Schriftlesung: Johannes 2,1-11
Wochenspruch:
Das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. (Joh 1,17)
Wochenlied:
EG 5 oder 398
Weitere Liedvorschläge:
EG 66; 413; 629; 637
Liebe Gemeinde!
Heute geht es um die richtige Ernährung - zweifellos ein wichtiges Thema. Die Werbung trägt es Tag für Tag an uns heran. Gut soll es schmecken, leicht soll es sein und bei der Zubereitung kann man schon vertraute und bewährte Frauen und Männer begrüßen, wenn das Werbefernsehen läuft. Nun muß jeder nur noch selbst entscheiden was auf den Tisch kommt. Wer für seine Familie kocht weiß wie schwer manchmal die Planung des Speisezettels ist - jene ißt gern dies und jener nur das - aber nur Lieblings-Gerichte kann wohl keine Mutter auf den Tisch bringen.
Ja, heute geht es um richtige Ernährung und dazu will uns der Predigttext (das Wort der Heiligen Schrift für die heutige Predigt) anleiten:
(4 Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, 5 so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied, 6 und haben verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Ist jemand prophetische Rede gegeben, so übe er sie dem Glauben gemäß. 7 Ist jemand ein Amt gegeben, so diene er. Ist jemand Lehre gegeben, so lehre er. 8 Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er. Gibt jemand, so gebe er mit lauterem Sinn. Steht jemand der Gemeinde vor, so sei er sorgfältig. Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er's gern.)
9 Die Liebe sei ohne Falsch. Haßt das Böse, hängt dem Guten an. 10 Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. 11 Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn. 12 Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. 13 Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. Übt Gastfreundschaft.
14 Segnet, die euch verfolgen; segnet, und flucht nicht. 15 Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden. 16 Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den geringen. Haltet euch nicht selbst für klug.
Haben Sie die Verbindung mit dem einleitenden Gedanken zur Ernährung erkannt, liebe Gemeinde? Beim Lesen dieser Worte aus dem Römerbrief entstand vor meinem inneren Auge das Bild eines Supermarktes voller Lebensmittel für die geistliche Ernährung. Ja, geistliche Ernährung, Nahrung für den glaubenden Menschen, daß sein Glaube wachse, sein Vertrauen zunehme und seine freudige Erwartung des Heils sich erneuere.
Das alles ist auf vielfache Weise möglich, ich muß entscheiden, was ich jetzt brauche oder mir gönnen möchte aus diesem Supermarkt geistlicher Lebensmittel. Eins noch, bevor wir eintreten: Dieser Markt ist für viele Kunden geöffnet, als einzelne und als Gemeinde werden sie umworben! Gehen wir nun hinein, was sich wohl am Ende in unserem Einkaufswagen befinden wird? Alles können wir ja nicht auf einmal haben. „Ich hab meinen Einkaufszettel“, höre ich rufen, „Ich kaufe nur das Nötigste“; ein anderer „Mal sehen was mir gefällt. Ich suche etwas für meine Party.“ oder „Ich?, ich bin nur wegen der Sonderangebote gekommen.“
Nun treten wir ein! Gleich stehen wir vor dem großen Regal voller Liebe (V. 9 u. 10) „O Gotteslieb so voll und frei von alters her und immer neu!“ Aufmerksam wähle ich, öffne mich ganz diesem kostbaren Gut. „Ich habe dich je und je geliebt. Ich habe dich zu mir gezogen aus Güte“. Ja, das brauche ich heute, wo meine Liebe das Verfallsdatum schon fast erreicht hat. Wo ich neulich eine Mogelpackung abgeliefert habe - es sah nach Liebe aus, aber es war viel mehr Berechnung dabei - kann ich nun weitergeben, überfließend. Schön, daß ich mir von der Liebe (des himmlischen Vaters in Jesu) so reichlich genommen habe!
