Wochenspruch: Singet dem Herrn ein neues Lied; denn er tut Wunder. (Psalm 98,1)
Psalm: 98 (EG 739)
Reihe I: Apostelgeschichte 16,23-34
Reihe II: 2. Chronik 5,2-5(6-11)12-14
Reihe III: Lukas 19,37-40
Reihe IV: Kolosser 3,12-17
Reihe V: 1. Samuel 16,14-23
Reihe VI: Offenbarung 15,2-4
Eingangslied: EG 286 Singt, singt, dem Herren neue Lieder
Wochenlied: EG 302 Du meine Seele, singe
Predigtlied: EG 340 Ich will dem Herrn singen mein Leben lang
Schlusslied: EG 325 Sollt ich meinem Gott nicht singen?
2 Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des HERRN hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion.
3 Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest, das im siebenten Monat ist.
4 Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf
5 und brachten sie hinauf samt der Stiftshütte und allem heiligen Gerät, das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten.
(6 Aber der König Salomo und die ganze Gemeinde Israel, die bei ihm vor der Lade versammelt war, opferten Schafe und Rinder, so viel, dass es niemand zählen noch berechnen konnte.
7 So brachten die Priester die Lade des Bundes des HERRN an ihre Stätte, in den innersten Raum des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cherubim,
8 dass die Cherubim ihre Flügel ausbreiteten über die Stätte der Lade. Und die Cherubim bedeckten die Lade und ihre Stangen von oben her.
9 Die Stangen aber waren so lang, dass man ihre Enden vor dem Allerheiligsten sah, aber von außen sah man sie nicht. Und sie war dort bis auf diesen Tag.
10 Und es war nichts in der Lade außer den zwei Tafeln, die Mose am Horeb hineingelegt hatte, die Tafeln des Bundes, den der HERR mit Israel geschlossen hatte, als sie aus Ägypten zogen.
11 Und die Priester gingen heraus aus dem Heiligtum – denn alle Priester, die sich eingefunden hatten, hatten sich geheiligt, ohne dass man auf die Abteilungen geachtet hätte –,)
12 und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen.
13 Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem HERRN. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den HERRN lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des HERRN,
14 sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes.
Der Predigttext auf den Sonntag Kantate steht im 2. Buch der Chronik, Kapitel 5. Der Tempel in Jerusalem ist fertiggestellt. Nun erfolgt unter König Salomo die feierliche Einweihung.
Für einen Moment ist alles still. Tausende Augenpaare richten sich auf David Ben Asaf. Mit ausladender Geste führt der Chorleiter seine geöffneten Hände weit nach oben. Auf dieses Zeichen hin setzen die Priester ihre Trompeten an. Gespannte Erwartung überall. Dann der Einsatz. Wie ein Mann blasen hundertzwanzig Trompeten das Eröffnungssignal. Die mächtigen Bläsertöne gehen den Zuhörerinnen und Zuhörern durch Mark und Bein und schallen weit über Tempelplatz und Stadt hinaus. Bei der Wiederholung sind auch Glocken und Zimbeln dabei. Nun wendet sich David Ben Asaf dem riesigen Chor zu und gibt ihnen den Einsatz. Unter Begleitung der Saiteninstrumente ertönt der große Lobgesang: „Der Herr ist gütig und seine Barmherzigkeit währet ewig.“
Nie zuvor war im alten Israel eine prächtigere Musik erklungen. Nie zuvor war eine solche Menge an Aufführenden beieinander, die aufs Feinste abgestimmt miteinander musizierten. Nie zuvor war Gott auf diese Weise gepriesen worden. Nimmt es da Wunder, wenn mit einem Mal die Wolke von Gottes Gegenwart den neu erbauten Tempel erfüllt?
Liebe Gemeinde,
zum ersten Mal findet sich in der Reihe der erneuerten Predigttexte ein Abschnitt aus der Chronik. So blättere ich zunächst einmal durch die beiden Bücher. Der Anfang lädt ja nicht gerade zum Weiterlesen ein. Neun Kapitel lang eine nicht enden wollende Liste königlicher Vorfahren. Sie beginnt bei Adam und geht bis König Saul. Nicht besonders spannend. Aber wer für sein Kind einen biblischen Vornamen sucht, wird hier bestimmt fündig. An die lange Namensliste schließen sich Berichte über die Könige an. Den meisten Platz beanspruchen dabei David und Salomo. Im Vergleich zu den Königsbüchern fällt auf, dass die beiden in der Chronik durchweg gut wegkommen. Alles, was ein negatives Licht auf sie werfen könnte, hat der Chronist weggelassen. Ganz offensichtlich war ihm daran gelegen, die Königszeit als das goldene Zeitalter schlechthin darzustellen.
Auffallend große Bedeutung bekommt der Tempel. Schritt für Schritt wird überliefert, wie König David den Bau des Tempels vorbereitet: Zuerst erobert er Jerusalem, dann holt er die Lade mit den Gebotstafeln in die Stadt und schließlich findet er ein geeignetes Grundstück für den Tempelbau. Dann kommt sein Sohn Salomo zum Zuge. Detailliert wird berichtet, wie er das Heiligtum baut und schließlich einweiht. Er stellt sogar Musiker an, die nun eigens für die Musik im Tempel zuständig sind. Unter Salomo wird die Musik im Gottesdienst professionell. Grund genug, dass die Kommission für die erneuerten Predigtreihen eben diesen Abschnitt aus der Chronik neu für den Kirchenmusiksonntag Kantate auswählte.
