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Gott heilt Leib und Seele

von Maike Kniese (Birlenbach)

Predigtdatum : 23.10.2022
Lesereihe : IV
Predigttag im Kirchenjahr : 19. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Markus 2,1-12
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Wochenspruch: Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen. (Jeremia 17,14)

Psalm: 32,1-7 (EG 717)

Lesungen

Reihe I: Johannes 5,1-16
Reihe II: Epheser 4,22-32
Reihe III: Jesaja 38,9-20
Reihe IV: Markus 2,1-12
Reihe V: Jakobus 5,13-16
Reihe VI: 2. Mose 34,4-10

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 449,1.4.8 Die güldne Sonne
Wochenlied: EG+ 102 Da wohnt ein Sehnen
Predigtlied: EG 383 Herr, du hast mich angerührt
Schlusslied: EG+ 39 Segne uns mit der Weite

Predigttext: Markus 2,1-12

1 Und nach etlichen Tagen ging er wieder nach Kapernaum; und es wurde bekannt, dass er im Hause war. 2 Und es versammelten sich viele, sodass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort. 3 Und es kamen einige, die brachten zu ihm einen Gelähmten, von vieren getragen. 4 Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, gruben es auf und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag. 5 Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. 6 Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen: 7 Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein? 8 Und Jesus erkannte alsbald in seinem Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen? 9 Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin? 10 Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden – sprach er zu dem Gelähmten: 11 Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim! 12 Und er stand auf und nahm sogleich sein Bett und ging hinaus vor aller Augen, sodass sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben solches noch nie gesehen.

I. Zum Bibeltext

Nach seiner Taufe durch Johannes hat Jesus sein Wirken in Galiläa begonnen. Mit seinen Jüngern hielt er sich in Kapernaum auf. Dort verbreitete sich sein Ruf als Heiler und Prediger. Die Menschen strömten herbei, um von ihm geheilt zu werden.

Der Predigttext erzählt von einem Heilungswunder durch Jesus und auch von einem Streitgespräch mit Pharisäern und Schriftgelehrten. Schon gleich zu Beginn deuten sich die Konflikte an. Es geht um Jesu Vollmacht. Darf er im Namen Gottes reden?

Einige Neutestamentler gehen davon aus, dass die Verse 5b-10 – also das Streitgespräch – wahrscheinlich als späterer Einschub in die ursprüngliche Wundererzählung gekommen sind. Allerdings wird Markus diese Zusammenstellung schon so vorgefunden haben. Denn die Erzählung von der Heilung des Gelähmten kommt mit der gleichen Zusammenstellung auch in den synoptischen Evangelien bei Matthäus und Lukas vor.

In allen Evangelien geht es um den Zusammenhang von Heilung und Sündenvergebung. Die anwesenden Pharisäer und Schriftgelehrten stellen die Frage: Wer hat die Vollmacht, Sünden zu vergeben?

Nach jüdischem Verständnis hat nur Gott allein die Macht, die Sünden zu vergeben.

Markus benutzt in diesem Textabschnitt und in anderen Texten den Titel „Menschensohn“ und setzt ihn mit Jesus gleich. Als „Menschensohn“ wurde in den hebräischen Schriften der von Gott eingesetzte himmlische Richter verstanden. Markus identifiziert in seinem Evangelium Jesus als diesen Richter und Retter, von dem in den Texten der hebräischen Bibel gesprochen wurde.

II. Hinführung zur Predigt

Themen von Gesundheit und Krankheit, von Verantwortung, Solidarität und Schuld begleiten seit Pandemiebeginn das öffentliche Gespräch.

Die Auseinandersetzung mit der „Schuldfrage“, der Sündenvergebung, bei dem Thema Krankheit, passt m. E. allerdings besser zum Predigttext Joh.5, 1-16 aus Reihe I. Daher werde ich auf diese Fragestellung bei diesem Predigttext nicht eingehen.

Fragen, die damals z. Z. des Markus für die Gemeinden wichtig waren, haben heute keine Bedeutung, wie z. B. die Frage, ob Jesus göttliche Vollmacht hat.

Am Beispiel von Fernsehserien möchte ich zeigen, dass Identifikation des Zuschauers oder der Zuschauerin mit einzelnen Personen in einer Geschichte stattfinden kann. Ich möchte bei diesem Predigttext anbieten, dass sich die Hörerinnen und Hörer mit ihrer eigenen Lebensgeschichte und ihren Erfahrungen in die Heilungserzählung von Markus eintragen können. Die Frage: Was kann diese Erzählung für mich bedeuten, soll deshalb im Hintergrund stehen.

Ich möchte den Predigthörerinnen und -hörern zeigen, dass Krankheit auch ein Ort der Gottesberührung sein kann. Krankheit kann offen machen für Gott, für eine andere Dimension der Wirklichkeit und des Lebens.

Predigt

Krankheit ist nur eine Dimension des menschlichen Lebens
Mit Krankheit heil werden

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und unserm Herrn Jesus Christus.

