Gottes Glanz, gebrochen im Menschlichen
von Theo Günther (36341 Lauterbach)
Predigtdatum
:
25.01.2015
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
4. Sonntag vor der Passionszeit
Textstelle
:
Matthäus 17,1-9
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Wochenspruch:
"Über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit erscheint über dir." (Jesaja 60, 2)
Psalm: 97
Lesungen
Altes Testament: 2. Mose 3, 1 - 10 (11 - 14)
Epistel: 2. Korinther 4, 6 - 10
Evangelium: Matthäus 17, 1 - 9
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 72, 1 - 3 O Jesu Christe, wahres Licht
Wochenlied: EG 70, 1 + 3 - 4 Wie schön leuchtet der Morgenstern
Predigtlied: EG 395, 1 - 3 Vertraut den neuen Wegen
Schlusslied: EG 73, 1 – 2 + 5 Auf, Seele, auf und säume nicht
Vorbemerkung
Ich schlage vor, den Predigttext erst im Verlauf der Predigt zu lesen. Statt dem Beispiel für einen alltäglichen und doch lange bewegenden erfüllten Moment, das in der Predigt „ein Pfarrer“ erzählt (das ist natürlich meine lebendige Erfahrung), könnte gut auch ein eigenes Beispiel für so einen Moment erzählt werden. Das klingt dann sicher authentischer und lebendiger. Durch mein Beispiel aber seien Sie auf die Fährte geführt, die ich meine.
Liebe Gemeinde,
wahrscheinlich kennen Sie sie auch: die „unvergesslichen Momente“ im Leben – und ich meine dabei gar nicht mal die großen Momente, sondern die kleinen Augenblicke, von denen man meint: „Jetzt müsste die Zeit stehen bleiben“ – und man hält sie dann fest bzw. sie setzten sich fest in der Tiefe unserer Seele – wir erinnern uns noch nach Jahren, an jenen Augenblick, an jenes Gefühl damals, als wir meinten, „Jetzt müsste die Zeit stehen bleiben!“.
Z. B. [„regionales Promiereignis“ aus der Lokalpresse einfügen: eine Verabschiedung/ein besonderer Sieg/Gewinn/ …] – für ihn/sie ist das vielleicht so ein Moment?
oder: die Geburt des ersten Kindes – ein unvergesslicher Anblick!
Ganz banal und doch wundersam eindrücklich beschreibt ein Pfarrer so einen Moment, den er mit dem Predigttext, den ich dann lesen möchte, in Verbindung bringt. Hören sie zunächst diese Schilderung seines kleinen unvergesslichen Momentes. Er schreibt: „Ich erinnere mich noch gut an so einen Augenblick, der sich mir in Verbindung mit dem heutigen Predigttext eingegraben hat: Vor einigen Jahren hatte ich über diese Geschichte zu predigen – in den Wochen vorher war es Anfang Januar lange Tage bitter kalt – eine trockene, klare, sonnig-frostige Kälte – eine leichte Schneeschicht bedeckte das Land und lies die Landschaft in klarem, reinen Weiß erscheinen. - In der Nähe meines Dienstortes gab es einen kleinen Stausee. Nach einigen Tagen Frost hat es mich dann doch in den Füßen gejuckt und ich habe überlegt, ob der See wohl zugefroren ist? Ob ich dort wohl Schlittschuhlaufen kann? –
Ich bin also hingefahren – der See war wirklich zugefroren – ein paar Spuren waren auf der Schneedecke zu sehen, wenige Meter vom Rand war ein kleines Feld und ein paar Bahnen frei geschoben – es musste offenbar gehen, dort Schlittschuh zu laufen. – So habe ich meine Kufen ausgepackt, an die Füße gezogen und bin auf den zugefroren See. - Ein bisschen mulmig war mir schon - aber ich habe mich getraut. Zuerst bin ich auf den von der leichten Schneeschicht befreiten Stellen geblieben - dann wurde ich mutiger: Ich verließ die vorgegebenen Bahnen und drehte auch Runden über das schneebedeckte Eis. Hier und da waren schon Spuren zu sehen - aber viele Stellen waren noch ganz unberührt: Eine ebene, in der kräftigen Sonne strahlende weiße Fläche.  Auf den Schlittschuhen gleite ich durch diese Fläche. Ich spüre die Sonne im Rücken, im Gesicht. Ab und zu bleibe ich stehen ich sehe auf meine Spuren im Schnee - ich sehe die helle Weite - atme die kalte Luft und spüre zugleich die Wärme der strahlenden Wintersonne.
Noch heute, viele Jahre später kann ich mich gut an diese wenigen Tage erinnern, die ich damals auf dem See sein konnte und ich sehne mich immer noch nach der Wiederholung dieser Momente. Immer noch ist das Gefühl von damals in mir: Tief durchatmen - Ach ja, so könnt’s doch immer sein! Ist das nicht schön?! Die Welt erscheint verklärt ins ewig Schöne. Ach ja, so könnt’s doch immer sein!“
Soweit der Pfarrer. Wahrscheinlich und hoffentlich kennen Sie auch solche Momente, da man die Zeit anhalten möchte.
