Gottes Haus ist das Zuhause für alle
von Ronny Hillebrand (99638 Kindelbrück)
Predigtdatum
:
05.06.2016
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
1. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Epheser 2,17-22
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Wochenspruch:
"Christus spricht: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken." (Matthäus 11, 28)
Psalm: 36, 6 - 11
Lesungen
Altes Testament: Jesaja 55, 1 - 3 b (3 c - 5)
Epistel: Epheser 2, 17 - 22
Evangelium: Lukas 14, (15) 16 - 24
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 277 Herr, deine Güte reicht, soweit der Himmel ist
Wochenlied: EG 250
EG 363 Ich lobe dich von ganzer Seelen oder
Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn
Predigtlied: EG 265 Nun singe Lob, du Christenheit
Schlusslied: EG 170 Komm, Herr, segne uns
Vorbemerkung
In der Übersetzung der Basisbibel werden die Hörer als Bausteine bezeichnet. Diese Bild möchte ich gerne aufgrei-fen. Um es noch mehr zu verdeutlichen schlage ich vor, dass am Eingang zur Kirche an alle Gottesdienstteilnehmer kleine Bausteine aus Holz oder Plastik verteilt werden. Wäh-rend der Predigt werden die Menschen dann aufgefordert, ihren Stein in ein symbolisches Gotteshaus mit einzufügen. Das Fundament dieses Hauses ist die zugeschlagene Altar-bibel. Sollten sehr viele Menschen da sein, können auch mehrere Bibeln auf dem Altar liegen (z. B. noch die Ein-heitsübersetzung zum Zeichen der Ökumene). Es wird kein abgeschlossener Kirchenbau entstehen. Es geht ja auch um ein lebendiges Geschehen. Es können dicke Grundmauern und viele Zwischenwände sein. Platz für eine Tür wäre wich-tig, eventuell auch Fenster (falls dies möglich ist).
Epheser 2, 17 - 22 in der Übersetzung der Basisbibel
„Er kam und verkündete Frieden: Frieden für euch in der Ferne und Frieden für die in der Nähe. Denn durch ihn ha-ben wir alle Zugang zum Vater, weil wir einen Geist emp-fangen haben. Ihr seid also nicht mehr Fremde oder Gäste ohne Bürgerrecht. Ihr seid vielmehr gleichberechtigte Mit-bürger der Heiligen und Mitglieder von Gottes Hausgemein-schaft. Ihr seid als Gemeinde gegründet auf dem Funda-ment der Apostel und Propheten, dessen Eckstein Christus Jesus ist. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten. So wächst er zu einem heiligen Tempel empor, der dem Herrn gehört. Weil ihr zum Herrn gehört, werdet auch ihr als Bausteine in diesen Tempel eingefügt. Gott wohnt darin durch den Heiligen Geist.“
Predigt
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
es folgt jetzt nicht die Ansprache der Bundeskanzlerin oder des Bundespräsidenten. Nein, liebe Gemeinde, vielmehr spreche ich hier als jemand, der wie Sie Mitbürger von Got-tes Haus ist. Mitbürger es Hauses, welches wir hier vor Au-gen haben und in dem wir gerade versammelt sind - und Mitbewohner des geistlichen Gotteshauses. Beide Häuser haben zwei wichtige Gemeinsamkeiten.
Da ist zunächst das Fundament. Ein Fundament steht für Stabilität, Verankerung, Bodenhaftung. Etwas, worauf man sich stützen kann. Das Fundament zeichnet gleichsam eine Linie vor, nach der die Steine orientiert sind. Auch unsere Kirche St. ... hier in ... hat ein solches Fundament. Vor ... Jahren wurde es gelegt. Die Steine darauf sind fest zusam-mengefügt. Wenn wir sie uns näher anschauen würden, könnten wir feststellen, dass es kleine und große Steine gibt, kurze und lange. Viele/manche Umbauten hat es seit der Grundsteinlegung gegeben. Da wurden Fenster vergrößert oder zugemauert, Wände versetzt oder eingezogen, Emporen errichtet oder abgebrochen. [entsprechend Zutref-fendes einfügen]. Das Fundament ist geblieben. Das Fun-dament, welches vor all den Steinen an dieser Stelle war.
Im geistlichen Gotteshaus war vor uns allen hier Gott schon da und mit ihm sein Wort. Dieses Wort wurde weitergege-ben. Zunächst mündlich, dann schriftlich, bis es schließlich als Buch vorlag: die Bibel. Wir sehen sie hier vorn auf dem Altar liegen. Paulus verweist in seinem Brief an die Epheser besonders auf die Propheten und Apostel, also diejenigen, die in besonderer Weise Gottes Wort empfingen und weiter-gaben.
