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Gott lässt mich nicht

von Curt Stauss

Predigtdatum : 20.03.2011
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Invokavit
Textstelle : Matthäus 12,38-42
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Wochenspruch: „Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ (Römer 5, 8)
Psalm: 10, 4.11 – 14.17 – 18

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 5, 1 – 7
Epistel: Römer 5, 1 – 5 (6 – 11)
Evangelium: Markus 12, 1 – 12


Liedvorschläge
Eingangslied: EG 449 , 1 + 6 + 10 Die güldne Sonne
Wochenlied: EG 366 Wenn wir in höchsten Nöten sein
Predigtlied: EG 432 Gott gab uns Atem
Schlusslied: EG 420 Brich mit den Hungrigen dein Brot

Liebe Gemeinde,
„Meister, wir möchten gern ein Zeichen von dir sehen“. Die Predigthörer damals wollen mehr als Worte! Ein Himmelszeichen wünschen sie, ein Wunder, einen Beweis! Jesus stellt sie nicht zufrieden. Er gibt kein Zeichen, tut kein Wunder, liefert keinen Beweis. Er geht nicht in die Falle derer, denen kein noch so deutliches Wort deutlich genug ist.

Kennen Sie diese Falle? Ein Beispiel: Wir haben viel über den Klimawandel gehört. Nicht wenige Menschen sagen: ich möchte gern etwas tun – aber erst muss ich noch genauer Bescheid wissen. Ich weiß ja gar nicht, was ich tun kann!

Die Falle ist in diesem Fall: Ich weiß nie genug Bescheid. So kann ich mich immer herausreden; ich habe immer eine Entschuldigung, wenn ich nichts tue – z. B. gegen den Klimawandel.

Jesus würde zu dieser Entschuldigung vermutlich sagen: O doch, ihr wisst sehr gut, was dran ist – aber ihr tut nichts. Ihr wollt euch nicht ändern!

Ob er das sagt? Jedenfalls war dies der wichtigste Inhalt seiner Predigt. Immer wieder hörten sie damals von ihm und immer wieder lesen wir von ihm: Kehrt um, ändert euch! Das ist ein anderer Ausdruck für ‚tut Buße’. So auch in der Szene, die wir heute als Predigt hören.

Jesus gibt kein Zeichen, tut kein Wunder, er liefert keinen Beweis. Er antwortet mit dem Hinweis auf ein Zeichen, das alle kannten: ‚das Zeichen des Propheten Jona’. Wir brauchen ein bisschen Hilfe, um seine Antwort zu verstehen. Die Geschichte des Propheten Jona: wie so oft in biblischen Geschichten wird die eigene Zeit in eine alte Geschichte verpackt erzählt. Schon vor 2500 Jahren war dies eine alte Geschichte, erst recht für die Hörer und Hörerinnen von Jesus. Ganz und gar für uns! Was wurde da erzählt?

„Es erging das Wort des HERRN an Jona, den Sohn Amittais: ‚Auf! Geh nach Ninive, der großen Stadt, und rufe gegen sie, denn ihre Bosheit ist zu mir heraufgekommen!’ Ohne Einleitung, ohne Erklärungen, unmittelbar und schroff beginnt die Geschichte von Jona. Gott erteilt ihm einen Auftrag. So wenig wie wir erfahren, warum Ninive untergehen soll, genau so wenig erfahren wir, warum Jona nicht tut, was er tun soll. Der zweite Satz des Jonabuches lautet: „Da brach Jona auf, um nach Tarsis zu fliehen, weg vom Angesicht des HERRN...“. Statt der großen Stadt den Untergang zu verkünden, läuft er fort.

