlüsselwörtern für zwei Implikationen davon durchzogen. Für „Existieren ‚vom anderen her’“: einander (5,26), ihm aufhelfen (6,1), du nicht auch (1), sanftmütig (1) (im Bewusstsein des ‚Balkens im eigenen Auge’), ewiges Leben (8). Für „Lebenswahrheit gegen Lebenslüge“: eitel (5,26), betrügt sich selbst (6,3), irret euch nicht (7), Gott…nicht spotten (7) (der ‚Tun-Ergehens-Zusammenhang’ ist unhintergehbar), Geist/ Fleisch u. Ewiges Leben/Verderben (8), nicht müde werden (9).
Darum zuerst der entschiedene Akzent auf den Grundgedanken „Perspektivenwechsel“ und erst dann die Paraphrase des ganzen Textes, deren sachliches Zentrum die Formel ‚erst Mitmensch, dann Mensch’ ist. Der dogmatische Hintergedanke dabei: Allein wegen der sündenfallbedingten Ver-Kehrung der „sehr guten“ Schöpfung (die auch noch das „Gesetz“ verdirbt – Röm 7,11-13) die ‚Sendung des Sohnes’ (Gal 4, 4-5): Jesus, der exemplarische Mitmensch, an diesem Ver-kehrten Leben am Kreuz zugrunde gegangen; aber von Gott durch Auferweckung ins „ewige [ = richtige] Leben“ bestätigt! Und daran lässt er uns durch die Taufe – neue Schöpfung (2. Kor 5,17) – teilnehmen schon jetzt.
Für Studier- und Leselustige zwei Hinweise auf ‚Kontrastfolien’ aus der Literatur: das Kapitel „Der Blick“ in Jean-Paul Sartres philosophischem Hauptwerk „Das Sein und das Nichts“ – die Legende „Das Zwiebelchen“ aus Dostojewskijs Roman „Die Brüder Karamasow“, ein Moralbeispiel vorzugsweise (Google verrät’s) römisch-katholischer Predigten.
Fürbittengebet: gekürzt nach http://velkd.ekd.de/15-sonntag-nach-trinitatis.php
Liebe Gemeinde,
ach du liebe Zeit! Das soll Grundlage für eine Predigt sein? Das ist ja Stoff für einen ganzen Haufen von Predigten! Sätze aus dem Brief des Apostels Paulus nach Galatien. Dieser Brief ist für seine Schwer-verständlichkeit berüchtigt. Hier redet er aber eher im Sinne von: „Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“ Was sollen bloß wir damit anfangen? Und wie?
Ich greife mal den einen Satz heraus, der mir schon bekannt vorkommt: „Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Habe ich manchmal als Trauspruch gehört, Sie vielleicht auch. Obwohl es zuzeiten des Apostels gar keine Trauungen in der Kirche gab. Passt trotzdem, weil er vorschlägt, wie man denken und machen soll, damit gemeinsames Leben gelingt. Ich verstehe es so: Zum gemeinsamen Leben gehören immer mehrere, und die sind nun mal verschieden – nach Lebensgeschichte oder besonderer Begabung. Einer kann im Gespräch eine Sache schnell auf den Punkt bringen; andere wollen lieber auch noch diesen und jenen Aspekt erwägen. Eine andere hat viel Geduld, kann was wegstecken und eine gereizte Stimmung unauffällig ersticken statt so richtig anzuheizen. Wer drittes kann den Laden richtig in Schwung zu bringen, wenn’s mal durchzuhängen droht. Eine vierte hat besonderen Sinn für das Schöne, wobei andere finden, dass sie damit den Betrieb manchmal ganz schön aufhält. Und so weiter... Schön, dass das Leben so bunt ist. Und zugleich kann es manchmal ganz hübsch knistern und funken. Weil eben nicht alleweil zusammenpasst, was für sich genommen erfreulich ist. Schließlich machen Verschiedenheiten manches möglich – nur zugleich eben auch oft schwierig.