Vor Beginn des Gottesdienstes hatte ich Sie gebeten, sich einen Baustein aus der Kiste zu nehmen. Im Predigttext hörten wir, dass wir als Bausteine in Gottes Haus eingefügt sind. Nun hat hoffentlich jede und jeder von uns einen sol-chen Stein in der Hand. Vielleicht haben Sie sich ganz be-wusst diesen Stein ausgewählt. Vielleicht gefiel Ihnen die Farbe, die Größe, die Form. So unterschiedlich wie die Steine sind auch wir Menschen. Es gibt Große und Kleine, Männer und Frauen, Ältere und Jüngere. Ihnen fallen sicherlich noch weitere Unterscheidungsmerkmale ein. Und trotz all dieser Unterschiede haben wir uns hier in dieser Kirche zu-sammengefunden. Die einen kommen regelmäßig, andere gelegentlich. Einige sind seit Jahren in der Gemeinde zu Hause. Andere sind erst vor kurzem hinzu gekommen. Allen steht dieses Haus offen.
Und wir sind, liebe Schwestern und Brüder, nicht nur in ei-nem Gotteshaus. Wir sind Teil des geistlichen Gotteshauses. Dies würde ich gern veranschaulichen. Als Fundament habe ich hier die Altarbibel. (Gegebenenfalls eine andere oder zusätzliche Bibel hinlegen.) Nun möchte ich Sie bitten, mit Ihrem Stein hier nach vorn zu dem Altar zu kommen. Mit Ihnen zusammen möchte ich versuchen, auf dem Fun-dament dieser Bibel die Steine zu Grundmauern eines Hauses zusammenzufügen.
- Gottesdienstteilnehmer kommen nach vorn zum Altar -
Es ist geglückt. Das Fundament hat getragen. Jede und jeder konnte sich sichtbar in die Gemeinschaft einfügen.
Als Mitglieder von Gottes Hausgemeinschaft sind wir gera-dezu aufgerufen, dieses Haus mitzugestalten. Hierbei kann jede und jeder mitwirken. Keiner wird als zu klein oder zu groß betrachtet. Es kommt vielmehr darauf an, den richtigen Platz zu finden.
Bei aller lobenswerten Individualität ist aber auch eine ge-meinsame Ordnung wichtig. Diese Ordnung gilt, wie das Fundament, für alle. Das ist die zweite Gemeinsamkeit der Gotteshäuser aus Steinen und der geistlichen Gotteshäuser aus Menschen. Paulus bezeichnet Jesus Christus als den Eckstein. Er ist also der, zu dem alles hinführt, der gewis-sermaßen die Ordnung vorgibt. Wie könnte diese Ordnung aussehen?
Als Jesus gefragt wurde, welches das höchste Gebot ist, antwortete er: "Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst." Gott und sein Wort sind das Fundament. Mein Nächster ist gewissermaßen der Stein neben mir. Mein Mitmensch, mit dem zusammen ich das Haus Gottes be-wohne und gestalte. Wenn ich "lieben" mit "beachten", "wert schätzen" und "darüber nachdenken" gleichsetze, sollte es mir gelingen, Gott, meinen Nächsten und mich selbst im Blick zu behalten.
In der Geschichte der Kirche gab es so manchen Streit in den Gotteshäusern. In den Häusern aus Stein und in den Häusern aus Menschen. Damals zur Abfassung des Ephe-serbriefes gab es den Streit darüber, ob Heidenchristen und Judenchristenristen in der christlichen Gemeinde gleichrangig nebeneinander stehen. Also ob Christen, die vorher keinen Bezug zu Gott hatten, gleichberechtigt neben den getauften Juden stehen. Die Empfänger des Briefes sind Hei-denchristen, denen genau diese Gleichberechtigung zuge-sprochen wird.
Im Laufe der folgenden Jahrhunderte gab es noch viel Streit in den Gotteshäusern. In den Häusern aus Stein und in denen aus Menschen. So wurde z.B. auf Synoden um die For-mulierung des Glaubensbekenntnisses gestritten und ge-rungen. Es kam zu Kirchenspaltungen und zu Neugründungen von Kirchen. Es kam zu Annäherungen und Versöhnungen. Geblieben sind das Fundament mit den Aposteln und Propheten sowie Jesus Christus als der Eckstein, auf den sich die christlichen Gemeinden berufen. Und doch geschah und geschieht es, dass Menschen dabei Gott, den Nächsten oder sich selbst aus dem Blick verlieren.
Beim Stichwort Fundament schwingt automatisch das Wort Fundamentalismus mit. Fundamentalisten, so meine ich, schauen nur nach unten auf das Fundament und die wort-wörtliche Auslegung dessen, was uns überliefert ist. Funda-mentalisten stellen nichts in Frage und stellen auch keine Fragen. Denn die Antworten könnten ihr Fundament ins Wanken bringen. Dabei sind wir als lebendige Steine dazu angehalten, sowohl zum Fundament als auch zum Eckstein zu schauen, der alles zusammenhält und zu dem alles emporwachsen soll.
