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Gott verheißt Gnade und Erbarmen für alle Zeit

von Sissy Maibaum (38871 Ilsenburg OT Drübeck)

Predigtdatum : 19.03.2023
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : Lätare
Textstelle : Jesaja 54,7-10
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Wochenspruch: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht." (Johannes 12,24)

Psalm: 84,2–13 (EG 734)

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 6,47-51
Reihe II: Jesaja 66,10-14
Reihe III: Johannes 12,20-24
Reihe IV: 2. Korinther 1,3-7
Reihe V: Jesaja 54,7-10
Reihe VI: Lukas 22,54-62

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 443 Aus meines Herzens Grunde
Wochenlied: EG 396 Jesu, meine Freude
Predigtlied: EG 382 Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
Schlusslied: EG 378 Es mag sein, dass alles fällt

Predigttext: Jesaja 54,7-10

7 Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln. 8 Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der HERR, dein Erlöser. 9 Ich halte es wie zur Zeit Noahs, als ich schwor, dass die Wasser Noahs nicht mehr über die Erde gehen sollten. So habe ich geschworen, dass ich nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten will. 10 Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.

Predigt

I Die Traumstadt

Liebe Gemeinde,

stellen Sie sich vor, Sie gehen durch die Gassen einer Stadt. Es ist eine alte Stadt, viele tausend Jahre alt. Sie steht auf einem hohen Berg. Weithin sichtbar ist diese Stadt. Vielleicht haben Sie solch eine alte Stadt schon einmal besucht im Sommerurlaub in Italien, in Griechenland, in der Türkei, in Israel.

Die Stadt hat große Stadtmauern und Stadttore. Sie ist gut geschützt und befestigt. Es ist sehr heiß an diesem Tag. Sie gehen durch die engen Gassen, die Schatten spenden und kühl sind. Die Häuser geben Schutz, die Fenster der Häuser stehen offen. Es ist Mittagszeit. Fröhliches Kinderlachen dringt aus den Häusern. Sie hören, wie Töpfe klappern und wie es in den Pfannen brutzelt. Die Luft ist erfüllt vom Geruch der exotischen Gerichte und vom Duft vieler Blumen und Kräuter. Es sind wunderschöne kleine Gärten angelegt in dieser Stadt, da wächst Wein und Gemüse. Es gibt viele alte Bäume, Oliven und Zedern. Es begegnen Ihnen freundliche fremde Menschen, die in der Stadt leben.

Sie kommen bei Ihrem Weg durch die Stadt auf einen kleinen Platz. Heute ist Markttag, da ist viel los. Ein buntes Gewimmel, Frauen, Männer und Kinder bevölkern den Marktplatz, die Händler bieten ihre Waren an.

Jetzt läuten die Glocken der Kirchen. In dieser Stadt leben viele Christen, aber auch Juden und Muslime. Jeder nennt diese Stadt von alters her seine Heimat. Und das ist sie: eine Heimat für viele, die sich hier um Frieden bemühen, die glücklich sein wollen. Und es ist auch schon seit hunderten von Jahren Frieden in dieser Stadt, alles kann wachsen und gedeihen. Ein gutes Leben kann man hier führen. Und obwohl Sie nur ein Gast sind, sie fühlen sich sofort wohl, sie merken: Hier ist Heimat. Hier kann man heimisch werden.

Diese Stadt ist wie eine Mutter, sie sorgt für alle, es ist genug für alle da. Brot und Wein, Nahrung und Kleidung.

Diese Stadt hat einen Beschützer, der mit ihr gemeinsam für ihre Kinder, die Stadtkinder, sorgen kann.

Kein Feind kann in diese Stadt eindringen, sie hat einen mächtigen Verbündeten, der sie immer und ewig schützt. Dieser machtvolle König ist immer da, man kann ihn ganz einfach rufen und er hört. Dieser Beschützer hat das Heil über diese Stadt gebracht, ein Friedefürst, der ein heiliges Versprechen abgegeben hat, diese Stadt für immer und ewig zu schützen. Dieses Versprechen hat er verkünden lassen vor langer Zeit von seinem Propheten Jesaja: 

Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Er-barmer.

Alle, die in dieser Stadt wohnen, können sich sicher sein: dieser Beschützer, Gott, ist barmherzig, er ist gnädig, er wird nicht mehr zornig werden.

