Gottes Gebote - Maßstäbe für unser Leben
von Susanne Edel (70184 Stuttgart)
Predigtdatum
:
29.09.2013
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
16. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
2. Mose 20,1-17
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Jahrgang 12/13
Reihe V – Nr. 60
Leitbild:
Gottes Gebote - Maßstäbe für unser Leben
Wochenspruch:
"Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe." (1. Johannes 4, 21)
Psalm: 1
Lesungen
Altes Testament: 2. Mose 20, 1 - 17
Epistel: Römer 14, 17 - 19
Evangelium: Markus 12, 28 - 34
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 162, 1 - 4 Gott Lob, der Sonntag kommt herbei,
Wochenlied: EG 494, 1 - 4 In Gottes Namen fang ich an
Predigtlied: EG 295, 1 - 4 Wohl denen, die da wandeln
Schlusslied: EG 168, 4 - 6 Wenn wir jetzt weitergehen
Hinführung
Das Zweite Buch Mose erzählt ab Kapitel 19, dass Gott sich am Sinai offenbart und hier die Gebote schenkt. Dabei redet er direkt zum Volk Israel und nicht wie sonst vermittelt durch Mose.
Die Gebote sind dem Menschen nicht direkt nach der Vertreibung aus dem Paradies gegeben. Sie stehen erst im Zweiten Buch der Bibel. Ihnen gehen die Verheißungen an Abraham, Sara, Hagar und viele weitere im Ersten Buch voraus.
In 2. Mose 20 zählen jüdische Ausleger den ersten Vers als erstes Wort (erstes „Gebot“): Gott sagt zuerst zu seinem Volk: „Ich bin dein Gott – und ich habe dich aus der Sklaverei in Ägypten geführt!“ .(1)
Diesen Gedanken versuche ich in der Predigt aufzunehmen: Die zehn Gebote sind nicht als zehn Vorschriften zu sehen, die Gott sozusagen mit erhobenem Zeigefinger vor Augen stellt. Sie laden ein und mahnen, uns nicht die gottgeschenkte Freiheit rauben zu lassen - Freiheit von menschlichen Zwängen zum Dienst an Gott und den Menschen.
In Jesus Christus haben wir Zugang zu dieser Freiheit.
Eine Predigt über diesen langen Text kann nicht auf alle Gebote eingehen. Ich habe die erste Tafel ausgewählt.
Gliederung
0 Einleitung: Zehn Gebote wie eine Herberge
I Die Herberge der zehn großen Freiheiten
II Woran ich hänge und mich klammere
III Wie ich mit und von Gott rede
IV Der Sonntag ist frei
V Wo wir herkommen
VI Ausblick
Ziel
Lebt als Kinder der Freiheit und lasst euch nicht immer wieder versklaven!
Predigt
Wir hören heute, wie die Israeliten auf ihrer Wanderung durch die Wüste die Zehn Gebote geschenkt bekommen haben. Ich lese aus dem 2. Buch Mose im 20. Kapitel:
Predigttext lesen: 2. Mose 20, 1-17.
Liebe Gemeinde,
0
Wer durch die Wüste wandert, kann leicht aus der Spur geraten. Wenn sich der Weg lange hinzieht, passiert das umso leichter. Und dann ist auf einmal das Ziel nicht mehr im Blick.
Ins Land der Freiheit waren sie unterwegs, die Wanderer, an die die eben gehörten Worte gerichtet sind. Eben noch waren sie Sklaven in Ägypten. Ziegel mussten sie brennen. Die Aufseher schwangen die Peitschen gnadenlos. Und dann holte Gott sie heraus. Jetzt führte Mose sie ins Gelobte Land.
Aber so mühsam hatten sie sich den Weg nicht vorgestellt. Es ging in die Wüste. Nicht nur mal so kurz. Am Ende waren sie 40 Jahre unterwegs!
Und da fragen sie auf einmal: „Hatten wir es nicht besser in Ägypten?“
Offensichtlich waren sie aus der Spur gekommen. Aber kann man denn so leicht Freiheit und Sklaverei verwechseln?
Wie sieht es eigentlich aus, das Land der Freiheit?