Liebe Gemeinde,

schauen Sie gerne Serien im Fernsehen? Es gibt Menschen, die lieben Serien. Sie leben mit den Personen der Geschichte richtig mit. Teilen in der Phantasie deren Leben und nehmen intensiv Anteil daran. Parallelen zum eigenen Leben werden gezogen. Dann fiebern sie der nächsten Folge richtig entgegen. Wie geht es weiter? Was wird das Leben bringen – für die Serienhelden und vielleicht auch für die Zuschauer.

Arztserien im Fernsehen

Arztserien sind besonders beliebt. Der Bergdoktor, In aller Freundschaft, Emergency Room, Grace Anatomy und viele mehr. (Eigene Beispiele einfügen)

Jemand wird krank, ein Unfall geschieht, das Leben gerät aus der Bahn und der Serienarzt oder die Ärztin weiß Rat. Er oder sie hört zu, beruhigt, tröstet, handelt schnell und zielgerichtet. Und meistens geschieht die Rettung oder Heilung am Ende der Episode. Der gute Ausgang ist wichtig, sonst würden die Zuschauer abspringen und das Interesse verlieren. Denn für Herausforderungen im eigenen Leben wünschen wir uns ja auch einen guten Ausgang.

Die Zuschauer und Zuschauerinnen stehen in ihrer eigenen Lebenssituation. Sie schauen mit ihren Erfahrungen und Lebensfragen zu und identifizieren sich mit den Personen der Serie. Dann kann es passieren, dass sie Parallelen und Lösungsmöglichkeiten für ihre eigenen Lebensumstände entdecken.

Der Predigttext als eine Folge einer Serie

Unser heutiger Predigttext ist auch eine Folge einer Serie. Jesus hatte in Kapernaum in der Synagoge gelehrt und einen Menschen von einem bösen Geist geheilt. Die nächste Heilung geschah dann bei der Schwiegermutter des Petrus. Nachdem er ihre Hand gehalten hatte, verließ sie das Fieber und sie war wieder gesund und konnte das Bett verlassen.

Seine Heilkünste sprachen sich herum. Viele Kranke kamen oder wurden zu ihm gebracht. Und er heilte viele Gebrechen, half vielen Kranken aus ihrem Tief wieder heraus und besänftigte böse Geister, die die Menschen umtrieben.

In der nächsten Folge war er mit seinen Jüngern in einer anderen Stadt und heilte dort einen Aussätzigen.

Die heutige fünfte Episode der Fortsetzungsgeschichte spielt wieder in Kapernaum. Und um was es geht, hören Sie bei Mk. 2,1-12.

Jesus ging wieder nach Kapernaum; und es wurde bekannt, dass er im Hause war.
Und es versammelten sich viele, sodass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort.

Und es kamen einige, die brachten zu ihm einen Gelähmten, von vieren getragen.
Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, gruben es auf und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag.
Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.
Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen:
Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?
Und Jesus erkannte alsbald in seinem Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen?
Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin?
Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden - sprach er zu dem Gelähmten:
Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim!
Und er stand auf und nahm sogleich sein Bett und ging hinaus vor aller Augen, sodass sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben solches noch nie gesehen.

Der Handlungsstrang der heutigen Folge

Liebe Gemeinde,

das Drehbuch ist ein bisschen knapp. Die Sprechtexte entfallen. Es wird hauptsächlich die Handlung erzählt: Eine lange Schlange steht vor dem Haus, in dem Jesus predigt. Wer jetzt dazukommt, muss lange warten, bis er an der Reihe ist. Das kennen wir auch, wenn wir volle Wartezimmer betreten und leise abzählen, wie viele Personen vor uns sind. Danach lässt sich ungefähr die Wartezeit berechnen. Wenn Notfälle dazwischenkommen, dauert es noch länger.

Ein solcher Notfall kommt jetzt. Ein Mann auf einer Trage wird gebracht. Er ist gelähmt, bewegungsunfähig. Er kann sich selbst nicht mehr helfen, selbst nichts mehr tun: keine Heilung herbeiführen, nicht selbst zu einem Arzt gehen oder sich in ein Wartezimmer setzen oder an der Schlange anstellen. Er ist ein Notfall. Ob er akut ist, darüber lässt sich streiten.

Auf alle Fälle wollen seine vier Helfer keine Zeit verlieren. Der Mann braucht jetzt Hilfe. Sie konnten nur die Erstversorgung leisten. Aber sie wussten, wer wirklich helfen kann. Wer Leben retten kann. Jesus muss ihn sehen. Und wenn die Erfolgsaussichten beim Schlangestehen nicht groß sind, dann muss es eben einen unkonventionellen Weg geben, um zu ihm zu kommen. Keine Verzögerungen mehr. Kein Risiko eingehen, abgewiesen zu werden. Der Gelähmte hatte genug gelitten. Zur Not muss es durchs Dach gehen. Ihn Jesus einfach vor die Füße legen.