Liebe Gemeinde, ich nehme an, am liebsten würden Sie alle für immer in dieser schönen Stadt bleiben. Aber Ihr Urlaub, Ihre kleine Traumreise, ist zu Ende, Sie müssen diese Stadt verlassen. Doch das Bild nehmen Sie mit nach Hause von dieser Stadt des Friedens und des Glücks.

So soll für Juden die Stadt Jerusalem sein, wie eine Mutter für ihre Kinder, eine Stadt, in der alle sich bergen können und Frieden finden. Frieden, das wichtigste auf der Welt – Shalom, Heil für alle.

Auch für uns Christen ist diese Stadt Jerusalem zu einem Sehnsuchtsort geworden. Ein Ort, wo wir mit Gott leben können. Gott beschützt uns dort und bewahrt uns von allem Bösen. Ein Ort, den es hier auf unserer Erde nicht zu geben scheint, sondern der uns erst nach unserem Tod erwartet, so glaubten es die Christen seit alters her.

In unserem Gesangbuch gibt es viele Lieder, die davon erzählen, zum Beispiel:

Jerusalem, du hochgebaute Stadt, wollt Gott, ich wär in dir! Mein sehnend Herz so groß Verlangen hat und ist nicht mehr bei mir. Weit über Berg und Tale, weit über Flur und Feld schwingt es sich über alle und eilt aus dieser Welt. (EG 150)

Ein Ort der Sehnsucht ist dieses Jerusalem mit seinem Tempel. Das haben wir auch in unserem Psalm gebetet:  Wie lieblich sind deine Wohnungen, Gott. Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn. (Ps 84,2)

II Die Wirklichkeit

Leider hat sich dieser Traum von der Stadt des Friedens auf dieser Erde bis heute nicht erfüllt.

Unsere Städte können schnell zerstört werden, es kommt der Krieg oder eine Wirtschaftskrise und schon wird alles brüchig. Es gibt keine Sicherheit, dass Frieden und Wohlstand bleiben. Aus dieser Erfahrung heraus ist dieses himmlisch friedliche Jerusalem immer ein Sehnsuchtsort geblieben. Wir haben keine Garantie für ein glückliches Leben. Wir erleben Momente des Glücks, des Heils und auch des Friedens. Doch morgen kann es anders sein, die Zeiten sind unsicher. Wir können nur hoffen, dass der Frieden in unserem Land bestehen bleibt und das andere Länder wieder miteinander Frieden schließen.

Die Menschen des jüdischen Volkes haben Krieg und Zerstörung erlebt. Sie mussten ihre Heimat verlassen, als Flüchtlinge in der Fremde leben. Sie sind nach langer Zeit im babylonischen Exil wieder in ihre Heimat zurückgekehrt, davon erzählt die Bibel. Zu diesen Zurückgekehrten spricht Jesaja in unserem Predigttext. Niemand von den Zurückgekehrten kann sich daran erinnern, Jerusalem als blühende Stadt gesehen zu haben. Die Stadt war zerstört, wie die zerstörten Städte, die wir in den Berichterstattungen heute sehen. Da war kein Stein mehr auf dem anderen, es gab keinen Tempel mehr.

Die Menschen sind zurückgekehrt, und was sie sahen, war ein Anblick, der sie hoffnungslos machte.

Sie brauchten einen neuen Anfang, einen Aufbruch. Dazu fehlte den Menschen der Mut und die Hoffnung. Sie kamen selbst mit fast leeren Händen und nun sollten sie in dieser zerstörten Stadt leben und eine neue Gesellschaft aufbauen. Sie sollten hier wieder Heimat finden. Das war sehr schwer. Sie fühlten sich von ihrem Gott verlassen. Für einen Neuanfang braucht man viel Kraft.

Das gilt nicht nur für den Neuaufbau einer Stadt. Zu schnell greifen Zerstörungen um sich. Beziehungen sind zu Ende, Kontakte werden abgebrochen, böser Streit vergiftet das Klima. Menschen finden keine Wege mehr zueinander, es geschehen Unglücke und Abbrüche. Es gibt diese Leidenszeiten, diese Passionszeiten im Leben, bis Ostern ist es noch weit.

