Glauben, auch wenn es schwer fällt
von Ralf Friedrich (Dieburg)
Predigtdatum
:
25.01.2009
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
3. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle
:
Matthäus 8,5-13
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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
Amen
Liebe Gemeinde,
ich leite heute zum dritten Mal einen Gottesdienst in Neunkirchen und wir haben in diesem Gottesdienst drei Trauerfamilien. Für mich ist das ein Moment, da wird mir meine eigene Vergänglichkeit ganz besonders bewusst. Wie schnell kann mein eigenes weltliches Leben vorbei sein? Ohne Vorbereitung trifft es uns manchmal und was bleibt ist eine Erinnerung in den Herzen unserer Familie und unserer Freunde.
Wie gut, wenn wir dann einen festen Glauben haben, der uns durch dir dunklen Stunden begleitet. Einen Glauben, wie der Hauptmann in unserem heutigen Predigttext. Ich lese aus dem 8. Kapitel des Matthäusevangeliums:
5 Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn
6 und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen.
7 Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen.
8 Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.
9 Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem sage: Geh hin! so geht er; und zu einem andern: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er's.
10 Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!
11 Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen;
12 aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.
13 Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.
Amen
Eine unglaubliche Situation. Ein Römer, ein Mensch eines anderen Glaubens kommt zu Jesus. Ein Mensch der glaubt, dass Menschen genau das tun, was er sagt: „Geh hin!“ oder „Komm her!“. Ein Mensch der es gewohnt ist Befehle zu geben und der denkt, dass er wirkliche Macht besitzt, weil Menschen das machen, was er sagt.
Und dann merkt dieser Hauptmann, dass seine Macht ganz klare Grenzen hat! Er kann zu seinem Diener nicht sagen: „Werde gesund!“. Also sucht der Hauptmann jemand der größer und mächtiger ist als er selbst. Jemand, der seinen treuen Diener heilen kann und er glaubt ihn in Jesus gefunden zu haben.
Ich kann mir gut vorstellen, wie der Hauptmann allen seinen Mut zusammengenommen hat, als er zu Jesus ging. Das Risiko der gesellschaftlichen Achtung war hoch für ihn, den Römer, den verhassten Feind, dem möglichen Kollaborateur mit den Israelis. So ein Mensch bittet Jesus um Hilfe für einen Knecht.
Er bittet Jesus nicht einmal für sich selbst, wovon ja viele Heilungsgeschichten erzählen, nein für einen Diener, den er herum kommandiert hat. Was für ein Widerspruch und gleichzeitig was für ein ungewöhnliches Verhalten für eine Führungskraft, welches auch nach den Maßstäben unserer heutigen Zeit ungewöhnlich bleibt. Wann bittet ein Chef in der Öffentlichkeit für seine Mitarbeiter?
Stellen wir uns doch einmal vor, dass heute ein Fremder in unseren Gottesdienst kommt und hier für jemanden betet. Ein Mensch, der nicht aus unserem Kulturkreis kommt, eher aus einem fernen Land und der auch nur wenig Deutsch spricht. Wie würden wir reagieren? Würden wir diesen Menschen liebevoll neben uns sitzen lassen oder würden wir Abstand zu ihm suchen? Ich nehme an, wir würden den Gast mit gemischten Gefühlen begrüßen.
Zurück zu unserem Predigttext. Jesus ist begeistert vom festen Glauben des Hauptmanns. Der Hauptmann hatte sicher zu seinen Göttern gebetet und keine Hoffnung erfahren. Unserem fiktiven Kirchenbesucher ist es vielleicht ähnlich gegangen. Er hat gebetet und geopfert und keine Antwort erhalten. Eine unangenehme Lage für einen Menschen.
Eine Lage, in der jeder von uns verletzlich ist, Angst hat. Hoffnungslosigkeit kann schnell die Oberhand in einem solchen Moment gewinnen.
