Wochenspruch:
Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte. (Psalm 103,8)
Psalm: 121 (EG 749)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 30, (8-14) 15-17
Epistel:
Römer 8,31b-39
Evangelium:
Lukas 12,35-40
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 59,1-3
Das alte Jahr vergangen ist
Wochenlied:
EG 59
oder EG 64
Das alte Jahr vergangen ist
Der du die Zeit in Händen hast
Predigtlied:
EG 323,1-3
Man lobt dich in der Stille
Schlußlied:
EG 59,4-6
Hilf, daß wir fliehn der Sünde Bahn
Hinführung
Predigttext ist Jesaja 30,15-17. Um auch das Umfeld deutlich zu machen, würde ich den gesamten Abschnitt ab Vers 8 lesen, der in unserer Lutherbibel „Gegen die Verächter des göttlichen Wortes“ überschrieben ist. Hintergrund ist die trotz theokratischer Verfassung von Gott losgelöste, eigenmächtige Bündnispolitik des Volkes.
Das harte Wort „aber ihr wollt nicht“ (V. 15) könnte allerdings zur Gerichtspredigt werden, die mir dem Altjahrsabend nicht angemessen erscheint. Aus diesem Grunde habe ich mehr auf den ersten Teil des 15. Verses aufgebaut: „Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.“
[8 So spricht der HERR: Geh nun hin und schreib es vor ihnen nieder auf eine Tafel und zeichne es in ein Buch, daß es bleibe für immer und ewig. 9 Denn sie sind ein ungehorsames Volk und verlogene Söhne, die nicht hören wollen die Weisung des HERRN, 10 sondern sagen zu den Sehern: »Ihr sollt nicht sehen!« und zu den Schauern: »Was wahr ist, sollt ihr uns nicht schauen! Redet zu uns, was angenehm ist; schauet, was das Herz begehrt! 11 Weicht ab vom Wege, geht aus der rechten Bahn! Laßt uns doch in Ruhe mit dem Heiligen Israels!« 12 Darum spricht der Heilige Israels: Weil ihr dies Wort verwerft und verlaßt euch auf Frevel und Mutwillen und trotzet darauf, 13 so soll euch diese Sünde sein wie ein Riß, wenn es beginnt zu rieseln an einer hohen Mauer, die plötzlich, unversehens einstürzt; 14 wie wenn ein Topf zerschmettert wird, den man zerstößt ohne Erbarmen, so daß man von seinen Stücken nicht eine Scherbe findet, darin man Feuer hole vom Herde oder Wasser schöpfe aus dem Brunnen. Denn:]
15 So spricht Gott der HERR, der Heilige Israels: Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein. Aber ihr wollt nicht 16 und sprecht: »Nein, sondern auf Rossen wollen wir dahinfliehen«, - darum werdet ihr dahinfliehen, »und auf Rennern wollen wir reiten«, - darum werden euch eure Verfolger überrennen. 17 Denn euer tausend werden fliehen vor eines einzigen Drohen; ja vor fünfen werdet ihr alle fliehen, bis ihr übrigbleibt wie ein Mast oben auf einem Berge und wie ein Banner auf einem Hügel.
Liebe Gemeinde,
Wir stehen am Ende des Jahres 1998. Wenn wir zurück blicken, dann sehen wir all die Unwägbarkeiten, die uns in der Vergangenheit Sorge bereitet haben und die uns auch in die Zukunft begleiten: in der Familie (Kindererziehung, Jugendarbeitslosigkeit, Schwierigkeiten miteinander); im Beruf (Schwierigkeiten mit Kollegen oder dem Chef, Angst um Arbeitslosigkeit, aber auch Sorge um Erhalt des Geschäfts oder der Firma). Hinzu kommt bei vielen die Sorge um den Weg der neuen Regierung.