Aber dann gibt es ja unter uns wirklich die Lasten. Auch Lasten, die nicht so harmlos kleingerechnet werden können. Am übelsten viel
leicht, wenn ein Mensch sich selber eine Last ist: erlittene Enttäuschung in Beziehungen, immer wieder Misslingen im Beruf. Da gilt es dann aufmerksam zu sein, einfühlsam einzutreten füreinander und mehr als das. Eben: „Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“
Das klingt selbstverständlicher, als es im lebendigen Miteinander einzulösen ist. Deswegen musste es wohl auch einmal so gesagt sein – einschließlich der erstaunlichen Begründung, damit werde „das Gesetz Christi erfüllt“. Erstaunlich ist die ja deswegen, weil derselbe Paulus in einem anderen seiner Gemeindebriefe einmal sehr grundsätzlich behauptet hat, mit Jesus dem Christus wäre „das Gesetz“ an sein „Ende“ gekommen. Das verstehen wir vielleicht heute nicht sofort. Paulus‘ eigene Religion, in die er als Jude hineingewachsen war, die war einfach „das Gesetz“ - eine vielversprechende Vereinbarung zwischen Gott und seinem Lieblingsvolk Israel, wie es gehen soll mit dem Menschenleben so, dass das gut geht. Aber die Begegnung mit Jesus Christus, ungesucht wie sie war, hat dem Paulus aufgehen lassen, schlagartig und dann immer deutlicher: Da gibt es eine Alternative. Eine Alternative, für die es sich zu werben lohnt.
Wieso holt Paulus in seinem Brief nach Galatien das Gesetz wieder aus dem Archiv abgelegter Religionen? Er scheint die Irritation geahnt zu haben, macht es deswegen in seinem Leben auch dies eine Mal. Und er meint es so: „Des anderen Last tragen”, das ist nicht eine Vorschrift, auf die man sich einigen kann – und sie dann einhalten oder auch nicht. „Das Gesetz Christi ist nicht ein Übriges, das ihr auch noch tun könntet, sondern das ist euer Leben. Ihr seid getauft und damit gehören alle andern, die das auch sind, mit euch zusammen – egal wie.
„Wir sitzen alle in einem Boot” –, so wird schon mal gesagt. Wenn vom Generationenvertrag des Rentensystems die Rede ist oder von der Frage nach dem Wasserverbrauch in unserem Land, während anderswo die Wüste wächst. Oder beim Gedanken an unsere kleine Landeskirche, in der überall Teilen und Abgeben und Sich-zusam-men-Tun gefragt ist. Gefragt ist ein Perspektivenwechsel. Aber was soll das heißen?
Da hilft noch mal eine Redensart: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu“. „Goldene Regel“ nennen die viele, weil so oder ähnlich eine Lebensweisheit rund um den Globus zu finden ist, und das seit Jahrtausenden. Dieser Spruch lässt das Leben betrachten in der Perspektive des Nehmens, der eigenen Ansprüche, des Unterlassens und Abwartens. Jesus sagt dasselbe, aber um ein entscheidendes Etwas anders: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun, das tut zuerst auch ihnen.“ Fällt Ihnen was auf? Da tut sich eine Perspektive des Gebens auf, der Aufmerksamkeit, der Zuvorkommenheit und des Eintretens für andere.
Ach ja. Auch das Ohr tut sich da nochmal anders auf für ein zweites Hören unseres vermeintlich unmöglichen Predigttextes. Probieren wir es aus:
„Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln.“ Wir verstehen jetzt: „Im Geist wandeln“ meint überhaupt nichts Ätherisches. Sondern meint einfach: mein Leben vom andern her führen wollen, ganz handfest.
Als hätte der Apostel gesagt:
Wir sind doch getauft - - also bitte!!! Was hindert euch eigentlich am entsprechenden Benehmen?
Ich weiß, ich weiß: da gibt’s schon was. Ist aber doch nicht das, was wirklich hindern müsste. Ich sag euch ein paar Beispiele nur dafür, was es gibt und wie es dennoch geht:
„Nach eitler Ehre trachten“, das kennt ihr doch –, auch wenn ihr es vielleicht anders nennt: Immer so, dass alle dich gut finden, als der Beste, die Flotteste dastehen wollen, Konkurrenzspielchen pflegen, andern nichts gönnen. „Nach eitler Ehre trachten“ –, ist doch alles hohl. Lasst es einfach bleiben.
Es ist einfacher als man denkt –, und doch kriegt man’s nicht immer hin. Nur zu gerne sehen wir jemand anders in diesen Stil zurückfallen, und zeigen dann mit dem Finger oder schreiben ihn einfach ab –, statt dass ich mich an die eigene Nase fasse und dem schwach Ge-
wordenen helfe, wieder zu werden, wie er eigentlich sein will, ein echter Mitmensch. Denn das ist es: selber als erstes Mitmensch sein –, das eigene Mensch-Sein ergibt sich dann schon von selber!
