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Geborgen bei Gott

von Sabine Hertzsch (Großobringen)

Predigtdatum : 04.09.2016
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 13. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Petrus 5,5c-11
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Wochenspruch:
"All eure Sorge werft auf ihn; denner sorgt für euch." (1. Petrus 5, 7)
Psalm: 127, 1 - 2 oder 104 (EG 743)

Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 2, 4 b - 9 (10 - 14) 15
Epistel: 1. Petrus 5, 5 c - 11
Evangelium: Matthäus 6, 25 - 34

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 162 Gott Lob, der Sonntag kommt herbei
Wochenlied: EG 345 Auf meinen lieben Gott
Predigtlied: EG 325,
1.2.6.7 Sollt ich meinem Gott nicht singen
Schlusslied: EG 170 Komm, Herr segne uns


Predigttext 1. Petrus 5, 5 b - 11
„…denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst dass ebendieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen. Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.


Predigt

Liebe Gemeinde,

in fast jeder unserer Kirchen befindet sich irgendwo eine Kniebank. Früher wurden sie im Gottesdienst regelmäßig benutzt, vor allem beim Empfang des Abendmahls. Das ist weithin nicht mehr üblich. Wir stehen im Halbkreis, wenn wir Brot und Wein empfangen oder einander weiterreichen. In manchen Kirchen stehen die Kniebänke darum seit Jahren unangetastet, von Spinnweben vereinnahmt in einer Ecke hinter dem Altar.

Früher gab es auch Kniebänke in den Bankreihen. Gekniet wurde zur allgemeinen Beichte oder wenn der Pfarrer die Einsetzungsworte zum Abendmahl sprach. In katholischen Kirchen ist das heute noch üblich. Wir haben in unseren evangelischen Kirchen dieses Knien abgeschafft.

Dennoch gibt es auch bei uns Kniebänke, die werden hin und wieder benutzt. Manche sind wahre Schmuckstücke, mit Schnitzkante verziert und mit roter Seide bespannt. Bei uns wird ab und zu „gekniet“ und zwar zu besonderen Anlässen. In vielen Gemeinden ist es üblich, dass Jugendliche zu ihrer Konfirmation niederknien für die Einsegnung. Ähnlich ist es mit Paaren, die sich trauen lassen oder mit Pfarrerinnen und Pfarrern, wenn sie in eine neue Pfarrstelle eingeführt werden.

Niederknien ist eine demütige Haltung. Ich mache mich im wahrsten Sinne des Wortes klein. Es ist eine angemessene Haltung gegenüber Gott. So jedenfalls fordert es der Verfasser des 1. Petrusbriefes: „So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes“ (V.6).

Demut gehört zu den Worten, die aus unserem Sprachgebrauch langsam verschwinden wie das Knien im Gottesdienst. Es passt nicht so recht in unsere Zeit, in der Menschen selbstbewusst und unerschrocken auftreten, keinem anderen verpflichtet als sich selbst.

Dennoch wünschte ich manchem jugendlichen Autofahrer eine kleine Portion Demut. So schnell kann von einem Moment auf den anderen alles anders sein. Es ist anmaßend zu meinen, wir hätten zu jeder Zeit die Fäden unseres Lebens voll in der Hand.

Wir sind nicht Gott. Wir sind ihm ähnlich, so wie es in Psalm 8 beschrieben ist: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. (Ps 8,5f.) Doch Gott allein ist „die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit“. (V.11) Demütig sein gegenüber Gott hat hier also etwas mit Maßhalten zu tun. Ich vertraue darauf, dass Gott weiter sieht als ich selbst. Das kann entlastend sein.

Der 1.Petrusbrief bindet das Demütig-Sein eindeutig an Gott. Es ist die gewaltige Hand Gottes, der wir uns unterstellen sollen. Gott allein gebührt Demut und keinem anderen.

„Kniet nieder!“ – so haben es Herrschende immer wieder von ihren Untergebenen verlangt. Vor dem Hintergrund eines solchen Machtanspruches ist auch unser Text entstanden. Die Christen im damaligen Kleinasien waren in eine Zwickmühle geraten. Sie sollten ihrem Glauben abschwören und sich ganz der Macht des Kaisers unterwerfen. Harte Zeiten brachen an für die damals noch jungen Gemeinden. Christsein galt als strafbar. Christen waren verfolgt, sie wurden mit Argwohn beobachtet und allerlei übler Taten beschuldigt. Sie waren ähnlich bedrängt wie gegenwärtig wieder im Machtbereich des sogenannten „Islamischen Staates“.

Vor diesem Hintergrund sind die Mahnungen des 1. Petrusbriefes zu lesen: „Stellt euch unter Gottes Hand! Werft eure Sorge auf ihn! Seid nüchtern, seid wach! Widersteht dem Teufel!“ Einfach wird es nicht gewesen sein, unter den damaligen politischen Verhältnissen standhaft zu bleiben. Man konnte sich nur immer wieder gegenseitig ermutigen: Haltet fest an eurem Glauben! Der gnädige Gott wird euch aufrichten, stärken und kräftigen (V. 10). Man konnte darauf hinweisen: Seht doch, ihr leidet nicht allein. Wisst, dass dieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen (V. 9).

