Gott kommt und schafft Freude
von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)
Predigtdatum
:
19.12.2010
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
4. Advent
Textstelle
:
Lukas 1,26-33.(34-37).38
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Wochenspruch:
„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe.“
(Philipper 4, 4.5b)
Psalm: 102, 17 – 23 (EG 741)
Lesungen
Altes Testament: Jesaja 52, 7 – 10
Epistel: Philipper 4, 4 – 7
Evangelium: Lukas 1, (39-45) 46-55 (56)
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 13 Tochter Zion
Wochenlied: EG 9,1.3-6
Nun jauchzet, all ihr Frommen
Predigtlied: EG 4
Nun komm, der Heiden Heiland
Schlusslied: EG 600
Magnificat anima mea
Vorwort:
Es geht mir darum, die Idylle zu vermeiden, die in ungezählten Verkündigungsszenen gemalt wird. Maria sagt nicht einer Idylle ihr Ja, sondern zu einem harten Weg. In ihrem Ja ist sie eine verantwort-liche Frau! Das andere Anliegen: ich möchte die Perikope durch-sichtig werden lassen auf unsere Alltagserfahrungen hin, in denen Gotteserfahrungen auf uns warten.
Liebe Gemeinde,
eine Geschichte aus unseren Tagen, wie sie sich gar nicht so selten abspielt: Eine junge, Frau, fast noch ein Mädchen, geht in die Apo-theke. Sie war mit ihrem Freund zusammen – und jetzt ist ihr ko-misch. Sie will wissen, was los ist – darum macht sie einen Schwan-gerschaftstest. Das Ergebnis: Um Himmels willen – ich bin schwan-ger. Damit hatte sie nie gerechnet. Aber nun ist es so.
Mit einem Augenblick ist ihr klar: Jetzt wird alles in meinem Leben sich ändern! Ein Sack voller Fragen steht vor ihr: Wird mein Freund zu mir stehen? Wie soll ich das den Eltern sagen? Was wird aus meiner Ausbildung? Ein Weg voller Ungewissheit tut sich auf, eine Menge Aufgaben werden sichtbar, die geklärt und bewältigt werden müssen.
Nichts Besonderes? – Eine Alltagsgeschichte, wie sie sich auch zu Zeiten der aufgeklärten Männer und Frauen tausendfach wiederholt.
Eine andere Geschichte, nicht aus unseren Tagen und auch in ihrer Zeit schon nicht alltäglich. Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, ist zu Hause. Da kommt jemand, mit dem sie nie und nimmer gerechnet hat. Der Überraschungsgast kommt nicht aus eigenem Antrieb. Er ist ein Gesandter, Angelos, ein Engel. Er kommt im Auftrag Gottes.
Für Maria sind Engel kein alltäglicher Umgang. Das fällt uns heute ein bisschen schwer zu denken, weil Maria durch die Geschichte der Kirche so sehr auf die Seite der himmlischen Heerscharen gerückt ist, dass wir geneigt sind zu denken, sie habe sich täglich mit Gabriel, Michael, Uriel, Ariel, Rafael und wie die Engel alle so heißen mögen, unterhalten.
Aber diese Maria damals ist ein ganz normales jüdisches Mädchen. Und für sie gehören Engel in den Himmel und nicht in die eigene Hütte. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sie erschrickt, bis ins Mark hinein erschrickt, als da plötzlich dieser himmlische Bote vor ihr steht
Das hat sich bis heute nicht geändert: die himmlischen Boten lösen nicht nur Zustimmung, Freude, Glück aus. Sie sind erschreckend in ihrer unerwarteten Gegenwart. Engel – das hat unsere Zeit ein wenig vergessen – sind Boten aus der Gegenwart Gottes. Sie brechen unsere irdischen Zusammenhänge auf, machen aus geschlossenen Kreisläufen von Ursache und Wirkung offene Systeme. Sie öffnen dem Zufall Tor und Tür und zerbrechen Planungssicherheiten.
Darüber hinaus gilt: Engel sind – so ein Ausleger der Schrift - Anwälte der Heiligkeit Gottes. Wo die Heiligkeit Gottes in unserer Welt aufleuchtet, da geht es nie ohne Erschrecken ab, weil Gott der ganz Andere ist, nicht wie wir, nicht von dieser Welt.
Das im Kopf zu haben ist für uns wichtig, damit uns dieser Besuch nicht zum idyllischen Plauderstündchen zwischen Gabriel und Maria verkommt, zur Postkartenszene wird, die nichts mehr zu sagen hat und nur noch schön ist.
Kaum ist der erste Schreck ausgestanden über diesen ungewöhnlichen Gast, kommt der Zweite. Es ist ja kein stummer Gast. Er bringt eine Botschaft: „Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären...“ Das klingt ungewohnt. Gnade bei Gott – das verbinden wir meistens mit dem Stichwort Vergebung. Gott sieht nicht an, was gegen uns spricht. Gott legt uns nicht auf unsere Vergangenheit fest. Hier aber hat Gnade einen anderen Klang: Gott braucht dich! Gott will dich für seinen Weg haben. Gott braucht dich, weil er ohne dich seinen Plan nicht weiterführen kann.
