Menü

Gottes Gebote - Maßstäbe für unser Leben

von Simone Carstens-Kant (38855 Wernigerode)

Predigtdatum : 30.09.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 18. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Jakobus 2,1-13
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch: "Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe." (1. Johannes 4, 21)

Psalm: 1

Lesungen

Reihe I: Markus 12, 28 - 34
Reihe II: Römer 14, 17 - 19
Reihe III: Markus 10, 17 – 27
Reihe IV: Jakobus 2, 1 - 13
Reihe V: 2. Mose 20, 1 - 17
Reihe VI: Epheser 5, 15  21

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 450 Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied: EG 412 So jemand spricht, ich liebe Gott
Predigtlied: EG 295 Wohl denen, die da wandeln
Schlusslied: EG 82,7 Lass mich an andern üben

Predigttext Jakobus 2, 1 – 13

Kein Ansehen der Person in der Gemeinde

1 Meine Brüder und Schwestern, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person.

2 Denn wenn in eure Versammlung ein Mann kommt mit einem goldenen Ring und in herrlicher Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung,

3 und ihr seht auf den, der herrlich gekleidet ist, und sprecht zu ihm: Setz du dich hierher auf den guten Platz!, und sprecht zu dem Armen: Stell du dich dorthin!, oder: Setz dich unten zu meinen Füßen!,

4 macht ihr dann nicht Unterschiede unter euch und urteilt mit bösen Gedanken?

5 Hört zu, meine Lieben! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn lieb haben?

6 Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen?

7 Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch genannt ist?

8 Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift (3. Mose 19,18): »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht;

9 wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet überführt vom Gesetz als Übertreter.

10 Denn wenn jemand das ganze Gesetz hält und sündigt gegen ein einziges Gebot, der ist am ganzen Gesetz schuldig.

11 Denn der gesagt hat (2. Mose 20,13-14): »Du sollst nicht ehebrechen«, der hat auch gesagt: »Du sollst nicht töten.« Wenn du nun nicht die Ehe brichst, tötest aber, bist du ein Übertreter des Gesetzes.

12 Redet so und handelt so als Leute, die durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen.

13 Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht.

Liebe Gemeinde,

die Glocken haben geläutet. Der Gottesdienst beginnt. Langsam kehrt Ruhe ein.

Doch noch einmal wird die Klinke heruntergedrückt. Mit dem vertrauten Quietschen öffnet sich die Tür. Und mit dem ebenso vertrauten Klacken fällt sie wieder ins Schloss. Unbekannt die Frau, die da zu spät kommt. An irgendjemanden erinnert sie. Aber im Dunkel unter der Empore ist ihr Gesicht noch nicht auszumachen. Der Lektor begrüßt die Gemeinde, die aber nur halb bei der Sache ist. Zu gern möchten die meisten sehen, wer da gekommen ist. Nun tritt die Frau ins Licht.

‚Aber! Das kann doch nicht sein!‘

Unsicher senkt die Frau den Blick und schiebt sich in die nächstbeste Bank.

‚Nein! Also fast hätten wir ja gedacht, es ist Angela Merkel! Hier bei uns! In unserer kleinen Stadt! Aber das kann ja nicht sein. Angela Merkel würde nicht ohne Bodyguards erscheinen. Oder doch? Nee, kann nicht sein! Angela Merkel hätte die Hände zum Winken erhoben, freundlich distanziert in die Runde geblickt und unseren Lektor angesprochen: „Vielleicht können wir kurz unterbrechen? Ich muss nämlich noch weiter.“ Aber die hier ist ja total schüchtern.‘

Der Gottesdienst nimmt seinen Lauf. Lied, Gebet, Evangelium. Dann der Text für die Predigt:

Heute bei Jakobus im 2. Kapitel. Das war doch dieser Brief, gegen den Luther gewettert hat. Eine stroherne Epistel hat er ihn genannt, weil hier von den Christen gefordert wird, sich durch gute Werke zu beweisen. Also ganz anders als das, was Luther seinerzeit im Römerbrief entdeckt hat. Da wird der Mensch durch die Gnade Gottes gerecht. Und eben nicht durch viele und gute Werke!

