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Gott lässt mich nicht

von Dorothea Preisler (04838 Audenhain)

Predigtdatum : 21.02.2016
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Invokavit
Textstelle : Römer 5,1-5.(6-11)
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Wochenspruch:
"Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Süder waren." (Römer 5, 8)

Psalm: 10, 4.11 - 14. 17 - 18

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 5, 1 - 7

Epistel: Römer 5, 1 - 5 (6 - 11)

Evangelium: Markus 12, 1 - 12

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 168, 1 - 3 Du hast uns, Herr, gerufen
Wochenlied: EG 366, 1 - 5 Wenn wir in höchsten Nöten sein
Predigtlied: EG 428 oder EG 391 Komm in unsre stolze Welt oder
Jesu, geh voran
Schlusslied: EG 168, 4 - 6
Wenn wir jetzt weitergehen

Predigttext Römer 5, 1 – 5
1 Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus;
2 durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben wird.
3 Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt,
4 Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung,
5 Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.

Hinführung
Der Predigttext ist aus dem Römerbrief, dem theologischen Vermächtnis des Apostels Paulus. Von den Gemeinden, mit denen Paulus brieflich in Kontakt steht, ist die Gemeinde in Rom die einzige Gemeinde, die Paulus nicht selbst gegründet hat. Es ist ihm daher wichtig, seine Theologie besonders gründlich und fundiert darzulegen, die Gemeindeglieder sollen wissen, dass seine Autorität auf einem soliden theologischen Fundament steht. In nur 11 Versen sind daher alle wichtigen Themen unseres Glaubens angeschnitten: Rechtfertigung und Versöhnung, Tod und Auferstehung Jesu, die Gnadenlehre, die Bewährung des Glaubens in unserer erlösten und doch unerlösten Welt, der Tag des Gerichts, die zukünftige Herrlichkeit. Alle diese Themen in nur einer einzigen Predigt ausführlich anzusprechen ist nicht möglich.

Ich habe die Predigt in drei Teile untergliedert: Liebe, Hoffnung, Glauben. Gleichzeitig habe ich den Predigttext mit dem Hohelied der Liebe aus dem 1. Kor 13 in Beziehung gesetzt. Dieser paulinische Text ist den Predigthörern und -hörerinnen vielleicht erinnerlich. Trotzdem geht die Auslegung am Text entlang, und es wäre schön, wenn der Text, obgleich er schon in der Epistellesung gelesen wurde, noch einmal vorgelesen werden könnte.
Als Zielgedanken könnte ich formulieren: Gottes Liebe erweist sich in Christus und ist mit den Mitteln unseres menschlichen Verstandes nicht zu fassen.

Wenn die Predigt aus Zeitgründen gekürzt werden muss, wäre es angebracht, in den 3 Teilen zu kürzen und nicht einen der 3 Hauptteile wegzulassen.

Schon beim Lesen spürt man: dieser Text ist nichts für den schnellen Verbrauch. Er hat kein Verfallsdatum. Man wird eigentlich nie mit ihm „fertig“. Alle Themen, die Paulus in diesem Abschnitt anspricht, begleiten einen Menschen, der über seinen Glauben, sein Christsein nachdenkt, auf dem Weg durch das Leben. Auch diese Predigt wird viele Fragen offen lassen. Sie soll Hilfe zum Weiterdenken sein.

Predigt

Liebe Gemeinde,

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen“. So fasst Paulus sein berühmtes und bekanntes Hohes Lied der Liebe im ersten Korintherbrief zusammen, und so kann man auch unseren Predigttext heute zusammenfassen. Gottes Liebe ist wirklich das Größte! So jedenfalls antwortet Paulus auf die Frage nach dem Sinn und Ziel unseres Lebens, nach dem Grund unsers Glaubens.

Liebe Gemeinde,

liebe Christen, die Ihr hier in der (kleinen) Kirche von ... sitzt: Es ist wirklich so: Die Liebe Gottes ist es, die uns in guten und in schweren Zeiten immer wieder auf ein gutes Ende hoffen lässt.

Gott hat seinen Sohn für uns hingegeben, er ist am Kreuz gestorben und am dritten Tage auferstanden. Er hat für uns gelitten und den Tod besiegt. Nicht, weil wir so tolle Eigenschaften haben, weil wir so fest im Glauben stehen, weil wir etwas ganz Besonderes getan haben.

Nicht, weil wir gut sind, oder etwas Liebenswertes an uns haben. Nein, Gott liebt uns, weil wir seine Söhne und Töchter sind, versöhnt mit ihm. Weil er uns gesucht hat, uns geliebt hat, für uns sein Leben gelassen hat.

Dass Gott uns liebt, das ist ein Wunder. Dass er uns in Liebe begegnet, obwohl wir seine Feinde waren. Aus dem Widerstand gegen Gott ist Frieden mit Gott geworden, der hier schon manchmal aufleuchtet, in unserer völlig chaotischen und unerlösten Welt. Gottes Liebe gilt nicht nur den Guten, den Gläubigen, den praktizierenden Christen. Nein, sie gilt allen, den Gleichgültigen, den Neinsagern, den Bösen. Christus ist schon zu der Zeit, als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben.

