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Gottes gute Ordnungen

von Dietmar Diefenbach (Bad Homburg)

Predigtdatum : 09.10.2016
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 19. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Thessalonicher 4,1-8
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Wochenspruch:
"Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott." (Micha 6, 8)

Psalm: 119, 101 - 108

Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 8, 18 - 22

Epistel: 1. Thessaloniker 4, 1 - 8

Evangelium: Markus 10, 2 - 9 (10 - 16)

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 445, 1.2.4.5 Gott des Himmels und der Erden

Wochenlied: EG 295, 1 - 4 Wohl denen, die da wandeln
Predigtlied: EG 599, 1 - 4 Selig seid ihr
Schlusslied: EG 395, 1 - 3 Vertraut den neuen Wegen

Predigttext: 1. Thess 4, 1 - 8
„Weiter, liebe Schwestern und Brüder, bitten und ermahnen wir Euch in dem Herrn Jesus – da ihr von uns empfangen habt, wie ihr leben sollt, um Gott zu gefallen, was ihr ja auch tut – , dass ihr darin immer vollkommener werdet. Denn ihr wisst, welche Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus. Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr meidet die Unzucht und eine jede von euch ihren Mann und ein jeder von euch seine eigene Frau zu gewinnen suche in Heiligkeit und Ehrerbietung, nicht in gieriger Lust wie die Heiden, die von Gott nichts wissen. Niemand gehe zu weit und übervorteile seine Schwester oder Bruder im Handel; denn der Herr ist ein Richter über das alles, wie wir euch schon früher gesagt und bezeugt haben. Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung. Wer nun das verachtet, der verach-tet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen Heiligen Geist in euch gibt.“

Predigt

Liebe Gemeinde,

der Predigttext für den heutigen Sonntag ist ein Abschnitt aus dem ersten Thessalonicherbrief. Doch bevor ich Ihnen vorlese, was der Apostel Paulus der Gemeinde von Thessalonich schreibt, möchte ich Sie etwas mit dem Leben in Thessalonich etwas vertraut machen.

Thessalonich war 315 v. Chr. von Alexander dem Großen gegründet worden und erhielt zu Ehren seiner Gattin den Namen Thessalonike. Thessalonike oder Thessanlonich, das heutige Saloniki lag an der Verbindungsstraße, die die da-maligen Weltstädte Rom und Byzanz verband. Daher wurde Thessalonich bald ein wichtiger Handelsplatz, wurde größer und größer, und wurde in römischer Zeit zur Hauptstadt der Provinz Makedonien. Die junge Stadt beherbergte viele Kulte, auch eine große jüdische Gemeinde, als Paulus auf seiner zweiten Missionsreise unterwegs war, mit der er zum ersten Mal europäischen Boden betreten sollte.

Es war das Jahr 49 n. Chr., als Paulus nach Thessalonich kam und dort mit seinem Reden und Wirken innerhalb eines halben Jahres eine christliche Gemeinde gründet hat. Es waren vielleicht 20, 30 Menschen – etwa so viele/halb so viele wie wir hier im Gottesdienst sind -, die Jesus nachfol-gen wollten und seine Wiederkunft sehnlichst erwarteten.

Diese Gemeinde setzte sich vorwiegend aus ehemaligen Heiden zusammen, die sich schon zuvor der jüdischen Ge-meinde angenähert hatten, zum Glauben an den einen Gott tendierten, aber aufgrund der Beschneidung und anderer strengen jüdischen Lebensregeln nicht zum Judentum über-treten wollten.

Als Paulus diese Gemeinde verlassen hat, um seine Missi-onsreise fortzusetzen, machte er sich Sorgen: Wie soll nur diese kleine, junge Gemeinde umgeben mit alten, heidni-schen Kulten Bestand haben? Wird sie nicht von allen Seiten bedrängt werden, dass die Christen bald wieder von ihrem Glauben an Jesus, den Messias, den Christus abfallen wür-den? Schließlich wurden die Christen damals als Sonderlinge empfunden, die ein nahes Weltende mit einem Gottesgericht predigten, aus dem man nur im Vertrauen auf Gottes Sohn, auf Jesus Christus errettet würde.

