Gott lässt mich nicht
von Angela Rinn (55124 Mainz)
Predigtdatum
:
12.03.2017
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Invokavit
Textstelle
:
Matthäus 12,38-42
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Wochenspruch:
"Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Süder waren." (Römer 5, 8)
Psalm: 10, 4.11 - 14. 17 - 18
Lesungen
Reihe I: Markus 12, 1 - 12
Reihe II: Römer 5, 1 - 5 (6 - 11)
Reihe III: Matthäus 12, 38 – 42
Reihe IV: Jesaja 5, 1 - 7
Reihe V: Johannes 8 (21 - 26a) 26 b - 30
Reihe VI Hebräer 11, 8 - 10
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 392 Gott rufet noch
Wochenlied: EG 366 Wenn wir in höchsten Nöten sein
Predigtlied: EG 428 Komm in unsre stolze Welt
Schlusslied: EG 640 Laß uns den Weg der Gerechtigkeit gehn
Predigttext Matthäus 12, 38 – 42
Die Zeichenforderung der Pharisäer
„Da fingen einige von den Schriftgelehrten und Pharisäern an und sprachen zu ihm: Meister, wir möchten gern ein Zei-chen von dir sehen.
Und er antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses und ab-trünniges Geschlecht fordert ein Zeichen, aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des Propheten Jona. Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein.
Die Leute von Ninive werden auftreten beim Jüngsten Ge-richt mit diesem Geschlecht und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier ist mehr als Jona.
Die Königin vom Süden wird auftreten beim Jüngsten Ge-richt mit diesem Geschlecht und wird es verdammen; denn sie kam vom Ende der Erde, um Salomos Weisheit zu hören. Und siehe, hier ist mehr als Salomo.“
Liebe Gemeinde,
Ninive, das war eine mächtige Stadt mit unzähligen Ein-wohnern, die Hauptstadt des Assyrischen Weltreiches. Ar-chäologische Ausgrabungen zeigen, dass die Stadt in antiker Zeit einen Durchmesser von 30 Kilometern hatte und dicht besiedelt war.
… und Jona? Nach dem biblischen Buch des Propheten waren die Menschen in Ninive böse, und das sollte ihnen der Prophet Jona vor Augen halten und ihnen die nahe Kata-strophe ankündigen. Jona hört den Auftrag Gottes, flieht vor dieser Aufgabe, wird von einem Meeresungeheuer ver-schluckt, nach drei Tagen ausgespuckt und verkündigt dann letztlich doch Ninive die nahe Katastrophe. „Wenn ihr nicht Buße tut, wird eure Stadt in vierzig Tagen vernichtet wer-den.“
… und die Menschen in Ninive? Das Wunder geschieht: Der König von Ninive hört die Botschaft, denkt darüber nach und tut Buße, er hüllt sich in Sack und Asche. Auch die Menschen in Ninive hören auf das, was ihnen Jona zu sagen hat und verstehen, sie bitten Gott um Vergebung und kehren um.
… und Gott? Gott hört das Gebet des Königs und der Leute von Ninive, er überdenkt seine Entscheidung und verschont die Stadt Ninive. Jona ist das übrigens erst mal gar nicht recht. Der Prophet muss dann noch mal seine Position über-denken.
… und wie war das mit der Königin des Südens? Die Kö-nigin des Südens kommt vom Ende der damals bekannten Welt, dem heutigen Jemen, nach Jerusalem, um die Weisheit König Salomos zu hören. Ein weiter Weg, und zu lernen, um die Ohren zu öffnen, um eingefahrene Hörgewohnheiten zu verändern.
… und was ist eigentlich Buße? Wörtlich aus dem Griechi-schen übersetzt heißt Buße hier im Matthäusevangelium: Umdenken! Wer Buße tut, denkt um. Denkt neue Wege. Weise Wege.
Der zweite Sonntag der Passionszeit, der Sonntag Remi-niscere, ist der Buß- und Bettag des Frühjahrs, das Ge-genstück im Kirchenjahr zum Buß- und Bettag im Herbst. Unser Buß- und Bettag heute erzählt von Menschen, die ihre Hörgewohnheiten ändern, er erzählt von Menschen, die zu-hören und dann umdenken und er erzählt davon, wie schwierig das ist. Neue Wege, auch neue Hörwege, sind unsicher. Kein Wunder, dass da mancher fordert: Gib uns ein Zeichen!
Ein Zeichen, das ist etwas, an dem ich mich festhalten kann. In der ursprünglichen Bedeutung des Wortes kann das ein Erkennungszeichen in einem Brief sein, das ich vorher verabredet habe, also eine Art Geheimschrift, oder ein Stempel, es kann aber auch ein Wunder sein, oder ein Vor-zeichen kommender Ereignisse. Das wäre doch schön, wenn es so was gäbe. Eine Art Frühwarnsystem, das mich davor warnt, auf festgefahrenen Bahnen weiterzudenken. Ein Warnzeichen, dass mich umkehren lässt, bevor es zu spät ist. Eine Art gedanklicher Brandmelder, am besten verordnet für jeden Gedankenhaushalt. TÜV-geprüft.
Die Frage nach dem Zeichen ist aber auch gefährlich! Vor-sicht ist angebracht, denn Zeichen, das kann auch ein böses Wunder bedeuten, ein falsches Signal also, und darauf folgt meistens ein böses Erwachen.