Da bin ich schon beim nächsten Regal mit den Aktionsposten (V. 11). Sie springen ins Auge. Soll ich zugreifen? Ich überlege. Nein, entscheide ich: heute nicht, heute brauche ich keine Tatkraft und keine neuen Pläne und neue Aufgaben, nein. Es ist jetzt kein Bedarf, die zurückliegende Zeit war bewegt genug, kräftezehrend; nahezu aufopfernd war die Begleitung und Betreuung - jetzt brauche ich Ruhe vor neuen Aktionen. Ich will nichts tun, mir keine Gedanken machen - und mich beschenken lassen.
Das darf auch sein, liebe Gemeinde, daß jeder ein Wort der Hl. Schrift prüft ob es denn jetzt ein Wort Gottes an sie/an ihn persönlich ist. Wir dürfen, ja wir müssen auswählen nach unserem geistlichen Bedarf und Hunger - gerade bei unserem heutigen Schriftwort zu den wichtigen Lebensmitteln geistlichen Lebens in und mit der Gemeinde.
Doch nun zum nächsten Regal (V. 12). Es ist extra beleuchtet und lädt ein, sich reichlich zu bedienen: fröhlich, geduldig und beharrlich sehe ich in großer Schrift und bewundere die schönen Gefäße: aus Glas - für die Hoffnung, aus Ton - für die Trübsal und: die Messingschale des Gebets. Hier kann ich nicht vorübergehen. Ich fühle mich angesprochen mit meiner Lebenserfahrung. Und gern fülle ich mir eine gute Menge Hoffnung in mein mitgebrachtes Gefäß. Ich hatte in letzter Zeit viel davon verbraucht. Gut, daß ich jetzt wieder Vorrat habe. Das stimmt mich froh.
Aber auch an dem dunklen Krug der Trübsal kann ich nicht vorbeigehen. Ein wenig davon muß ich immer im Haus haben, sie gehört zum Leben, das weiß ich - nur zuviel und zu lange soll es nicht sein. Und während ich vorsichtig zugreife, geht mir ein alter Vers durch den Sinn: „Wenn ich mir was wünschen dürfte, möchte ich etwas traurig sein, denn wenn ich nur glücklich wäre, hätt ich Sehnsucht nach der Traurigkeit.“
Die Gebetsschale ist wirklich einladend die Lampen spiegeln sich funkelnd in wohlgeformtem Rund. Es gibt kleine und große Packungen, Stoßgebete und längere, auch besonders schöne für besondere Anlässe, und die bewährten, die man halt einfach im Haus haben muß.
Ich gestehe, neulich waren sie mir fast ausgegangen. Es war mir unange-nehm. Ich hatte mich mit so ein paar Parolen beholfen wie „Kopf hoch“ oder „Halb so schlimm“ oder - ganz verrrückt, von damals noch - „davon geht die Welt nicht unter!“ Aber wissen Sie, was mir gefehlt hat? Die Anrede, die Anrede hat mir gefehlt. Das macht doch ein Gebet erst aus, finden Sie nicht? O, hier ist noch ein Schönes: „Herr, deine Güte reicht so weit, soweit der Himmel ist und Deine Wahrheit soweit die Wolken gehen. Wie köstlich ist deine Güte Gott!“ Das hebe ich mir für einen schönen Anlaß auf!
Liebe Gemeinde, nun sind wir schon mittendrin in unserem Supermarkt geistlicher Lebensmittel. Wie sieht es in ihrem Wagen aus? Was brauchen Sie? Darf es noch ein bißchen mehr sein?
(V. 13) „Gastfreundschaft“ wird hier angeboten, Diaspora-Hilfe kann man hier kennenlernen und anwenden. Regt Sie das an, Christen aus anderen Regionen kennenzulernen als Gastgeber/-in? Nehmen Sie ein paar Prospekte mit!
Jetzt wirds’s aber wirklich eng hier im Gang. Muß dieser Tisch so quer stehen? Was gibt es, daß man sich so danach drängelt? (V. 14).