Dass Gott uns liebt, obwohl wir keine Voraussetzungen dafür mitbringen, das ist das Wunder. Das Größte.

Und es macht auch die kleinen Wunder unserer Welt möglich, nämlich die kleinen Wunder der Liebe. Das große Wunder, dass Christus für uns, die er gar nicht kannte, gestorben ist, macht die kleinen Wunder möglich, von denen wir leben, von denen unsere Welt lebt.

Wir alle leben davon, dass wir geliebt werden. Und auch uns fällt es leicht, diejenigen zu lieben, die unseren Herzen nahe sind, unsere Ehepartner, unsere Kinder und Enkelkinder, unsere Eltern und Großeltern. Aber Gott? Liebt uns alle, egal, wer wir sind. Und gibt sein Leben hin, damit unseres nicht mit dem Tod endet.

Paulus weiß, wie schwer das für uns zu verstehen ist: Kaum jemand opfert doch sein Leben, und wenn, dann bestenfalls, für einen gerechten oder für einen guten Menschen. Eben für einen, den man kennt, den man lieben kann, weil er liebenswert ist. Weil seine Ansichten, seine Persönlichkeit diesen Einsatz lohnen. Gott aber gibt sich in seinem Sohn hin, für uns Menschen, die wir von uns aus erst einmal nichts Gutes und Gerechtes an uns haben, und verwandelt uns dadurch so, dass wir zu Gott passen.

Dass wir manchmal, in dem, was wir tun, einen kleinen Abglanz der Liebe Gottes in die Welt tragen können, indem wir Menschen lieben, die wir nicht kennen. Einfach, weil wir es können. Weil Gottes Liebe ausgegossen ist in unsere Herzen.

Auch in unserer Zeit gibt es Menschen, die für andere, für Menschen, die sie gar nicht kennen, ihr Leben hingeben, es selbstlos opfern. Vielleicht sind es diese Menschen, die uns wie durch einen Spiegel ein dunkles, ein unscharfes Bild, einen Abglanz der Liebe Gottes zeigen.

Ich denke da an die Feuerwehrleute, die am 11. September 2001 in die brennenden Twin-Towers von New York gingen, um andere Menschen in großer Not zu retten und dabei selbst ums Leben kamen. Ich denke an die Geschwister Scholl, die sich sehenden Auges in Lebensgefahr begaben, um der Wahrheit, was es mit der Naziherrschaft auf sich hatte, zum Durchbruch zu verhelfen, damit das Leben und nicht der Tod die Überhand behält. Der Pfarrer gab den beiden jungen Leuten, bevor sie hingerichtet wurden, ein Wort aus den Abschiedsreden Jesu mit auf den Weg: „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.“ Ein Weggefährte der beiden, Alexander Schmo-rell, wurde in der russisch-orthodoxen Kirche heiliggesprochen.

Er gilt also als einer, der anderen Menschen besonders gut zeigen konnte, wie Gottes Liebe in ihm wirkte, wie man Gottes Wege gehen kann, auch in Zeiten großer Bedrängnis und Not.

Ausgerechnet in Zeiten der Bedrängnis und Not sieht Paulus nun den Boden, auf dem die Hoffnung wachsen kann. Die Hoffnung, die den Glauben stark machen kann.

Es ist schwer zu verstehen: ausgerechnet Verzweiflung und Ausweglosigkeit sollen Grund der Hoffnung sein? Situationen, in denen andere Menschen uns nicht mehr helfen, und in denen wir von Gott nichts mehr spüren, sollen uns zeigen, aus welcher Quelle unser Glaube lebt?

Paulus und die ersten Christen machten bald die Erfahrung, dass sie verfolgt wurden um ihres Glaubens willen. Und auch heute werden in vielen Ländern Christen verfolgt. Und so viele machen gegen alle Vernunft und gegen alle Einsicht in die Notwendigkeit die Erfahrung, dass ihre Hoffnung plötzlich wächst, dass ihr Glaube ihnen Kraft zum Leben schenkt. Wenn wir von solchen Mitchristen hören oder lesen, sind wir oft beschämt und beeindruckt.

Hoffnung kann da wachsen, sagt Paulus, wo wir unseren Glauben auch dann noch bekennen können, wenn wir Gott nicht mehr verstehen. Auch „in den schwersten Tagen“. Hoffnung ist nicht Optimismus. Der ist auf Dauer schlimmen Anfechtungen nicht gewachsen.

Ohne das Kreuz, ohne die Zweifel, ohne Not und Bedrängnis könnte der Glaube nie und nimmer seine Echtheit erweisen. Es muss hier in dieser Welt so sein: Ihr müsst erfahren, dass Ihr noch nicht erlöst seid, dass alles das, woran Ihr glaubt, noch nicht Wirklichkeit ist.

Wer glaubt, so sagt Paulus, der lebt nicht in einer Traumwelt, der lebt nicht an der Wirklichkeit vorbei, nein, ein Mensch mit einem echten Glauben der lebt in der echten Welt, er weiß, dass er durch diese Welt hindurch muss, mitten durch alle ihre Ungerechtigkeiten und Leiden, durch alle ihre Grausamkeit und Gewalt.

