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Geborgen bei Gott

von Gregor Heidbrink

Predigtdatum : 20.09.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : 15. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Mose 2,4b-9(10-14)15(18-25)
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Wochenspruch: All eure Sorge werft auf ihn; denner sorgt für euch. (1. Petrus 5,7)

Psalm: 127,1-2

Predigtreihen

Reihe I: 1. Petrus 5,5b-11
Reihe II: 1. Mose 2,4b-9(10-14)15(18-25)
Reihe III: Lukas 17,5-6
Reihe IV: Galater 5,25-6,10
Reihe V: 1. Mose 15,1-6
Reihe VI: Matthäus 6,25-34

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 455 Morgenlicht leuchtet
Wochenlied: EG 427 Solang es Menschen gibt auf Erden
Predigtlied: EG 432 Gott gab uns Atem, damit wir leben
Schlusslied: EG 157 Lass mich dein sein und bleiben

Predigttext 1. Mose 2, 4 b - 9 (10 - 14) 15 (18 - 25)

Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte.

Der Garten Eden

5 Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen. Denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute;
6 aber ein Strom stieg aus der Erde empor und tränkte das ganze Land.
7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.
8 Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte.
9 Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen.
(10 Und es geht aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern, und teilt sich von da in vier Hauptarme.
11 Der erste heißt Pischon, der fließt um das ganze Land Hawila und dort findet man Gold;
12 und das Gold des Landes ist kostbar. Auch findet man da Bedolachharz und den Edelstein Schoham.
13 Der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das ganze Land Kusch.
14 Der dritte Strom heißt Tigris, der fließt östlich von Assyrien. Der vierte Strom ist der Euphrat.)
15 Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.
(18 Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.
19 Und Gott der HERR machte aus Erde alle die Tiere auf dem Felde und alle die Vögel unter dem Himmel und brachte sie zu dem Menschen, dass er sähe, wie er sie nennte; denn wie der Mensch jedes Tier nennen würde, so sollte es heißen.
20 Und der Mensch gab einem jeden Vieh und Vogel unter dem Himmel und Tier auf dem Felde seinen Namen; aber für den Menschen wurde keine Hilfe gefunden, die ihm entsprach.
21 Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloss die Stelle mit Fleisch.
22 Und Gott der HERR baute eine Frau aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm.
23 Da sprach der Mensch: Die ist nun Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist.
24 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein ein Fleisch.
25 Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und schämten sich nicht.)

Hinführung

Meine Empfehlung geht dahin, auf jeden Fall den ganzen Textabschnitt 1. Mose 2,4b-15 zu lesen. Entsprechend wird er hier auch ganz ausgelegt.

Historische oder naturwissenschaftliche Zugänge zum Text zu suchen, verstellt den Blick auf die wesentlichen Erkenntnisse, die die Erzählung vermitteln kann. Der Heilige Geist legt uns hier etwas Besseres vor, als eine biologische Doktorarbeit. Das wichtigste, was uns die Bibel erklärt: Wozu wird eigentlich der Mensch geschaffen? Was ist sein Ziel? Dahin geht auch die Auslegung in der Predigt.

Das Paradies ist ein Ort der Sehnsucht, in dem die menschliche Existenz unmittelbar zu ihrem ursprünglichen Ziel kommt. Wie geschaffen ist Adam für die Bebauung und Gestaltung dieses Gartens. Als Christen treibt uns die Sehnsucht nach Gottes Reich, Paradieshoffnung, die im Neuen Testament erneuert wird.

Die Anrede der Gemeinde wie die Rahmung der Predigt durch Kanzelgruß und -segen soll nach eigenem Empfinden und lokaler Gewohnheit geschehen.

Lebenssinn und Paradies

Liebe Schwestern und Brüder,

was wohl Adams erstes Gefühl war, als er sich reckte und streckte? Erde und Staub waren nicht länger totes Material, sondern sie spannten sich als Muskeln und Sehnen über seinen Knochen. Warmes Blut pocht durch Arme und Beine. Eben noch sinnloser Staub. Jetzt: Krone der Schöpfung.

Die Schöpfung ist noch im Rohzustand. Leben brodelt schon unter der Oberfläche, will keimen und sprießen. Larven wollen schlüpfen, aber noch gibt es keine Ordnung und auch noch keinen Herrn, der vorgibt, wie alles werden soll. Nur ein bisschen Tau legt sich morgens auf den leeren Acker. Regen, der Segen bringt, fällt noch nicht.

Adam wird be-geist-ert. Der Herr gibt ihm Lebensgeist – ohne ihn wäre er ein toter Klumpen Erde geblieben. Selbst das per-fekt geformte Kunstwerk hätte von allein nicht aufzustehen können, oder beginnen irgendetwas zu tun. Es muss beseelt werden. Und Gott macht das. Adam läuft barfuß durch den Staub. Und der Acker um ihn herum sehnt sich nach Leben.

