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Gott loben, vor Freude singen

von Friedhelm Jakob (Ludwigshafen)

Predigtdatum : 02.05.2021
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : Lukas 19,37-40
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Wochenspruch: Singet dem Herrn ein neues Lied; denn er tut Wunder. (Psalm 98,1)

Psalm: 98 (EG 739)

Lesungen

Reihe I: Apostelgeschichte 16,23-34
Reihe II: 2. Chronik 5,2-5(6-11)12-14
Reihe III: Lukas 19,37-40
Reihe IV: Kolosser 3,12-17
Reihe V: 1. Samuel 16,14-23
Reihe VI: Offenbarung 15,2-4

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 286 Singt, singt dem Herren neue Lieder
Wochenlied: EG 302 Du, meine Seele, singe
Predigtlied: EG 288 Nun jauchzt dem Herren
Schlusslied: EG 157 Laß mich dein sein und bleiben

Predigttext Lukas 19,37-40

37 Und als er schon nahe am Abhang des Ölbergs war, fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten,
38 und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!
39 Und einige von den Pharisäern in der Menge sprachen zu ihm: Meister, weise doch deine Jünger zurecht!
40 Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.

Vorbemerkungen:

  • Der heutige Predigttext ist neu in die Perikopenreihe gekommen. Ich brauchte einige Zeit, um nachzuvollziehen, dass  ein vorösterlicher Text letztlich nach Ostern gepredigt wird: Der Jünger sozusagen im Deja-Vu
  • Ich schreibe diese Predigt im August 2020; die Corona-Zahlen steigen gerade wieder. Das Singen in den meisten Kirchen bleibt untersagt. Schmerzlich und verständlich zugleich. Wie das an Kantate 2021 sein wird? Ich hoffe, aber bange auch.

Predigt

Liebe Gemeinde!

Es ist vom Text her, als ob die Jünger noch einmal nacherleben, was nun schon wenige Wochen zurück liegt: Palmarum-Karfreitag-Ostern. Ein Deja-Vu sozusagen. Sie ziehen den vertrauten Weg von Bethanien über den Ölberg hinauf nach Jerusalem. Vor ihnen der Tempel, das erhabene, aber im Tempelbereich von den römischen Besatzern zerstörte Jerusalem, die hochgebaute Stadt und an ihrer Seite ihr Vertrauter, Freund und Helfer in vielen Situationen, ihr Lehrer Jesus.

Drei Szenen fallen beim Lesen des kleinen Lukas-Textes ins Auge:

  • Singend ziehen sie ihre Straße. Mag der Gesang auch kein musikalischer Hochgenuss gewesen sein. Aber offensichtlich ist die Schar in guter Stimmung. Und wem das Herz voll ist, dem geht bekanntlich der Mund über…
  • Aber siehe da: Da stellen sich ihnen welche in den Weg: Die Bedenkenträger ob des lauten Gesangs, die Ordnungshüter über Jerusalem! Die Pharisäer mit klarer Anweisung: „Meister, weise doch deine Jünger zurecht!“
  • Und die Antwort Jesu? Fast ein bisschen mystisch, in jedem Fall geheimnisvoll und doch auch vielsagend: „Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.“ Schreiende Steine anstelle singender Jünger!?

Reihen wir uns doch einfach in die fröhliche Schar der Sängerinnen und Sänger ein!

Ich gestehe es persönlich offen (das Folgende muss jedes/r auf sein/ihr Sangestalent bezogen entscheiden und beschreiben), als nicht talentierter Sänger ist mir das Singen doch in all den Jahren als Pfarrer ins alltägliche Leben übergegangen. Und das nicht nur im Gottesdienst. Noch heute singe ich gerne, wenn ich mal wieder einen Enkel zu Bett bringe. Ganz so wie ich es bei meinen Kindern einst mühend getan habe. Klar: kein schöner  Gesang, aber ein von Herzen kommender. Jedenfalls berichten heute meine Kinder noch davon. Mal schmunzelnd ob der musikalischen Qualität, öfter aber dankbar. Denn meine Lieder hatten immer etwas mit Hoffnung und Zuversicht zu tun: Schlaft Kindlein, schlaft!

[Eigene Erfahrungen formulieren!]

Der Ruf geht an uns alle: Singt, wie die Jünger am Ölberg – voller Freude mit ganzem Herzen! Sie singen zum Lobe Gottes und sie rühmen seine großen Taten. Wem das Herz voll ist…

Einen Moment halte ich inne, werde nachdenklich und schaue zurück in dieses schwer fassbare erste Corona-Jahr. Keine Gottesdienste und als sie wieder langsam anliefen: In vielen Kirchen immer noch kein Gesang, manchmal brummeln unter der Maske. Keine schönen Konzerte… Ich fand das ganz traurig. Schön dass sich manche bemühten mit einer Vorsängerin oder kleinen Gruppe uns Gottesdienstbesuchern spüren zu lassen: Singt dem Herrn ein neues Lied!