Mittendrin auf ihrem Weg durch die Wüste standen sie auf einmal am Berg Sinai. Eine große Rast war angesagt. Eine besondere Rast. Sie hörten Gottes Stimme – direkt. Unmittelbar. Was sie hörten, ging mit ihnen. In Stein gemeißelt waren die Worte Gottes jetzt in einem besonderen Kasten, der Bundeslade, dabei. Bei jeder Rast hatten sie das Heilige Zelt mit den Zehn Geboten vor Augen.
Ist Gottes Stimme auch auf unseren Wegen durch Wüsten zu hören?
Wenn eine Wanderung sich lange hinzieht, dann kommt eine Herberge wie gerufen. Hier kann man einkehren, ausruhen, sich mit anderen Gästen austauschen über Weg und Ziel.
Ich stelle mir vor, die Zehn Gebote sind wie eine Einladung zur Einkehr. Kommen Sie mit – lassen Sie sich einladen!
I
Der Herbergsvater steht an der Tür. Freundlich bittet er uns in die Eingangshalle.
Wohltuende Kühle empfängt uns. Das Glasdach der Halle lässt den Blick zum Himmel offen. Ein Springbrunnen plätschert. Bänke laden ein, sich im Schatten der Palmen nieder zu lassen.
Ich entdecke einen Schriftzug an den vier Wänden:
Herzlich willkommen in der Herberge der Zehn großen Freiheiten! Ich, der HERR, dein Gott, habe dich herausgeführt aus Ägypten, aus dem Land der Knechtschaft!
Neben dem Durchgang zu den unteren Räumen hängt ein Wandbrett. Ein früherer Gast hat einen längeren Text angepinnt. . „Die zehn großen Freiheiten“, ist er überschrieben. „Der Gast, der ihn geschrieben hat, war ein paar Wochen da,“ sagt der Herbergsvater. „Er war Pfarrer in Berlin und hieß Ernst Lange. Lesen Sie selbst!“
Und so schreibt er:
„Auf die Frage, was das Christentum sei, antwortete ein Junge:
`Christentum ist das, was man nicht darf!’
So denken viele.
Und wenn man sie nach dem Grund für diese merkwürdige Ansicht fragt,
reden sie von den Zehn Geboten:
„Da heißt es doch immer: ‚Du sollst nicht!’“
Was für ein ungeheuerliches Missverständnis! Gott ist kein Zwingherr, sondern der Befreier.
Er befreite sein Volk Israel aus der Knechtschaft in Ägypten.
Dann führte er es zum Berg Sinai. Und vom Berg Sinai aus machte er ihm klar,
wie groß die Freiheit ist, die man mit Gott hat.
Er machte ihnen das klar in zehn Sätzen.
Acht von diesen zehn Sätzen beginnen mit:„Du wirst nicht….“
Zwei beginnen mit: „Du wirst…“
Keiner beginnt mit „Es ist verboten…“
Sondern alle fangen so an:„Ich, Gott und du, Mensch, wir gehören jetzt zusammen.
Und wenn wir zusammenbleiben, dann wird dein Leben folgendermaßen aussehen…“ (2)
Ein Pfeil unter dem Text weist den Weg zu den Zimmern.
II
Der Herbergsvater führt uns weiter.
Auch in den Gästezimmern sind an den Wänden Schriftzüge zu lesen. Wir gehen ins erste Zimmer.
„Du sollst keine anderen Götter neben mir haben! Du sollst dir kein Bildnis machen!“
Wir hängen unseren Gedanken nach. Was beschäftigt uns eigentlich den ganzen Tag? Ich muss mich um den günstigsten Telefontarif kümmern. Ach, und die Nachbarin hat ihre Flieder immer noch nicht zurück geschnitten. Dabei habe ich ihr das Nachbarschaftsgesetz neulich mal in den Briefkasten geworfen – da steht genau drin, wie viel Abstand die Pflanzen haben müssen zum Nachbargrundstück! Und - sicher ist Jan heute wieder weg gegangen ohne sein Zimmer aufzuräumen. Der lernt es auch nie ….
Woran hänge ich mein Herz? Was nimmt mich gefangen? Womit beschäftige ich mich? Und in welche Bilder und Schubladen habe ich andere um mich herum einsortiert?
Wieder hängt ein kleiner Text von Ernst Lange an der Wand: „Du hast es nicht nötig, dein Herz an Dinge zu hängen. Gott sagt: Halte dich an mich – und du bleibst frei!“ Gedankenverloren gehen wir weiter.