Im Epheserbrief lesen wir: "Er (Jesus) verkündete Frieden für euch in der Ferne und Frieden für die in der Nähe." Aus-grenzungen anderer Menschen, Gewalt und Hass gegenüber anders Glaubenden, anders Lebenden und anders Liebenden können nicht Fundament und Eckstein des geistlichen Got-teshauses sein.
Der evangelische Theologe Martin Niemöller prägte in der Mitte des 20. Jahrhunderts die Frage: "Was würde Jesus dazu sagen?" Diese Frage muss auch uns heute in unserer Gemeinde leiten. Sie muss uns leiten, wenn wir am geistli-chen Gotteshaus weiterbauen. Sie muss uns leiten, wenn wir nach und mit den Menschen fragen. Nach und mit den Menschen, die als Gäste oder Fremde vor unserer Tür ste-hen bleiben. Wenn wir schon fertige Antworten geben, bevor wir die Frage gehört haben, fühlen sich die Fragesteller nicht ernstgenommen. So sind wir aber immer wieder dazu herausgefordert, uns mit unseren Glaubensfundamenten auseinanderzusetzen.
Wenn ich so für mich Gewissheit erlange, brauche ich auch keine Scheu vor anderen christlichen Konfessionen oder anderen Religionen haben. Dann können verschiedene Got-teshäuser nebeneinander stehen, die aus Steinen und die aus Menschen. Dann können wir Menschen uns einander einladen und besuchen. Nicht immer wird eine Hausgemeinschaft möglich sein. Doch Gäste könnten wir sein.
Paulus schreibt, dass das Haus Gottes emporwächst. Wach-sen, so meine ich, hat nicht nur etwas mit Gemeindeglie-derzahlen zu tun. Wachsen heißt auch, anderes und andere mit einzubeziehen. Dabei geht es nicht darum, dass etwas, was bisher immer so und so gemacht wurde, falsch war. Es geht darum, was heute verstanden und gebraucht wird, damit Menschen gern in Gottes Haus sind, in dem aus Stein und in dem aus Menschen.
So unterliegen Gotteshäuser, die aus Stein und die aus Menschen, immer wieder Veränderungen. Wenn ich in einem Jahr hier wieder dazu auffordern würde, aus Bausteinen Grundmauern auf unserer Altarbibel zusammenzufügen, sähen diese anders aus als heute. Weil wir eine andere Zu-sammensetzung hier im Gottesdienst hätten. Doch bleiben würden das Fundament und der Eckstein, auf den alles zu-wächst. Und bleiben würde Gott, denn es ist sein Haus. Doch wir sind Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Amen
Tagesgebet
Jesus Christus, du Freund der Menschen. Du hast alle einge-laden. Kinder und Erwachsene, Gesunde und Kranke, Schwache und Starke sind dir wichtig. Wo immer wir von dir erzählen und in deinem Sinne handeln, da lass auch uns deine Liebe spüren, die alle Menschen einschließt. Das bitten wir dich, der du mit dem Vater und dem Geist alles Leben wirkst, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
(Evangelisches Gottesdienstbuch / Ergänzungsband, S. 248)
Fürbittengebet
Guter Gott, bei dir sind alle Menschen willkommen.
Im Vertrauen darauf, dass du auch uns hörst und siehst, bringen wir unsere Bitten vor dich.
Wir bitten dich für die Menschen, die auf der Suche sind nach dem, was sie trägt und hält. Schick ihnen deinen Geist, damit sie Zugang finden zu deinem Wort.
Gemeinsam rufen wir: Herr, erhöre uns!
Wir bitten dich für unsere christliche(n) Nachbargemein-de(n). Lass uns danach suchen, wie wir trotz aller Unter-schiedlichkeit auch immer wieder gemeinsam nach deinem Wort fragen und gemeinsam den Glauben feiern.
Gemeinsam rufen wir: Herr, erhöre uns!
Wir bitten dich für ein gutes Verhältnis zu den Menschen anderer Religionen, die in unserem Land Zuflucht suchen oder schon länger da sind. Hilf uns, dass wir ohne Vorurteile aufeinander zugehen und miteinander das Gespräch suchen, damit ein Nebeneinander ohne Gewalt und Hass möglich ist.
Gemeinsam rufen wir: Herr, erhöre uns!
Wir bitten dich für die Gruppen und Kreise, welche sich in unserer Gemeinde treffen. Hilf, dass sie einladend offen sind für Menschen, die Kontakt suchen.
Gemeinsam rufen wir: Herr, erhöre uns!
In der Stille bitten bringen wir vor dich, was uns ganz per-sönlich bewegt. - Gebetsstille -
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns!
Alles Ausgesprochene und unausgesprochene können wir in die Worte Jesu legen, wenn wir miteinander sprechen:
Vater unser im Himmel...
Verfasser: Pfarrer Ronny Hillebrand
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Pfarrer Thomas Borchers
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