Menü

Gott heilt Leib und Seele

von Hans-Jörg Wahl (Usingen)

Predigtdatum : 22.10.2017
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 18. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Markus 1,32-39
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Predigttext Markus 1, 32 - 39
Zum Predigen ist Jesus gekommen

Am Abend aber, da die Sonne untergegangen war, brachten sie zu ihm alle Kranken und Besessenen.
Und die ganze Stadt war versammelt vor der Tür.
Und er heilte viele, die an mancherlei Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus und ließ die Dämonen nicht reden; denn sie kannten ihn.
Und am Morgen, noch vor Tage, stand er auf und ging hin-aus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.
Und Simon und die bei ihm waren, eilten ihm nach.
Und da sie ihn fanden, sprachen sie zu ihm: Jedermann sucht dich. Und er sprach zu ihnen: Lasst uns anderswohin gehen, in die nächsten Orte, dass ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen.
Und er kam und predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die Dämonen aus.


Liebe Gemeinde,

kommen Ihnen die Sätze bekannt vor:
Jedermann sucht dich!
Wo bist du denn?
Dein Typ wird verlangt!

Fragen Sie sich manchmal nicht auch:
Will ich jetzt überhaupt zur Verfügung stehen?
Kann ich das überhaupt?
Verstehen die da nicht etwas falsch?

Das Missverstehen
Die Gefahr des Missverstehens kommt schnell. Darauf weist der Predigttext des Markusevangeliums hin. Ausgangspunkt ist der Bericht von der riesigen Menschenmenge, die von Jesus geheilt werden will. Am Anfang von Jesu Wirken scheint er vor allem als Heiler aller möglichen Krankheiten angesehen zu werden. Aber die riesige Menschenmenge ver-steht da etwas falsch.

Sicher – es wird berichtet, dass Jesus viele Menschen von mancherlei Krankheiten heilte. Es waren Zeichen seiner gött-lichen Vollmacht. Aber Jesus sieht nicht sein Auftrag darin, alle Menschen von ihren Krankheiten zu heilen.

„Dazu bin ich nicht gekommen“, wird Jesus im Predigttext zitiert. Damit es die Hörerinnen und Hörer des Markusevan-geliums nicht missverstehen, wird im Predigttext deutlich gemacht: Der Glaube an Jesus heilt nicht alles, was sich jede und jeder wünscht.

Es ist gut und wichtig, dass wir das immer wieder hören.
Damit wir den Glauben an Christus nicht mit einem Gang zum Hausarzt verwechseln. Wenn wir krank, sind erwarten wir vom Hausarzt ein Rezept, damit wir wieder gesund wer-den. Das vom Hausarzt verschriebene Medikament nehmen wir ein und gehen davon aus, dass es wirkt.

Davon unterscheiden sich die Worte der heilenden Botschaft von Jesus Christus.
Auf die heilende Worte von Jesus müssen wir uns erst ein-mal einlassen – oder einlassen können. Was nicht immer einfach ist. Manchmal machen es uns Beschreibungen der biblischen Texte nicht einfach, sich auf die heilende Botschaft einzulassen, weil wir sie nicht verstehen.

Das „Dämonische“ verstehen
Auch unser Predigttext enthält eine Beschreibung, die nach Klärung ruft. „Denn er predigte … und trieb Dämonen aus.“ Die Rede von und über Dämonen wirft in unserer aufgeklär-ten Welt mit Recht Fragen aufwerfen. Deshalb lassen sie uns gemeinsam überlegen, wie wir den Begriff „Dämonen“ ver-stehen können. Lassen Sie uns dazu den Blick auf die Situa-tion von Alkoholikern richten. Ein Alkoholiker kann sehr wohl etwas mit der Vorstellung von Dämonen und dämonischen Kräften anfangen, indem er sie auf sich und seine Beziehung zum Alkohol bezieht. Der Alkoholiker kann den Alkohol mit einem Dämon vergleichen, wenn ihm bewusst wird, dass der Alkohol die Macht über sein Denken, Fühlen und Handeln übernommen hat.

Entsprechend lautet der erste Satz der „12 Schritte“ der Anonymen Alkoholiker:
„Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind – und unser Leben nicht mehr meistern konnten.“
Der Alkoholiker erfährt also den Alkohol wie eine fremde Macht in seinem Leib, der er hilflos ausgesetzt ist. Es ist das Eingeständnis, dass der Alkohol die Kontrolle übernommen hat. Diese Machtübernahme des Alkohols und die Machtlosig-keit des Alkoholikers zeigen sich zum Beispiel daran, dass der Alkoholiker alles unternimmt, um seine Sucht zu befrie-digen. Dazu belügt er seine Freunde, Familie, Verwandten und sich selbst.

Das Beispiel aus der Suchterfahrung ist natürlich extrem.
Diese dämonische und besitzergreifende Macht, kann man aber auch als starke innere Kräfte übersetzen, (Einfügung von mir: über die ich nicht verfüge, die sogar zerstöreri-schen Charakter einnehmen können.