„Hier ist er. Nimm dich seiner an.“

Der Kranke bleibt nicht lange liegen. Er wird kein Langzeitpatient. Das war er lange genug. Seine Heilung erfolgt jetzt schnell. Überaus schnell. Keine langen Untersuchungen, keine Blutabnahme, keine Befragungen, wie die Vorgeschichte war und die Krankheit sich entwickelt hat, keine Therapiepläne, sondern nur der Satz: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“

Hilfen und Heilungsmethoden

Da zeigt es sich wieder, dass Gespräche und Zuwendung oft genauso wichtig sind für die Heilung, wie Medikamente oder Operationen.

„Mein Sohn“, sagte Jesus zu ihm. „Mein Kind“, in dieser Anrede steckt ganz viel Zärtlichkeit, ganz viel Trost und Fürsorge. Wer krank ist, fühlt sich oft wie ein Kind. Ohnmächtig, schutzbedürftig, zurückgeworfen auf sich selbst, allein. Man sehnt sich dann nach Zuwendung. Nach einem Menschen, der einen versteht. Jesus weiß das. Er reagiert hier wie ein Vater oder wie eine Mutter. Einfühlsam, tröstend, bergend.

Wie gut, dass die vier Träger wussten, wer helfen kann. Es gibt Situationen, in denen man selbst nicht weiß, an wen man sich mit seinem Problem wenden soll. Dann ist es eine große Unterstützung, wenn jemand da ist, der sagen kann, woher man Hilfe bekommt.

Die vier Freunde lassen den Mann nicht in seiner Erstarrung zurück. Wenn er sich nicht bewegen kann, dann bewegen sie sich und ihn gleich mit. Das ist gelebte Solidarität. Sie haben ein Vertrauen, das der Kranke nicht mehr hat. Vertrauen, dass Hilfe geschieht, dass sich die Situation ändert, dass sich an seiner Lage doch etwas bewegen lässt. Nicht verharren, sondern aufbrechen. Wenn er es nicht alleine kann, dann muss man ihn eben mitnehmen.

Die Heilmethode, die Jesus anwendet ist ungewöhnlich. Kein Handauflegen, kein Bestreichen mit Spucke, kein Finger, der die wunde Stelle berührt, so wie wir es von anderen Erzählungen kennen. Jesus sagt nur zwei Sätze: „Mein Kind, deine Sünden sind dir vergeben.“ Und: „Steh auf, nimm dein Bett und geh heim.“

Diese Sätze bringen viel in Bewegung. Lösen die Erstarrung. Nicht nur bei dem Gelähmten selbst, sondern auch bei den Umstehenden.

Feste Vorstellungen von Krankheit und Heilung kommen in Bewegung. Was festgefahren und erstarrt war, wird aufgebrochen. Neue Dimensionen des Lebens tauchen auf. Es geht nicht mehr um krank oder gesund, sondern um „krank“ und dennoch „gesund“. Es geht um einen anderen Bewertungsmaßstab von „krank“ oder „gesund“. Der Kranke in der Erzählung kann in Zukunft wieder selbst handeln und Verantwortung für sich übernehmen.

Identifikation mit dem Gelähmten

Die Geschichte, die Markus hier erzählt, ist eine Folie für unser Leben. Wie in einer Serie im Fernsehen, können wir unser Leben und unsere Lebenserfahrung in diese Geschichte eintragen. Es ist die Anfrage an uns: Gibt es auch etwas, das mich lähmt und erstarren lässt? Wo bin ich festgefahren und komme nicht weiter? Wo brauche ich Hilfe?

Eine Krankheit kann mich durchlässig machen für Gott. Was zeigt mir meine Krankheit? Worauf macht sie mich aufmerksam? Die Krankheit kann mir zeigen, wo und wie Gott mich im Leben berührt.

Wenn das geschieht, dann bricht etwas auf. Dann schließt mich die Krankheit nicht mehr ein. Dann zeigt sich neues Leben. Dann lähmt die Vergangenheit nicht mehr. Dann kommt etwas in Bewegung.

So wie bei dem Gelähmten in unserer Erzählung. Er kann jetzt selbst gehen. Aber sein Bett, Zeichen für seine Krankheit, das nimmt er mit.

Heilung bedeutet nicht, die Krankheit ungeschehen zu machen. Heilung bedeutet hier, mit der Krankheit das Leben neu zu wagen. Sich selbst wieder etwas zuzutrauen.

Die Krankheit lähmt nicht mehr. Vielleicht ist sie noch da, aber Leben ist mehr als die Krankheit. Es gibt nicht „nur krank“ oder „nur gesund“. Leben ist dazwischen. Es ist Hoffen, Glauben und Wagen. Es ist Rückzug und Aufbruch.

Diese Gedanken nehmen wir aus der heutigen Folge mit. Wir verlassen die Serie und kehren in unseren Alltag zurück -mit dem, was wir mitgebracht haben und mit dem, was wir von heute mitnehmen.

Vielleicht sind Sie ja gespannt auf das, was in den nächsten Folgen kommt.
Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Maike Kniese


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