Wochenspruch:
"Über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit erscheint über dir." (Jesaja 60, 2)
Psalm: 97
Lesungen
Altes Testament: 2. Mose 3, 1 - 10 (11 - 14)
Epistel: 2. Korinther 4, 6 - 10
Evangelium: Matthäus 17, 1 - 9
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 459 Die Sonn hoch an dem Himmel steht
Wochenlied: EG 67, 1 - 3 Herr Christ, der einig Gotts Sohn
Predigtlied: EG 72, 1 – 3 + 6 O Jesu Christe, wahres Licht
Schlusslied: EG 70, 1.4 Wie schön leuchtet der Morgenstern
Liebe Gemeinde,
Letzte Worte
Letzte Worte haben ein besonderes Gewicht. Letzte Worte gelten keinen Nebensächlichkeiten - sie zielen noch einmal auf die Mitte. Wenn wir wissen: da spricht einer zum letzten Mal zu uns, dann hören wir noch einmal sehr genau zu. Wenn wir wissen: Da fasst einer noch einmal die Erfahrungen seines Amtes oder seines Lebens zusammen, dann nehmen wir uns wohl Zeit, seine Worte genauer als sonst zu hören und zu bedenken.
Es ist uns gewiss auch schon so gegangen, dass wir gesagt haben, wenn ich das gewusst hätte, dass das unser letztes Gespräch ist, dann wäre ich aufmerksamer gewesen, dann hätte ich genauer auf die Worte und die Zwischentöne geachtet. Es ist uns dann Leid, wenn wir solche letzte Begegnung falsch eingeschätzt haben, wenn wir sie leichtfertig "vertan" haben.
Unser Predigtwort überliest sich leicht. „Das kennen wir doch schon. An Epiphanias geht es um das Licht und auch am Schluss der Epi-phaniaszeit geht es eben um das Licht.“ Aber dieses Wort hat ein besonderes Gewicht: Es ist das letzte Wort, das Jesus öffentlich an das Volk von Jerusalem richtet. Es ist das Wort, das sein Wirken in der Öffentlichkeit abschließt. Von nun an folgt im Johannes-Evan-gelium nur noch die Lehre an die Jünger, nur noch der Bericht über die Passion und die Auferstehung.
Es sind also letzte Worte - Worte mit einem besonderen Gewicht. Jesu letztes Wort an Jerusalem fasst noch einmal zusammen, was die Mitte seines Wirkens ist. "Glaubt an das Licht, solange ihr es habt, damit ihr Kinder des Lichtes werdet.“
Ein Ruf zum Glauben
Das letzte Wort Jesu an das Volk ist ein Ruf zum Glauben. Was sind das für Leute, die er ruft? Es sind Leute, die viel von ihm wissen: Sie haben vom Anfang in Galiläa gehört, von den Predigten in den Synagogen. Sie haben von Wundern gehört, die Jesus getan hat: vom
Weinwunder bei der Hochzeit von Kana, vom Speisungswunder in der Einöde, von der Auferweckung des Lazarus. Sie haben gehört von seiner Vergebung – dass er sich erbarmt hat über die Ehebrecherin, über den Blindgeboren und den Gelähmten am Teich Bethesda. Sie haben ihn im Tempel erlebt, wie er gelehrt hat und sie haben ihn erlebt, wie er in die Stadt Jerusalem eingezogen ist: auf einem Esel sitzend, umjubelt von seinen Jüngern, begrüßt mit dem Freudenruf: „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn“
Sie wissen viel über Jesus – vom Hörensagen her und von dem eigenen Erleben her. Aber: sie bringen es nicht zusammen mit dem, was sie früher gelernt haben, nicht mit dem, was sie über Gott und seinen Messias zu denken gewohnt sind. Es sind Leute voller Fragen, die Jesus da zum Glauben ruft.
Das macht mich heute froh: dass Jesus Leute zum Glauben ruft, die viele Fragen an ihn haben Das macht mich froh, dass Jesus Leute zum Glauben ruft, die bei all ihrem Bescheid-Wissen noch nicht mit sich im Klaren sind, wer er denn ist.
Glauben mit ungeklärten Fragen
Was ist das für eine gute Sache, dass wir nicht erst dann „glauben“ können, wenn wir die richtige Lehre über Jesus drauf haben. Wie befreiend, dass wir nicht erst dann glauben können, wenn wir ganz korrekt erklären können, wie das sich mit dem "wahrer Gott und wahrer Mensch“ verhält. Wie gut, dass wir nicht erst dann glauben können, wenn wir genau beschreiben können, wie Jesus auf dem Hintergrund des Judentums zu verstehen ist. Die vielen Fragen hindern Jesus nicht, Menschen zum Glauben zu rufen.
Und auch das macht mich froh: Jesus sagt diesen Leuten in Jerusalem mit ihren unverstandenen und ungeklärten Fragen, mit ihren Schwierigkeiten nicht: Ihr seid aber begriffsstutzig! Jesus sagt ihnen nicht: Ich bin es leid, dass ihr immer noch nicht glaubt. Er lädt vielmehr genau diese Leute ein: Glaubt an das Licht – und das heißt doch: Vertraut euch dem Licht an, vertraut euch mir an – ich bin das Licht der Welt.