III
Im nächsten Gästezimmer empfängt uns erneut ein Schriftzug:
„Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen!“
Wieder hat Ernst Lange einen Kommentar geschrieben: „Ich bin der HERR dein Gott – du hast es nicht nötig, Gott herbeizuzitieren oder gedankenlos seinen Namen zu verniedlichen!“
Gott herbei zitieren. Ach ja, ich finde schon, Gott sollte viel offensichtlicher wirken. Es dürfte keine junge Mutter mehr von ihren Kindern wegsterben. Es soll endlich aufhören mit den sinnlosen Kriegen in der Welt. Und und, und ….
Ich habe ein klares Bild, wie Gott wirken müsste. „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken!“ sagt Gott. Ich kann nicht über ihn verfügen. Aber ihn bitten. Ihn anflehen: „Abba, lieber Vater!“
Wie kostbar, dass wir Gott anreden dürfen. Kostbar, dass er in Jesus Christus sein Gesicht zeigt. Leuchtet dieses Kostbare und Ehrfürchtige in meinen Worten zu ihm und über ihn? Auch noch dort, wo ich klage?
IV
Der Flur öffnet sich zur Terrasse.
Wir treten heraus in den Schatten der Palmen. Der Herbergsvater lädt uns ein, uns nieder zu lassen. Das tut gut. Er serviert uns kühle Getränke und leckeres Essen.
Unser Blick schweift in die Ferne.
„Bei klarer Sicht sieht man bis ins Gelobte Land!“ sagt er.
Diesmal findet sich ein längerer Schriftzug an der Hauswand neben der Terrassentür.
„Gedenke des Sabbattags, dass du ihn heiligst. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebten Tag ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun – auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebten Tag. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.“
Ob auch hier jener Ernst Lange etwas geschrieben hat? Ach ja, dort unten steht etwas:
„Du brauchst dich nicht zu Tode zu hetzen. Ich, der allmächtige Gott, will dein Meister sein!“
Wir kommen ins Gespräch mit anderen Gästen am Tisch.
„Bei uns im Betrieb stellen sie inzwischen sonntags den Server ab. Wir können dann keine E-Mails mehr schreiben.“ erzählt ein Manager. „Empfinden Sie dies nicht als Bevormundung?“ fragt sein Tischnachbar. „Also, ich entscheide sehr gerne selbst, wann ich arbeite und wann nicht!“ - „Naja,“ entgegnet der Manager, „die Bosse haben festgestellt, dass wir nie mehr richtig Pause gemacht haben. Und ganz offensichtlich hat uns das nicht gut getan. Manche wurden krank. Andere haben nur noch herumgehektikt – so nach dem Motto: als sie das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten sie ihre Anstrengungen. - Also, mir tut das gut, einen Tag die Kiste wirklich aus zu lassen.“ Er zieht sein Diensthandy aus der Tasche und steckt es wieder ein.
Jetzt meldet sich die Frau neben ihm zu Wort: „Ich leide darunter, dass wir sonntags immer diskutieren müssen, ob die Kinder es sich leisten können, mitzufahren zum Besuch bei der Oma. Ich finde es verrückt, dass die auch schon den Druck der nächsten Klassenarbeit immer im Nacken haben. Und dann doch so k.o. sind, dass sie den halben Sonntag rumhängen – und erst recht unzufrieden sind.“ Besorgt runzelt die Frau am Tisch die Stirn.
„Wenn ich sonntags in die Kirche gehe“, meldet sich der Tischnachbar wieder zu Wort, „überlege ich mir immer wieder, warum ich das eigentlich mache. Es ist ja nicht mehr wie früher, als man begründen musste, warum man nicht in die Kirche geht – sondern umgekehrt. Ich habe im Konfirmandenunterricht gelernt, dass das zur Sonntagsheiligung gehört. Weil wir damit zum Ausdruck bringen, dass Gott uns das Leben schenkt und wir es nicht selbst machen. Oft nehme ich irgendeinen Gedanken mit nach Hause. Und es tut auch gut, mir richtig die Zeit zu nehmen, alles Gott hinzulegen. Zu singen – wann mache ich das sonst schon. Und es eben miteinander zu tun.“
„Gott Lob, der Sonntag kommt herbei, die Woche wird nun wieder neu!“ zitiert die Mutter am Tisch gedankenverloren.