Da die jungen christlichen Gemeinden von allen Seiten zu-mindest argwöhnisch betrachtet, wenn nicht gar schikaniert wurden, schickte Paulus nach einiger Zeit seinen Mitarbeiter Timotheus nach Thessalonich, um dort nach dem Rechten zu sehen. Und als dann Timotheus zu ihm zurückkehrt und ihm Bericht erstattet, ist Paulus voller Freude. Die junge christliche Gemeinde hat Bestand, der Glaube an Jesus Christus wird ernstgenommen, man ist auf gutem Weg.



Hören Sie, was Paulus schreibt:
1. Thess 4, 1
Den ersten Satz unseres Predigttextes finde ich irritierend. Paulus schreibt an die Christen in Thessalonich mit den Worten: Weiter, liebe Brüder, bitten und ermahnen wir euch ... – Und was ist mit den Schwestern? Gibt es denn keine Frauen in der Gemeinde von Thessalonich? Oder sind hier nur die Männer angesprochen? Geht es um ein männliches Problem, und alle Frauen dürfen sich jetzt bequem zurück-lehnen?

Ja und nein, liebe Gemeinde. – Ja, denn in der Tat spricht Paulus nur die Männer der Gemeinde an. Das tat er aber nicht, weil er Frauen für die ohnehin besseren Christen hält, sondern weil Paulus ein Kind seiner Zeit ist.

Frauen, Sklaven und Kinder hatten sich dem Hausherren unterzuordnen und zu gehorchen. So war es damals in der Gesellschaft üblich und so wünscht es sich Paulus, der selbst nicht verheiratet war und an dessen Seite keine Frau auftaucht, auch für die christlichen Gemeinden.

Zugleich kennt Paulus aber auch Priska und Aquila, ein Ehe-paar, das er im Römerbrief als seine Mitarbeiter in Christus Jesus grüßen lässt und auch im Korintherbrief erwähnt. Paulus kennt also durchaus Frauen, die sich als Missionarin-nen verdient gemacht haben.

Zusammenfassend kann man wohl sagen: Auch wenn Paulus die Rolle der Frau traditionell in Unterordnung unter dem Mann sieht, weiß er die Mitarbeit von Frauen in der Gemein-de durchaus zu schätzen.

Für uns heute heißt das, wir müssen es Paulus nachsehen, dass er Frauen eine Rolle zugedachte, die wir aus guten, biblischen Gründen nicht teilen. Dort, wo Paulus „liebe Brü-der“ schreibt, dürfen wir heute „liebe Schwestern und Brü-der“ lesen.

Hören Sie nun den Predigttext in korrigierter Fassung

1. Thess 4, 1 - 8
„Weiter, liebe Schwestern und Brüder, bitten und ermahnen wir Euch in dem Herrn Jesus – da ihr von uns empfangen habt, wie ihr leben sollt, um Gott zu gefallen, was ihr ja auch tut – , dass ihr darin immer vollkommener werdet. Denn ihr wisst, welche Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus. Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr meidet die Unzucht und eine jede von euch ihren Mann und ein jeder von euch seine eigene Frau zu gewinnen suche in Heiligkeit und Ehrerbietung, nicht in gieriger Lust wie die Heiden, die von Gott nichts wissen. Niemand gehe zu weit und übervorteile seine Schwester oder Bruder im Handel; denn der Herr ist ein Richter über das alles, wie wir euch schon früher gesagt und bezeugt haben. Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung. Wer nun das verachtet, der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen Heiligen Geist in euch gibt.“

Um was geht es Paulus? – Führen wir uns noch einmal die Situation der jungen Gemeinde vor Augen. Es ist eine kleine, junge christliche Gemeinde inmitten von altbekannten Religionen und Kulten. Wenn diese junge Glaubensgemein-schaft eine Chance haben soll, dann nur wenn sich diese Gemeinschaft auch als etwas besonderes erlebt, wenn durch sie das Leben einen besonderen Sinn bekommt, wenn diese kleine Gemeinschaft auch nach außen hin positiv wahr ge-nommen werden kann.

Das Positive, was Paulus sieht, ist, dass die Christinnen und Christen in Thessalonich auf gutem Weg sind. Sie sind auf dem Weg immer vollkommener zu werden, sie orientieren sich an Jesus Christus, sie achten seine Gebote, sie leben nach Gottes Willen.

Paulus aber geht es um mehr als um Äußerlichkeiten. Das Ziel, der besondere Sinn menschlichen Lebens ist, so Paulus, die Heiligung. Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, schreibt Paulus in unserem Predigttext und auch: Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung.