Liebe Freunde,
Glauben ist viel mehr als das Übernehmen von Satzwahrheiten über Jesus. Glauben ist viel mehr als ein richtiger Standpunk zu Jesus. Glauben ist viel mehr als ein Erklärungssystem der Welt.
Das Licht
Das Bildwort vom Licht macht das deutlich, auch wenn es uns schwer fällt, das in der Zeit der Neon-Röhren und der Tiefstrahler zu verstehen. Wer in einer stockdunklen Nacht kein Licht hat, der ist aufgeschmissen Er weiß nicht, wo er hin tritt. Er weiß nicht, ob der nächste Schritt nicht ein Schritt ins Leere ist. Er weiß nicht, wohin sein Weg überhaupt geht. Aber die kleine Öllampe in seiner Hand lässt ihn sichere Schritte tun! Sie vertreibt das Dunkel nicht, aber sie macht im Dunkel hell.
Genau das aber ist Jesus: er macht, dass die, die bei ihm sind, im Dunkel der Welt eine Orientierung haben. Er macht, dass sie gewisse Schritte gehen können. Und Glauben heißt nun nichts anderes als dieses: Schritte an seiner Hand zu tun, sich diesem Licht anvertrauen. Das ist das Wesen des Glaubens, dass ich in der Nähe Jesu bleibe, weil er das Licht ist, dass ich hinter ihm hergehe, weil er der Weg ist, dass ich mich an ihn hänge, weil er Leben gibt.
Glaubende sind wie der Mond
Und nun sagt Jesus mit diesem Ruf zum Glauben noch ein anderes, etwas ganz Großes: Wer sich so an mich hält, der wird zu einem Kind des Lichtes - und das bedeutet: Der wird selbst hell. Wir haben das alle wohl einmal in der Schule gelernt: Der Mond strahlt kein eigenes Licht aus. Das Mondlicht ist in Wahrheit Sonnenlicht, das von ihm reflektiert, zurückgeworfen wird.
Genau das aber geschieht, wenn wir mit Jesus leben lernen. Wir werden zu Menschen, die sein Licht reflektieren. So wie er mit uns umgeht, so können wir dann auch mit anderen umgehen. So wie er unsere Fragen und unser Unverständnis trägt und uns nicht zurück stößt, können wir es lernen, Fragen und Unverständnis zu tragen und
Menschen eben nicht deshalb eilig abzuschreiben. So wie er Schuld vergibt und nicht zurechnet, sollen wir es lernen, Schuld zu vergeben und nicht Leute auf ihre Vergangenheit fest zunageln.
Was für eine große Erwartung hat Jesus da an seine Leute: dass sie ihm wesensgleich werden, dass sie angesteckt werden von seiner Menschenliebe und ausstrahlen, was er in sie hineingelegt hat.
Was für eine große Erwartung ist das, dass seine Barmherzigkeit sich spiegelt in unserer Barmherzigkeit, seine Treue in unserer Treue, seine Geduld in unserer Geduld, seine Überwinderkraft in unserer Kraft zu überwinden.
Wir spüren es nur zu gut: Aus eigenem Können geht das nicht. Wer so von sich selbst reden wollte, den befällt wohl schnell die Angst, ob er nicht den Mund zu voll nimmt. Aber wenn wir bei ihm bleiben, wenn wir uns immer wieder seinem Wort öffnen, wenn wir uns immer wieder seinem Geist öffnen, dann will er in uns wirken. Der Apostel Paulus sagt es einmal so: „Dann will Christus in uns Gestalt gewinnen.“ Das ist die hohe Verheißung, die über den Leuten Jesu liegt, die über allen liegt, die sich auf seinem Weg rufen lassen, dass sie Kinder des Lichtes werden und das Licht Jesu in ihnen aufleuchtet. Dieses Verheißungswort Jesu gilt auch uns.
Das soll an uns geschehen, dass wir Anteil gewinnen an ihm, an Jesus. Er gibt sein Leben in unser Leben, er gibt seine Liebe in uns. Er gibt seine Vergebung in uns, er gibt seine Gnade an uns. Und er gibt das alles, damit wir es nicht als einen Raub, als unseren Privatbesitz behalten, sondern damit es weiter strahlt und weiter leuchtet.
Es soll weiter leuchten zu denen, die noch nicht glauben, zu denen, die dem Wort Barmherzigkeit kein Vertrauen schenken können, weil sie so selten Barmherzigkeit erfahren, zu denen, für die Vergebung ein Fremdwort ist, weil sie immer wieder auf Schuld festgenagelt worden sind, zu denen, die Gnade nicht kenne, weil sie so viel Gnadenlosigkeit in unserer Zeit erfahren
Was Jesus uns schenkt als Lebensgemeinschaft und Lebenslicht – das sollen wir hinaus tragen, damit jeder an seinem Ort Licht ist, erleuchtet von Jesus.
Amen
Verfasser: Pfarrer i. R. Paul-Ulrich Lenz
Am Litzenau 17, 63679 Schotten
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97