V
Wir bekommen den Nachtisch serviert. Die Tür zur Küche steht offen. Ich kann den Schriftzug an der Wand dort lesen:
„Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, damit du lange lebst in dem Land, das dir der HERR, dein Gott, geben wird!“
Mein Tischnachbar folgt meinem Blick. „Schön, dass das in der Küche steht!“ sagt er. „Wenn man sich überlegt, was es alles an Nahrung und Zuwendung braucht, bis ein Kind großgezogen ist!“ Die Mutter nickt heftig. „Aber manchmal ist es trotzdem ganz schön schwierig mit den Eltern!“ füge ich hinzu. „Und eine große Aufgabe, wenn sie alt werden!“ „Das stimmt, “spinnt mein Tischnachbar den Faden weiter, „aber wie das ‚Ehren’ genau aussieht, ist damit noch nicht gesagt. Ich glaube, wenn man sich überfordert in der Pflege oder so, dann kann man nur noch genervt reagieren und nicht mehr ‚ehren’.“
VI
„Es ist gut, so miteinander über die Gebote zu reden!“ stellt die Mutter fest.
„Ja, das sollten wir morgen fortsetzen!“ sage ich „jetzt bin ich zu müde, um auch noch die anderen Räume im Haus zu besichtigen.“
„Ich bin darauf gespannt“. Der Tischnachbar spinnt doch noch ein bisschen weiter. „Ich stelle mir Ernst Langes weitere Kommentare so vor: In der Herberge der Zehn großen Freiheiten hast du es nicht
nötig, andere zu töten. Die Ehe zu brechen. Zu stehlen. Über andere ungut zu reden. Dich vom Neid gefangen nehmen zu lassen.“ „Könnte sein!“ meinen die anderen.
Ich atme tief durch. Wie gut, dass ich mich in der Wüste des Herumirrens in unbegrenzten Möglichkeiten nicht verlaufen muss. Und es nicht nötig habe, immerzu alles auszuprobieren auf der Suche nach dem tollsten Kick. Einfach leben will ich mit den Menschen um mich herum und auf dieser ganzen Erde. Die Zehn Gebote mit dabei auf dem Weg. Vielleicht steckt ja in ihnen schon ganz viel vom Land der Freiheit!
Jedenfalls scheint mir, als sähe ich das Land am Horizont nun ein wenig klarer.
Wie gut, dass Gott uns dieses Worte geschenkt hat!
Amen
Fürbitten
Gut auch von mehreren SprecherInnen zu lesen
Dreieiniger Gott,
wir danken dir, dass du dich
den ganz konkreten Fragen und Sorgen unseres Lebens annimmst
und immer neu zu uns redest auf unseren Wegen.
Danke, dass du, Jesus Christus,
immer wieder neu Schuld vergibst
und uns neue Wege öffnest.
Wir bitten dich:
Komm mit deinem Atem der Freiheit.
Befreie die Menschen, die von anderen geknechtet werden.
Befreie unsere Herzen von dem, was uns unter Druck setzt.
Halte das Rad der Rastlosigkeit und Selbstüberschätzung an
und schenke Frieden
mit dir, unter den Menschen und in deiner ganzen Schöpfung.
Hilf uns und deiner ganzen Kirche weltweit,
dich aus tiefstem Herzen anzubeten.
Komm mit deinem Atem der Liebe hinein
in die Beziehungen zwischen den Generationen,
in alle tötenden Blicke,
in Mordgedanken und Kriegslogiken.
Schicke Zärtlichkeit und neue Freude aneinander
in Ehen und Partnerschaften.
Ach, und mach ein Ende,
wo Böses übereinander geredet wird.
Reiß die Herzen los
von der Angst zu kurz zu kommen und vom Neid.
Komm, heiliger Geist
und erfülle deine Erde!
Als deine Söhne und Töchter beten wir:
Vater Unser
Anmerkungen
(1) So zum Beispiel Benno Jacobs, Das Buch Exodus, Stuttgart 1997.
(2) Ernst Lange, Die zehn großen Freiheiten. Verschiedene Ausgaben.
Verfasserin: Pfarrerin Dr. Susanne Edel
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