Die Liebe unseres Gottes dagegen strahlt Vertrauen in schwierigen Lebenslagen aus. Ein Glaube an unseren Gott kann uns Hoffnung geben. Der Tod eines Menschen wird für uns immer ein schmerzliches Erlebnis bleiben. Die Gewissheit, dass ein lieber Mensch nicht mehr körperlich bei uns ist hinterlässt eine Lücke, die erst über einen Zeitraum langsam geschlossen werden kann. Es bleibt ein Verlust. In solchen Momenten können wir unsere Trauer und unseren Klagen vor unseren Gott bringen. Jesus selbst hat es auch so in der Stunde seines Todes getan: „Mein Gott warum hast du mich verlassen?“
Kurz vor solchen schweren Momenten, während dieser Zeit der Traurigkeit und auch danach suchen wir Gott häufiger. Wir sind an einer ganz heißen, inneren Grenze. An einer Grenze zwischen unserem Verstand und unserem Herzen. Manchmal gewinnt das Herz und wir suchen Gott und setzen uns gegen unseren so rationalen Verstand durch. Wie der Hauptmann in unserem heutigen Predigttext. Er wusste nicht mehr weiter und begann einen Tabubruch.
Er gab seinen alten Glauben auf und fand in Jesus Christus einen neuen, kräftigen, lebendigen Glauben. Ein solcher Glaube hilft uns auch heute nich in schwierigen Momenten, weil wir Christen an die Auferstehung glauben.
Niemand weiß wirklich was hinter dieser letzten Tür auf uns wartet.
Der Theologe Kurt Marti sagte einmal: "Nach dem Tod? Wenn Gott will, dass nach dem Tode nichts ist, dann ist nichts gut. Wenn es will dass etwas ist, dann ist etwas gut."
Mit anderen Worten: „Was immer sein wird, es ist was Gott für uns bestimmt hat.“ Solch ein Glaube ist vergleichbar mit dem Glauben des Hauptmanns. Ich glaube an dich und alles wird, wie du es willst.
Was in unserem Predigttext interessant ist, ist Jesus Reaktion: „Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!“ steht da geschrieben. Jesus war überrascht von der Reaktion und dem festen Glauben des römischen Hauptmanns. Ein Mann, der ganz fest an klare Strukturen glaubte und sich durch die Bitte an Jesus damit ein Stück selbst aufgab. Aufgab für einen Diener von ihm. Dadurch, dass er sich selbst für jemanden anderen aufgab wurde er ein wirklicher Jünger Jesus und sein Diener geheilt.
Kommen wir zurück zu unseren fiktiven Kirchenbesucher. Wie wird Gott heute reagieren? Ich denke, dass Gott genauso reagieren würde, wie es sein Sohn Jesus in unserem heutigen Predigttext getan hat: Er würde unserem Kirchenbesucher helfen und Gott erwartet so ein Verhalten auch von uns.
Das ist die unendliche, zeitlose Liebe und Treue Gottes, der wir uns anvertrauen können. Auch in Momenten, wo wir durch ein Tal der Tränen gehen, geht Gott mit uns mit; er geht sogar noch einen Schritt weiter.
In dem Gedicht Spuren im Sand von Magaret Fishback Powers lesen wir:
Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.
Und jedes Mal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
meine eigene und die meines Herrn.
Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen war, blickte ich zurück.
Ich erschrak, als ich entdeckte, dass an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur zu sehen war.
Und das waren gerade die schwerstenZeiten meines Lebens.
Besorgt fragte ich den Herrn:
"Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du
mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich, dass in den schwersten Zeiten meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am
meisten brauchte?"
Da antwortete er:
"Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie
allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen."
Dass ist die Botschaft unseres heutigen Predigttextes auf den Punkt gebracht und das ist auch der Geist eines festen christlichen Glaubens in schwierigen Zeiten.
Ich bete für alle Menschen in schwierigen Situationen, dass sie spüren, wie Gott sie trägt.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen