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Geist Gottes

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 31.05.1998
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Exaudi
Textstelle : Apostelgeschichte 2,1-18
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Schriftlesung: Joh. 14,23-27

Wochenspruch:

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR Zebaoth. ( Sach. 4,6)

Wochenlied:

EG 125

Weitere Liedvorschläge:

EG 127; 130; 133

1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, 4 und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen. 5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? 9 Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom, 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden. 12 Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein.

14 Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und laßt meine Worte zu euren Ohren eingehen! 15 Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage; 16 sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist (Joel 3,1-5): 17 »Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; 18 und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.

Liebe Gemeinde!

Aus aller Herren Länder waren sie nach Jerusalem gekommen. Es war wie ein großes Treffen. Im Jahr davor hatten sie sich verabschiedet: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“ Und nun waren sie da. Da mischte sich Wiedersehensfreude in Traurigkeiten: denn mancher, auf den man sich gefreut hatte, der kam nicht mehr. Da wurden Neuigkeiten ausgetauscht, da wurde erzählt von den Erfahrungen des Lebens. Da wurden Gespräche geführt über die politische Lage – sie war ernst wie eh und je und Grund zu mancherlei pessimistischer Betrachtung. Eine große Wiedersehensfeier war diese Zusammenkunft an Pfingsten.

Aber nicht nur das – es war auch ein großes gottesdienstliches Fest: ein Dankfest des Volkes Gottes für seine Gebote. Die gute Bundesordnung Gottes, die Zehn Gebote – sie stand im Mittelpunkt des Festes: dankbar dachte man daran, daß Gott hier dem Volk und dem einzelnen eine Leitlinie gegeben hatte, eine Hilfe zum Leben, an der man sich orientieren konnte. Und so war es selbstverständlich: zu diesem Fest gehörte der große Gottesdienst.

Sie finden die Parallele zu sich selbst, die hier zusammengekommen sind. Vielleicht geht es Ihnen so wie den vielen Festpilgern damals: Auf den Gottesdienst möchten sie keinesfalls verzichten – der gehört einfach dazu.

Aber nun passiert etwas Bestürzendes: mitten in die Festfreude hinein handelt Gott. Mitten in das festliche Sich-zum-Gottesdienst-Rüsten gibt Gott etwas: die Worte des Lukas lassen uns etwas ahnen von der Urgewalt, die hier durchbricht in der Gabe Gottes: wie ein Sturm, wie ein gewaltiges Brausen, wie Feuer. Es ist nur Gestammel und wir merken: uns fehlen die Worte, uns fehlen die lebendigen Begriffe, um hier richtig beschreiben zu können.

Mitten in das Fest hinein gibt Gott Menschen seinen Geist, macht er seine Verheißung wahr: ich will meinen Geist ausgießen in den letzten Tagen. Das geschieht hier – unerwartet und überwältigend plötzlich. Da werden Menschen inmitten einer Menschenmenge gepackt und der Gegenwart Gottes und der Wirklichkeit Gottes so überwältigend gewiß, daß es ihr ganzes Leben verwandelt. Und davon erzählt ja unsere Geschichte heute. Sie definiert nicht: was ist das - Geist Gottes? Sondern sie beschreibt, was er bewirkt. Und zwei Wirkungen möchte ich aus dieser Geschichte uns vor Augen stellen – Wirkungen, die Gott auch an uns wirken will:

1. Er verwandelt Menschen zum Reden

2. Er verwandelt Menschen zum Hören.

1. Gottes Geist verwandelt Menschen zum Reden

Sieben Wochen zuvor war in Jerusalem Jesus ans Kreuz gehängt worden, sieben Wochen zuvor war die Schar seiner Jünger versprengt worden in alle vier Winde. Gewiß – der Auferstandene hatte sie wieder gerufen. Er hatte sie wieder angenommen, er hatte ihnen ihre Flucht und ihr Versagen nicht vorgehalten. Er hatte sie sogar beauftragt: Ihr werdet meine Zeugen sein; aber bis dahin waren sie nur still zusammengekommen, waren in den Tempel gegangen, um zu beten, und waren wahrscheinlich froh, daß sie nicht auffielen.

An diesem Tag aber verändert sich ihr Leben: Gott gibt ihnen seinen Geist. Und plötzlich stehen diese Menschen vor der Öffentlichkeit. Sie passen nicht mehr einfach in das festliche Bild. Sie sind nicht mehr nur Teilnehmer am religiösen Leben ihres Volkes. Sie werden zu Redenden, werden zu Menschen, die von Jesus Christus erzählen, die von seinen Taten, von seinen Worten berichten. Sie werden zu Menschen, die ihrer Umwelt sagen: Wer Jesus als Herrn anruft, der hat Frieden mit Gott. Und ein Mensch wie Petrus, der sich losgesagt hat aus Angst um seine Haut, der sich selbst verflucht hat, um sein Leben zu retten, der hält den gleichen Leuten, vor denen er sich verkrochen hat, ihre Schuld vor: ihr habt den Christus Gottes gekreuzigt. Dieser Petrus, der nie Theologie studiert hat, der sich in der Bibel nicht so richtig auskannte, der wird hier zum Laienprediger, der Menschen zum Glauben an Jesus Christus ruft.