Ach! Hier wird umgetauscht - Umtausch: Fluch und Verfolgung - gegen Segen! Wer braucht denn sowas? Ich sehe genauer hin. „Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil“ und „Wie man in den Wald ruft, schallt es heraus!“ „Wie du mir so ich dir“ lese ich auf den fleckigen T-Shirts der Leute, die vor der Kabine stehen und warten. Wenn sie herauskommen - mit schönen neuen T-Shirts in leuchtenden Farben, lese ich: „Ich rede wieder mit dir“. „Ich nehme es mit Bedauern zurück!“ „Ich bin dir nicht mehr böse“ und sogar „Ich gehe zwei Meilen mit dir“ oder „Ich habe noch eine Backe“.
Ich gehe weiter- Ich habe nichts zu tauschen. Bin weder verfolgt noch verflucht worden - ungerecht beschuldigt, das schon, aber das tut nicht mehr weh. Aber wenn mir ein Rachegefühl oder Schimpfworte so in den Kleidern hängengeblieben wären, wär ich auch umtauschen gegangen. Das muß man loswerden, so schnell wie möglich. Nicht wahr?!
Endlich - da ist ja die Ruhezone (V. 15 + 16) und ich schaue mich um, wo noch ein Plätzchen ist, bin schon fußmüde. Die Sitzgruppen haben Namen z. B.: die Fröhlichen, die Weinenden, die Einigen, die Bescheidenen, die Einsichtigen. Aber das hat scheinbar keine Bedeutung gehabt, als sich die dort Sitzenden ihre Plätze gewählt haben: Bei den Weinenden wird gelacht, bei den Einigen gestritten, bei den Bescheidenen stapeln sich die Pakete, die Einsichtigen diskutieren lauthals und bei den Fröhlichen sehe ich betretende Gesichter:
Wo soll ich nur Platz nehmen? Bei den Einsichtigen ist noch Platz - „...und er hat das auch gleich eingesehen!“ höre ich sagen. „Das hätte er einsehen müssen“ ein anderer. „Es gibt überhaupt soviel Uneinsichtigkeit unter den Menschen“ ereifert sich ein dritter.
Merkwürdig, liebe Gemeinde, fällt Ihnen das auch auf: „die Einsichtigen“ steht über der Sitzgruppe, aber dort sitzen nicht etwa die Einsichtigen, sondern die, die über das Thema reden, über Einsichtige und Uneinsichtige. - Und so war es natürlich auch bei den anderen! Ein echtes Mißverständnis in diesem geistlichen Supermarkt, fast wie im wirklichen Leben - bei uns selbst und in unserer Kirche. Wie ich das meine? Ganz einfach: Weil ich von Liebe, Glaube und Wahrheit rede, vom Annehmen des Fremden, von Demut und Einsicht, weil ich davon rede, nehme ich an, auch so zu handeln, so zu sein, von meinen Worten schließe ich auf meine Taten.
Das habe ich bei mir beobachtet, sie vielleicht bei sich auch, bestimmt aber bei anderen...
Falsche Sitzgruppe, falsches Etikett im Supermarkt der geistlichen Eitelkeiten. Ein großes Mißverhältnis, das beendet werden muß: Wirkliche Nähe und Echtheit soll die Gemeinschaft bestimmen, nicht das Reden darüber - aufstehen, Aufbruch ist angesagt!
Für heute, liebe Gemeinde, möchte ich mit Ihnen zur Kasse gehen, hoffe, daß Sie einige geistliche Lebensmittel eingepackt haben.
Und was erleben wir nun; „Kauft umsonst, ohne Geld“ (Jes. 55,1). Es ist schon bezahlt! Und wir ahnen, glauben, wissen von wem, und wir treten hinaus in unseren Alltag, ein Gedanke schwingt in uns wie Musik „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade“. (Joh. 1,16).
Pfarrer Bernd Wangerin, Hugo-Kallenbach-Str. 59, 65931 Frankfurt-Sindlingen
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