Die Frage nach dem Zeichen entlarvt sich schnell als Ge-genteil dessen, was es vorgibt zu wollen: auf einen guten Weg zu leiten. Gib mir ein Zeichen - das heißt doch: hier will jemand gar nicht sein Denken ändern, geschweige denn sich auf einen mühsamen Weg machen, so wie die Königin des Südens.
Wer ein Zeichen will, etwas zum Festhalten, ein Frühwarn-system, der will nicht selbst umdenken, der ist zu faul, sich auf den Weg zu machen, der möchte höchstens „kurz vor Zwölf“ seine Ohren öffnen, damit es ihn letztlich nicht er-wischt. Im Grunde will er aber so weiterleben wie bisher. So geht das nicht, sagt Jesus.
Die Leute von Ninive haben umgedacht, die Königin von Sa-ba ist einen weiten Weg gereist und hat ihre Ohren und ihr Herz geöffnet, und selbst der Prophet Jona hat letztlich um-gelernt, obwohl es ihm am schwersten gefallen ist. Es ist wirklich nicht einfach, verkrustete Denkstrukturen umzu-krempeln, um: Zuzuhören. Umzudenken.
Ein Zeichen wäre doch so schön!
„Gott, wo warst du?“ lese ich in einem Gebet. Und entde-cke in dieser vorwurfsvollen Frage diesen Anspruch darauf, ein Zeichen zu bekommen. Gib uns ein Zeichen, Gott, sei da, wenn wir dich brauchen, aber sonst bitte nicht. Das hat auch etwas von Unreife, von nicht-Erwachsen-Sein. Menschen spielen mit dem Feuer, wissen um die Risiken und wenn es schief geht, ist Gott schuld. Gott, wo warst du?
Menschen zerstören das schöne Spielzeug Erde und wenn das Förmchen kaputt ist, ist Mama Gott schuld. Warum hast du mich nicht daran gehindert, das Förmchen kaputt zu ma-chen? Warum warst du nicht da? Warum hast du nicht vor-her ein Zeichen gegeben?
Das Zeichen des Jona… Jesus hat es auf sich angewendet. Der Menschensohn wird drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein. Wörtlich heißt es: Im Herz der Erde sein. In der Bibel ist das Herz das Zentrum des ganzen Menschen. Drei Tage im Herz der Erde begraben. Vielleicht ist Christus auch in unserem Herz begraben unter vielen Schaufeln Gleichgültigkeit, Angst, Verwirrung, Panik oder Trägheit. Und wartet darauf, dass wir umkehren und umdenken. Dass sich unser Herz verwandelt und mit ihm unsere Gedanken.
Das Zeichen des Jona. Drei Tage im Bauch des Fisches. Ir-gendwann muss man da doch raus! Selbst wenn man ein störrischer, liebloser Prophet ist. Schließlich haben es auch andere geschafft!
Niemand kann mich daran hindern, weiter auf Zeichen zu warten. Niemand kann mich daran hindern, träge zu sein und zu faul, meine Gedanken zu ändern und meine Hör-gewohnheiten. Die Verantwortung dafür kann ich aber nicht auf Gott abschieben. Die Leute von Ninive und die Königin des Südens haben kein Verständnis für diese träge Haltung, meint Jesus. Sie werden die Trägen verurteilen, sagt Jesus.
Statt mich verurteilen zu lassen, kann ich auch umdenken und mich auf den Weg machen. Der erste Schritt tritt an ge-gen das mattträge: Es ist sowieso zu spät.
Die Königin des Südens macht mir Mut, auch weite Wege zu wagen.
Der König von Ninive steigt von seinem Thron, legt seinen Purpur ab und setzt sich in die Asche. Wer weiß, was wir ablegen müssen, um umzudenken? Einfache Antworten gibt es darauf nicht. Sie sind wohlfeil, die einfachen Antworten, genauso wie die bösen Zeichen. Gib uns Zeichen, einfache Zeichen, damit wir uns mit dem Denken nicht anstrengen müssen. Und weite Wege sind sowieso nicht unsere Art.
Ich könnte ablegen, woran ich mich gewöhnt habe und was mich daran hindert, neu nachzudenken. Ich könnte vom Thron meiner Erwartungen steigen. Ich könnte mich auf einen langen Weg machen. Ich könnte einmal ganz anders denken als sonst.
Die Königin von Saba fand Weisheit, am Ziel ihres Weges. Und die Weisheit, das steht auch in der Bibel, spielt von An-beginn der Zeiten vor Gottes Angesicht, zu seiner Freude. Am Ende eines langen Weges kann die Freude stehen, und das Spiel. Die Leute von Ninive werden mit ihrem König ge-feiert haben, als ihr Gebet erhört wurde. Da bin ich ganz sicher. Ich hoffe mal, der Prophet Jona hat mitgefeiert.
„Wo warst du, Gott?“ Möglicherweise bist du dort, wo ich erst einmal nicht hinsehen wollte und wohin ich mich jetzt aufmachen möchte.
Möglicherweise bist du, Gott, in meinem eigenen Herzen. Und wartest. Manchmal ist das der weiteste Weg - der Weg zum eigenen Herzen.
Amen.
Verfasserin: Pfarrerin Priv.-Doz. Dr. Angela Rinn
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