1 Meine Brüder und Schwestern, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Anse-hen der Person.

2 Denn wenn in eure Versammlung ein Mann kommt mit einem goldenen Ring und in herrlicher Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung,

3 und ihr seht auf den, der herrlich gekleidet ist, und sprecht zu ihm: Setz du dich hierher auf den guten Platz!, und sprecht zu dem Armen: Stell du dich dorthin!, oder: Setz dich unten zu meinen Füßen!,

4 macht ihr dann nicht Unterschiede unter euch und urteilt mit bösen Gedanken?

5 Hört zu, meine Lieben! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn lieb haben?

6 Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Ge-richt ziehen?

7 Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch ge-nannt ist?

8 Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift (3. Mose 19, 18): »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht;

9 wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet überführt vom Gesetz als Übertreter.

10 Denn wenn jemand das ganze Gesetz hält und sündigt gegen ein einziges Gebot, der ist am ganzen Gesetz schuldig.

11 Denn der gesagt hat (2. Mose 20, 13 - 14): »Du sollst nicht ehebrechen«, der hat auch gesagt: »Du sollst nicht töten.« Wenn du nun nicht die Ehe brichst, tötest aber, bist du ein Übertreter des Gesetzes.

12 Redet so und handelt so als Leute, die durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen.

13 Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über den erge-hen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht.

Während die Pfarrerin predigt, schweifen die Gedanken der Gemeinde immer mal wieder ab. Hin zu der Fremden, die aussieht wie Angela Merkel.

‚Wenn jetzt hier wirklich die Bundeskanzlerin sitzen würde, Mensch, da könnte ich heute Nachmittag beim Kaffee aber was erzählen! Die wären vielleicht neidisch!‘, denkt sich die eine.

Drei Reihen dahinter macht sich ein anderer Gedanken, was er der Frau Merkel am besten sagen würde, damit sie auf ihn aufmerksam wird. Wenn sie es denn wäre.

Die Küsterin ist erleichtert. ‚Puuh! Bloß gut, dass das nicht Frau Merkel ist. Ich hab doch nur die Bänke vorn gewischt. Da, wo die sitzt, sitzt doch sonst nie einer!‘

Die Pfarrerin selbst ist auch nicht ganz bei der Sache: ‚Grad heute bin ich nicht gut vorbereitet. Aber es ist ja zum Glück auch nicht die Bundeskanzlerin. Wenn man sowas vorher wüsste, würde man sich ja drauf einstellen.‘

Der Lektor grübelt, ob es nicht doch besser wäre, dieser Fremden einen Platz in der ersten Reihe anzubieten. Schließlich ist die Ähnlichkeit mit Angela Merkel wirklich riesig!

Der Gottesdienst ist zu Ende. Die Gemeinde drängt zum Ausgang. Verstohlen blicken alle zu der Fremden. Aber keiner spricht sie an.

Als alle weg sind, macht sich die Küsterin ans Aufräumen. Die Fremde steht noch da.

Lachend erzählt die Küsterin, was ihr für Gedanken durch den Kopf gegangen sind und schließt: „Also, wirklich mal! Sie haben eine Ähnlichkeit mit der Merkelschen! Echt verblüffend!“

Schüchtern lächelnd blickt die Fremde und sagt: „Ich bin Angela Merkel.“

Vertane Chancen! Hätte man das doch nur gewusst! Man hätte sein Sonntagsgesicht aufgesetzt, hätte die Kirche auf Hochglanz poliert, einen teuren Blumenstrauß auf den Altar gestellt, den die Bundeskanzlerin dann noch geschenkt bekommen hätte. Und ein wenig hätte man „Wünsch dir was“ gespielt. In der Hoffnung, dass Angela Merkel versprochen hätte, sich für die Reparatur des Altars einzusetzen. Tja, zu spät!

Jakobus mahnt eindringlich: Haltet den Glauben frei von allem Ansehen der Person!

Und meint damit vor allem die Unterscheidung zwischen Armen und Reichen.

In den ersten Jahrzehnten des Christentums galt es als er-strebenswert, arm zu leben. Geradezu asketisch. Denn wenn Christus bald wiederkommt, ist aller irdischer Reichtum so-wieso null und nichtig.