Gott pflanzt einen Garten. Er setzt Bäume voll Schönheit und voll Speise, sodass Adam satt wird. Adam bekommt eine Berufung: Bebaue und bewahre den Garten! Breite ihn aus. Verwandle die rohe Schöpfung in sein Bild!

Das Paradies ist kein Ort von Stillstand. Sondern es ist die Keimzelle der Schöpfung. Eine Landkarte voller weißer Flecken – Raum für Kreativität. Freiheit etwas zu tun – und die Berufung, sich auszutoben und sich zu vermehren. Nur einen kleinen Anfang hat Gott gesetzt, jenen Garten. Von da aus soll sich das Leben ausbreiten. Dafür sind auch diese vier Flüsse wichtig. Euphrat und Tigris entspringen dort. Und wo ihr Wasser hinkommt, wird aus der Wüste ein Garten – das Paradies selbst ist die Quelle des Lebens.

Manche sind der Meinung, beim Christsein ginge es nur darum seinen Hintern in den Himmel zu kriegen.

Aber geht es beim Christsein darum, ins Paradies zu kommen? Die einen, die so denken, interessieren sich nicht mehr für diese Welt. „Worauf es ankommt ist der Himmel. Was hier unten schief läuft, ist eh nicht zu ändern.“ Die anderen, die so denken, finden die Aussicht auf diesen Himmel, dieses Paradies langweilig.

Dabei schaut mal auf die ursprüngliche Berufung: Gott b-schenkt dich mit Lebensgeist, damit du an deiner ursprünglichen Berufung teilhaben kannst. Werde ein Teil des Paradieses! Breite es aus. Es ist uns Menschen anvertraut.

Das Paradies ist eine Antwort auf die Frage nach dem Wozu? Als Adam das Paradies sieht, merkt er, dass alles seinen Sinn hat.

Suche nach Sinn, Suche nach dem Paradies?

Liebe Gemeinde,

es gab keinen Augenzeugen, der es überliefert hat, wie Gott Adam geformt hat aus der Erde, wie er Lebensodem in ihn gegeben hat, wie überhaupt der Ackerboden entstanden ist, von dem er Adam genommen hat. Was wir haben, ist eine Geschichte, die der Heilige Geist uns gegeben hat; es ist eine prophetische Geschichte. Sie betrifft unsere Welt, aber irgendwie auch nicht unsere Welt. Denn die Welt hat sich geändert.

Pischon und Gihon fließen da – zwei Flüsse, die wir nicht mehr kennen. Was ist aus ihnen geworden? Die Welt hat sich geändert.

Aber da fließen auch Euphrat und Tigris – zwei Flüsse, die wir kennen. Sie fließen durch den Irak. Denkt nur: Paradies-wasser fließen durch dieses Land! Und was haben Menschen daraus gemacht? Nach Gottes Willen müssten wir Schaufeln und Gießkannen dorthin schicken. Für den Garten. Aber wir schicken Panzerfäuste. Die Welt hat sich geändert.

Ein Mensch steht auf aus dem Staub und geht in das Paradies. Wir sehen meistens das Gegenteil: Wir sehen Menschen, die in Schutt und Asche legen, was andere sich aufgebaut haben. Wir sehen einen Menschen, eben war er noch ein lebendiger Mensch – aber bald schon ist er Staub. Ein Teil des Bodens.

 "Erde zu Erde. Asche zu Asche. Staub zu Staub." Wenn der Lebensgeist davon ist, bleibt nichts mehr übrig von uns. Auch hier hat sich etwas geändert.

Was bleibt, ist die Sehnsucht nach dem Paradies? Wie finde ich den Weg dorthin? Sehnsucht bleibt, obwohl die Liste der Sinnlosigkeiten länger und länger wird. Das Gefühl für mehr berufen zu sein. Das ist die Quittung dafür, dass wir diese Welt geändert haben. Gottes Lebensgeist durchströmt uns noch – einen jeden von uns. Aber unser Weg führt uns nicht zwangsläufig zu ihm.

Wer das Paradies sucht, hat die Qual der Wahl:

Ein Blick ins Branchenbuch zeigt: Es gibt Garten-, Wellness-, Hunde-, Katzen-, Computer-, Kinder-, FKK-, Küchen-, Bad- und Fliesenparadiese.

Alle spielen in ihrem Namen mit unserer Sehnsucht. Aber welches Paradies hält, was es verspricht?

Das Wellnessparadies bietet Momente der Entspannung – bevor es dich wieder ausspuckt in einen grauen Winter. Es ist keine Keimzelle des Lebens, sondern ein verzweifelter Zufluchtsort. Darum vermittelt es auch keinen Sinn. Und ist die klinische Reinheit eines Fliesenparadieses vergleichbar mit dem tobenden Leben zwischen den Obstbäumen im Garten Eden. Der war nicht gekachelt.