Und es gibt und gab doch gerade auch in Krisenzeiten viele gute Gründe zu singen und zu musizieren:

  • Dankbare Lieder trotz Corona für das tägliche Brot, für das Miteinander in den Familien, für so viele Kleinigkeiten.
  • Frohe Liedchen beim Gang durch die Gärten: „Geh aus mein Herz und suche Freud!“
  • Lieder, die zu Herzen gingen in den Höfen vor den Altenheimen, wo man sonst so großen, traurig erlebten Abstand halten musste.
  • Mutmachlieder auch für die, die  gegen das Virus und für die Menschen arbeiteten.

Gerade heute am Sonntag Kantate ist es ja zentrale Botschaft unserer Gottesdienste, nämlich wie wichtig der Gesang ist, „das Lied, das zum Himmel steigt“. Ein Lied, das vor allem auch über uns und alle Krisen hinaus weist auf den, der uns hält und trägt und im letzten erlöst.

Haben mit ähnlichen Gedanken im Herzen nicht auch die Jünger damals ihre Lieder angestimmt? Sind es nicht Verkündigungslieder, die besagen: Da kommt der, der im Namen Gottes Menschen geheilt, Traurige getröstet und Hungrige gesättigt hat. Da kommt der, der dafür steht, dass sich „Himmel und Erde berühren und Friede werde unter uns…“

Aber dann kommen die Ordnungshüter. Die, denen ja die bunte Schar am Ölberg schon oft nicht ins Konzept gepasst hat. Was die Pharisäer genau bewegt, wissen wir nicht.

Und wieder schaue ich zurück auf das letzte Jahr. Es gab gute Gründe, dass die Oberen auch in unsere Kirche den freien Gesang ohne Abstand untersagt haben. Keiner hat Singen verbieten wollen, aber zum höheren Lebens-Schutze war es einfach angeraten, auf den geliebten Gesang zu verzichten und damit auch auf das ganz andere Gotteslob, wenn zum Beispiel Chöre ihr brausendes Halleluja anstimmen. Als man mit Hilfe wissenschaftlicher Erkenntnis wusste, dass über Aerosole das Virus leichter sich versprüht, war Vorsicht zum Schutze aller angesagt. Manche freigeistigen Gemeinden haben das in den Wind geschlagen und der hat es unter ihnen und dann auch weiter verteilt.

Und dennoch war klar und wurde zunehmend klarer, dass viele dazu drängten, wieder ein Gotteslob gen Himmel steigen zu lassen. Überhaupt singen zu dürfen.

Was die Pharisäer damals wohl zum Einhalt gebieten bewegt hat? Wir lesen nichts im Text. Aber man kann sich so manches vorstellen. Sie wollten alles in alten gewohnten Bahnen belassen. Singen ist ansteckend, schafft Aufruhr, schafft Verbindung, lässt aufhorchen. Achtung: Hier herrscht Gotteslob! Das kann die Ordnung schon durcheinander bringen. Und tatsächlich hat gerade der Gesang ganze politische Systeme am Ende gar zum Wanken gebracht.

  • Die ehrlichen Freiheitslieder, die sich gegen korrupte politische Systeme stellten und mal eher leise, manchmal auch ganz kräftig Herrschaftssystem in Frage stellten, weil sich die Machthaber als Unterdrücker erwiesen.
  • Und erst recht und ganz besonders die wunderbaren Gospellieder, die die schwarzen Sklaven auf den Baumwollfeldern Amerikas angestimmt  haben. Oft traurig klagend, im letzten aber das ungeschminkte Lob Gottes. Auch sie haben von seinen Taten gesungen und sich dadurch Mut gemacht und die Sklavenhalter entlarvt.

Und vielleicht gerade deswegen stellte sich Jesus einmal mehr im Lukas-Evangelium gegen die Pharisäer, die Arrivierten, die Religions-Herren. Jesus sieht keinen Grund, seinen Jüngern Einhalt zu gebieten. Wie er das tut? Seine Worte sind fast verstörend. Was will er sagen: „Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.“

(Hier appelliere ich an die Freiheit eines Predigers ganz bezogen auf seinen Predigtort hautnah und steinreich seine eigenen Beispiele zu finden. Immer bedenkend, dass Jesus und seine Jünger auf Jerusalem sehen, auf den wenige Jahre zuvor zerstörten Tempel. Die gebrochenen Steine haben viel zu erzählen: - Freudenbotschaften – Trauergesänge – harte politische Wirklichkeiten – von Kämpfen und Kriegen…Ich biete Ihnen zwei Versionen für diesen letzten Predigtteil an)

Version 1:

Was würden die Steine oben auf dem Ölberg hinunter durchs Kidron-Tal bis hinauf zum Ölberg alles hinaus schreien? Was könnten die Steine hier in unserer Kirche alles zum Thema machen?