Seine Flucht dauert nicht lange. Er geht auf ein Schiff, das gerät in Seenot. Jona wird als mutmaßlicher Urheber des Sturms über Bord geworfen, der Sturm legt sich. Jona landet im Bauch eines großen Fisches. Hier fühlt er sich geborgen, er hält sich für gerettet. Der Fisch spuckt ihn an Land. Und die Geschichte geht von vorne los: „Da erging das Wort des HERRN zum zweiten Mal an Jona. ‚Auf! Geh nach Ninive, der großen Stadt, und rufe gegen sie, was ich dir sagen werde.’ Als wäre nichts geschehen, wiederholt Gott den Auftrag an den Propheten. Aber da ist schon viel geschehen. Jona hat gelernt: Wenn einer untergeht, ist nicht immer alles zu Ende. Und er hat gelernt: Wann man in Sicherheit ist, ist man noch nicht am Ziel. So geht er los nach Ninive. Was sagt er dort? Keine Drohrede, keine Strafpredigt, bloß ein Zwischenruf (wenn alle Predigten so kurz wären....): „Noch vierzig Tage, und Ninive ist zusammengebrochen!“

Die Kurzpredigt wirkt. Die Einwohner von Ninive ändern sich. Sie handeln sofort, sozusagen ohne nachzudenken, jedenfalls ohne die Entschuldigung: wir wollen so gern etwas tun, aber wir wissen noch nicht genug!

Die Einwohner von Ninive ändern sich. Mit einem 40 Tage dauernden Fasten beginnen sie, sie setzen sich in die Asche, ein alter Buß-ritus, alle. Auch der König legt seinen Mantel ab und setzt sich in die Asche. Ein Wunder geschieht in Ninive, eine wirkliche Umkehr, genau das, was die Alten Buße nannten. Realistische Wissenschaftler und manchmal auch Politiker sagen uns heute: angesichts der Klimakatastrophe kann uns nur noch ein Wunder retten. Beginnen so die Wunder?

Die Geschichte, die von Ninive erzählt wird, ist zu Ende. Die von Jona noch nicht. „Das aber verdross Jona sehr...“, so geht die Geschichte weiter. Jona sieht sich ins Unrecht gesetzt, er scheint ein falscher Prophet zu sein. Er kann sich nicht mit Ninive freuen. Lieber möchte er tot sein. Was er nun noch zu lernen hat: dass manchmal Reue, dass manchmal Sich-Umstimmen-Lassen die bessere Haltung ist! Gott lässt sich seine Absicht gereuen, Ninive muss nicht untergehen. Das Jonabuch endet mit einer Frage: „Dich reut die Rhizinus-staude, um die du keine Mühe gehabt hast, die du nicht großgezogen hast, die in einer Nacht entstand und in einer Nacht verdorrte. Und mich sollte Ninive nicht gereuen, die große Stadt, in der mehr als einhundertzwanzigtausend Menschen leben, die rechts und links nicht unterscheiden können, dazu die vielen Tiere?“

An diese alte Geschichte erinnert Jesus. Kein Zeichen, aber ein gutes Beispiel führt er vor: Die Einwohner von Ninive - denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona! Jesus kritisiert das Verhalten seiner Zeitgenossen: Die haben sich geändert, ihr nicht! Die haben auf die Worte des Propheten gehört, ihr nicht.

Ob Jesus auf offene Ohren traf? Jedenfalls haben sich einige so über ihn geärgert, dass sie ihn umbringen wollten. Jesus umbringen, das war nichts Endgültiges – sonst wären wir nicht hier! Genau so übrigens kann man das Zeichen des Jona verstehen: wie Jona drei Tage im Bauch des Fisches war – und gerettet wurde, genau so wird Jesus nicht im Tod bleiben.

Liebe Gemeinde, hier könnte die Predigt zu Ende sein. Wir haben das Zeichen des Propheten Jona verstanden.

Haben wir? Oder, um genauer zu fragen: Was haben wir vom Zeichen des Jona verstanden? Und: Welche Folgen hat das für unser Leben? Lassen Sie uns noch einmal genauer hinhören!

