Geborgen bei Gott
von Tobias Kraft (55234 Nieder-Wiesen)
Predigtdatum
:
16.09.2007
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
13. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Lukas 17,5-6
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Wochenspruch:
Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1. Petrus 5,7)
Psalm: 127,1-2
Lesungen
Altes Testament:
1. Mose 2,4b-9 [10-14] 15
Epistel:
1. Petrus 5,5c-11
Evangelium:
Matthäus 6,25-34
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 166, 1-2+ 5+6
Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied:
EG 369,1-2+7
Wer nur den lieben Gott lässt walten
Predigtlied:
EG 351,1-3+13
Ist Gott für mich, so trete
Schlusslied:
EG 345,1+5
Auf meinen lieben Gott
Hinführung:
In diesem kleinen Predigtabschnitt mutet uns Jesus Großes zu. In unseren Augen Unvorstellbares gelingt, wenn wir den Glauben ernst nehmen. Dem Glaubenden ist Unmögliches möglich und zwar deswegen, weil der Glaube in Gott verankert ist. Wer glaubt, weist über sich selbst hinaus, weist hin auf Gott.
Von einer Glaubenskrise bei uns heutzutage kann m. E. eigentlich nicht die Rede sein; wir glauben eher zuviel als zu wenig. Jedoch stellt sich uns beim Nachdenken über die Worte unseres Predigtabschnittes die Frage: Wem glauben wir? – Was glauben wir? Und wo bzw. wie setzt sich unser Glaube um?
Ich denke, Jesu Vergleich mit dem Senfkorn möchte uns ermutigen, im Kleinen damit zu beginnen, unseren Glauben an Gott wieder neu in Blick zu nehmen und mit kleinen Schritten und Zeichen die verändernde Kraft des Glaubens auch umzusetzen und zu leben. Darin liegt eine große Verheißung.
5 Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! 6 Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.
Liebe Gemeinde!
Wer von uns könnte sich mit der Bitte der Apostel nicht identifizieren? „Stärke uns den Glauben!“ – Wir kennen ja sicher alle das Gefühl, schwach im Glauben zu sein.
Und unsere Mitwelt macht es uns auch nicht leicht mit dem Glauben: „Ich glaube nur an das, was ich sehe…“; - „Ich kann nicht an Gott glauben, der so viel Leid in der Welt zulässt…“ – „Glauben, das ist doch was für kleine Kinder und den Osterhasen…“ so hören wir die Aussagen mancher Zeitgenossen. Welche Antworten sollen wir auf solche Einwände geben?
Und da hören wir nun das Wort Jesu: „Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn…“, diese Aussage kann allerdings unsere Verunsicherung nur noch größer werden lassen, denn damit scheint deutlich zu werden, dass auch wir keinen Glauben, bzw. zu wenig Glauben haben.
Dabei tragen wir doch den Wunsch in uns, einen starken Glauben zu haben, also ein Urvertrauen zu Gott – oder?
Möglicherweise befinden wir uns gar nicht in einer Glaubenskrise, von der hier in unserem Predigtwort die Rede zu sein scheint, sondern vielleicht glauben wir heute einfach zu viel.
Die Welt ist kompliziert geworden. Wenn wir uns einmal vergegenwärtigen, wie viele Informationen – Bilder, Texte, Aussagen, Aktionen - tagtäglich auf uns einstürmen, womit andere versuchen unsere Gunst, unsere Kauflust, unser Herz, unser Vertrauen zu erreichen, da sind wir leicht überfordert. Was können wir glauben? Wem können wir noch glauben?
Und verblasst da nicht unser christlicher Glaube in dieser Fülle von Bildern, Informationen, Nachrichten, Werbungen, Angeboten, die unsere Aufmerksamkeit voll in Anspruch nehmen?
Wo und wie zeigt sich unser christlicher Glaube noch im Alltag? Wo spielt christliche Ethik im Wirtschaftsleben, in der Politik noch eine Rolle? Wo werden denn außer im Gottesdienst oder Religions- und Konfirmandenunterricht christliche Werte vermittelt oder gar gelebt? Von wem werden die 10 Gebote noch ernst genommen? Wer kennt sie eigentlich noch alle?
Nun, wenn man sich zu seinem christlichen Glauben bekennt, wird man ausgelacht, zumindest belächelt.
Andere Dinge, andere Inhalte sind gemeinhin an die Stelle des christlichen Glaubens getreten. Wir glauben an Vieles, nur nicht mehr an das Eine, oder besser gesagt, an den Einen.
Und betrachten wir uns einmal selbstkritisch: Sind wir als Christen denn glaubwürdig? Haben wir uns beispielsweise eingesetzt für mehr Gerechtigkeit in dieser Welt, also den Ausgleich zwischen Arm und Reich? Ich bin übrigens in diesem Zusammenhang der Meinung, dass die Gefahr des Terrorismus, die uns nach wie vor bedroht, ursächlich damit zusammenhängt, dass viele Menschen in Asien, Afrika oder Südamerika sich gedemütigt oder deklassiert fühlen von den reichen Industrieländern. Und jede Frustration bewirkt immer auch Aggression – das wissen wir auch aus Erfahrungen unseres eigenen Lebens.
Dialog mit den Religionen, vor allem mit dem Islam wird nun gefordert. Das ist richtig und wichtig, aber wie wollen wir andere Glaubensrichtungen, andere Religionen beurteilen, wenn wir über unsere eigene Religion kaum mehr Bescheid wissen, bzw. unser eigenes Glaubensleben sträflich vernachlässigt haben.