  • Sie haben doch viel Trauriges gesehen: Weinende Menschen, die schweren Verlust zu beklagen haben. Ich erinnere mich an jene Frau, die nach dem Gottesdienst auf mich zukam schluchzend und als wir allein waren mit lautem Schrei weinend. Ihr Enkelkind war in den Frühstunden des Sonntags am plötzlichen Kindstod gestorben. [Eigenes Beispiel!] Da können sich ob des Schreis selbst Steine erweichen.
  • Sie könnten aber auch hell und voller Empathie ihre Freude hinaussingen – ja hinausposaunen. Sie würden uns erzählen von gesegneten Menschen, von Paaren, Konfirmanden, die sich ins Leben mutig und die anderen mit gemeinsamen Zielen aufgemacht haben. Vom Segen Gottes für sie würden die Steine berichten.
  • Aufregendes klang an der Steine Mauern. Diskussionen hier in der Kirche zu Frieden und atomarer Bewaffnung. Diskussionen zu Klimaschutz und über Gewaltexzesse in aller Welt. Dort in Jerusalem im Vorhof des Tempels – da erlebten sie, wie Jesus  die Händler aus  den heiligen Hallen vertrieb und wie er immer wieder Pharisäer, also Bedenkenträger zurecht wies. Sie würden zu Steinen des Anstoßes.
  • Und wenn sie könnten würden sie auch manches Unrecht hinaus schreien. Dass Menschen mit Fahnen einmarschierten – nicht mit christlichem Symbol, sondern mit der Hakenkreuzfahne. Und dass manchesmal Menschengestalten mehr gelobt wurden als der Herr Jesus Christus. Und sie würden sich im lauten Klagen vielleicht vereinigen mit den Stolpersteinen vor so manchem Haus in unserer Stadt.

Liebe Gemeinde!

Eine bunte Schar dort am Ölberg singend, verstummend, Steine erweichend, die aufschrien. Mir kommen meine Kinder in den Sinn [evtl. verallgemeinern oder andere Beispiele wählen]:

  • Die Jüngste bringt aus jedem Urlaub einen schönen Stein mit und legt ihn auf’s Grab ihrer Mutter: ein stummer Zeuge ihrer nie versiegenden Liebe.
  • Und mein Sohn hat ein neues Hobby entdeckt. Mit seinen Kindern sammelt er Steine und bemalt sie. Ehrlich gesagt: ich habe ihm das nicht zugetraut. Und aus einem so unscheinbaren Stein wird ein ganz und gar lebendiger:

Kantate! Singt! Singt ihr Steine eure Lieder!
A m e n

Version 2:

Steine sind für mich schon lange mehr als nur totes festes Mineral. Ich habe aus vielen Weltgegenden immer wieder mal einen Stein mitgebracht.

  • Manchmal nur, um sie als stummes Zeichen ans Grab meiner Frau zu legen. Steine,  die in irgendeiner Weise eine Verbindung herstellen – nicht schreiend und doch irgendwie lautstark.
  • Ein Stein aus dem Krematorium von Auschwitz. Was würde er Schreckliches erzählen. In welch klagenden, ja zum Himmel schreienden Tönen würde er seine Stimme erheben.
  • Ein anderer Stein stammt aus dem Steinbruch, in dem Nelson Mandela als politisch Gefangener hart arbeiten musste. Eintönig das Hämmern  der Steine und eintönig das  Klagen der Gefangenen.
  • Mein Dresdener Stein erinnert mich an die Frauenkirche: zerbombter Schicksalsort eines wahnwitzigen Krieges. Das Schreien und Röcheln der Menschen ist aus ihm hörbar für den, der hören will: Der Wahnsinn des Krieges.
  • Und da ist dann noch der Stein aus Jerusalem, aufgehoben auf den Stufen zum Tempel hoch. Welch laute fröhliche Stimme des Erinnerns. Ja, er würde von den Taten Jesu erzählen: fröhlich und beschwingt. Er würde die Weisen des Friedens singen und die Lieder vom mutigen Streiten für den Menschen.

Pharisäer, was glaubt ihr, was die Steine alles uns allen sagen könnten!
Kantate! Singt ihr Steine! Singt ihr Menschen vom großen Tun unseres Gottes. Bereitet den Weg dem Friedefürsten.
A m e n

Verfasser: Pfarrer i. R. Friedhelm Jakob


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