Erstaunlich aktuell ist dieser Hinweis auf ein weltweites Leiden. Der Briefschreiber weiß um die solidarische Verbundenheit aller, die leiden. Auch das dient dazu, einander zu bestärken. Gerade die Christen im Nahen Osten brauchen unsere Solidarität, unsere geschwisterliche Verbundenheit. Die Kirchen führen ihre Anfänge zum Teil bis ins Urchristentum zurück. Einige feiern die Gottesdienste noch heute in der Sprache Jesu, wie sie sagen. Aber in den zurückliegenden Jahren mussten sie zu hunderttausenden fliehen: aus dem Irak, aus Syrien. Und diejenigen, die geblieben sind, fürchten um Leib und Leben. Dass wir ihnen helfen, wo wir können, ist wichtig, ob durch Hilfsorganisationen, die im Nahen Osten tätig sind oder direkt den Geflohenen, die bei uns Schutz und Überleben suche. Aber wir hören immer wieder auch die Bitte: Vergesst uns nicht. Betet für uns. Erzählt von unseren Leiden. Denn am schlimmsten ist das Vergessen werden.

Im Predigtabschnitt wird die bedrohliche Situation in ein Bild gefasst: „Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe.“ (V. 8) So lautstark tritt der Teufel für gewöhnlich im Neuen Testament nicht auf. Er begegnet uns in Person hier ohnehin eher selten. Eine Geschichte erzählt, wie der Teufel Jesus in der Wüste aufsucht. Heimtückisch und leise nähert er sich Jesus. Der Teufel fordert Jesus auf, Steine zu Brot zu machen. Dann soll sich Jesus von der höchsten Zinne des Tempels stürzen und zuletzt soll er den Teufel selbst anbeten. Jesus tut nichts von all dem, daraufhin verschwindet der Teufel. Im Bild des brüllenden Löwen taucht er nun plötzlich wieder auf.

Wenn das Böse auch nicht „immer und überall ist“, so taucht es doch auf, manchmal leise und heimtückisch, manchmal laut und brüllend. Heute in einer Woche ist der 11. September, zum 15. Mal jährt sich jener denkwürdige Tag, an dem die Türme des World Trade Centers in sich zusammenstürzten. Ein ganzes Weltbild geriet damals ins Wanken. Nichts sei mehr, wie es einmal war, so hieß es immer wieder in den Medien. Vielleicht stimmt das. Vielleicht hat das Böse seitdem ein neues Gesicht. Es bekommt gar religiöse Züge. Zahlreiche von religiösem Fanatismus angeheizte Terroranschläge hat es seit jenem 11. September 2001 gegeben. Die Angst wächst.

In unruhigen Zeiten soll man sich jedoch nicht allein von den Tagesnachrichten leiten lassen. Der Verfasser des 1. Petrusbriefes macht das auch nicht. Im Gegenteil, er verpackt die aktuelle Situation in das Bild des brüllenden Löwen. Und dann konzentriert er seine Gedanken auf die Stärkung der Gemeinde: „Alle eure Sorge werft auf Gott, denn er sorgt für euch! Seid nüchtern, seid wachsam! Wisst, die Zeit eures Leidens ist begrenzt! Der Gott aller Gnade wird euch aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.“
Das könnte auch für uns heute ein guter Weg sein. Wir geben der aktuellen Situation einen Namen, manchmal hilft vielleicht auch ein Bild. Und danach wenden wir all unsere Kraft dafür auf, einander zu bestärken, wachsam zu sein, die Sorgen zu begrenzen auf einen Tag, wird doch der morgige Tag für das Seine sorgen.

Gut, dass es die Kniebänke in unseren Kirchen noch gibt. Gut, dass sie uns für besondere Anlässe zur Verfügung stehen. Viele Jugendliche empfangen zu ihrer Konfirmation auf einer Bank kniend Gottes Segen. Sichtbares Zeichen einer demutsvollen Haltung. Vielleicht werden sie später in der Lage sein, mit solchen Menschen und Aufgaben Zeit zu verbringen, die sie normalerweise als unter ihrem Niveau empfinden würden.

Und auch wenn wir die Kniebänke nicht mehr regelmäßig benutzen: Sie erinnern uns doch an eine innere Haltung, die wir im Gebet einnehmen können: voller Demut und Vertrauen zu Gott gehen mit allem, was uns und unsere Geschwister in der Welt beschwert.
Amen

Fürbittengebet
Barmherziger Gott,
du sorgst für uns. Dafür danken wir dir.
Wir bitten dich um Offenheit für Menschen,
die sich ihres Lebens freuen,
die zufrieden sind mit dem, was sie haben:
Gesundheit, Ansehen, Wohlstand.
Neidlos wollen wir an ihrer Freude teilhaben.

Barmherziger Gott,
wir bitten dich um Aufmerksamkeit für Menschen,
die unsere Hilfe brauchen:
Arme und Kranke,
Entmutigte und Überforderte.
Wir wollen mit ihnen und für sie Wege suchen,
die sie aus der Dunkelheit wieder ins Licht führen.
Barmherziger Gott,
wir bitten dich um Schutz für die Menschen,
die verfolgt werden,
deren Häuser und Nachbarschaften zerstört sind,
die ihrer Heimat beraubt werden, die fliehen müssen.
Stärke unseren Mut, ihnen beizustehen
im Beten und im Tun.

Barmherziger Gott,
wir bitten dich um Trost für Menschen,
die traurig sind.
Hilf, dass sie wieder am Leben teilnehmen
und sich nicht von Kummer überwältigen lassen.

Barmherziger Gott,
wenn wir unsere Gemeinden bauen,
hilf uns, keine geschlossene Gesellschaft zu werden.
Wir wollen unsere Türen offen halten
und uns über unerwartete Begegnungen freuen.
Begleite uns mit deinem Geist. Amen.



Verfasserin: Pfarrerin Sabine Hertzsch,
Unterdorf 110, 99439 Großobringen

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