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Gottes gute Ordnungen

von Bernd Rapp (London)

Predigtdatum : 30.10.2022
Lesereihe : IV
Predigttag im Kirchenjahr : 20. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Hohelied 8,6b-7
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Wochenspruch: Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. (Micha 6,8)

Psalm: 119,1-8.17-18

Lesungen

Reihe I: 1. Mose 8,18-22;9,12-17
Reihe II: Markus 2,23-28
Reihe III: Prediger 12,1-7
Reihe IV: Hohelied 8,6b-7
Reihe V: Markus 10,2-9(10-12)13-16
Reihe VI: 2. Korinther 3,3-6(7-9)

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 401 Liebe, die du mich zum Bilde
Wochenlied: EG 295 Wohl denen, die da wandeln
Predigtlied: EG+ 102 Da wohnt ein Sehnen tief in uns
Schlusslied: EG 408 Meinem Gott gehört die Welt

Predigttext: Hohelied 8,6b–7

6b Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme. 7 Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen noch die Ströme sie ertränken. Wenn einer alles Gut in seinem Hause um die Liebe geben wollte, würde man ihn verachten?

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder,

manche haben vielleicht ein Lied vermisst bisher im Gottesdienst. Oder sie haben zumindest erwartet, dass wir es heute singen!

So einen Tag vor dem Reformationsfest, da könnte man doch schon mal die inoffizielle Reformationshymne anstimmen und laut mit einstimmen: „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen!“

Das Leitbild des heutigen Sonntages, es fragt doch nach Gottes guten Ordnungen für unser Leben.

Und diese gute Ordnung, die wollte Luther doch auch im Grunde seines Herzens wiederherstellen. Ihm ging es doch anfangs gar nicht um Spaltung oder gar darum, eine neue Kirche und Konfession zu gründen. Nein, er wollte die gute Ordnung wiederherstellen und korrigieren, was seiner Meinung nach vollkommen aus dem Ruder gelaufen war.

Ja, morgen wird nicht nur Halloween gefeiert, sondern es jährt sich auch wieder der Festtag oder Gedenktag der Reformation, der uns wieder an Luther und an unsere reformatorischen Wurzeln erinnert.

[Evtl. Hinweis auf Reformationsgottesdienste …]

Allein die Bibel wollte Luther gelten und sprechen lassen, allein Christus ist der Garant unseres Heils und allein durch die Gnade sind wir gerettet – nicht durch unsere frommen Glaubensleistungen, und seien sie noch so ehrenwert.

Ziemlich pointiert und mit martialischer Sprache hat Luther das in seinen Liedtext gepackt! [Evtl. ein/zwei Strophen singen oder von der Orgel spielen lassen.]

Ein feste Burg ist unser Gott! Gute Wehr und Waffen, ... und wenn die Welt voll Teufel wär ... und lass fahren dahin: Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib ...
sie hätten, nach Luther zumindest, keinen Gewinn! Gewaltig ist das – und in ziemlich gewalttätiger Sprache verfasst! Von Freundschaft, Ausgleich, Versöhnung, Gnade, Besonnenheit, Diplomatie, Verhandlung, Gespräch findet man nicht viel in seinem Lied.

Die Liebe, die doch nach dem Johannes-Evangelium der Wesenskern Gottes ist, die Liebe, die kommt hier schon gar nicht vor!

Wie anders in unserem Predigttext für den heutigen 20. Sonntag nach Trinitatis. Vielleicht kommt ihnen der Text gleich bekannt vor, weil sie ihn schon einmal bei einer Hochzeit als Trautext gehört haben. Wunderbar sind die Worte aus dem Hohenlied der Liebe, Kapitel 8, die Verse 6b und 7:

[Predigttext]