Und ist die Schamlosigkeit im FKK-Paradies wirklich das gleiche, wie die unschuldige Nacktheit im Ursprungsparadies? Und wer auf RTL bei "Adam sucht Eva" mitmacht, wird nicht als die privilegierte Krone der Schöpfung gefeiert – sondern einfach nur bloßgestellt. Sind wir wirklich noch auf der Suche – oder irren wir nur umher?

Paradiessehnsucht und Reich Gottes

Liebe Schwestern und Brüder,

wohin treibt die Sehnsucht nach dem Paradies?

Die Bibel erzählt von einem Mann, der weit abgekommen ist von dem Weg in Richtung des Paradieses. Er weiß, dass er den Tag nicht überleben wird. Kurz vor seinem Tod blickt er zurück auf sein Leben. Sein Freund neben ihm sieht es nicht ein. Er schon. Sie haben ihr Leben verwirkt. Sie hatten auch nicht einfach Pech, dass sie unschuldig in irgendeine Sache hineingeraten wären … Nein, sie haben ihr Schicksal in die Hand genommen, haben versucht auszubrechen aus den Bahnen, die vorgeschrieben waren.

Langsam zieht das Kreuz den Lebensatem aus ihnen heraus. Wir hätten das Paradies haben können, und bekamen das Kreuz. Der Mann weiß, dass es richtig ist, wenn auch sein Freund noch anders denkt. Der schimpft und lästert. Sogar gegen diesen Mann zwischen ihnen, der auch am Kreuz hängt. Dabei ist sein einziges Verbrechen, dass er denen da oben im Weg war. "König der Juden" haben sie auf sein Kreuz geschrieben.

"Hilf dir selbst und uns!" ruft der Freund. Die Soldaten lachen. Das Spiel ist aus. Der Mann sammelt noch einmal seinen Atem. Er weist ihn zurecht: "Fürchtest du noch nicht einmal Gott? Dich hat doch dieselbe Strafe getroffen wie ihn! Wir werden zu Recht bestraft und bekommen, was wir verdient haben. Aber er hat nichts Unrechtes getan!"

Solange er Atem hat, spürt er, was Gottes Lebensgeist allen Menschen sagt. Gerechtigkeit bedeutet, dass es für den Unschuldigen weitergehen muss – und der Schuldige seine Strafe bekommt. Er sieht, dass sein eigener Weg ins Nichts geführt hat. Sinnlos waren seine Taten. Seine Arbeit um-sonst. Aber hier neben ihm, hängt seine letzte Chance. Für diesen Gerechten muss es weitergehen. Und vielleicht, viel-leicht, vielleicht ist es möglich, sich da irgendwie dran zu hängen. Und er sagt zu Jesus:

"Jesus, denke an mich, wenn du in dein Reich kommst."

Und Jesus antwortete ihm: "Amen, das sage ich dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein!"

Worte der Gnade fallen. Ja, häng dich an mich dran, selbst wenn es der letzte Augenblick ist. Auch wenn dein Leben nichts war als ein Haschen nach dem falschen Paradies. Ich verspreche Dir: Du gehörst zu mir, heute und für immer. Das Paradies beginnt hier und heute für dich. Mein Kreuz wird für dich zum Baum des Lebens. Und es wird zur Quelle für die Ströme des Lebens, die die Wüsten dieser Welt in Gärten verwandeln sollen. Die Steppe wird jubeln und wird blühen wie die Lilien. Ihr werdet herrlicher gekleidet sein als sie. Und euer Tisch ist gedeckt. Ich sehne mich danach, dass diese Welt eine Oase der Freiheit und der Gerechtigkeit wird. Und dich brauche ich als Gärtner. Werde Teil meines Reiches.

Schlussgedanke

"Da machte Gott der Herr den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen."

Liebe Schwestern und Brüder,

das ist ein prophetisches Wort. Denn so wird es wieder sein. Nicht einmal der Tod kann dir deine Berufung nehmen.

Gott hat dich für das Paradies bestimmt. Und diese Bestimmung bleibt. Er ist uns nachgegangen und hat uns das Paradies wieder aufgeschlossen. Und wo man auch unseren sterblichen Leib in die Erde legt, wenn der Lebensatem gegangen ist, da kann er uns doch wieder hervorholen und uns so formen, wie es ihm gefällt. Es kommt der Tag, da wird er uns aus dem Staub rufen. Er gibt uns neu seinen Lebens-atem. Und wir werden arbeiten und feiern und Wachstum sehen.

Aber heute ist der Tag, an dem du seine Stimme hören sollst. Höre auf, dir Sorgen zu machen um die falschen Dinge. Denke an sein Reich – und an deine Aufgabe.

Amen

Verfasser: Sup. Dr. Gregor Heidbrink, Lessingstraße 32, 99510 Apolda


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