Für den Chronisten war die Zeit der gottestreuen Könige und des Tempelbaus das goldene Zeitalter. – Wie sieht es in unserer eigenen Lebensgeschichte aus? Gibt es da auch goldene Zeiten? Lebensabschnitte, die wir im Rückblick womöglich ein wenig schöner machen, als sie wirklich waren? Vielleicht die Zeit der Kindheit. Als es noch richtige Winter mit Schnee und Schlittenfahren gab. Oder als man die Milch in der Milchkanne beim Bauern holte und mit dem Arm kreisen ließ. Vielleicht war auch die Zeit der Berufsausbildung oder des Studiums solch eine goldene Zeit, an die man gerne zurückdenkt. Oder die Jahre, in denen man den Partner kennenlernte und gemeinsam die Welt eroberte.
Bei sehr alten oder kranken Menschen, wenn die Lebensmöglichkeiten recht eingeschränkt sind, wirkt eine Gedankenreise in längst vergangene, goldene Zeiten oft Wunder. Plötzlich sind die alten Emotionen wieder da. In der Erinnerung erlebt man das Schöne noch einmal. Fühlt für kurze Zeit, wie sich Leben anfühlt, wenn es ganz ist und rund. Gut, wenn man in so einer Lage ab und an von einem interessiert nachfragenden Menschen in goldene Zeiten entführt wird!
Auch wenn wir Gott loben, erinnern wir die goldenen Momente im Leben. Wer Gott dankt, macht sich klar, dass das, was man erlebt, nicht selbstverständlich ist. Etwa das Neugeborene, dieses Wunder des Lebens, das ich in meinen Armen halte. Oder die Fahrprüfung, die ich trotz mancher brenzligen Situation bestanden habe. Im Lob breite ich diese Erinnerungen dankbar vor Gott aus. Das stimmt nicht nur positiver gegenüber dem Leben. Vor allem werden vor Gott viele von meinen Lebensgeschichten zu goldenen Zeiten. Mein Alltag wird zum Haus Gottes, zum fröhlich tönenden Tempel, in dem er sich in der Wolke seiner Gegenwart niederlässt.
Neben dem persönlichen Gotteslob braucht es stets auch den feierlichen Dank der ganzen Gemeinde. Schon zur Zeit Salomos wurde klar, dass Menschen mit besonderer musikalischer Qualifikation unseren Lobgesang reicher und vielgestaltiger machen. Bis heute hat sich in unseren Gottesdiensten eine große Vielfalt an Besetzungen und Musikstilen entwickelt. Zum einstimmigen Gesang gesellten sich Orgel, Bläser, Chöre, Bands, Instrumentalsolisten und Orchester.
Das alte Buch der Psalmen ist nicht nur das erste Gebets- und Gesangbuch. Gleichzeitig ist es auch die erste Partitur für die professionelle musikalische Aufführung. Im Vorspann zu vielen Psalmen steht, ob man den Psalm nur vorsingen soll oder ob man ihn etwa auf einem Saiteninstrument begleiten oder gar dazu tanzen soll. Über etlichen Psalmen stehen Melodieangaben oder Hinweise, ob man sie traurig oder fröhlich musizieren soll. Und natürlich laden die versweise gestalteten Lieder dazu ein, sie im Dialog zwischen zwei Gruppen vorzutragen. Von Anfang an also steht die ganze musikalische Kunstfertigkeit im Dienst des Gotteslobes. Und zweieinhalbtausend Jahre später schreibt einer der ganz großen Kirchenmusiker, Johann Sebastian Bach, unter seine Werke: „Soli Deo gloria“ – Allein Gott zur Ehre.
Bei der Einweihung des Tempels lobt eine enorme Anzahl Musiker Gott mit einer Stimme. „Es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge“, heißt es. Diese eine Stimme des Gotteslobes betont der Chronist nachdrücklich. Sie entspricht für ihn dem einen Gott Sarahs und Abrahams, dem einen Gott unserer Mütter und Väter im Glauben. Und diese eine Stimme wandert durch die Zeit. Sie schallt zu uns aus dem Lobgesang der Maria, als sie erfährt, dass sie den Retter der Welt im Bauch trägt. Sie klingt aus den Worten und Taten Jesu. Sie schließt Menschen den Himmel mitten in ihrem Alltag auf, damit sie Gott wieder loben können. Und jene eine Stimme des Gotteslobes klingt weiter aus den Hymnen des Paulus genauso wie aus den Gesängen der frühen Kirche. Ein tönendes Band, das sich auch durch die vielen alten und neuen Lieder unseres Gesangbuches zieht.
Und nun dringt diese eine Stimme an dein Ohr. Lass dich hineinnehmen in den jahrtausendealten und doch ganz frischen Lobgesang! Gott loben, das vergoldet den Alltag. Es macht dein Leben zu einem fröhlich tönenden Raum Gottes, in dem er sich gerne niederlässt. Auf dass durch dich auch andere den offenen Himmel erleben!
AMEN
Verfasser: Pfarrer Philipp Dietrich, Pfarrgasse 5, 74196 Neuenstadt a. K.
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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