Gott hat uns berufen zur Heiligung. – Aber wer möchte heutzutage schon gern eine Heilige, ein Heiliger sein? Ein Buchtitel lautet: Brave Mädchen kommen in den Himmel – böse kommen überall hin! – Dieser Buchtitel greift das Le-bensgefühl auf, dass es zumindest manchmal besser sein könnte nicht allzu brav zu sein. Brav sein ist langweilig. Wer brav ist, verpasst das Beste im Leben. So wird hier signali-siert.

Ich denke nicht, dass heilig sein mit brav, fromm und lang-weilig sein gleich zu setzen ist. Sondern wer heilig ist, der kann anders sein. Denn heilig ist, wer sich bewusst ist, dass sie, dass er ein Ebenbild Gottes ist. Heilig ist, wer sich als Tochter, als Sohn Gottes empfindet – ganz wie Jesus, der bei seiner Taufe Gott zu sich sprechen hört: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen!“

Mit diesem Bewusstsein durchs Leben gehen, mit diesem Bewusstsein in die Schule gehen, das verändert, das macht stark, dann brauche ich mich nicht mehr aufzuspielen, den anderen zu zeigen, was für ein toller Kerl ich bin – sondern ich bin ich, und weil Gott mich liebt, kann ich sein wie ich bin.

Weil ich von Gott geliebt bin, weil ich sein kann, wie ich bin, muss ich mich anderen nicht beweisen, indem ich Alkohol bis zum Abwinken trinke, indem in den Markenklamotten herumlaufe, oder mir ein großes Auto als Statussymbol vor die Haustür stelle, das unnötig die Umwelt belastet.

Viele scheinen es immer wieder zu vergessen, aber wir Menschen sind Ebenbilder Gottes, einzigartig, besonders, interessant, jede und jeder von uns. Als Ebenbilder Gottes können und dürfen wir leben.

Als Ebenbilder Gottes gehören wir mit unserem Leben zu Gott, und genau das macht uns heilig. Weil wir zu Gott ge-hören, sind wir heilig.

Diese Heiligkeit gilt es auch zu leben. Für Paulus eine ganz einfache Sache: Wenn ich heilig bin, dann ist auch mein Nächster heilig, meine Frau, mein Mann, meine Freundin, mein Freund. Entsprechend gilt es mit unseren Nächsten auch umzugehen, mit Respekt und Ehrerbietung in Partner-schaft, Sexualität und Wirtschaftsleben.

Der Mensch ist keine Nummer, der Mensch ist nicht für die Wirtschaft da, sondern die Wirtschaft, die Politik sind für den Menschen da. Das ist es, was politisches Handeln bestimmen muss.

Wer heilig ist, kann anders leben, denn wer heilig ist, wer sich Gott zugehörig weiß, der ruht in sich, und für den er-öffnen sich ganz neue und ganz andere Lebensmöglichkei-ten. Denn er weiß, er braucht dem Leben nicht mehr nach zu jagen, er lebt das Leben. –

Dieses Bewusstsein, heilig zu sein, zu Gott zu gehören, ge-nau das gilt es zu trainieren. Was es braucht, ist ein Fit-nessprogramm für die Seele. Konfirmandinnen und Konfir-manden vor diese Aufgabe gestellt, wissen dass es hierfür Zeiten der Stille, ein tägliche Gebet und der sonntägliche Gottesdienstbesuch äußerst hilfreich sind.

Wir sind von Gott geliebt, wir sind Gott zugehörig, wir sind heilig, und in dem wir uns dessen immer und immer wieder bewusst werden, in dem wir uns das sagen und gesagt sein lassen, genau dadurch werden wir heilig, weil es uns er-möglicht als Heilige zu leben, Heilige, die gerade nicht brav, fromm und langweilig sind, sondern Heilige, die offen, direkt und warmherzig sind, voller Lebensfreude und Lachen durchs Leben gehen können, da sie Wichtiges von Unwichtigen unterscheiden können, weil sie sich von einem Sturm im Wasserglas nicht aufregen lassen, weil sie wissen, worauf es im Leben wirklich ankommt.

Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung!



Verfasser: Pfarrer Dietmar Diefenbach
Haingrabenweg 1, 61352 Bad Homburg


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