Es gibt nicht nur die Gnade die, nach rückwärts gewandt ist.
Es gibt auch die Gnade, die einen neuen Weg nach vorne öffnet. Es gibt auch die Gnade, die sagt: Ohne dich geht es nicht weiter.
Wie viele Menschen leiden heute darunter, dass sie sich überflüssig vorkommen. Es ist schon ein merkwürdiges Signal, dass es groß plakatige Werbungen gibt, die so klingen: Suche Arbeitsplatz, biete Zukunft. Man sieht dann ein jugendliches Gesicht, das lächelt und verspricht: ich mache was aus mir. Du Unternehmen kannst mit mir etwas anfangen. Und die bei manchen sicher schon fast verzweifelte Hoffnung ist: hoffentlich wirkt es und ich bekomme einen Ausbildungsplatz angeboten.
Und am anderen Ende der Altersskala sitzen Menschen in einem Altersheim oder liegen in einem Pflegebett und bekommen ziemlich häufig die nur mühsam verkleidete Botschaft: Der Gesellschaft ginge es auch gut, wenn ihr weg wärt. Eigentlich habt ihr keine Zukunft mehr. Ihr seid ein Kostenfaktor, der der Solidargemeinschaft ganz schön zu schaffen macht.
Maria hört durch den Engel Gottes: Du bist nötig für den Weg Gottes in dieser Welt. Du bist nötig, damit sein Reich vorwärts kommen kann. Du bist nötig, damit er sein Heil unter den Menschen sichtbar machen kann, damit es Hand und Fuß gewinnt. Du bist nötig, damit sich seine Herrschaft auf Erden ausbreiten kann. Du – Gott braucht deine Zustimmung, damit es weitergeht mit seinem Heil.
Sie und ich – wir sind nicht Maria. Wir bekommen vermutlich auch nicht jeden Tag einmal Besuch von den Engeln Gottes. Und doch ist diese Botschaft an Maria auch eine Botschaft an uns: Sie und ich, du und ich werden gebraucht, damit das Heil Gottes weitergeht. Dazu müssen wir nicht schwanger werden, sonst wäre das ja keine Geschichte, die Männer etwas zu sagen hat – aber dazu ist es nötig, dass wir wie Maria sagen: Mir geschehe, wie du gesagt hast. Ich bin einverstanden mit deiner Platzanweisung für mein Leben. Ich bin einverstanden mit den Aufgaben, die du mir auf meinem Lebensweg stellst. Ich will mich von dir gebrauchen lassen, so wie du, Gott, es sagst und zeigst.
Darum geht es – um Platzanweisungen Gottes in unser Leben hinein: Bei Maria ist es eine Schwangerschaft, die ihr viel abverlangen wird. Bei manchen mag es die Arbeit im Betrieb sein, das Umgehen mit Kollegen, die einem das Leben schwer machen. Bei anderen ist es die Familie, die zusammengehalten werden muss, obwohl es viele Risse gibt. Bei einem dritten ist es eine Krankheit, bei einer vierten ein durchkreuzter Lebenstraum. Die Platzanweisungen Gottes sichern keine Plätze auf den Titelseiten der Zeitungen, sie sind oft genug der Ruf in unscheinbare Situationen, manchmal auch in zwielichtige Situationen und sie verlangen vor allem: Vertrauen und Geduld.
Das kann man deutlich an Maria sehen. Der Inhalt der Botschaft des Engels ist, hart gesagt, lauter Zukunftsmusik. Auf dichtestem Raum ist hier zusammen gefasst, was dieses Kind sein wird: Sohn des Höchsten, Davids-Sohn, König Israels, sein Reich ohne Ende. Ein großes Wort jagt das nächste – aber Maria hat dafür keine Garantie in der Hand.
Wer weiß denn schon, was aus einem neugeborenen Kind werden wird – allen guten Wünschen zum Trotz. Wer weiß denn schon, was sich an elterlichen Träumen erfüllen wird, allen guten Absichten zum Trotz. Für Maria mögen die Worte des Engels klingen wie gute Wünsche heutzutage. Dennoch sagt Maria: Mir geschehe, wie du sagst – und damit beginnt für sie eine lange Zeit des Hoffens, des Wartens, der Geduld. „Maria aber bewegte alle diese Worte und behielt sie in ihrem Herzen“ – so heißt es wiederholt und auch das darf man nicht verschweigen: Sie bekommt auch über dem neugeborenen Kind gesagt: „Ein Schwert wird durch deine Seele dringen.“
(Lk. 2, 35)
Dazu sagt sie: „Mir geschehe wie du sagst.“ Es ist ihr Ja zu einem Weg, den sie nicht kennt, den sie sich wohl auch nie und nimmer selbst wählen würde, von dem sie aber eines glaubt: dass sie ihn geht unter den Augen Gottes, der ihr seinen Boten gesandt hat. Weniger müssen wir von uns auch nicht glauben: Wir gehen unsere Wege unter den Augen Gottes, der über uns in seiner Güte wacht.
Verfasser: Pfarrer i. R. Paul-Ulrich Lenz, Im Litzenau 17, 63679 Schotten
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