So werden heute abend wohl etliche hier sitzen, die voller Sorge fragen: „Wie werde ich mit meiner Situation fertig? Habe ich überhaupt die nötige Kraft dem allen zu begegnen? Und wenn nicht, woher nehme ich sie?“
Die Ölvorräte unserer Erde neigen sich dem Ende zu. Und so suchen Wissenschaftler nach einem anderen Weg, um unsere Mobilität z.B. durch Autos auf andere Weise zu erhalten. Dabei kamen sie auf die Idee, durch Verbrennung von Wasser Energie zu gewinnen. Wie das? Ist das ein Witz? Nein, denn dieser Vorgang spielt sich unaufhörlich im Inneren der Sterne ab. Wenn der Wissenschaft das also gelänge, dann hätten wir Energie quasi von den Sternen. Kraft von oben.
Das wäre doch eine tolle Sache: Kraft von oben. Nicht für unsere Autos, sondern für uns, für unser Leben.
Jesaja will uns den Weg dazu zeigen. Dieser Weg führt allerdings nicht über die Sterne, nicht über Horoskope oder ähnliches. Jesajas Weg verweist uns auf Gott. Und wie sieht dieser Weg aus?
1. Neue Kraft durch Umkehr
Jesaja richtet sein Wort zunächst an Juda, an das auserwählte Volk. Juda ist in einer prekären Situation: Zwei Großmächte bedrohen das Volk. Im Norden ist es Assur, im Süden der Erzfeind Ägypten. Mit welchem Staat soll man einen Beistandspakt schließen? Assur ist ein junger aufstrebender Staat. Man kennt ihn nicht so genau. Bei der Weltmacht Ägypten weiß man, was man hat. Gewiß werden auch da hohe Tribute gezahlt werden müssen. Aber was tut man nicht alles, um nicht zwischen zwei Mächten zerrieben zu werden?!
In dieser Situation erhält Jesaja den Auftrag, dem Volk Gottes Entscheidung mitzuteilen. Und die hat Zukunftscharakter. Noch ist der Pakt mit Ägypten nicht geschlossen. Noch kann Juda sich ganz allein auf den lebendigen Gott verlassen. Und Jesaja zeichnet ein düsteres Bild der Zukunft, wenn der Vertrag mit Ägypten geschlossen wird.
Es ist herzergreifend, wie Jesaja seinem Volk klar zu machen versucht: „Kehrt doch um! Verlaßt euch auf Gott allein, ehe es zu spät ist.“
Dieses Wort Jesajas gilt nicht mehr nur dem Volk Gottes. Jetzt gilt sein Wort auch uns.
Auf wen haben wir im vergangenen Jahr unsere Hoffnung gesetzt, wem haben wir vertraut, als so vieles auf dem Spiel stand? Denken wir doch an manche Situation des vergangenen Jahres, im persönlichen und auch politischen Leben. Haben wir da nicht auch manche Ängste ausgestanden, Sorgen gehabt? Auf welche Helfer haben wir gesetzt? Auf uns selbst, unser eigenes Wissen und Können? Auf die politische Wende oder die alte Regierung? (Dieser Abschnitt kann mit persönlichen oder gemeindlichen Situationen lebendig gemacht werden.)
Ich glaube, hier hat jeder seine persönlichen Niederlagen erlebt.
Wir hatten Gott - selbstverständlich -, wir hatten sein Wort - aber konnten wir uns auf ihn verlassen? War es nicht doch besser, sich rückzuversichern?
Mir kommt das manchmal so vor wie zur Zeit des Josua: Das Volk Gottes kam in das ihm von Gott zugewiesene Land. Und nun ging im Volk das Fragen los: Gott hat uns aus Ägypten geführt. Er war mit uns in den vierzig Jahren der Wüstenwanderung. Wider Erwarten konnten wir keinen besseren Führer haben. Aber wie ist das jetzt? Ist dieser Gott auch zuständig für die Fruchtbarkeit unserer Felder und das Leben in der festen Behausung? Oder sollten wir nicht doch besser...? Und die Folge war, daß Israel auch auf andere Götter setzte.