Unsere Gesellschaft er-„götzt“ sich lieber am Fernsehen mit immer brutaler werdenden Krimis, oder oberflächlich-ordinärer Unterhaltung, ganz zu schweigen von menschenverachtenden Computerspielen, die die Seelen unserer Kinder verrohen lassen.
Wir gedenken in diesen Tagen wieder der schrecklichen Anschläge vor 6 Jahren in New York. Doch damals war es schon nichts Besonderes mehr, das World-Trade-Center zuvor im Computerspiel zu attackieren. Fast in jedem Kinderzimmer konnte mit Hilfe von Flug-Programmen auf dem Bildschirm simuliert werden, die Türme zum Einsturz zu bringen, bevor es dann grausame Realität wurde.
Die Saat der Gewalt schlägt auf uns zurück – auf jedem Schulhof kann man das beobachten. Christliche Werte scheinen uns nur noch am Rande etwas wert zu sein.
Doch wie viele Menschen, besonders Jugendliche, sind heute auf der Suche nach Orientierung, Lebenssinn, nach etwas wirklich Glaubwürdigem!
Unsere Antworten sind gefragt, was uns wirklich wichtig ist im Leben, was über das Materielle hinausgeht, was über das Sichtbare hinausweist, was über die Zeiten Bestand hat, kurz, was der Glaube an Gott uns bedeutet. Oft sind unsere Antworten allerdings kläglich, oder eben unglaubwürdig, weil halbherzig oder auch schwach.
„Stärke uns den Glauben!“ - Jesu Antwort überrascht: „Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer, und er würde euch gehorchen.“
Weniger Vorwurf wegen mangelnder Glaubensstärke wie an anderer Stelle („O, ihr Kleingläubigen…“), sondern eher eine Ermutigung ist das hier. Ich mute euch Glauben zu, sogar einen Glauben, der Unglaubliches zu Wege bringt. Jesus legt den Aposteln dazu etwas in die Hand. Er füllt ihre Hände mit einem winzigen Senfkorn. Auch wenn es noch so klein ist, so liegt darin doch ein Versprechen auf Erfüllung, eine Verheißung von Reife und Größe, die man gar nicht vermutet. Und er unterstreicht dies noch mit dem Bild des Maulbeerbaumes, der als besonders tief verwurzelt bekannt war, der sich selbst ausreißen und im Meer anpflanzen soll. In dieser eigentlichen Unmöglichkeit will Jesus deutlich machen: Dem Glaubenden ist Unmögliches möglich und zwar deswegen, weil der Glaube in Gott verankert ist. Wer glaubt, weist über sich selbst hinaus, weist hin auf Gott. „Mit unserer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren“, hat Martin Luther gedichtet. Wer auf Gott vertraut, hat somit Teil an Gottes Macht und Stärke.
Dadurch kann auch das kleine „Körnchen“ Glaube bei den Jüngern kraftvoll wirken. Jesus wollte den Menschen Mut machen, ihren Glauben, ihr Vertrauen zu Gott, nicht aufzugeben. Kleinglaube bedeutet genau das Gegenteil. Der Kleinglaube lebt nicht vom Vertrauen, sondern vom Misstrauen. Aber: Wir Menschen in unserer Gesellschaft sind im Umgang miteinander misstrauischer geworden, weil eben unser Vertrauen oft verspielt, ausgenutzt oder enttäuscht wurde.
Der Glaube bewahrt nicht vor Lebenskrisen oder Anfechtungen, aber er hilft sie zu bestehen und mit Gottes Hilfe auch zu überwinden. Glaube bedeutet: Mein Leben mit Gott in Verbindung zu bringen und sich ihm anzuvertrauen. Das hat dann verändernde Kraft im Leben und manche Menschen bekennen sich auch dazu, Kraft für die Aufgaben ihres Lebens eben aus dem Glauben zu beziehen.
Fangt im Kleinen damit an, euren Glauben auch umzusetzen und in der Kraft des Glaubens euer Leben zu gestalten, will uns Jesus ermutigen.
Und jeder Mensch kann mit Kleinigkeiten Großes bewirken. In einem vor einigen Monaten erschienenen Buch des Engländers David Robinson werden 50 kleine Aktionen vorgeschlagen, mit denen sich die Welt einfach verändern lässt: Vom Lächeln bis zur Energiesparlampe, vom Blumen pflanzen bis zum Blut spenden. „Sei die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst“ wird in dem Buch Mahatma Gandhi zitiert. Dann kann etwas Großes daraus wachsen, wie aus einem kleinen Senfkorn. Dann kann unser Glaube in der Tat weltverändernde Wirkung entfalten. Also nicht nur die große Politik ist gemeint oder gefragt, die Welt von Terror, Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit zu befreien, wir sind gefragt, jeder von uns – gerade wir Christen – im Kleinen, bei uns anzufangen, unsere christlichen Werte auch zu leben; wenigstens unseren Senfkornglauben wieder ernster zu nehmen, um damit einen kleinen Beitrag zu leisten, unsere Welt nachhaltig zu verändern, hin zu mehr Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
Vertrauen wir dabei auf Gott, er gibt uns die Kraft und den Mut dazu!
So zitiere ich zum Schluss den Kirchenvater Augustin, der vor 1700 Jahren folgende Gedanken formuliert hat:
„Gott, von dir sich abwenden heißt fallen; zu dir sich hinwenden heißt aufstehen; in dir bleiben heißt sicheren Bestand haben. Gott, dich verlassen heißt sterben; zu dir heimkehren heißt neu zum Leben erwachen, an dich zu glauben heißt leben.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Tobias Kraft, Kriegsfelder Str. 10, 55234 Nieder-Wiesen
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