Der Glaube an Gottes Verheißungen ist nichts für ängstliche Menschen. Glauben heißt nicht, dass wir uns einen Himmel zurecht träumen sollen, wenn es uns in unserer Welt zu kalt und zu hart, zu anstrengend und zu unübersichtlich wird. Dieser Himmel wäre nicht Gottes Himmel, er wäre ein schönes Bild unserer Wünsche. Diesen Himmel können wir getrost den Engeln und den Spatzen überlassen, denn dieser Himmel ist nicht die Welt Gottes, nicht die zukünftige Herrlichkeit, die uns Gott verheißen hat.

Die zukünftige Herrlichkeit, die Gott uns geben will, auf die kann man nur im Glauben hoffen. Der Glaube ist keine menschliche Eigenschaft, keine Fähigkeit, in der ich gut oder weniger gut bin. Christus ist für uns gestorben, er ist der lebendige Herr über mein Leben und über meinen Tod, in diesem Licht leben wir. Wir können uns dieses Licht nicht selber machen, oft ist es viel zu hell für unseren menschlichen Verstand und unsere Lebenserfahrung. In all der Ungerechtigkeit, der Gewalt, dem Tod und der Not, von der wir tagtäglich erfahren, ist es fast unmöglich zu verlangen, dass ich an Versöhnung und Erlösung glauben soll. Wie soll das bloß gehen?

Dass ich daran glauben soll, dass Gott der Herr über Leben und Tod ist, dass seine Gerechtigkeit, seine Wahrheit den Sieg behält? Dass auch der schlimmste Feind selig wird und mit Gott versöhnt ist? Wie soll ich da glauben, dass Gott endgültig Sieger ist, dass er stärker ist als der Tod, dass er nicht nur der Leidende und der Gekreuzigte sondern gleichzeitig der Auferstandene und der Triumphierende ist?

Ja, sagt Paulus, das kannst und darfst Du ruhig glauben, und Dich obendrein noch Deiner Zweifel und Bedrängnisse rühmen. Denn nichts, was Du tun kannst, nichts, was andere Menschen tun können, im Guten oder im Schlechten, steht in der Mitte Deines Glaubens, sondern das, was Gott für Dich getan hat. Alles, was Du auf dem Weg durch das Leben erlebst, Schönes und Schweres, ist doch eigentlich diese eine Frage an Deinen Glauben: Ist er wirklich von Gott? Ohne das Kreuz, ohne das Leiden kriegt Ihr nie heraus, ob ihr mit schönen Ideen oder mit dem Glauben an Gottes Verheißung Euren Weg durch das Leben geht.

Glaube braucht manchmal Bewährung. Glaube kann niemals eine Frage des Verstandes oder der Klugheit sein, er ist eine Frage des Vertrauens. Christus ist für uns gestorben und hat uns mit Gott versöhnt. Kein Verdienst und keine gute Tat ist der Grund dafür, aber auch keine noch so große Schuld und Verfehlung kann dieses Fundament erschüttern. Nicht das, was wir selber tun oder lassen, sondern Gott versöhnt uns mit sich selbst, macht uns zu seinen Söhnen und Töchtern.

Für uns ist das schwer zu verstehen, und auch die ersten Christen hatten es in diesem Punkt schwer. Der Evangelist Lukas erzählte die Geschichte von den beiden verlorenen Söhnen, um es seinen Lesern und uns noch einmal anders zu erklären als Paulus:

Auch die beiden Söhne können nicht so recht glauben, dass es an Gott liegt, und nur an Gott, uns anzunehmen, uns zu versöhnen, und nicht an uns selbst:

Der eine Sohn hat von Gott Freiheit gefordert und sie missbraucht. Er hat sein Erbe verschleudert. Der andere hat im-mer alles richtig gemacht.

Durch das Leid, die Demütigungen, den Hunger und das Elend in der Fremde begreift der jüngere Sohn, dass ihm am Ende nur noch eines bleibt: Die Umkehr. In der Hoffnung, dass sein Vater, dass Gott ihn zumindest als Tagelöhner wieder bei sich leben lässt. Ohne ihm seine Schuld anzurechnen. Und so kommt es: Die Liebe des Vater rechnet das Böse nicht zu. Er nimmt ihn wieder als Sohn an, er vergibt ihm. Ein Fest wird gefeiert, weil er zurückgekommen ist. Dadurch verliert der ältere Sohn den Boden unter seinen Füßen: Den Glauben an den Vater. Er kann nur sehen, dass er dem Taugenichts gleichgesetzt ist, nicht seine Reue und Umkehr. Dass Gott am Ende das Böse nicht zurechnet, dass seine Liebe alles glaubt, alles erträgt, alles hofft, alles duldet. Aber genau darauf dürfen wir hoffen. Und darauf, dass sie niemals aufhört. Weder im Leben noch im Tod.
Amen



Verfasserin: Pfarrerin Dorothea Preisler
Am Schwarzen Graben 13, 04862 Audenhain

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