In der Bibel gibt es auch solche Erlebnisse und Momente, da Menschen sagen: - Ach ja, so könnt’s doch immer sein! Eine solche Geschichte ist für mich die sogenannte Verklärung Jesu: (lesen Mt. 17, 1 - 9)
Petrus spricht es aus: „Herr, hier ist gut sein - lass uns Hütten bauen!“  „Hier ist gut sein - so könnt’s doch immer sein“ Momente, in denen wir uns wünschen, die Zeit anhalten zu können. So soll’s bleiben. Nichts mehr soll sich verändern:
- mit Jesus auf dem Berg in der sicheren Umgebung der Heiligen Mose und Elia
- mit den Schlittschuhen auf dem unberührten Eis in der Sonne
- andere schöne, übermäßig beeindruckende Erlebnisse in der Natur
- schöne und volle Gottesdienste (wie Heiligabend oder beim Gemeindefest)
- ein gelungenes Fest (privat oder im Verein)
- eine erfahrene Genesung (nach einer Zeit der Krankheit)
- …
 „Hier ist gut sein - so könnt’s doch immer sein“ denken oder sagen wir.  Aber wir erleben immer wieder Rückschläge. Der zitierte Pfarrer sagt auch: „Ich warte seit vielen Jahren darauf, wieder auf den See zu können - wahrscheinlich war es letzte Woche wieder möglich – aber es ist jetzt weiter weg und da brauche ich mehr Zeit – und irgendwie hat es nicht geklappt“ - Ja, wir erleben immer wieder Rückschläge: eine geheilte Wunde bricht wieder auf - die Entzündung kehrt wieder ein paar Tage nach dem schönen Fest kommt es zum heftigen Streit über eine Nichtigkeit nach einem bewegten Abschied muss man sich mühsam in die neue Rolle/Arbeit/Beziehungen einarbeiten
…
Wenn wir das sehen und bedenken, dann sind wir leicht niedergeschlagen und enttäuscht niedergeschlagen und enttäuscht wie Petrus. Der verklärte Jesus verschwindet mit den Heiligen Moses und Elia und die Stimme aus dem Himmel sagt nur, dass er auf Jesus hören soll. Der aber geht mit Petrus und den beiden anderen Jüngern zurück: Hinab vom Gipfel des Berges zurück von der Verklärung in den Alltag mit all seiner Mühsal, seinen Streitigkeiten, seinen großen und kleinen Schmerzen. Jesus führt seine Jünger zurück auf den Weg zum Kreuz, den er gerade vorher angekündigt hat (Mt. 16, 21 ff).
Das Evangelium von Jesus Christus sucht nicht das schöne stille Glaubenseckchen, in dem endlich alles gut ist und in das ich vor der Welt fliehe, um dort zu bleiben. Das Evangelium von Jesus Christus kennt zwar durchaus diese Nischen erfüllten Lebens / auch erfüllten Glaubenslebens – aber es lehnt es ab, darin zu verweilen. – Der Ort der Christen ist „in“ dieser Welt – in sie führt Jesus zurück: hier im Alltag sollen wir unser Christsein leben!  zu diesem Dienst, zu diesem Leben richtet Jesus die Jünger, auf: „Steht auf, fürchtet euch nicht!“, sagt er. Christsein in dieser Welt ist wohl oft schwer – aber nicht schrecklich alleingelassen.  Jesus richtet die Jünger auf nimmt sie fürsorglich mit auf den weiteren Weg: „Fürchtet euch nicht“, sagt er, wie es die Menschen in der Bibel immer wieder hören: „Fürchtet euch nicht!“ Gott lässt die Niedergeschlagenen nicht liegen. – „Fürchtet euch nicht“, auch wenn Ihr heute Trauer tragt. – „Fürchtet euch nicht!“, wenn Ihr vom Berg des „So könnt’s doch immer sein!“ herabsteigen müsst. Er macht aus Ihnen keine „Umfaller“, keine „Versager“, keine „unbrauchbaren Kandidaten“.  Jesus richtet auf, die niedergeschlagenen Herzens sind: „Steht auf, habt Mut, habt keine Angst“. Und er rührt sie an, sodass sie es auch spüren: Er ist bei mir!
Die Geschichte der Verklärung Jesu, die Matthäus erzählt, lehrt mich Ernüchterung: Im Leben gibt es Euphorie (Momente besonderen Erfülltseins: „Hier ist gut sein - so könnt’s doch immer sein“) genauso gibt es Momente der Niedergeschlagenheit und es gibt die Momente der Aufrichtung.  Das zu wissen, darauf hoffen und vertrauen zu dürfen, tut mir gut. Die Ernüchterung und die darin enthaltene Hoffnung auf Aufrichtung sind es, die mir helfen, von den Gipfeln des Erfülltseins herabzukommen und die mir helfen, aus den Tiefen der Niedergeschlagenheit herauszukommen.
Gebe Gott, dass uns diese Ernüchterung des Glaubens erreicht und wir das Vertrauen in die Aufrichtung Gottes spüren und erfahren können. Amen.
Verfasser: Pfarrer Theo Günther
Unterdorf 5, 36341 Lauterbach
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