So hat Gott uns Menschen gemeint und geschaffen, dich und mich. Das kommt euch verrückt vor? Das verstehe ich. Wie die Menschheit sich ihr Leben auf der Welt seitdem eingerichtet hat, bringt uns dies Leben eben das Umgekehrte bei: Es käme doch erst ICH und dann erst andere... Aber das, das eben ist das Ver-Rückte, das Ver-Kehrte.
Ihr könnt es ruhig so lassen, wie es ist. Aber ihr werdet sehen, wie das ausgeht: zeitlebens immer erst ICH und dann am Ende nur tot. Und manchmal auch schon zeitlebens, gefühllos wie ihr dabei werdet. Statt dass ihr darauf setzt, wirklich als getaufte Christenmenschen zu leben. Ihr werdet merken, um wie vieles weiter das Leben dann wird.
Vielleicht nicht gleich, bestimmt nicht: „Alles umsonst, und zwar sofort!“ Das Leben ist kein Werbespot. Das richtige Leben macht sich im falschen nicht so ohne weiteres bemerkbar. Drum sage ich euch: Lasst euch davon nicht anfechten –, fangt einfach an, es herauszulocken; es meldet sich schon. Und denkt nicht: „Da kann ich ja gleich die Welt retten wollen, da brauch’ ich ja gar nicht erst anzufangen“! Das ist ja so was von realistisch und vernünftig, liebe Freunde. Aber genau da lauert die Versuchung, einfach alles bleiben zu lassen wie es ist. Lasst euch davon nicht einwickeln, sondern fangt einfach an: „Alles muss klein beginnen“. Fang einfach an, als erstes Mitmensch zu sein mit denen, die dieselbe Lebensgewissheit und dieselben Zweifel haben wie du. Die anderen entdeckst du schon noch; sie zeigen sich dann. „Lass etwas Zeit verrinnen; es muss nur Kraft gewinnen, und endlich ist es groß“.
Das ist die Erfahrung seines Lebens als Christenmensch, die der Apostel mit seinen Leuten in Galatien teilt – und über das Bibelbuch auch mit uns hier. Ein Stück weiter vorne im Brief hat er sie mal so zusammengefasst: „So lebe nicht mehr ich, sondern Christus in mir“. Ein schier unglaublicher Satz, klingt wie eine Mischung aus „esoterisch“ und „Fall für die Psychiatrie“. So wirkt das in der Welt, wie sie ist. Aber das, das ist die verwandelte und verwandelnde Perspektive aufs Leben, durch das alles neu wird. Wir können sie einnehmen (Gott betrachtet uns schon so!). Tun wir es doch.
Amen.
Du Gott aller Gnade, bei dir ist alle Macht.
Deine Gegenwart richtet die Schwachen auf.
Deine Gerechtigkeit sättigt die Hungrigen.
Deine Barmherzigkeit tröstet die Verachteten.
Zu dir rufen wir:
L./G.: Sei gnädig und erbarme dich.
L.: Du Gott aller Gnade,
du widerstehst den Hochmütigen.
So bitten wir dich:
verwandele die Herzen derer,
die Hass säen und andere Menschen verachten.
Mache die stark, die Brücken bauen
und in ihrem Leben Versöhnung üben.
Zu dir rufen wir:
L./G.: Sei gnädig und erbarme dich.
L.: Du Gott aller Gnade,
stehe den Demütigen bei,
stärke diejenigen, die verzichten, damit andere leben können.
Nimm dich aller an, die in Not sind.
Erbarme dich der Erwachsenen in ihrer Sorge für ihre Kinder.
Nimm dich unserer Sorge an,
die wir für die Zukunft unserer Gesellschaft haben.
Zu dir rufen wir:
L./G.: Sei gnädig und erbarme dich.
L.: Du Gott aller Gnade,
bewahre im Glauben alle, die sich zu dir bekennen.
Schütze die Verfolgten,
wir bitten dich für die christlichen Gemeinden in Nordkorea.
Stärke uns und unserer Kirche, sprich du durch unsere Worte.
Handele du durch unsere Taten.
Zu dir rufen wir:
L./G.: Sei gnädig und erbarme dich.
L.: Du Gott aller Gnade,
richte die Verzweifelten auf,
stärke die Kranken und ihre Angehörigen,
gib den Trauernden Kraft.
Sei du in Jesus Christus der Grund unseres Lebens.
Zu dir rufen wir:
L./G.: Sei gnädig und erbarme dich.
Verfasser: OLKR i. R. Dr. Frithard Scholz
Meßhagen 21, 34369 Hofgeismar
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Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und WINWORD-Datei) erhältlich
und im Internet abrufbar (http://www.zentrum-verkuendigung.de/predigten.html)
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