Sehen Sie, das ist die erste Wirkung des Geistes. Der Geist Gottes öffnet Menschen den Mund. Wenn wir es mit Gottes Geist zu tun bekommen, wenn wir erfaßt werden von seinem Geist, dann wird auch uns der Mund aufgehen, dann werden auch wir zu Menschen, die nicht mehr davon schweigen können, was Gott getan hat. Dann wird es uns nicht mehr stören, ob man uns für betrunken oder für Schwärmer oder für Sektierer hält. Dann werden wir davon reden müssen, wo immer wir leben: in unseren Familien werden wir von Versöhnung reden im Konflikt zwischen Eltern und Kindern; in unseren Schulklassen wird das laut werden, wenn Mitschüler an die Wand gedrängt werden, an unserem Arbeitsplatz wird man das hören, wenn einer auf Kosten der anderen sich zu profilieren versucht.

Wo immer wir sind: wir werden nicht mehr anders können als von dem reden, was uns Gott durch Jesus Christus geschenkt hat – die Freiheit unseres Lebens – und wir werden nicht anders können, als diese Freiheit all den Bindungen unserer Zeit entgegenzustellen. Und das alles nicht nur in der Kraft eigener Worte und eigenen Denkens; sondern in der Kraft Gottes. Was Petrus & Co hier erfahren, ist ja, wie Jesus sein Wort wahr macht: und der Geist wird euch in dieser Stunde geben, was ihr sagen sollt.

2. Er verwandelt Menschen zum Hören.

Die Hörer dieser ersten Pfingstpredigt waren keine Heiden. Es waren keine Leute, die zum ersten Mal von Gott hörten. Es waren Menschen, die in einer Tradition aufgewachsen waren, die vom Gottesdienst geprägt war. Und mancher von ihnen hatte wohl in dieser Tradition auch Kraft zum Leben gefunden. Und doch: ihnen wird gesagt: Bekehrt euch – ruft den Namen Jesu an damit ihr errettet werdet, Und doch: bei diesen Menschen wird durch diese erste Predigt eine große Betroffenheit ausgelöst: was sollen wir tun?

Es geht ihnen ans Herz, es wird ihnen deutlich: hier geht es um eine Existenz. Das ist die Wirkung des Heiligen Geistes: daß er uns persönlich zu betroffenen Hörern macht. Wir alle sind in einer Umgebung aufgewachsen, in der es ziemlich selbstverständlich ist, einiges über Gott, über Jesus Christus zu erfahren. Wir alle haben wohl im Laufe unseres Lebens manche Predigt gehört, manchen guten Satz über den Glauben gehört. Und die meisten unter uns wären wohl recht verärgert, wenn ihnen einer sagt: das alles reicht noch nicht – da ist mehr für dich bereit, du mußt es nur ergreifen.

Nur, wenn wir einen Augenblick innehalten: was ändert all unser Wissen über Gott, all unser Wissen von Jesus an unserem Leben? Ändert sich meine Haltung gegenüber meinem Ehepartner dadurch, dem ich immer wieder sein Versagen aufs Butterbrot schmiere? Ändert sich dadurch mein Verhalten gegen meinen Sohn, den ich aus dem Haus geworfen habe? Ändert sich dadurch mein Streit mit meinen Nachbarn? Sehen Sie – wenn wir es mit dem heiligen Geist zu tun bekommen, dann geht uns das auf: unser Leben ist davon betroffen, was in Jesus Christus geschehen ist, unser Leben, das wir mit unseren Familien, unseren Freunden und Kollegen leben, das wir mit unseren Gegnern leben.

Das kann ihnen einer stundenlang sagen – und nichts wird für sie anders werden. Aber dann kommt der Augenblick, wo Gott seinen Geist gibt, wo er ihnen diese Gabe schenkt, die uns aufschließt für sein Wort, und dann werden sie wissen: jetzt geht es um mich. Dann werden sie hören, daß die großen Taten Gottes es mit ihrem Leben zu tun haben und daß ihr Leben anders wird, wenn sie sich zu Jesus Christus bekennen. Und dann ist die Stunde der Entscheidung da. Dann können wir den festen Grund unter die Füße bekommen, auf dem ein Mensch stehen kann: weil wir durch das Ja zu Jesus Christus von Gott angenommen sind und von dieser Stunde an als die persönliche Gewißheit unseres Lebens haben: Alles, was die Bibel über die Liebe Gottes erzählt, die in Jesus Christus erschienen ist, das gilt mir. Darauf kann ich mein Leben gründen.

Mit dieser Gewißheit, die der Geist schenkt, kann ich ganz neu leben. Amen.

Pfr. Paul-Ulrich Lenz, Leonhardstr. 20, 61169 Friedberg


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