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Gottes Bild

von Manfred Günther (35325 Mücke)

Predigtdatum : 02.11.1997
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 22. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Matthäus 22,15-22
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Schriftlesung: 1. Mose 18,20-21.22b-33 oder Phil. 3,17 (18-19) 20-21

Wochenspruch: Dem König aller Könige und Herrn aller Herren, der allein Unsterblichkeit hat, dem sei Ehre und ewige Macht! Amen. (1.Tim 6,15b.16ac)

Wochenlied: EG 275

Weitere Liedvorschläge: EG 256; 326; 398; 640

15 Da gingen die Pharisäer hin und hielten Rat, wie sie ihn in seinen Worten fangen könnten; 16 und sandten zu ihm ihre Jünger samt den Anhängern des Herodes. Die sprachen: Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist und lehrst den Weg Gottes recht und fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen. 17 Darum sage uns, was meinst du: Ist's recht, daß man dem Kaiser Steuern zahlt oder nicht?

18 Als nun Jesus ihre Bosheit merkte, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich? 19 Zeigt mir die Steuermünze! Und sie reichten ihm einen Silbergroschen. 20 Und er sprach zu ihnen: Wessen Bild und Aufschrift ist das? 21 Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! 22 Als sie das hörten, wunderten sie sich, ließen von ihm ab und gingen davon.

Liebe Gemeinde!

Ich könnte mir denken, daß wir diese Geschichte nicht alle gleich verstanden haben. Sie ist nämlich nicht so vordergründig, wie wir vielleicht meinen. Sie hat es in sich, sozusagen.

Klar ist, daß die Pharisäer Jesus eine Falle stellen wollen. Klar ist auch, daß sie sich mit diesen Worten nur bei ihm einschmeicheln: “...du bist wahrhaftig und lehrst den Weg Gottes recht und achtest nicht das Ansehen der Menschen...”

Und schließlich ist klar, daß Jesus die Leute durchschaut, die ihn da scheinbar so arglos ansprechen: Ist’s recht, daß man dem Kaiser Steuern zahlt oder nicht?

Was sicher nicht so klar ist: Was wollten die Pharisäer denn hören? Mit welcher Antwort hätte Jesus sich denn in ihrem Netz verfangen?

Dazu müssen wir wissen, daß die Juden damals von den Römern beherrscht wurden. Zwar konnten sie ihre Religion weitgehend ausüben, aber die Steuern mußten nach Rom entrichtet werden. Die Steuermünze, die Jesus von den Fragern vorgehalten bekommt, zeigte neben dem Bild des Kaisers auch noch die Aufschrift: “Dem anbetungswürdigen Tiberius, Sohn des anbetungswürdigen Gottes!” Das mußte einen rechtgläubigen Juden in Harnisch bringen! War schon das Bildnis des Kaisers auf der Münze eine Gotteslästerung, denn von Gott und den Göttern soll sich der Mensch kein Bild machen, so war es die Aufschrift noch mehr: Der Kaiser war doch kein Gott! Er war ein fremder, heidnischer Herrscher, der sie unterdrückte und ausbeutete.

Mußte Jesus also nicht dem zustimmen, was sie dachten und ein klares Wort sagen: Nein, es ist nicht recht, daß man dem Kaiser Steuern zahlt! Ja, werden sie nicht sogar von ihm erwartet haben, daß er mit einstimmt in die allgemeine Klage der Juden: Die Römer bedrücken uns, sie verlangen von uns, daß wir unseren Gott erzürnen und tun, was er uns verboten hat? Die Römer müssen weg! - Dann hätten sie ihn wahrscheinlich ohne mit der Wimper zu zucken bei den römischen Ordnungshütern angezeigt - und wären ihn losgewesen, ihn, Jesus, den unbequemen Prediger, den lästigen Kritiker ihrer Frömmigkeit, der ihren rechten Glauben in Zweifel zog und ihnen mit seinen Wundern die Leute abspenstig machte und an sich band.

Aber Jesus schweigt. Vielleicht weniger, weil er ihre Falle fürchtet, als darum: Es interessiert ihn wohl einfach nicht, nicht so viel jedenfalls wie die Frage, die er jetzt an die Pharisäer richtet: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Und er fragt das nicht, weil er es nicht weiß. Er will auf etwas anderes hinaus. Und sie begreifen: So wie die Münze das Bild und die Inschrift des Kaisers trägt, so tragt ihr das Bild Gottes und seine “Aufschrift”. Wie gesagt, die Juden damals haben das sofort verstanden. Seit der Schöpfung, seit Gottes Worten über den Menschen: “Und er schuf ihn nach seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn...”, seit diesen Worten waren Menschen ein Abbild Gottes. Und auch das andere wird den Pharisäern eingefallen sein: “Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!” Und sie hörten gewiß auch den Vorwurf, der in Jesu Frage lag: “Ihr seid kein rechtes Bild unseres Gottes, denn ihr seid boshaft und engherzig, ihr könnt Gottes weite Liebe nicht widerspiegeln. Und daß ihr Gott gehört, von ihm geliebt und beauftragt seid, das sieht man euch auch nicht an und spürt man eurem Leben und Handeln nicht ab.

Doch, sie werden das verstanden haben! Darum lassen sie ihn und gehen davon.