Zum Neuanfang, auch zum österlichen Neuanfang, braucht man Kraft. Das jüdische Volk hatte all seine Kraft schon für die Rückkehr aus dem Exil aufgebraucht und nun sahen sie, wieviel Arbeit sie hier in ihrer Heimat erwartete. Gott hatte sich vor ihnen verborgen, er hatte wohl in seinem Zorn sein Volk vergessen oder ihm gänzlich den Rücken gekehrt. In dieser Seelennotlage war ihnen auch der Glaube abhandengekommen, dass Gott es gut mit ihnen meinen könnte.

Aber es gab ja den Propheten Jesaja, vielleicht hatte er eine Botschaft von Gott. So wandten sie sich an den Propheten.

Jesaja hatte von Gott den Auftrag bekommen, zu diesen Menschen zu sprechen. Er gibt weiter, was Gott sagt:

Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen,
aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.

Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der Herr, dein Erlöser.
Ich halte es wie zur Zeit Noahs, als ich schwor, dass die Wasser Noahs nicht mehr über die Erde gehen sollten.
So habe ich geschworen, dass ich nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten will.
Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen,
aber meine Gnade soll nicht von dir weichen
und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen,
spricht der Herr, dein Erbarmer.

III Der Trost

Gottes Wort an die Menschen in Jerusalem, Gottes Wort für uns. Worte, die wie ein Gedicht klingen, wie ein Lied. Es ist ein Hoffnungslied, das Jesaja singt. Mit diesen Worten tröstet er die Menschen.

Es ist kein falscher, sondern echter Trost. Gott beschönigt nichts, er sagt auch nicht: „Wird schon wieder!“ oder „Denk mal positiv, so schlimm ist es nun auch wieder nicht.“ All das ist falscher Trost, den wir schon oft gehört haben und gut kennen.

Zum echten Trost gehört es, die Situation genau zu benennen und zu verstehen. Das jüdische Volk fühlt sich von Gott verlassen und Gott sagt: „Ja, es stimmt, ich habe mich verborgen und ich habe euch verlassen. Aber diese Zeiten sind vorbei. Es wird besser werden, das verspreche ich.“

Gott erinnert sein Volk daran, wie er schon einmal, vor langer Zeit, ein Versprechen gegeben hat. Er hat Noah vor der vernichtenden Flut bewahrt und dann eingesehen, dass es ein Fehler war, die Menschheit vernichten zu wollen. Er will seinen Segen über die Menschen ausschütten. Selbst wenn die Naturgewalten, die Berge und Hügel ihre Plätze verändern würden, Gottes Liebe und Freundlichkeit, sein großer Friede, sein „Shalom“ gilt für immer.

Das Hoffnungslied von Jesaja klingt durch die zerstörten Gassen. Jeder konnte das Lied hören. Ich stelle mir vor, wie die Menschen beim Gesang die Köpfe erhoben und lauschten. Ich stelle mir vor, wie sie mitten in der Arbeit innehielten und es ihnen vorkam, als ströme neue Kraft in ihre Herzen und Hände. Bis jetzt hatten sie nur die Zerstörung gesehen, aber jetzt sahen sie kleine Zeichen von Hoffnung.

Das Lied klingt über die Zeiten hinweg auch zu uns. Es kann uns mit Hoffnung erfüllen, wenn wir in der Trauer stecken und keine Freude finden; wenn wir nur die Wunden sehen und nicht die Heilung; wenn wir nur Kriegsgeschrei hören und das Friedenslied viel zu leise ist.

Damals haben die Menschen das Lied gehört, und als es erklang, konnten sie bereits die schöne Zukunft ihrer Stadt erahnen. Das Volk wurde getröstet, es bekam neue Kraft, um die Stadt wieder zu errichten. Sie waren sich jetzt sicher: Es wird einmal alles wieder aufgebaut werden, alles wird kostbarer und schöner als je zuvor. So will es Gott. Es wird Leben in den Gassen sein und alle werden friedlich zusammenleben können. Die Stadt steht unter Gottes Schutz und einmal werden Besucher in die Stadt kommen und staunen, wie schön es geworden ist. Amen

Verfasserin: Pfarrerin Sissy Maibaum, Klostergarten 6, 38871 Ilsenburg OT Drübeck


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