Aber Gott ist ein eifernder Gott. So wird es uns in den Zehn Geboten gesagt. Er will der Einzige sein. Nicht Gott und..., sondern Gott allein, Gott und Sie. Da fallen alle anderen Rückversicherungen weg. Er läßt den Propheten Jesaja an anderer Stelle (Jesaja 47,13) sagen: „Du hast dich müde gemacht mit der Menge deiner Pläne.“
Wenn wir das vergangene Jahr an uns vorbei ziehen lassen, können wir, wenn wir ehrlich sind, nur sagen: „Herr, es war vergeblich und es tut mir leid. Ich habe dich nur unter ‚ferner liefen’ geführt und mir andere Helfer gesucht, die doch nichts gebracht haben.“
Wenn wir dann wie der verlorene Sohn zum Vater umkehren, ist das kein langer Weg. Er ist nur so lang, wie die Dauer Ihrer Entscheidung an diesem Abend. Vielleicht kann der folgende Ausspruch Jesu Ihre Entscheidungszeit verkürzen. Er hat uns gesagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“
Aber kommen müssen wir schon.
2. Neue Kraft in der Stille unter Gottes Wort
Geht es Ihnen auch manchmal so? Da taucht plötzlich in einer Situation ein vielleicht längst im Unterbewußtsein abgelegtes Bibelwort vor Ihnen auf. Oder ein anderer hat es gesagt. Vielleicht tröstet es oder es rüttelt auf. (Den Schreiber dieser Zeilen hat in seinem Leben immer wieder ein Bibelwort begleitet. Es begleitete ihn eine Zeit, dann wurde es durch ein anderes abgelöst.) Wir sollten viel häufiger in der Hetze des Tages unsere Bibel aufschlagen und uns ein Wort Gottes einprägen. Wir sind ja so vergeßliche Leute. So ein Wort kann plötzlich eine verfahren scheinende Situation klären. In der Stille erhalten wir Orientierungshilfe. Wir sehen die Dinge mit anderen Augen. Von Maria, der Mutter Jesu, wird uns in der Christnacht erzählt und so haben wir es vor ein paar Tagen hören können: „Sie behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.“
Wer Gottes Wort im Herzen bewegt, der bleibt an Gott, der sucht nicht andere Götter oder Nothelfer. Aber „im Herzen bewegen“ müssen wir sie schon. Sie ausleuchten, von allen Seiten betrachten. Und dann geschieht es: Hoffnung keimt auf, vielleicht sogar eine frohe und kühne Zuversicht, wie Martin Luther sagte.
Unsere Hoffnung hat einen Namen: Jesus, der Christus Gottes!
Wenn wir seine Worte im Herzen bewegen, dann enttäuscht er uns nicht, dann wird das Ziel klar. Er bringt Dinge zurecht, die wir falsch gemacht oder gar verdorben haben. Er ist der Seelsorger, dem man sich anvertrauen kann. Aber dann müssen wir ihn auch in unser Leben hineinreden lassen, so, wie wir auch auf einen menschlichen Seelsorger hören würden.
Liebe Gemeinde, als Christen leben wir nicht auf der Insel der Seligen. Wir leben mitten in unserer desorientierten Gesellschaft und häufig lassen wir uns von ihr anstecken. Aber wir tragen eine große Verantwortung. Verantwortung für unser Land, für unser Volk, für unsere politische und kirchliche Gemeinde und nicht zuletzt für jeden einzelnen Menschen, der mit uns zu tun hat. Gott traut uns zu, daß wir in der Stille soviel Kraft bekommen, daß sie nicht nur für uns reicht, sondern für alle, für die wir Verantwortung tragen.
Lassen Sie es mich noch einmal auf den Punkt bringen, was Jesaja nicht nur dem Volk Juda, sondern auch uns im Auftrage Gottes zu sagen hat: Wir erhalten neue Kraft in der Umkehr zu Gott. Durch die Stille unter Gottes Wort erhalten wir davon so viel, daß wir davon weitergeben können.
Amen.
Verfasser: Prädikant Hans-Ulrich Deußen, Raiffeisenstr. 5, 55270 Schwabenheim
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