1. Wenn Jesus an das Zeichen des Jona erinnert, will er sagen: die Einwohner von Ninive tun, was sie gehört haben. Von der Rettung des Propheten aus dem Meer, von den drei Tagen im Bauch des Fisches wussten die Leute von Ninive gar nichts. Ein Zeichen brauchten sie aber auch nicht – sie hörten! Die Bibel erzählt davon wie von einem Wunder. Weshalb? Weil sich ändern schwer ist. Umkehren, das heißt zuerst: ich gestehe mir ein, dass ich einen falschen Weg gegangen bin. Mir gestehe ich das ein; aber noch schwerer fällt mir, das auch anderen einzugestehen. Umkehren ist peinlich!

Umkehren ist mit Angst verbunden! Wird der Weg richtig sein, den ich jetzt beginne? Im Tagesgebet, das wir heute zu Beginn des Gottesdienstes gebetet haben – es steht in unserem Gottesdienstbuch – bitten wir: „Lass uns nicht versinken in den Folgen unserer Eigenmächtigkeit.“ So, indem wir die Angst vor Gott aussprechen, lernen wir Angst überwinden. Seht doch auf das Zeichen des Propheten Jona – das heißt: überwindet eure Angst, schert euch nicht um die Peinlichkeit, geht den ersten Schritt zur Umkehr, so wie die Leute von Ninive!

2. Wenn Jesus an das Zeichen des Jona erinnert, will er sagen: der Prophet glaubt nicht, was er sieht. Der Prophet ärgert sich - weil seine Predigt Erfolg hat. Verstehen Sie das? Ist er nun ein wahrer oder doch eher ein falscher Prophet?

Prophet ist in der Bibel nicht, wer etwas vorhersagt, sondern wer etwas offen heraussagt. Das ist oft das, was niemand gerne hört. So geht es z. B. denen, die auf den Klimawandel und seine Folgen aufmerksam machen. Sie sprechen auch von unseren Urlaubsflügen.
Klaus Töpfer, vor 20 Jahren deutscher Umweltminister, dann viele Jahre UNO-Umweltdirektor, ein weltweit geachteter Umweltpolitiker, jetzt Direktor des Klimaforschungsinstitutes in Potsdam, sagte vor kurzem: Die Deutschen sind komisch: sie erwarten, dass eintrifft, was die Propheten sagen!

Der Umweltpolitiker hat die Jona-Geschichte verstanden: erfolgreich ist der Prophet gerade dann, wenn er nicht Recht behält!

Ist es ein deutsches Problem, sind nur die Deutschen komisch, wenn sie wie Jona lieber den Untergang wollen als die Umkehr? Seht doch auf das Zeichen des Propheten Jona – das heißt: sagt die Wahrheit, auch wenn die Leute euch dafür nicht lieben! Und achtet die Menschen, die euch nicht lieben, aber auf eure Wahrheit hören und ihr Leben ändern!

3. Wenn Jesus an das Zeichen des Jona erinnert, will er sagen: Gott hört auf die Menschen! Gott war entschlossen, die Stadt mit ihren Menschen (und all den vielen Tieren...) zu vernichten.

Als stark, als männlich, als beachtlich gilt, wer einen starken Plan fasst und ihn dann auch noch umsetzt! durchsetzt! zu Ende bringt!
Hier kommen wir an eine der besonders aufregenden Stellen der Bibel: einige Male nämlich wird berichtet, dass Gott den Plan fasst, sein Volk zu vernichten. Aber dann lässt er sich umstimmen. Ein Beispiel: als das Gottesvolk unsicher wurde, ob Gott es wirklich bis zum gelobten Land schafft, legen die Frauen ihren Schmuck ab. Ein goldener Stier wird aus dem Gold gegossen. Den umrundet das Volk mit Gebeten. Das ist zuviel für Gott. Nun beginnt Mose ihn zu bestürmen: wenn du das Volk umbringst, das du unter so viel Mühen aus Ägypten geführt hast, was werden die Ägypter sagen? Werden sie nicht den Kopf schütteln und sagen: er hat sie herausgeführt, um sie in der Wüste umzubringen? Was bist du dann für ein Gott? Dieses beharrliche, listige Argumentieren des Mose heißt in den meisten Bibelausgaben „Die Fürbitte des Mose“. Das ist ein schöner Hinweis, wie man auch beten kann! Jedenfalls: Mose hat Erfolg, Gott lässt es sich gereuen, er lässt das Volk am Leben. Das lesen wir im
2. Buch Mose Kap. 32.