Es lohnt sich diese bildliche Deutung einmal probeweise auf unsere Lebenserfahrungen zu übertragen. So frage ich Sie: Wo und wann bestimmen uns „Mächte“, ohne dass wir sie bewusst wahrnehmen? Kann es sein, dass wir in bestimmten Bereichen so denken und handeln, wie wir es eigentlich gar nicht wollen? Betrifft das auch unsere Verhältnis zu Gott?

Das „Dämonische“ ansprechen
Von Martin Luther gibt es den bekannten Satz: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“
Was passiert, wenn das Herz an anderen Dingen hängt, die wir bewusst gar nicht durchschauen? Dann hängt unser Herz an etwas, was ein gutes Leben verhindert. Das hat Auswir-kungen auf unser Miteinander, auf Gott und uns selber. Die Beziehung zu Gott, den Anderen und mir selbst wird verhin-dert.

Der erste Schritt, diesen Missstand zu verändert ist, dass er angesprochen wird. Das können wir auch sehr gut bei der Suchthilfe nachvollziehen. Das „Dämonische“, die inneren Kräfte, die uns unbewusst mitbestimmen, müssen angespro-chen werden, damit sie ihre Macht verlieren. Erst wer über seine Sucht sprechen kann und eingesteht, dass er Hilfe be-nötigt, kann etwas ändern. Deshalb ist auch im Predigttext davon die Rede, dass Jesus die Namen der Dämonen kann-te. So sprach Jesus an, was die Beziehung zu Gott und sei-nen Mitmenschen verhindere. Er musste ansprechen, welche Mechanismen und inneren Kräfte das Ankommen von Gottes Wort zu verhindern versuchen. Damit begannen sie ihre Macht zu verlieren. Ein Machtwechsel konnte stattfinden. Jetzt konnten die guten Mächte durch das Evangelium heilen. Ja, ein bewusstes Leben mit den „guten Mächten“ kann hei-len. Es wird gestaltet von dem Wunsch, dass gute Mächte unser Leben wunderbar umgeben und wir hier Geborgenheit finden.

Vielleicht hat jemand von ihnen schon die Worte des be-rühmten Bonhoeffer-Gedichtes erkannt: Von guten Mächten wunderbar geborgen. Das schrieb Dietrich Bonhoeffer als er von den „dämonischen Mächten“ der Nationalsozialisten ge-fangen war. Er war einer der ersten, der in Deutschland die zerstörerische Macht der nationalsozialistischen Bewegung angesprochen hat. Er hatte deutlich gemacht, dass die Chris-tinnen und Christen sich zwischen Gott und den Führer ent-scheiden müssen. Wie viel Unheil hat der Führerkult über die Menschheit gebracht? Welche dämonischen Kräfte sind da-von ausgegangen?

Was uns nicht gut tut
Wenn wir darüber nachdenken, was uns heute vom den gu-ten Mächten Gottes ablenkt oder abhält – worüber müssen wir reden? Der Predigttext gibt uns einen weiteren wichtigen Impuls, in welcher Art und Weise wir darüber nachdenken können.

Wir haben schon festgestellt, dass Jesus sich gegen falsche Erwartungen wehrte. Er entzog sich den Ansprüchen und Anforderungen der großen Massen, indem er an eine einsa-me Stätte ging und betete. Jesus nahm sich also eine spiritu-elle Auszeit. Er nahm sich Zeit für Gott und sich.

So spricht der Predigttext an, was gerade in unserer Zeit uns in Beziehung zu Gott gut tut. Oder eben nicht gut tut:

Jedermann sucht dich!
Wo bist du denn?
Dein Typ wird verlangt!

Wie oft fehlt uns die Ruhe. Da ist immer noch etwas, was zu erledigen ist. Nicht nur in der Familie oder im Beruf.
Auch in der Kirchengemeinde. Deshalb lohnt es Jesus Bei-spiel, sich zu Herzen zu nehmen; sich eine Zeit und einen Ort zu suchen, um abschalten zu können. Damit der Hebel der ständigen Betriebsamkeit einmal umgelegt werden kann.

Was uns gut tut
Und sie merken, liebe Gemeinde, dass sie heute alles richtig gemacht haben. Sie haben sich heute Zeit genommen für sich und Gott. Kein Telefon, kein Computer lenkt uns ab.
Und das Handy ist mindestens aus (- oder sollte aus sein, liebe Konfirmanden). Und vielleicht haben sie entdeckt, wel-che Kräfte sie in der Woche zu sehr in Besitz genommen haben? Welche falschen Wünschen und Hoffnungen sie ge-fangen halten? Vielleicht haben sie eine Ahnung, wann sie sich in der Woche zurückziehen müssen? Oder aus welcher Sache sie sich herausziehen müssen?
Amen.

Verfasser: Pfarrer Dr. Hans-Jörg Wahl
Franz-Liszt-Straße 19, 61250 Usingen

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich (Bestellformular).