Aber lassen wir jetzt die Pharisäer damals. Kommen wir zu uns, denn uns sagt Jesus das ganz genauso: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Verstehen wir auch, was er meint?

Vielleicht fallen uns da die vielen täglichen Verrichtungen ein, die uns von morgens bis abends beschäftigen, die Arbeit, die Mühe, die wir uns machen, das Schaffen und Schuften für unser Auskommen, den Lebensstandard, das Haus, das Auto, der Urlaub und unser Hobby. Da geben wir dem Kaiser. Das ist unser Tribut an die Welt. - Und was geben wir Gott? Ein Gebet am Abend, kurz bevor uns hundemüde die Augen zufallen. Eine Losung oder ein gutes Kalenderwort am Morgen, wenn es hoch kommt. Ein Stündchen am Sonntag - hin und wieder. Und noch einen Gedanken manchmal über Tag, wenn uns der Schrecken oder die Angst in die Glieder fährt und wir ausrufen: “Um Gottes Willen” oder “Gott sei Dank!” Und sonst? Ach, wir dürfen die Konfirmation nicht vergessen, bei der wir im Frühjahr waren und die Taufe neulich und die Beerdigung von unserem Nachbarn und...

Wir spüren das auch: Das stimmt einfach nicht zusammen. Das Verhältnis stimmt nicht! Wir geben dem Kaiser viel, fast alles und Gott geben wir wenig oder nichts. Und wir wissen, oder wir ahnen doch wenigstens, wie es sein müßte: Wenn unser Lebensunterhalt gesichert ist - und das ist er doch! - dann haben wir mit der Arbeit dafür eigentlich genug getan. Dann sollten wir frei sein für Gott, für die Aufgaben, die er für uns hat und für die Gedanken, die er uns eingibt. Vielleicht daß wir die Beziehungen zu unseren Mitmenschen mehr pflegen, daß wir für unsere Familie da sind, die Menschen ganz in unserer Nähe, die oft genug viel zu wenig Zeit von uns geschenkt bekommen oder auch für die Nachbarn, die uns brauchen und unsere Hilfe nötig haben.

Und unser geistliches Leben hätte auch mehr Pflege verdient. Wenn wir an Gott glauben, ihn unseren Schöpfer nennen und ihn einmal als unseren Richter erwarten, dann dürften wir uns wohl auch mehr mit ihm beschäftigen: Was er von uns will, wozu er uns an diesen Platz im Leben und in der Welt gestellt hat, welchen Auftrag wir von ihm haben... Im Gebet erfahren wir das. In der Stille vor Gott spricht er mit uns. In der Heiligen Schrift können wir von den Aufgaben lesen, die er für seine Menschen hat.

Und welches Bild geben wir von Gott ab? Wenn wir nach Gottes Bild geschaffen sind, was müssen die Menschen von Gott denken, wenn sie uns anschauen?

Da kommen uns vielleicht unser Gesicht und unsere ganze Art in den Sinn. Nicht die Spuren auf unseren Zügen, wie sie das fortschreitende Alter mit sich bringt, meine ich. Die sind unvermeidlich. Aber das Bittere um unseren Mund, weil wir schon so lange meinen, wir wären zu kurz gekommen. Der Hochmut, der sich darin ausdrückt, wie wir unsere Augenbrauen hochziehen. Und die Herablassung, die wir zur Schau stellen, wenn wir mit einem Menschen reden, der in unseren Augen unwichtig, in unserer Meinung weniger gebildet und in unserer Wertschätzung ein Versager ist. An diesen Zügen im Gesicht und unserem Wesen können wir arbeiten. Manchmal wissen wir ja auch, woher das bei uns kommt. Wichtiger aber ist, daß wir erkennen, wieviel das bei unseren Mitmenschen anrichtet: Unsere Bitterkeit kann andere bestätigen, daß dieses Leben wirklich nur Last und Beschwerde ist - aber stimmt das denn? Unsere hochmütige Art bringt andere dahin, daß sie sich klein, unwert und dumm fühlen - auch wenn das nicht so ist. Unsere Herablassung macht, daß andere gar nicht mehr versuchen, ihr Leben in den Griff zu bekommen, das können ja nur Leute wie wir! - Aber wieviel Unsicherheit ist doch auch hinter unserer Fassade!

Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Ich glaube, wir verstehen auch, was Jesus meint. Und wir spüren - wie die frommen Juden damals, daß berechtigt ist, was sich hinter den Worten als Anfrage und Vorwurf verbirgt. Hoffentlich aber machen wir uns jetzt nicht davon, wie die Pharisäer! Denn sie wollten nichts lernen, sich nicht verändern, Gott nicht geben, was ihm gehört und nicht dem Bild ähnlicher werden, das Gott auf sie gelegt hat.

Damit aber haben sie auch das nicht erkannt, was im Hintergrund dieser vielleicht harten Anfrage an Chancen und Möglichkeiten und Vertrauen Gottes in seine Menschen liegt: Wir können doch ganz offenbar noch so werden, wie Gott uns gemeint hat! Wir können sein Bild vor den Menschen darstellen. Wir können ihm geben, was sein ist. - Er traut uns das zu. Noch ist alles offen. Amen.

Pfr. Manfred Günther

Lohgasse 11

35325 Mücke/Groß-Eichen


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