Eine andere Geschichte von der Reue Gottes finden wir beim Propheten Hosea. Da wird erzählt, wie Gott sich von Hosea bewegen lässt, das untreu gewordene Volk nicht zu vernichten. Die Nachricht der göttlichen Umkehr gibt Gott selbst kund mit der Begründung:
„ ...denn ich bin Gott und kein Mann“ (Hosea 11,8). Kein Mann?!

Demnach ist es männlich, von einem Plan nicht abzulassen, koste es, was es wolle. Natürlich ist Gott weder Mann noch Frau – und zugleich finden die Menschen Züge von beiden an ihm: wie eine Mutter wird er uns trösten, und er will nicht wie ein Mann mörderisch konsequent sein!

Die Reue Gottes, seine Bereitschaft zur Inkonsequenz erschüttern Jona, und viele seither. Erschüttert sie auch uns? Wie passt ein beweglicher Gott in unser Gottesbild? Manchmal erzählt die Bibel Geschichten, die unsere Bilder verwackeln. Das ist gut so.

Seht doch auf das Zeichen des Propheten Jona, das heißt also auch: glaubt Gott, der sich manchmal treu bleibt, indem er sich umstimmen lässt, indem er Gnade vor Recht ergehen lässt.

Liebe Gemeinde, die Predigthörer damals, zu denen Jesus sprach, sie wollten mehr als Worte. „Meister, wir möchten gern ein Zeichen von dir sehen!“ Sie hören, aber sie wollen nicht umkehren. Sie hören, aber sie wollen nicht tun.

Manchmal beginnen wir neu zu hören, wenn wir etwas tun: erst wer sich für Notleidende einsetzt, nimmt deutlich wahr, wie es ihnen tatsächlich geht, hört erst dann ihre Klagen wirklich – und beginnt ihre Sehnsucht nach erfülltem Leben zu verstehen. Tun und hören?

Manchmal ist die Reihenfolge in der Bibel umgekehrt: Tun und Hören! So war das auch bei der Königin von Saba. Haben Sie sie schon vermisst? Jesus spricht von ihr, sie ist nach den Leuten von Ninive das andere gute Beispiel. Sie ist wirklich nicht allzu bekannt. Von ihr wissen wir keine so interessanten Begebenheiten wie von dem Fisch, der Stadt Ninive, von Jona und der Rhizinusstaude. Die Königin von Saba: Jesus erwähnt sie eher nebenher, aber sie dient ihm, wie Jona, als gutes Beispiel: sie ist weit, sehr weit gereist, bloß um zu hören! Reisen damals, das hieß, viel Mühe auf sich nehmen. So hat sie sich, mit großem Aufwand, aufs Hören eingestellt und vorbereitet.

Das ist so, wie wenn Sie im Auto auf einen Berg fahren, um die schöne Aussicht zu genießen – oder aber Sie wandern, lange, mühsam. Das braucht Zeit, das braucht Kraft. Aber dann der Blick, diese Aussicht! Finden Sie nicht, die ist anders, als wenn Sie bloß hoch geprescht sind mit dem Fahrzeug? Oft hat das, was uns leicht gefallen ist, nicht den Wert, nicht die Tiefe des Erlebens und darum auch nicht die Folgen, wie sie jene Erlebnisse zeigen, die wir unter Mühen erreicht haben. Die Königin von Saba also auch: tun und hören! Sie hat große Mühen auf sich genommen, umso intensiver hört sie die Gottesbotschaft.

Tun und hören? Die Wunder beginnen mit dem Tun, immer. Auch angesichts der Klimakatastrophe.

Hören und tun – Hauptsache es bleibt nicht beim Hören. Amen.

Verfasser: Pfarrer Curt Stauss, Unteraltenburg 14, 06217 Merseburg



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