Liebe Schwestern und Brüder,

Viel schöner kann man über die Liebe nicht schreiben, finde ich!
Kein Wunder, dass die Worte immer wieder gewählt werden als Trauspruch.
Liebe, Leidenschaft, unauslöschlich und immer neu angefacht, was für ein großer Wunsch, was für ein großes Ziel, was für eine große Aufgabe!
Manche werfen der Bibel und manchmal auch der Kirche vor, sie wäre so verkopft, so theoretisch und so wenig ganzheitlich, körperlich und gefühlvoll!
Das Hohelied der Liebe – es spricht und es singt eine andere Sprache! Da sind wir ganz gemeint, als Menschen die fühlen, die begehren, die Freude an ihrem Körper haben, die lieben. Auch das gehört zu uns, auch das sind wir, auch das ist unser Glaube! Ganz, ganz herrlich, ganz lustvoll, ganz und gar!

Die Liebe, das ist das ganz große Gefühl und das sind die vielen kleinen Botschaften. Die Liebe, das ist der große Bogen und die vielen Kleinigkeiten, in denen sie sich zeigt. Die Liebe, das ist die große Bühne und zugleich der manchmal mühsame Alltag, in dem sie sich bewähren muss, die Liebe. Und zur Liebe, da gehört Verständnis, Weitherzigkeit, schenkende Freiheit und immer neue Kreativität, um sich selbst und den andern täglich neu zu entdecken!

[Parkplatz für persönliche Beispiele, die Facetten der Liebe zeigen.]

Immer wieder hat man das Hohelied natürlich auch ganz anders ausgelegt. Nicht auf die Liebe zwischen zwei Menschen bezogen, sondern auf Gottes Liebe zu uns, zu seiner Welt, zu seiner Schöpfung.

Von dieser Liebe Gottes zu uns, die nicht auszulöschen ist und die keine Grenzen kennt, von der war auch Martin Luther ganz erfüllt. Die hat er entdeckt für sich als zweifelnder, ängstlicher und in sich selbst gefangener. Diese Liebe hat er als Befreiung erfahren, als tiefe Befreiung aus dem Gefängnis seiner Angst und Unsicherheit.

Und bekanntlich war ihm auch die eheliche Liebe mit seiner Katharina nicht fremd!

Und vielleicht deshalb kann er neben dem Liedtext mit der festen Burg, den Waffen und vom Teufel auch so wunderbare Sätze wie diesen schreiben:

„Die Begierde kommt ohne besonderen Anlass, wie Flöhe und Läuse, Liebe aber ist dann da, wenn wir anderen dienen wollen!“

Liebe ist dann da, wenn wir anderen dienen wollen!
Die Liebe kommt also immer mit einem Ticket, einem Auftrag, ja eher einer selbstverständlichen Folge! Die Liebe will nie nur etwas für sich, sondern sie will dienen, helfen, aufhelfen. Sie will Freiheit geben, Räume eröffnen, Möglichkeiten schaffen. Die Liebe, sie ist als einziges Gefühl so stark, dass sie die Welt verändern kann!
Ja, die Liebe, sie ist vielleicht sogar das einzige Heilmittel gegen die Angst, gegen Zerwürfnisse und Spaltungen, gegen Freund-und-Feind-Denken!

[Parkplatz für Beispiele, die dies konkretisieren und veranschaulichen, dass Liebe etwas positiv verändern kann.]

Luther war ja ein großer Paulus-Kenner und er hat die Briefe des Paulus sehr geschätzt. Und Paulus wiederum war ein Thora-Gelehrter, der seine hebräische Bibel gut kannte.
So wird Paulus auch diesen Abschnitt des Hohenliedes, der heute der Predigt zugrunde lag, gekannt haben. Und so hat sich Paulus wohl auch so seine Gedanken über die Liebe gemacht. Für ihn ist sie sicher auch stark und feurig, unauslöschlich und unwiderstehlich. Aber er formuliert es anders – und sein Schluss soll zugleich auch diese Predigt beschliessen. Paulus schreibt im 1. Korintherbrief:
„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber die Liebe ist die Größte unter ihnen!“

So sei es!
AMEN

Verfasser: Pfarrer Bernd Rapp, London


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