Vielfach wurde diese Überzeugung überspitzt und es hieß: Reichen wird der Zutritt zu Gottes Reich verwehrt. Nur wer arm ist, ist ein guter Christ und kommt zu Gott.

Der Jakobusbrief entsteht um das Jahr 100. Das Christentum ist in die dritte Generation übergegangen. Dass Jesus Christus in nächster Zeit wiederkommt, glauben nur noch wenige. Die Überzeugungen und Erfahrungen der Eltern und Großeltern werden in den Wind geschrieben. Die strenge Frömmigkeit, die sich nichts gönnt, wird zunehmend abge-lehnt.

Genau davor hat Jakobus Angst. Er befürchtet, dass das Christentum zerfällt. Daher kritisiert er, dass die Gemeinde gegenüber Armen und Reichen voreingenommen ist. Er beklagt, dass man sich den Reichen und Einflussreichen andient, die Mittellosen und einfachen Menschen aber ausgrenzt. Und so dreht er den Spieß um: Jakobus grenzt die Reichen aus, ohne die Person im Einzelnen zu sehen. Die Armen hingegen stellt er pauschal als die Gewinner des Him-melreichs hin, egal wie sie ihr Leben gestalten.

Seither verstehen viele diesen Text genauso: Verzichtet auf Eigentum! Lebt karg, ohne Luxus. Seid selbstlos bis zur Selbstaufgabe. Denn nicht hier soll es euch gutgehen. Gut-gehen wird und kann es euch erst bei Gott in seinem Reich.

Anders als Jakobus kritisiert Jesus den Reichtum nicht pauschal. Er kritisiert ihn, wenn er den Blick verstellt. Wenn der Reichtum zum Ersatzgott wird.

Wenn wir heute über Reichtum sprechen, ist es erstaunlich, dass immer zuerst die anderen reich sind und abgeben müs-sen. Politiker, Stars, Fußballprofis, Adlige, Ärzte, Mercedes-fahrer usw. Ich selbst nicht. Aber bin ich, nur weil ich nicht reich bin, ein besserer Mensch?

Auch wenn Jakobus davor warnt, die einflussreichen Menschen zu bevorzugen - er erinnert auch an das wichtigste Ge-bot: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Geh nicht danach, welche Position ein Mensch in der Gesell-schaft einnimmt. Sondern: Sieh in deinem Gegenüber zuerst den Mitmenschen, sei er arm oder reich, Ausländer oder Deutscher, Kind oder Greis.

So hat Jesus Christus sein Gegenüber wahrgenommen: Die Zöllner gleichermaßen wie die Fischer, den Hauptmann wie die Prostituierte, Frauen und Männer.

Frau Merkel oder anderen berühmten Menschen die Hochachtung zu verweigern, ist nicht gemeint. Allen Menschen mit Hochachtung zu begegnen ist der gute Weg.

Anerkennung und Kritik sollen nichts mit äußerem Schein oder Position in der Gesellschaft zu tun haben – sie sind abhängig zu machen von dem, was wirklich ist.

Wenn ich mich immer wieder ermahne, so zu denken, werde ich zu Frieden und Gerechtigkeit beitragen. Und wenn es nur in meinem kleinen Umfeld ist.

Amen

Fürbittengebet

Lebendiger und allmächtiger Gott, wir danken dir, dass du unserem Leben Orientierung gibst.

Im Vertrauen auf dich bitten wir:

Lenke mit deinem Geist die Mächtigen und Einflussreichen in der Welt.

Lass sie deine Gebote achten und danach streben, Frieden und Gerechtigkeit bei allen Völkern zu mehren.

Besonders bitten wir für die Bevölkerung von ….

Erhalte unsere Kirchen in deinem Geist.

Lass sie dein Wort der Liebe lehren und verkünden und hilf, dass sie selbst danach handeln, damit sie glaubwürdig bleiben.

Uns allen gib den Mut, auf falsche Sicherheiten zu verzichten, damit Gerechtigkeit für alle spürbar wird.

Begleite uns, damit wir den richtigen Weg erkennen.

Amen

Verfasserin: Pfarrerin Simone Carstens-Kant, Andreaskirchplatz 11, 06295 Lutherstadt Eisleben


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de